Der Klang der Wälder

  • von Natsu Miyashita
  • Roman
  • Originaltitel: »Hitsuji to Hagane no Mori«
  • Aus dem Japanischen von Sabine Mangold
  • Insel Verlag 2022 www.insel-verlag.de
  • Taschenbuch
  • 238 Seiten
  • 11,00 € (D), 11,40 € (A)
  • ISBN 978-3-458-68217-2

Der Klang der Wälder

K L A N G S P U R E N

Rezension von Ulrike Sokul ©

Eine zufällige Begegnung führt den Schüler Tomura kurz vor dem Schulabschluß zu seiner Bestimmung. Ein Lehrer bittet ihn, stellvertretend den Klavierstimmer in der Schule zu empfangen und ihn zum Schulklavier, das in der Turnhalle steht, zu begleiten.

Tomura führt also Herrn Itadori, den Klavierstimmer des örtlichen Musikinstrumenten-händlers, in die Turnhalle. Während der Klavierstimmer einige Töne anschlägt, wird Tomura unmittelbar von diesen Klängen ergriffen und erinnert sich an seine Kindheit, an sein heimatliches Bergdorf und an die ausgedehnten Wälder, ja, er riecht sogar plötzlich den Wald.

Fasziniert beobachtet er die sorgfältige Arbeit des Klavierstimmers, die Werkzeuge und die Prüfung der Töne. Itadori erklärt ihm bereitwillig einige Details zum Aufbau eines Klaviers, er spricht von Tasten, Saiten und Hämmern, die mit Filzköpfen ausgestattet sind, sowie über Holzarten. Zum Abschied gibt ihm Itadori seine Visitenkarte und lädt ihn dazu ein, ihn im Klaviergeschäft zu besuchen.

Tomura folgt dieser Einladung und fragt Itadori bei dieser Gelegenheit spontan, ob er ihn als Lehrling annehmen würde. Freundlich weist er Tomura auf eine Fachschule für Klavierstimmer hin, die er zunächst absolvieren solle. Dann sähe man weiter.

Entschlossen und diszipliniert läßt sich Tomura auf dieses zweijährige, durchaus an-strengende Studium ein und wird tatsächlich als Lehrling eingestellt. Praktische Erfahrung erwirbt Tomura nun durch das tägliche Stimmen der Klaviere und Flügel, die sich im Ladenlokal befinden. Außerdem begleitet er die älteren und erfahrenen Klavierstimmer bei Hausbesuchen. Zwar darf er nur selten mit Itadori zusammen- arbeiten, aber Itadori bleibt gewissermaßen sein Leitstern und Vorbild.

So sammelt Tomura vielsaitige handwerkliche und zwischenmenschliche Erfahrungen. Er erlebt helle und dunkle Augenblicke, Selbstzweifel und Unsicherheit hinsichtlich seiner Fähigkeiten, aber ebenso Ermutigung und eine langsam wachsende Verfeinerung seines handwerklichen Könnens – und beiläufig auch seiner persönlichen Gestimmtheit.

In regelmäßigen Abständen stimmt Tomura das Klavier eines jungen Mädchens namens Kazune. Er schätzt ihr Klavierspiel ganz besonders und freut sich immer, wenn er ihrem Spiel lauschen darf. Als Kazune sich entschließt, Profi-Pianistin zu werden, bemüht sich Tomura stärker darum, den Klang des Klaviers auf Kazunes Spielweise und auf ihr Wesen abzustimmen. Dies vertieft sein Verständnis für das Klavierstimmen weit über das rein Handwerklich-Technische hinaus, und es beflügelt ihn, freudig und dankbar seinen Betrag zur Schönheit der Musik zu leisten.

