Finde den Piratenschatz!

  • Ein Spiele-Buch
  • Originaltitel: »Cap sur le trésor de Z la Terreur«
  • Text von Sylvie Misslin
  • Illustrationen von Amandine Piu
  • Aus dem Französischen von Bernd Stratthaus
  • annette betz Verlag, 2023 www.annettebetz.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 32,6 x 23 cm
  • 40 Seiten
  • 18,00 € (D), 18,50 € (A)
  • ISBN 978-3—219—1211-0
  • Bilderbuch ab 4 Jahren

Finde den Piratenschatz!

M I T B E S T I M M U N G

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Anne und Henry finden am Meeresstrande eine Flaschenpost. Der innenliegende Flaschenpostbrief fordert den Finder dazu auf, die Papageieninsel aufzusuchen, denn dort erwarte ihn ein Schatz.

Die beiden Kinder sind ebenso abenteuerlustig wie neugierig, doch sie müssen erst ein-mal herausfinden, wo sich diese Papageieninsel befindet. Nun stehen ihnen zwei Mög- lichkeiten offen: Sie können den Leuchtturmwärter befragen oder sich am Hafen erkundigen. Jede dieser beiden Wahlmöglichkeiten wird mit einem Symbol gekenn- zeichnet, dem gefolgt werden kann. Diese Symbole sind auf ein Seitenregister gedruckt und markieren so die aufzublätternde Seite.

Jede Entscheidung führt zwar einen Schritt weiter, aber auch zu einer neuen Wahl, die getroffen werden muß, um weiterzukommen. Stets gibt es zwei Optionen mit passenden Symbolen zum entsprechenden Weiterblättern mit Hilfe des Symbolregisters.

So tauchen Anne und Henry hinunter zu einem Schiffswrack, werden von einem Riesen-kraken gefangen, stranden an verschiedenen anderen als der gesuchten Insel, helfen einem Fischer beim Sardinenfang, fahren mit einem U-Boot, werden von einem Wal ver-schluckt und später wieder ausgespuckt, sie übertönen verlockenden Sirenengesang mit ihren eigenen Liedern usw., bis sie schließlich heil auf der Papageieninsel landen.

Beim Vorlesen dieser Geschichte bestimmt also stets die kindliche Entscheidung, welche Wendung die Handlung nimmt, bis man schließlich alle Wege und Umwege durchge-blättert hat. In dieser animierenden Anregung zur kindlichen Entscheidungsfindung sehe ich eine der Stärken dieses kreativen Bilderbuches.

Sprachlich ist die Geschichte gut verständlich und einfach formuliert.

Die auch ohne Text durchaus „lesbaren“, lustig-lebhaften, farbenfrohen Bilder erfreuen mit vielen maritimen Details. Die Kinder bewegen sich zwischen Fischschwärmen, Meereswellen, Muscheln, Krabben, Möwen, Pelikanen, Rochen, Quallen, Schildkröten und Fischernetzen.

 „Finde den Piratenschatz!“ bietet Kindern und ihren Vorlesern abwechslungsreiche, mitbestimmerische Unterhaltung und einen ganz unerwarteten Schatz zum Schluß. Allerdings erfüllt diese Schatzfindung nicht die zuvor geweckte Erwartung und könnte Kinder auch etwas enttäuschen.

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.ueberreuter.de/produkt/finde-den-piratenschatz/

Die Autorin:

»Sylvie Misslin lebt in der Nähe von Straßburg. Sie arbeitete als Logopädin und schreibt mittlerweile für Kinder. Sie erdenkt Texte für Bilderbücher und arbeitet an der Gestaltung von Frühförderbüchern, Lernbüchern und Spielbüchern. Wenn es ums Schreiben oder um das Kinderbuch geht, interessiert sie alles!«

Die Illustratorin:

»Amandine Piu wurde in der Nähe von Lyon geboren. Nach einem Kurzstudium in visueller Kommunikation kam sie in die Illustrationswerkstatt der Haute École des Arts in Straßburg. Seitdem kritzelt und kratzt sie und füllt Bilderbücher mit Poesie, Humor, Vögeln und kleinen Mäusen.«

