- Eine Geschichte über die unendlich vielen Begabungen in jedem von uns
- Geschrieben von Kobi Yamada
- Illustriert von Gabriella Barouch
- Originaltitel: »maybe«
- Übersetzung von Gerda M. Pum
- Adrian Verlag 2020 www.adrian-verlag.de
- gebunden
- Fadenheftung
- Format: 22,3 x 31 cm
- 44 Seiten
- 12,95 € (D), 13,40 € (A)
- ISBN 978-3947188-85-7
- Bilderbuch ab 4 Jahren
S E L B S T B E S T I M M U N G
Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©
Das Bilderbuch „vielleicht“ spricht Kinder direkt an, stellt Fragen, die nach innen führen und bietet spielerisch-philosophisch Antworten an – läßt dabei gleichwohl weite Frei- räume und ermutigt ausdrücklich dazu, auf das eigene Herz zu hören, sich nicht mit der Oberfläche abzufinden und in die Tiefe zu gehen, um die eigenen Talente und Neigungen zu entdecken.
Angesichts eines Zeitgeistes übermäßiger Konformität, willkürlicher Gleichmacherei, bindungszerstörerischer Wettbewerbsmentalität und zweckbetonter Bildungsnormen ist dieses Bilderbuch ein gelungener Gegenpol, der ebenso zu Individualität und unkon- ventioneller Einzigartigkeit wie zu Empathie und Verbundenheit animiert. „Vielleicht“ setzt einfühlsam in Szene, wie es wäre, wenn man Kinder nicht in ein Korsett aus Erwartungen schnürt, sondern ihnen den Spielraum läßt, ihrer inneren Stimme und ihrer Herzenswahrheit zu lauschen und entdeckend-ausprobierend zu folgen. Gelegentliches Scheitern ist dabei ebenfalls erlaubt, denn dies gehört dazu wie Wachstumsschmerzen.
Die Fragen, die hier gestellt werden, weisen auf das SEIN hin, auf innere Werte, auf Achtsamkeit, Begeisterung, Entdeckungslust, Freiheit, Gerechtigkeit, Hilfsbereitschaft, Lebensweite, Mut, Magie, Naturverbundenheit und Phantasie. So wird Kindern auf empfindsam-meditative Weise vermittelt, daß die Möglichkeiten und Perspektiven, die sie in sich finden, wahrnehmen und kultivieren, auch eine Bereicherung für die Gestaltung der Welt sein dürfen, ja, sogar sein sollen.
Es ließe sich einwenden, daß der Text verhältnismäßig abstrakt bleibt, daß viele Sätze – aus erwachsener Perspektive – an kalenderspruchartige Weisheiten erinnern. Doch der kindliche Geist ist noch viel unbelesener und dürfte deutlich aufnahmebereiter für solche Ermutigungen sein – zumal sich während der Vorlesesituation und im Dialog mit dem Kind vertiefende Konkretisierungen der persönlichen Besonderheiten und Vorlieben ergeben können.
Die ausdrucksvollen Illustrationen sind konkreter als der Text, gehen mehr ins Detail, bieten eine anregend-phantasievolle und schöne Kulisse für die innere Orientierung. Sie zeigen ein Kind (ohne Namen), das eine Mütze aus Blättern trägt, in der Stirnmitte ist ein gelber Vogelschnabel aus gefaltetem Papier angebracht. Dieser Laubvogelkopf- schmuck gibt dem Kind unmittelbar eine naturverbundene und kreative Note. Man sieht sofort, daß wir es hier mit einem eigenwilligen und sensiblen Menschenwesen zu tun haben, das die Welt mit offenem Herzen betritt und dessen Schritte in der Welt deshalb noch fließender und verträumter sind als beim eher verschlossenen erwachsenen Menschen. Naturverbundenheit zeigt sich in fast allen Szenerien und spiegelt sich auch in der ständigen Begleitfigur des kleinen Schweinchens.
Die Illustratorin benutzt eine dezente, sanftbunte Farbpalette, und sie jongliert mit Größenproportionen – so reist das Kind beispielsweise auf einer Seite in einer Nuß- schale übers Meer, und auf der nächsten Seite sitzt es bequem auf der Mondsichel und spielt mit den Sternen. Dies spiegelt anschaulich die Reichweite des Möglichen.