Neben der Entwicklung und Reifung von Tomuras Charakter und der Entfaltung seiner Fähigkeiten erliest man in diesem Roman viel Wissenswertes über Theorie und Technik des Klavierstimmens. Anfänglich ist sich Tomura unsicher, ob er dem richtigen beruf-lichen Weg folgt. Doch Schritt für Schritt und buchstäblich Klaviertaste für Klaviertaste klärt sich der Weg, öffnet sich der Horizont. Tomura findet im Dienst für die Musik und im wohlgestimmten Klavier nicht nur die Schönheit des Klangs, sondern die Klänge evozieren die Schönheit und Verbundenheit der Welt, der Wälder, der Jahreszeiten – der Klang atmet und verleiht dem Leben poetischen Sinn.

Natsu Miyashitas Sprache ertönt auf sehr klare, leise, ruhige, sanftmütige Weise und schwingt gleichsam in harmonischer Resonanz mit der Romanhandlung.

»Nach und nach war mir klar geworden, dass Musik kein Wettbewerb sein sollte. Und das gilt erst recht für Klavierstimmer. Da hat Konkurrenzdenken schon gar nichts zu suchen. Wenn man nach etwas strebt, dann sollte es kein Platz auf einer Rangliste sein, sondern ein Zustand der Seele.« (Seite 152)

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.suhrkamp.de/buch/natsu-miyashita-der-klang-der-waelder-t-9783458682172

Die Autorin:

»Natsu Miyashita wurde 1967 in der japanischen Präfektur Fukui geboren. Sie liest für ihr Leben gern und spielt Klavier, seit sie klein war. Für „Der Klang der Wälder“ erhielt sie den renommierten japanischen Buchhändlerpreis. Der Roman war in Japan ein Millionen-bestseller und wurde 2018 von Kojiro Hashimoto verfilmt.«

Die Übersetzerin:

»Sabine Mangold, geboren 1957, hat mehrere Jahre in Japan als Dozentin gearbeitet und zahlreiche literarische Werke aus dem Japanischen ins Deutsche übertragen. 2019 wurde sie mit dem Preis der Japan Foundation ausgezeichnet. Mangold lebt in Berlin.«

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Wenn mein Mond deine Sonne wäre

  • von Andreas Steinhöfel
  • Eine musikalische Lesung
  • mit dem Autor und dem Duo Salzbauer
  • Silberfisch, Oktober 2019  https://www.hoerbuch-hamburg.de/
  • 1 CD in Pappklapphülle
  • Laufzeit: ca. 63 Minuten
  • 12,00 € (D), 13,50 € (A)
  • ISBN 978-3-7456-0138-1
  • Hörbuch ab 8 Jahren

WEISST  DU  NOCH?

Hörbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Der neunjährige Max vermißt schmerzlich seinen Großvater. Zwar besucht er ihn regel- mäßig im Altenheim, aber das ist nicht die gewohnte innige Nähe, und da der Großvater dement wird, befürchtet Max zudem, daß er ihn eines Tages nicht mehr erkennen und liebhaben könne.

Eines Morgens ist Maxens Sehnsucht nach dem Opa so überwältigend, daß er be- schließt, heimlich einen Ausflug mit ihm zu unternehmen. Von seinen Besuchen im Heim kennt Max den Zahlencode, mit dem man die Türe nach draußen öffnen kann, und so spaziert er einfach ganz selbstverständlich ins Altenheim und findet den Großvater in guter Verfassung in seinem Zimmer (bei Dementen gibt es bessere und schlechtere Tage hinsichtlich des Erinnerungsvermögens). Der Opa erkennt Max sofort und fragt, warum er denn schon so früh zu Besuch käme. Max sagt, daß er einen Überraschungsausflug mit ihm machen möchte, und der Großvater ist dieser Idee sogleich zugeneigt.

Max geht, vom Pflegepersonal unbemerkt, mit seinem Opa zur Außentür, tippt den Zahlencode ein, und schon sind die beiden draußen – allerdings in Begleitung einer weiteren Heimbewohnerin, des feingliedrigen Fräuleins Schneider, einer ehemaligen Tanzlehrerin, die einfach mit durch die Tür geschlüpft ist.

Zu dritt eilen sie zur Bushaltestelle und fahren aus der Stadt hinaus zum „Blumental“. Max hat einen Ort gewählt, der seinem Opa etwas bedeutet. Im Blumental gibt es eine besonders schöne Blumenwiese; auf dieser Wiese hatte der Großvater einst die Groß- mutter zum ersten Mal geküßt und ihr einen Heiratsantrag gemacht.