Mister Maulwurf sucht einen Schatz

  • Text und Illustration von Katerina Gorelik
  • Originaltitel: »La chasse au trésor de Monsieur Taupe«
  • Übersetzung aus dem Französischen von Ebi Naumann
  • Thienemann Verlag, August 2022   www.thienemann.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 24,6 x 28,6 cm
  • 40 Seiten
  • 15,00 € (D), 15,50 € (A)
  • ISBN 978-3-522-45983-9
  • Bilderbuch ab 4 Jahren

Mister Maulwurf findet einen Schatz
W E R T S C H Ä T Z U N G

Bilderbuchrezension von Ulrike Sokul ©

Mister Maulwurf gehört zu einer Gemeinschaft von Waldtieren, die sich allabendlich beim alten Dachs in der Höhle treffen und im Scheine des heimeligen Kaminfeuers einer Geschichte lauschen, die der Dachs ihnen vorliest. Die aktuelle Geschichte handelt von einer Schatzsuche, und Mister Maulwurf fühlt sich davon sehr angesprochen. Allerdings weiß er noch nicht, was ein Schatz eigentlich ist, denn so weit ist der Dachs mit dem Vorlesen noch nicht gekommen.

Immerhin weiß Mister Maulwurf, daß Schätze oft in der Erde vergraben und versteckt werden, und das Reich des Unterirdischen ist schließlich sein naturgemäßes Fachgebiet. Also macht er sich, ausgestattet mit Stirnlampe und Lieblingsschaufel, eifrig ans Werk und gräbt Gänge, die ihn tatsächlich zu verschiedenen verborgenen Schätzen führen, die er jedoch nicht als Schätze wahrnimmt.

Diverse Goldstücke, Edelsteine, Perlen und Dinosaurierknochen findet er zwar ganz hübsch, und er nimmt auch jeweils eine Probe davon für seine Freunde mit, aber für ihn sind das alles keine Schätze. Unterwegs trifft er noch auf die Höhle des schlaflosen Bären, dem er mit dem Vorsingen seines Lieblingsschlafliedes zum ersehnten Winter-schlaf verhilft.

Doch von einem Schatz sieht sich Mister Maulwurf nach wie vor weit entfernt. Frustriert macht er eine Pause und fragt sich sogar schon, ob es Schätze vielleicht nur in Geschichten gäbe.

Da hört er in der Nähe jemanden weinen und findet Mademoiselle Weißmaus, deren Schwanz in einer Mausefalle klemmt. Mit Hilfe seiner Grabeschaufel stemmt er den Fallenbügel auf und befreit die Maus. Mademoiselle Weißmaus knipst das Licht an, und Mister Maulwurf erkennt, daß sie sich in einer üppig gefüllten Speisekammer befinden.

Das ist nun endlich ein echter Schatz, mit dem sie alle gemeinsam gut durch den Winter kommen können…

Katerina Gorelik begleitet ihren Erzähltext mit szenischen Zeichnungen, die wie eine Mischung aus Linoldruck, Aquarell und Pastellkreide aussehen und eine ungewöhnliche, interessant-kontrastierende violett-orange Farbtönung aufweisen.  

Mister Maulwurf ist ein hilfsbereiter, einfühlsamer und sympathisch-naiver Charakter, dessen Schatzsuche nicht von Gier, sondern von Entdeckerfreude motiviert ist. Für ihn sind jene Dinge wertvoll, welche die wirklichen Lebensbedürfnisse stillen, und er teilt mit seinen tierischen Freunden bereitwillig den Schatz, den er gefunden hat.

Ein Bilderbuchcharakter, der Lebensmittel und freundschaftliches Miteinander als Schätze identifiziert, stellt mit seiner heiter-relativierenden Perspektive auf Reichtümer die weit verbreitete Überbewertung von Luxusgütern in Frage und bietet Kindern und ihren Vorlesern anregenden Gesprächsstoff hinsichtlich eigener Wertschätzungen und ihrer Lebensdienlichkeit.

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.thienemann-esslinger.de/produkt/mister-maulwurf-sucht-einen-schatz-isbn-978-3-522-45983-9

PS:
Eine kleine kritische Randbemerkung zur Übersetzung des Titels sei mir gestattet. Es erschließt sich mir nicht, warum der Übersetzer das französische Wort Monsieur mit dem englischen Wort Mister ins Deutsche übersetzt. Die deutsche Übersetzung von Monsieur ist Herr und nicht Mister. Für eine klangvolle Alliteration im Titelwortlaut wäre die Beibehaltung des französischen Wortes Monsieur meiner Ansicht nach die wesentlich stilvollere Alternative gewesen. Wenn man Kindern den Anglizismus Mister zumuten kann, kann man ihnen getrost auch den Romanismus Monsieur zumuten – zumal im Verlauf der Geschichte auch noch eine Mademoiselle Weißmaus auftritt.