Dieses Bilderbuch wird vom Verlag ab dem Alter von vier Jahren empfohlen. Dem stimme ich zu, möchte aber ergänzen, daß sich diese vorbildliche Anregung zur Selbst- bestimmung und Selbstwirksamkeit auch noch gut für Jugendliche eignet, die sich dem Ende der Schulzeit nähern und sich für die nächste Lebensweichenstellung entscheiden müssen.
»Du bist du. So jemanden wie dich
hat es noch nie gegeben und wird
es auch nie mehr geben.
In dir steckt so viel.«
Hier entlang zum Buch und zur Leseprobe auf der Verlagswebseite:
http://adrian-verlag.de/vielleicht-landing_page/
Eine weitere Besprechung aus mütterlicher Sicht gibt es bei Steffi auf LESENSLUST:
https://lesenslust.wordpress.com/2020/04/16/kinderfreuden-37-make-a-wish/
Der Autor:
»Kobi Yamada ist ein New York Times Bestsellerautor und CEO von Compendium, einem Unternehmen, wo besondere Menschen besondere Dinge kreieren. Kobi lebt glücklich mit der Liebe seines Lebens und ihren zwei superlustigen Kindern im Land des fliegenden Lachses. Dort entdeckt er jeden Tag unglaubliche Möglichkeiten. Er fragt sich oft, ob sein Leben vielleicht noch schöner ist, als er es sich je erträumt hat. «
Die Illustratorin:
»Gabriella Barouch ist eine Künstlerin, deren Arbeiten weltweit anerkannt sind. Ihr unverwechselbarer Stil kombiniert realistische Details mit magischen Elementen und Motiven auf eine ganz besondere Art. Dadurch spricht sie Menschen jeden Alters an. Gabriella lässt sich gerne von ihren gesammelten Vintage-Spielzeugen inspirieren und liebt es, an viele verschiedene Ort zu reisen. Sie ist tief verbunden mit der Natur, vor allem mit Wäldern. „Vielleicht“ ist ihr erstes Bilderbuch.«
Ups … dieser Blog ist gefährlich!!
Jetzt habe ich erst zwei Beiträge gelesen und bin schon um zwei Bücher reicher 🙂 . Fantastisch!!!
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Hab‘ Dank für Deine lebhafte Bilderbuchbegeisterung! 🙂
Gerne bin ich auf buchverführerische Weise „gefährlich“. 😉
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Ein Buch, das als Kinderbuch „ausgeschrieben“ ist, aber sicherlich auch den vorlesenden Erwachsenen so einiges zum Denken gibt. Und vielleicht sollten es auch Pädagogen, Erzieher, Lehrer etc. lesen. Ganz allgemein würde ich mir das Beschriebene einfach so für unser aller Zusammenleben wünschen.
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Vielen Dank für Deinen Lesebesuch und Deine „erwachsene“ Zustimmung.
Für das Zusammenleben der Menschen wäre eine größere Anzahl empathischer, eigenwilliger, naturverbundener, kreativer und intrinsisch motivierter Individueen gewiß förderlicher als eine wettbewerbsorientierte, werbe- und mediengläubige, gedankenlose, egozentrische Brot-und-Spiele-Mitläufer-Masse.
Vielleicht kann „Vielleicht“ somit das eine andere andere Kind zu einem selbstzentrierten Dasein und der Entwicklung eines inneren Werte-Kompaß ermutigen.
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Oh ja, das wäre zu wünschen ☀
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Was mir spontan dazu einfällt, ist der Gegensatz zwischen der Pädagogik dieser Geschichte und der iim „Struwwelpeter“. Eigentlich gibt es gar keinen Vergleich, oder?
Es ist gut, daß Kinder heutzutage nicht mehr mit der Angst aufwachsen, ihre Daumen abgeschnitten zu bekommen.
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Liebe Tanja,
„Vielleicht“ ist ein Bilderbuch, das Kinder dazu ermutigt, ihr Inneres zu erforschen und die Welt mitzugestalten.