Die drei Ausreißer genießen die Atmosphäre, die die Sommerwiese ausstrahlt. Max unterhält sich mit seinem Großvater, und beide beobachten Fräulein Schneider bei ihrem spontanen anmutigen Sonnentanz.

Max gesteht seinem Großvater, daß er Angst davor habe, daß er ihn eines Tages ver-gessen könne. Der Großvater erinnert Max daran, was er ihm über den Mond erklärt habe: Der Mond ist immer da, aber je nach Stellung zur Sonne ist er für uns unsichtbar – darauf solle Max vertrauen.

Daran hält sich Max auch tapfer, nachdem der Suchtrupp aus Maxens Mutter, zwei Pflegern und zwei Polizisten die Ausreißer schließlich zurück gebracht hat.

Andreas Steinhöfel findet in diesem Hörbuch immer den richtigen Ton. Dies dürfen wir hier sogar buchstäblich nehmen. Am Anfang dieser Geschichte standen nämlich zwei klassische Musikstücke: „Ein Sommertag, op. 65a“ von Sergej Prokofjew und „Jeux d’en-fants, op. 22“ von Georges Bizet. Zu den dreizehn Einzelstücken dieser Musik entwickelte Andreas Steinhöfel die dreizehn Kapitel von „Wenn mein Mond deine Sonne wäre“.

Jedem Kapitel folgt ein Musikabschnitt, der das Handlungstempo und die emotionale Gestimmtheit spiegelt. Die Musik illustriert das Geschehen akustisch und vertieft das weite Spektrum der zuvor angesprochenen Empfindungen und Beobachtungen. Je häufiger man dieser Kombination aus Text und Musik lauscht, desto „mitsprechender“ erscheint die Musik. Musik und Worte geben sich hier wechselwirksam Raum zum Nachklingen und Nachspüren.

An die Geschichte schließt sich ein erhellendes Gespräch zwischen Andreas Steinhöfel und den Musikern des Duos Salzbauer an. Der Autor erzählt, wie sich für ihn die Ge-schichte von Max und seinem Großvater aus dem Hören der Musikstücke entwickelt hat, und die Musiker erklären, wie sie die Musikstücke, die für ein großes Orchester komponiert wurden, angemessen auf zwei Instrumente (Klavier und Saxophon) reduzieren mußten und gleichwohl dem Original weitgehend treugeblieben sind.

„Wenn mein Mond deine Sonne wäre“ ist eine warmherzige Geschichte mit berührend-authentischen Charakteren, lebendigen Dialogen, virtuoser Dramaturgie und einem ebenso schelmischen wie zärtlichen Blick auf Alter und Kindheit, Erinnern und Vergessen. Die gelungene Kombination von klassischer Musik und Text wahrt eine tänzerische Balance zwischen Leichtigkeit und Schwere und träufelt Trost in die Melancholie. Andreas Steinhöfels poetisch-literarisches Sprachniveau befindet sich auf feinfühlig-zugeneigter Herzenshöhe mit Kindern, was zudem auch durch seine einfühlsame Vorlesestimme und seine gelassen-klare Vortragsweise zum Ausdruck kommt.

 

»Und während du erzählst, Sommer um Sommer, Jahr um Jahr, liegen deine kleinen jungen Hände in großen alten Händen, und wenn du schweigst, spüren deine Augen den Venen und Sehnen dieser fleckigen Hände nach, die über dich gewacht, die dich behütet und getröstet haben – Sommer um Sommer, Jahr um Jahr, seit du denken kannst.«

 

Hier entlang zum Hörbuch und zur HÖRPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.hoerbuch-hamburg.de/hoerbuecher/steinhoefel-wenn-mein-mond-deine-sonne-waere-5043/

Der Autor:

»Andreas Steinhöfel gehört zu den bekanntesten deutschsprachigen Autoren. Insbeson-dere für seine Kinderbücher, die Steinhöfel oftmals selbst fürs Hörbuch liest, wurde er vielfach ausgezeichnet, u.a. mit der Corine, dem Deutschen Jugendliteraturpreis sowie dem Erich Kästner Preis für Literatur. Andreas Steinhöfel arbeitet zudem als Übersetzer, Rezensent und Drehbuchautor.«

Die Musikanten:

»Silvia Salzbauer hat an der Musikhochschule Heidelberg-Mannheim Musik studiert und arbeitet als Klavierlehrerin und Pianistin. Ihr Mann Thomas Salzbauer ist Saxofonist und belegte 2018 den 2. Platz beim 36. Deutschen Rock & Pop Preis in der Kategorie »Bester Instrumentalsolist«. Gemeinsam leitet das Ehepaar die »Integrative Musikwerkstatt« in Biedenkopf. Seit 20 Jahren treten sie als Duo Salzbauer auf und spielen meditativen und intensiven Jazz. «

 

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Der Tierigent

  • Text von Cornelia Boese
  • Illustrationen von Manuela Olten
  • Gerstenberg Verlag Juni 2019 www.gerstenberg-verlag.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 25 x 27 cm
  • 32 Seiten
  • durchgehend farbig
  • 14,00 € (D), 14,40 € (A), 19,50 sFr.
  • ISBN 978-3-8369-6025-0
  • Bilderbuch ab 4 Jahren

EIN  PLATZ  FÜR  DEN  SPATZ

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

„Der Tierigent“ zeigt Kindern in heiteren Bildern und – dank des gelungenen vers-förmigen Begleittextes von Cornelia Boese – auch sprachmelodisch, die Vielsaitigkeit von Musikinstrumenten. Der Hauptcharakter, ein niedlicher Spatz mit einem festlichen Zylinder auf dem Köpfchen, weckt spontan Sympathie und Empathie, und man wünscht ihm unwillkürlich, daß sein unermüdlicher musikalischer Eifer zum Ziel führen möge.

Im Stadtpark auf der Freilichtbühne probt eine Schar von Tieren für ein Konzert. Der Spatz möchte gerne mitmusizieren, aber egal bei welchem Tier er nachfragt: keines traut ihm ein Instrument zu.

Bei den Streichern wird ihm gesagt, er sei zu klein, für die Holzblasinstrumente fehlten ihm die Tatzen, für die Blechblasinstrumente fehlte ihm der lange Atem, das Schlagzeug ist dem Spatz zu laut, und auch ein zartes Schnabelzupfen an der Harfe führt nicht zum gewünschten Erfolg. Und von seinem Spatzentschilp-Gesang wollen die Musikantentiere auch nichts hören.

Inzwischen hat sich ein kunterbuntes Publikum eingefunden, und der betrübte Spatz setzt sich ganz still dazu.

Illustration von Manuela Olten © Gerstenberg Verlag 2019

Das Konzert beginnt, doch von Wohlklang und Harmonie ist es weit entfernt. Alle spielen durcheinander und versuchen sich zu übertönen. Da hat der Fuchs ein weises Einsehen, bittet um Ruhe und erklärt, daß sie einen Leiter brauchten, der über Einsatz, Rhythmus, Ton und Takt bestimmt, und er wüßte da auch schon:

 „ein künstlerisch begabtes Tier,
 das alle Instrumente kennt.
 Herr Spatz, sei du der Dirigent!“

Hochmotiviert betritt der Spatz die Bühne, verbeugt sich und dirigiert als wahres Natur-talent mit beflügeltem Rhythmus die Vielfalt der Instrumente und Musiker zu einem harmonisch-klangvollen und fröhlichen Miteinander.

Illustration: Manuela Olten © Text: Corneilia Boese © Gerstenberg Verlag 2019

Im Anschluß an die Geschichte werden die beanspruchten vierzehn Musikinstrumente (Tuba, Horn, Trompete, Posaune, Fagott, Klarinette, Oboe, Querflöte, Schlagzeug, Harfe, Geige, Bratsche, Cello, Kontrabaß) auf einer Doppelseite noch einmal solo in Wort und Bild dargestellt.