Die Autorin & Illustratorin:

»Katerina Gorelik hat einen Universitätsabschluss in Rechtswissenschaften und arbeitete als Anwältin, bevor sie 2015 beschloss, das zum Beruf zu machen, was sie schon seit frühester Kindheit am allerliebsten macht: Zeichnen. Seitdem sind zahlreiche Bücher entstanden, die weltweit veröffentlicht wurden. Katerina Gorelik lebt und arbeitet in Moskau.«

Der Übersetzer:

»Ebi Naumann, geboren 1949, studierte Pantomime bei Marcel Marceau sowie Jura und Soziologie. Er arbeitete viele Jahre als Lektor, Produzent und Drehbuchautor und widmet sich heute ganz dem Aufschreiben, Übersetzen und Erzählen von Geschichten und Gedichten.«

Der Bärenvogelschatz

  • Text & Illustration von Stella Dreis
  • NILPFERD Verlag 2018 www.nilpferd.at
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 28 x 28 cm
  • 48 Seiten
  • 18,00 €
  • ISBN 978-3-7074-5216-1
  • Bilderbuch ab 4 Jahren

F I N D E F R E U D E

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Ein kleiner Bär sammelt voller Begeisterung und achtsamer Entdeckerneugier allerlei Fundstücke auf. Er ist kein Sucher, sondern ein Finder, zählt beglückt seine kleinen Schätze und trägt sie mit sich herum.

Text & Illustration von Stella Dreis © Nilpferd Verlag 2018

Doch die anderen Tiere, denen er lebhaft von dem Knopf, der Feder, dem Zauberstock, der Wäscheklammer, dem „Kenne-ich-noch-nicht-Geruch“ und dem schüchternen Fussel erzählt, teilen seine Wertschätzung kleiner Dinge keineswegs. Sie sind zu beschäftigt, zu eilig, zu selbstbezogen oder schlicht uninteressiert.

Geknickt hockt sich der kleine Bär auf den Boden und seufzt vor sich hin. Da landet ein kleiner Vogel auf seinem Kopf und regt an, daß sie  doch gemeinsam auf Schatzsuche gehen könnten. Hocherfreut stimmt der kleine Bär zu, und schon beginnt eine sehr ergiebige Schatzfindung. Im reichen Sammelsurium finden sich schon bald u.a. Kitzelregen, ein Baumrindenboot, Glitzerfische, ein Riesenpilz, ein Leckerwurm, ein Nebelmysterium …

Text & Illustration von Stella Dreis © Nilpferd Verlag 2018

Die beiden machen die erfüllende Erfahrung, daß sich geteilte Schätze und geteilte Freu-den vermehren. Am Abend bestaunen sie den Sternenhimmel, und während sie die Ster-ne und Sternschnuppen zählen, fühlen sie sich wie Könige. Der kleine Vogel schläft auf der Schulter des kleinen Bären ein, und der kleine Bär denkt, kurz bevor er selber ein-schläft, daß der Schatz, der ihm am allerbesten gefällt, der kleine, leise schnarchende Vogel an seiner Seite ist. So träumen die beiden findigen Schatzhüter schließlich voneinander …

Stella Dreis erzählte diese Geschichte in feinen, leichten Worten, die durch zwei unterschiedliche Typographien – eine, die wie gedruckt ausschaut, und eine, die handschriftlich wirkt – um besondere situative Betonungen ergänzt werden.

Die filigranen Illustrationen von Stella Dreis sind in sepiafarbenen Grund- tönen mit zart-bunten Farbtupfern gestaltet. Der kleine Bär und der kleine Vogel sehen sich trotz ihrer artspezifischen Körperformen etwas ähnlich. Denn beide haben ausgeprägte schwarze Augenbrauen, und der rote Schnabel des Vogels korrespondiert mit den roten Wangen des Bären. So werden das harmonische Miteinander und die Seelenverwandtschaft zu-sätzlich verdeutlicht. Über mehrere Doppelseiten hinweg kommt das Geschehen sogar ganz ohne Begleittext aus, da die Zeichnungen beredt genug sind.