Der Struwwelpeter hatte eher den Zweck pädagogischer Einschüchterung. Meine Oma hatte mir dieses Bilderbuch einst geschenkt, aber ich fand einige Szenen so schrecklich, daß meine Mutter dieses Buch schließlich aus dem Kinderzimmer verbannte.
Damals hat man Kinder teils mit zu strengen Grenzen und Drohkulissen „zurechtgestutzt“, bewacht und dementsprechend auch verletzt – andererseits werden Kinder heute teilweise mit zuviel Freiheit und zuwenig liebevoller Führung überfordert und vernachlässigt.
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Ja, es war mir schon klar, daß die verschiedenen Bücher verschiedene Ziele hatten, aber ich wollte mit meiner Aussage nur darlegen, wie sehr sich das Denken über angebrachte Kindeserziehung geändert hat. Aber daß das Pendel vielleicht zu weit in die andere Richtung geschwungen ist (was es leider immer wieder zu tun scheint), stimmt auch. Ich bin nur froh, daß ich keine Kinder habe, denn ich bin mir sicher, daß ich selbst als Elternteil viele Fehler machen würde.
Liebe Grüße,
Tanja
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Ja, beliebte Bilderbücher spiegeln stets den erzieherischen Zeitgeist und der Kontrast zwischen dem „Struwwelpeter“ und „Vielleicht“ fällt dementsprechend stark aus.
Ich denke, daß der größte Fehler in der Kindererziehung darin liegt, das Kind nicht genug in seinem SOSEIN zu lieben … aber das ist nun ein zu weites Feld, um es im Kommentarbereich zu beackern.
Lieben Dank für Deine aufmerksame Resonanz!
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Ein Buch, das mit großer Sicherheit auch von seinen wunderschönen Illustrationen lebt, liebe Ulrike. Ich sehe sie mir an und schmelze dahin. Ich glaube, wenn ich es mir selbst gönne, mache ich keinen Fehler, denn ich mag Bilderbücher sehr und außerdem kommt das im Moment noch so kleine Enkelmädchen ja auch noch in die Lesejahre.
Liebe Grüße zur Nacht von Bruni
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Liebe Bruni,
herzlichen Dank für Deine zugeneigte Rückmeldung.
Es ist eine gute Entscheidung, daß Du Dir dieses Bilderbuch zunächst einmal für Dich selbst gönnen magst. Bilderbüchervorratshaltung ist in Hinsicht auf das Heranwachsen der Enkelkinder stets sinnvoll und führt nach und nach zu einen schönen Fundus für geteilte Betrachtungs- und Vorlesefreuden.
Mit einem herzlichen Gutenachtgruß von mir zu Dir,
Ulrike
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So sehe ich das auch, liebe Ulrike!
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Was du uns heute vorstellst, scheint mir ein Buch zu sein, das in besonderer Weise von den Illustrationen lebt. Es gibt freilich immer wieder Bilderbücher, bei denen ganz zauberhafte Illustrationen sozusagen mehr als die halbe Miete ausmachen. Aber hier fällt es einem schwer, sich vorzustellen, dass die Bilder zum Text geschaffen wurden. Es entsteht eher der Eindruck, als wären die Texte nachträglich als verbale Anregungen hinzugefügt worden. 🙂
So oder so ist ein zauberhaftes Buch entstanden. Und ich denke mal, dass man das vom Lesealter her ziemlich bandbreit betrachten kann. Denn das Entdecken und Kultivieren der ureigenen Talente ist ja recht eigentlich eine Lebensaufgabe (vielleicht müsste es sogar eher „Lebenshingabe“ heißen).
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Herzlichen Dank für Deine feinsinnigen und wortschöpferischen Betrachtungen zu „Vielleicht“. Den Eindruck, daß bei diesem Bilderbuch die Illustrationen vor dem Text entstanden sein könnten, hatte ich ebenfalls – auch wenn es meist andersherum funktioniert. 🙂
Deine Ansicht zum breitbandigen Lesealter teile ich. Das Entdecken und Kultivieren der ureigenen Talente ist in der Tat eine lebenslängliche Lebensaufgabe bzw. „Lebenshingabe“.