Illustration von Manuela Olten © Gerstenberg Verlag 2019

Die Illustrationen von Manuela Olten geben der Handlung ein farbenfrohes und dynamisches Bilderbuchbühnenbild mit abwechslungsreichen, lustigen Tiercharakteren.

Diese tierisch musikalische Geschichte wird von Cornelia Boese in heiteren Reimen und Dialogen erzählt, so daß die Sprache selbst – sofern der geneigte Vorleser redlich mitmacht – auch als Instrument erklingen kann.

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.gerstenberg-verlag.de/Kinderbuch/Bilderbuch/Der-Tierigent.html?noloc=1

Die Autorin:

»Cornelia Boese, geboren 1970 in Würzburg, studierte an der Hochschule für Musik und arbeitete als Opernsouffleuse, Bühnenmusikerin und Kinderkonzertmoderatorin. Seit 2015 lebt sie als freischaffende Dichterin. Der Tierigent ist ihr drittes Buch bei Gerstenberg.« http://www.boesesouffleuse.de/

Die Illustratorin:

»Manuela Olten, geboren 1970, ist Fotografin und Diplom-Designerin. Sie studierte Illustration an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach, wo sie heute noch lebt. Manuela Olten wurde mit dem Troisdorfer Bilderbuchstipendium und dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet und war für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.«

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Stille Nacht (Lied)

  • Ein Lied geht um die Welt
  • Text von Brigitte Weninger
  • Illustrationen von Julie Wintz-Litty
  • NordSüd Verlag  September 2018    www.nord-sued.com
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 21,5 x 28 cm
  • 48 Seiten
  • durchgehend farbig illustriert
  • 15,00 € (D), 15,50 € (A), 19,90 sFr.
  • ISBN 978-3-314-10445-9
  • Bilderbuch ab 4 Jahren

EIN LIED IN DUNKLEN ZEITEN

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Das berühmte Weihnachtslied „Stille Nacht“ feiert dieses Jahr sein 200jähriges Jubiläum – Grund genug sich zu besinnen, wie es entstand und den Weg aus dem kleinen Ort Oberndorf (bei Salzburg) in die weite Welt antrat.

Winter 1818: Am Morgen des Heiligen Abends besuchen zwei Kinder, Lukas und Lisa, den jungen Hilfspfarrer Joseph Mohr. Sie möchten gerne mit ihm zur Chorprobe in die Kirche gehen. Die allgemeine Not ist groß, denn die Auswirkungen des Vulkanausbruchs von Tambora beeinträchtigen durch Aschewolken die Sonneneinstrahlung, was zu Jahren ohne Sommer, zu Ernteverlusten und durch viele Niederschläge zu Hochwasser geführt hat. Viele Menschen aus Oberndorf haben keine Arbeit und wenig zu essen.

Die Kinder werden von Pfarrer Mohr freundlich empfangen, mit einem Stück Brot ver-sorgt, und dann warten sie gemeinsam auf den Lehrer Franz Xaver Gruber, der Orgel und Gitarre spielen kann. Bald kommt er, und nun gehen sie zusammen in die festlich geschmückte Kirche.

Lukas betätigt eifrig die Blasebälge der Orgel, und Lehrer Gruber beginnt zu spielen. Doch es kommen nur mißtönende Klänge aus dem Instrument, das offenbar durch die feuchte Kälte in der Kirche gelitten hat. Da eine kurzfristige Reparatur nicht möglich ist, wird nach einer musikalischen Alternative gesucht.

Lisa regt an, daß sie ein besonderes Lied singen sollten, und Gruber findet, daß es ja nicht unbedingt ein Kirchenlied sein müsse. Da sagt Pfarrer Mohr schüchtern, daß er einmal ein Gedicht geschrieben habe, das von der Heiligen Nacht handele, und Gruber meint, er solle es schnell herholen.