Text & Illustration von Stella Dreis © Nilpferd Verlag 2018

„Der Bärenvogelschatz“ strahlt in Bildern und Worten eine ganz unmit- telbare Warmherzigkeit und spielerische Zärtlichkeit aus und inszeniert anschaulich große Wertschätzung für die unzähligen kleinen Freuden des Lebens. So ist dieses Bilderbuch selbst ebenfalls ein herzenswerter Schatz für kleine und große Findefreunde und Freudenfinder.

 

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.ggverlag.at/produktkatalog/der-baerenvogelschatz/

 

Die Autorin & Illustratorin:

»Stella Dreis, Malerin, Illustratorin und Autorin, wurde 1972 in Plovdiv/Bulgarien geboren. Seit 1995 in Deutschland, studierte sie Modedesign in Hamburg. Heute lebt sie als freischaffende Künstlerin und Illustratorin in Heidelberg. Für ihr Werk wurde Stella Dreis bereits vielfach aus- gezeichnet; u.a. erhielt sie den Hasselt Publication Award, den Troisdorfer Bilderbuchpreis sowie die goldene Plakette der Biennale der Illustration in Bratislava. Ihre Bilder zeigt sie in internatio- nalen Ausstellungen.« http://www.stelladreis.com/

Querverweis:

„Der Bärenvogelschatz“ ergänzt sich thematisch vorzüglich mit den beiden Bilderbüchern von Anne-Gaëlle Balpe (Text) und Eve Tharlet (Illustration):
„Der blaue Stein“ https://leselebenszeichen.wordpress.com/2017/04/24/der-blaue-stein/
und „Der rote Fadenhttps://leselebenszeichen.wordpress.com/2017/04/27/der-rote-faden/

Leselebenszeichen-Datenschutzerklärung: https://leselebenszeichen.wordpress.com/datenschutzerklaerung/

Die Schatzinsel

  • von Robert Louis Stevenson
  • Hörspiel
  • Hörspielbearbeitung: Heinz-Dieter Sommer
  • Regie: Leonhard Koppelmann
  • Musik: Henrik Albrecht
  • Produktion: Hessischer Rundfunk 2014
  • erschienen im Hörverlag, Oktober 2014   http://www.hoerverlag.de
  • 4 CDs
  • Laufzeit ca. 3 Stunden und 59 Minuten
  • 19,95 €
  • ISBN 978-3-8445-1591-6
  • Buchvorlage HANSER Verlag: Übersetzung & Herausgabe von Andreas Nohl
  • Die Rollen und ihre Sprecher:
  • Jim Hawkins: Maximilian von der Groeben       Long John Silver: Udo Wachtveitl
  • Dr. David Livesey: Sylvester Groth                  Squire John Trelawney: Gerd Wameling
  • Käptn Billy Bones: Thomas Fritsch                       Kapitän Smollett: Ulrich Pleitgen
  • Israel Hands: Wolf-Dietrich Sprenger                    Stevenson: Ulrich Noethen
  • Ben  Gunn: Matthias Habich                                       Papagei: Dirk Leonhard
    u.v.a.
    Die Schatzinsel von Robert Louis Stevenson

D O N N E R K I E L

Hörspielbesprechung von Ulrike Sokul ©

Ach, die alten Vertrauten meiner kindlichen Abenteuerlust und Phantasie, hier sind sie endlich wieder: Jim Hawkins, Long John Silver, Dr. David Livesey, Squire John Trelawney, Ben Gunn u.v.a.m.

Unzählige Male habe ich als Kind der Schatzinsel gelauscht und nachgeträumt. Damals gab es die EURPOA-Schallplatten, die in ihrer Kinderserie Märchen und klassische Abenteuerge- schichten als Hörspiele inszenierten – oft mit dem unübertroffenen Hans Paetsch als tragende Rolle oder Hintergrunderzähler und stets mit dramatischer Musik, gespielt vom EUROPA-Studioorchester.

Ich finde es überaus erfreulich, daß immer wieder „erwachsene“ Versionen alter Klassiker als Hörspiel produziert werden. So läßt man sich – auf der Erinnerungsgrundlage der kindlichen Begeisterung, ergänzt um den erwachsenen Erfahrungshorizont – wunderbar behaglich mit Abenteuern verwöhnen.