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Sprachlos, also nicht ganz. Begeistert, absolut. Aber ich suchte für meine Enkelin in Neuseeland ein Buch, das nicht lenkt, einfach Denkanregungen bietet, auffordert frei zu sprechen und zu diskutieren. Gerade weil es noch dauern wird, bis ich dieses Geschöpf, das meinem Herzen so nah ist, wiedersehen kann. Et voila – hier ist es. Vielen Dank fürs Vorstellen!
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Verbindlichen Dank für Deine ausdrückliche Bilderbuchbegeisterung! Es freut mich, daß Dir meine Empfehlung „mundet“.
Dieses Buch bietet unaufdringlich und verspielt Denk- und Gesprächsan- regungen, die gewissermaßen beiläufig Selbsterkenntnisse ans Licht befördern können.
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Liebe Ulrike,
in meinem speziellen Fall wäre das Buch perfekt für meine 9-jährige. 4-jährige können mit Sicherheit das Buch verstehen, aber Selbstreflexion steckt da noch in den Kleinkinderschuhen. Dieses Buch als Gesprächsanlass mit meiner 9-jährigen Enkelin stelle ich mir sehr spannend vor. Dieses außergewöhnliche Bilderbuch ist bereits abgespeichert. Herzlichen Dank, liebe Ulrike. Alleine wäre ich nicht darauf gestoßen. Liebe Grüße, Barbara
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Liebe Barbara,
ich danke Dir für Dein lebhaftes Leseinteresse und die Ausdehnung der Altersadressierung für dieses Bilderbuch.
Gewiß steckt Selbstreflexion bei Vierjährigen noch in den Kleinkinderschuhen, doch eine Animation zur Selbsterkenntnis – selbstverständlich auf kindlicher Ebene – finde ich sinnvoll.
Herzensgruß von mir zu Dir
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Und ich stimme Dir da 100%ig zu.! Und herzlichen Dank.
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Hallo Ulrike.
Bist du dir sicher dass es für Vierjährige geeignet ist?
Die Texte sind zwar kurz aber ohne viel Erklärung nicht begreifbar für solch kleine Kinder. Ist zumindest mein Gefühl.
LG, Nati
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Liebe Nati,
vielen Dank für Deine nachfragende Rückmeldung.
Altersangaben können immer nur ungefähr sein. Ich denke, daß dieses Bilderbuch nicht zu den Bilderbüchern gehört, die sich dem kleinen Kind ganz von selbst erklären, da – wie ich in meiner Besprechung bereits angedeutet habe – die Erzählebene verhältnismäßig abstrakt bleibt und erst durch das Gespräch zwischen Kind und Vorleser konkretisiert wird.
In der unter dem Verlagslink verlinkten Querverweis-Rezension von Steffi zeigt sich jedoch, daß sogar ihre erst dreijährige kleine Tochter Gefallen an „Vielleicht“ gefunden hat.
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Danke für den Hinweis, Ulrike.
Ich habe mir nur den Link zur Vorschau angesehen.
Auf jeden Fall ist es ein Buch, welches immer wieder mal aus den Regal geholt werden kann.
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Ich denke, dass 4jährige das Buch auf einer anderen Ebene verstehen. *malebenschnelleinwerfend*
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Wer weiß, welche Gespräche da zustande kämen. 🙂
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Und zwar!
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🤔
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Ich sag nur Tablet 😄 das war ein Vertipper.
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Ich dachte mir frage ich mal nach, lach….
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Ich habe vor Corona mit meiner 4 jährigen Enkelin eine Kinderbiographie von Martin Luther King jr. gelesen. (Es stand bei den Kinderbüchern und war Leseempfehlung ab 10 Jahren). Sie wollte unbedingt wissen, wovon es handelt. Stark hat sie beeindruckt, dass schwarze und weiße Kinder nicht auf einem Spielplatz zusammen spielen durften. Das hat sie lange beschäftigt und auch sein langer Name😅 Damit hat sie das Buch auf ihrem Niveau verstanden. (Nur als Beispiel, wie Kinder unterschiedlich Inhalt begreifen)
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Verbindlichen Dank, liebe Barbara, für Deine lehrreiche Zugabe aus dem echten Großmutter-Enkelkind-Leseleben! 😀
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Gern geschehen 😇
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