Nun wird Pfarrer Mohrs Text von Gruber laut vorgelesen, und alle finden Gefallen an den schönen Worten. Der Lehrer Gruber nimmt seine Gitarre und komponiert eine Melodie zum Text. Einige Stunden später ist die Notenschrift fertig, und Gruber kopiert den Text und die Noten für den Kirchenchor.

Am späten Abend findet die Weihnachtsmesse statt. Alle Kirchenbesucher sind trotz der schweren Zeiten freudig-gespannt auf die Überraschung, die Pfarrer Mohr und Lehrer Gruber angekündigt haben.

Mohr und Gruber stellen sich vor den Altar, Mohr spielt die Gitarre, und beide beginnen, das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ zu singen, und als der Chor miteinfällt, schließen sich alle dem Gesang an. Viele Menschen sind gerührt und empfinden Trost und Hoffnung. So kann ein Lied in dunklen Zeiten Licht spenden.

Ein Jahr später hört der Tiroler Orgelbaumeister Carl Mauracher, der zur Reparatur der Orgel nach Oberndorf gekommen ist, das Stille-Nacht-Lied und bittet um eine Abschrift. Zunächst von Sänger zu Sänger und Herz zu Herz weitergereicht, wird das Lied 1833 gedruckt, und so kann es noch bessere Verbreitung finden.

Inzwischen ist das Lied „Stille Nacht“ längst weltbekannt und wurde in 300 Sprachen übersetzt. Selbstverständlich werden der Liedtext und die Notenschrift von „Stille Nacht“ auch in diesem Bilderbuch wiedergegeben.

Brigitte Weninger erzählt die Geschichte des Weihnachtsliedes in einfachen Worten. Es gelingt ihr ebenso, den historischen Kontext wie die zwischenmenschlichen Bezüge einfühlsam und anrührend nachzuerzählen. Die stimmungsachtsamen Aquarellbilder von Julie Wintz-Litty sprechen eine zärtliche Sprache, die sehr fein mit dem Text von Brigitte Weninger harmoniert.

Die zugewandten Umgangsformen, die Pfarrer Mohr und Lehrer Gruber den Kindern gegenüber pflegen, vermitteln eine warmherzige Grundstimmung von Geborgenheit, und die spannende, ja, schicksalhafte Entstehung des Liedes hat eine zeitlos überirdische Note.

 

Hier entlang zum Buch und zur großzügigen LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://nord-sued.com/programm/stille-nacht/

Eine interessante filmische Dokumentation zur Entstehungsgeschichte des Liedes gibt es hier: https://www.youtube.com/watch?v=hy44st3OGVg

 

Die Autorin:

»Brigitte Weninger, geboren 1960 in Kufstein, Österreich, arbeitete 20 Jahre lang als Kindergartenpädagogin, bevor sie sich ganz dem Schreiben zuwandte. Sie hat mehr als 60 Bücher veröffentlicht, die in 40 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet worden sind. Daneben engagiert sie sich besonders für die Lese- und Schreibförderung und die Erzählkultur.« http://www.brigitte-weninger.at/

Die Illustratorin:

»Julie Wintz-Litty, geb. 1971 in Frankreich. Nach dem Abitur studierte sie Illustration und Kunst in Lyon. Während ihres Studiums machte sie diverse Praktika in Lyon und Paris und nahm mit ihren Arbeiten an Ausstellungen teil. Julie Wintz-Litty arbeitet heute als freie Illustratorin und lebt in Frankreich.« http://julie-wintz-litty.eklablog.com/

 

Zur Einstimmung nun noch etwas zum LAUSCHEN, mit Herzensdank an Maestro Beat  https://randomrandomsen.wordpress.com/ , der mir diesen Link harmonisch zugespielt hat:

 

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Musikmomente

  • von Hanns-Josef Ortheil
  • btb Verlag   Januar 2018    www.btb-verlag.de
  • 288 Seiten
  • Format: 9 cm x 15 cm
  • Geschenkausgabe im kleinen Format
  • bedrucktes Ganzleinen mit LESEBÄNDCHEN
  • ISBN 978-3-442-71586-2
  • 10,00 € (D), 10,30 € (A), 13,90 sFr.