Die vorliegende Hörspielinszenierung hat meine Erwartung wahrlich noch übertroffen. Die Rollenbesetzungsliste ließ mich bereits frohlocken, doch die „ganzheitliche Darreichungsform“ dieses Hörspiels hat mir ganz und gar und prächtig gefallen.

Die plakative Aussage auf der Rückseite der CD-Hülle: »SO haben Sie die SCHATZINSEL noch NIE gehört!« kann ich nur unterschreiben. Denn es kommt nicht nur die Romanhandlung zu Wort, sondern auch die Entstehungsgeschichte der Schatzinsel.

Neben einer virtuos-atmosphärischen musikalischen Untermalung und Begleitung wurden auch einige Lieder hinzugefügt und eingesungen, die stilistisch wunderbar mit der Schatzinselstimmung und der schillernden Figur des Long John Silver harmonieren. Überhaupt geben die hier und da wiederholt einfließenden Lieder oder auch nur Lied- und Melodiefetzen der ganzen Geschichte zusätzlichen, sehr attraktiven Schwung.

Die überaus geschickt in den Handlungsverlauf eingeschobenen Ausflüge in die Entstehungsgeschichte der Schatzinsel erweitern die Abenteuergeschichte um den zwischenmenschlich-literarischen Hintergrund Robert Louis Stevensons.

Ich fand es hochinteressant, zu erfahren, daß Stevenson die Inspiration zur Schatzinsel durch eine Schatzkarte bekam, die sein kleiner Stiefsohn gezeichnet hatte. Zunächst spielerisch begann er, Figuren in diese Karte hineinzudichten und dem Stiefsohn dazu eine Seeräubergeschichte zu erzählen. Schließlich – wie es oft bei phantasievollen Schriftstellern der Fall ist – verselbständigten sich die ausgedachten Charaktere und schrieben sich beinahe von selbst.

Auch ein metafiktives Gespräch zwischen den literarischen Charakteren Long John Silver und Kapitän Smollett über die unterschiedliche Attraktivität von Schurken und Helden hat viel selbstironischen Reiz. Ich fand es spaßig, wie die beiden Figuren beim Geräusch des Tintenfaßaufschraubens eifrig wieder an ihre Buchposition eilen.

Ausnahmslos alle beteiligten Sprechspieler verstimmlichen ihre jeweilige Rolle lebhaft und mit überzeugender InsPIRATion und, wie mir scheint, auch mit viel Spielgenuß. Es ist bewundernswert, wie es ihnen gelingt, nur durch das Medium der Stimme soviel Lebensstoff zu vermitteln.

Als Zugabe folgt im Anschluß an das Hörspiel noch ein – von Hans Sarkowicz moderiertes – Gespräch mit dem Hörspiel-Autor Heinz-Dieter Sommer, dem Regisseur Leonhard Koppelmann und dem Komponisten Henrik Albrecht. Dieser Werkstattbericht gewährt einen spannend-reflektierenden Einblick in die Produktions- und Gestaltungs- bedingungen eines solchen Hörkunstwerkes.

Die 4 CDs nebst Textheftchen mit Hintergrundinformationen sind in einer Papphülle untergebracht, und eine Schatzkarte bekommen wir natürlich auch noch dazu.

Nun fällt mir gerade auf, daß ich bei meiner Besprechung die inhaltliche Kenntnis der Schatzinselgeschichte einfach vorausgesetzt habe. Doch um dem Klassiker die gebührende Ehre zu geben, folgt nun eine sehr geraffte Zusammenfassung:

Der junge Held ist der siebzehnjährige Jim Hawkins, und er ist auch der Erzähler des ganzen Abenteuers. Dieses Abenteuer beginnt mit dem Einzug eines geheimnisvollen Seemannes unbestimmbarer Herkunft in die Matrosenschänke von Jim Hawkins Vater. Der neue Gast ist bärbeißig und ebenso jähzornig wie rumsüchtig, er will mit Käptn angeredet werden, und er singt oft das berüchtigte Lied von den „Fünfzehn Mann auf des Totenmannes Kiste –jo-ho-ho-jo, und `ne Buddel voll Rum!“ Außerdem fürchtet er sich sehr vor einem einbeinigen Seemann und zahlt Jim monatlich einen Silbergroschen dafür, daß er ihm sofort meldet, wenn ein solcher Seemann im Umkreis des Wirtshauses auftauchen sollte.

Eines Tages kreuzt ein weiterer seltsamer Seemann auf, der sich „Schwarzer Hund“ nennt, und der sogenannte Käptn bekommt nach einem handgreiflichen Streit mit dem neuen Gast einen Schlaganfall. Zufällig ist Dr. David Livesey gerade auf dem Weg zum Wirtshaus, um nach Jims schwerkrankem Vater zu sehen. Widerwillig rettet Dr. Livesey dem Käptn das Leben, indem er ihn zu Ader läßt.

Als der Käptn wieder zu Bewußtsein gekommen ist, vertraut er Jim an, daß er der Steuermann des verstorbenen Kapitäns Flint war und eine Schatzkarte von ihm „geerbt“ habe, hinter der nun der Rest von Flints alter Mannschaft her sei.

Einige Zeit später bekommt der Käptn erneut verdächtigen Besuch und regt sich danach so sehr auf, daß er an einem zweiten Schlaganfall stirbt. Jim durchsucht die Seemannskiste und nimmt einige Papiere sowie die Schatzkarte an sich. Anschließend berät er sich mit dem örtlichen Gutsherrn Squire John Trelawney und Dr. David Livesey. Bei näherer Inspektion der Karte und der beiliegenden Dokumente, die eine genaue Buchführung der beträchtlichen Piratenbeute enthalten, stellt sich heraus , daß sie wahrlich die Schatzkarte vor sich haben, die den Standort der vergrabenen Schätze des blutrünstigen Piratenkapitäns Flint bezeichnet.

Squire Trelawney ist die Aussicht auf diesen Schatz so viel wert, daß er ein Schiff ausrüsten läßt, einen Käpitän engagiert und mit Hilfe einer Zufallsbekanntschaft, dem einbeinigen Schiffskoch Long John Silver, eine Schiffsbesatzung organisiert.

Jim Hawkins ist zunächst mißtrauisch, da er an den einbeinigen Seemann denken muß, den der verstorbene Vorbesitzer der Schatzkarte so gefürchtet hatte. Doch John Silver erweist sich als so gepflegter, kultivierter und leutseliger Mann, daß sich Jims Bedenken sofort verflüchtigen. Außerdem kümmert er sich fast väterlich um Jim, erklärt ihm geduldig seemännische Fachbegriffe und gewinnt so sein jugendliches Vertrauen.

Schließlich sticht das Schiff „Hispaniola“ in See. An Bord befinden sich Jim Hawkins als Schiffsjunge, Squire Trelawney, Dr. Livesey, Kapitän Smollett und der angebliche Schiffskoch Long John Silver sowie zahlreiche Matrosen, die sich nach der Ankunft auf der Schatzinsel fast alle als alte Piraten aus der ehemaligen Mannschaft von Kapitän Flint entpuppen.

Nach ambivalenten Bündnissen, waghalsigen Ränkespielen, gefährlichen Schiffsmanövern, diversen kämpferischen Auseinandersetzungen und nicht wenigen Toten gewinnen die „guten“ Helden das Rennen um den Schatz und die sichere Heimkehr in den heimatlichen Hafen. Nur Long John Silver stiehlt sich raffiniert in die Freiheit, und irgendwie schafft es dieser charismatische Hasardeur, daß man ihm diese Freiheit gönnt.

Ja, ich weiß, ich habe den Papagei nicht erwähnt, die tolle Szene im Apfelfaß und die Begegnung mit Ben Gunn und, und, und…
Aber – ZUM DONNERKIEL – Sie können ja das Hörspiel hören oder das Buch lesen. Also AHOI, segeln Sie in die nächste örtliche Buchhandlung und erbeuten Ihre Schatzinsel. Es lohnt sich!

Hier entlang zum Hörbuch und zur HÖRPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.randomhouse.de/Hoerbuch/Die-Schatzinsel/Robert-Louis-Stevenson/der-Hoerverlag/e465662.rhd

Sollten Sie zufällig in der kleinen Großstadt SOLINGEN wohnen, haben Sie sogar die einmalige Gelegenheit, dieses Hörspielkunstwerk in der Buchhandlung „Die Schatzinsel“ zu erwerben.
Ich finde, besser geht’s nicht:

 Die Schatzinsel
Buch & Meer
Forststr. 1
42697 Solingen
Tel: 0212 – 38 32 95 10
Fax: 0212 – 38 32 95 11
http://www.schatzinsel-solingen.de

»Robert Louis Stevenson kam am 13. November 1850 in Edinburgh zur Welt. Er studierte erst Maschinenbau, dann Jura, erkrankte an Tuberkulose und verließ seine Heimat, weil ihm das Klima nicht bekam. Stevenson reiste um die Welt, liebte die Südsee und arbeitete als Schriftsteller. Er schrieb Essays, Gedichte, Reisebücher und Romane.
„Die Schatzinsel“ erschien 1883. Die letzten Jahre lebte Robert Louis Stevenson auf Samoa. Dort starb er mit nur 44 Jahren Ende 1894

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Extra Garn

  • Bilderbuch
  • von Mac Barnett
  • Illustrationen von Jon Klassen
  • Aus dem Englischen von Susanne Lin
  • Verlag Freies Geistesleben 2013                    http://www.geistesleben.com
  • 40 Seiten, gebunden
  • Format: 26 x 22 cm
  • 15,90 €
  • ISBN 978-3-7725-2688-6
  • ab 4 Jahren
    9783772526886_10024.png EXTRA GARN

DEN  FADEN  FINDEN

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

„Extra Garn“ ist eine schöne, vertrauenserweckende Geschichte über geschenktes Glück und das Glück des Schenkens.

Eines Wintertags findet das Mädchen Annabelle eine kleine Truhe, angefüllt mit kunterbuntem Wollgarn. Sie strickt sich einen Pullover, und weil noch Wolle übrig ist, strickt sie auch  einen Pullover für ihren Hund.

Danach ist immer noch Garn vorhanden und so strickt Annabelle nach und nach für alle menschlichen und tierischen Bewohner ihrer Heimatstadt regenbogenbunte Pullover. Die Wolle scheint kein Ende nehmen zu wollen, und so bestrickt das Mädchen nach den Lebewesen auch die unbelebten Dinge, und die zuvor so triste Stadt wird merklich farbenfroher.

Die Kunde von Annabelles unerschöpflicher Wollgarntruhe erreicht schließlich auch einen modebewußten Erzherzog, der mit seinem Segelschiff anreist. Er will Annabelle die Truhe  für sehr, sehr viel Geld abkaufen, aber Annabelle weigert sich, ihren bunten Schatz zu verkaufen.

Der Erzherzog bezahlt drei Räuber, damit sie für ihn die Wolltruhe stehlen, und dann segelt er mit ihr übers Meer davon zu seiner Burg. Doch als er die Truhe öffnet, ist sie vollkommen leer. Erbost und wütend wirft er die Truhe aus dem Fenster und schickt noch einen bösen Fluch für Annabelle hinterher.

Die kleine Truhe findet auf dem Wasserwege wieder zu Annabelle zurück, aber der böse Fluch erreicht sie nicht. Denn Annabelle lebt bunt und munter weiter…

Der Autor Mac Barnett erzählt seine Geschichte mit großer Gelassenheit in einer prägnanten, einfachen und gleichwohl ausdruckvollen Sprache.

Die Illustrationen von Jon Klassen sind sehr klar und inszenieren durch die kontrastierende Farbgebung (graubraun-schwarzweiße Kulissen gegenüber kunterbunten Strickmaschen) deutlich das wechselnde emotionale Klima im Verlauf der Handlung.

 

Der Autor:

»Mac Barnett wurde 1982 in einem  kalifornischen Bauerndorf geboren und lebt heute als Autor in Berkeley. Bekannt wurde er neben seinen fantasievollen Kinderbüchern durch seine Kriminalromane rund um die Brixton Brothers.  www.macbarnett.com«

 

Der Illustrator:

»Jon Klassen wurde 1981 im kanadischen Winnipeg geboren. Nach seinem Studium am Sheridan College in Oakville, Kanada, ging er nach Amerika und arbeitete zunächst für verschiedene Film- und Videoproduktionsfirmen. Heute lebt er als erfolgreicher Autor und Illustrator in Los Angeles. Mit seinem Buch „Wo ist mein Hut“ wurde er jüngst für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.
http://www.burstofbeaden.com «