M U S I K   S P R I C H T !

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Hanns-Josef Ortheil präsentiert uns mit seinen Musikmomenten episodenhaft ein klangvolles, musikalisch-biographisches Kaleidoskop und gewährt dezent-persönliche Einblicke in sein Leben, sein künstlerisches und menschliches Werden und seine innige Liebe zur Musik. Musik und Sprache gehen dabei Hand in Hand.

Der Autor kommt als fünftes Kind – nach bereits vier verstorbenen Geschwistern – zur Welt. Dies ist kein leichter Anfang. Seine Mutter ist nach den traumatischen Verlusten verstummt, und Hanns-Josef Ortheil tut es ihr nach und stellt im zarten Alter von drei Jahren ebenfalls das Sprechen ein.

Eines Tages zieht ein geschenktes Klavier in die elterliche Wohnung ein. Dieses neue „Möbelstück“ übt sogleich großen Reiz auf den vierjährigen Hanns-Josef aus, und als die Mutter beginnt, Klavier zu spielen, erkennt das Kind, daß Musik ein der Sprache mindestens ebenbürtiges Ausdrucksmittel ist.

Der Mutter entgeht das rege Interesse des Kindes nicht, und sie läßt es spielerisch auf dem Klavier improvisieren und sich im Wortsinne an das Instrument herantasten. Sie unterrichtet ihr Kind, und die Musik wird das Medium, über welches sich die beiden miteinander verständigen können.

Später spricht die Mutter auch wieder und ermuntert ihren Sohn, seine Eindrücke zur Musik aufzuschreiben – d.h. sie spielt ihm beispielsweise einige Etüden von Carl Czerny vor, und er soll zu jedem Stück spontan notieren, was er beim Hören sieht. Denn, so  erlesen wir, Musik kann man hören und sehen – eine Auffassung, die Synästheten ganz gewiß teilen.

Da Hanns-Josef Ortheil dank begeisterten und willig-disziplinierten Übens rasch große Fortschritte macht, kümmert sich die Mutter um professionelle Klavierlehrer, und der erst achtjährige Junge wird wegen seiner außergewöhnlichen Begabung und seiner frühreif-eigenwilligen Musikauffassungen Schüler von Erich Forneberg.

Er nimmt erfolgreich an Musikwettbewerben teil, bei denen er niemals Lampenfieber empfindet, weil er gänzlich in der Musik aufgeht. Bereits als Kind und Jugendlicher gibt er Konzerte, und eine Laufbahn als Pianist scheint vorgezeichnet. Nach dem Abitur bekommt er ein Stipendium am Conservatorio in Rom. Nach einigen Monaten des Studiums bremst eine starke Sehnenscheidenentzündung seinen musikalischen Ehrgeiz.

Ärztlich verordnete Spielverbote werden stur nicht eingehalten, mit dem Ergebnis, daß eine Heilung der Krankheit in noch weitere Ferne rückt. Durch die Zwangsspielpausen verliert er nach und nach seine Virtuosität, und schließlich muß für den Berufswunsch Pianist eine sinnvolle Alternative gefunden werden.

Diese Alternative findet Ortheil im theoretischen Studium von Musik und im Schreiben über Musik. Vom Schreiben über Musik findet er dann auch zum literarischen Schreiben.

In Ortheils Anthologie „Musikmomente“ wechseln sich die oben umrissenen lebensläuf-lichen Erinnerungen, mit persönlichen musikalischen Reflexionen und Skizzen ab.

Hanns-Josef Ortheils erste Komponistenliebe gilt Mozart, und dieser Neigung ist er bis heute treugeblieben. Des weiteren erzählt er ausführlich von seinem anhänglich-ambivalenten Verhältnis zu Robert Schumann, er mokiert sich über Frédéric Chopin, er bevorzugt Domenico Scarlattis Klaviersonaten als Begleitmusik beim Schreiben, er serviert eine kleine und äußerst appetitanregende Abschweifung zur Musikalität Sizilianischer Dolci im allgemeinen und Cannoli im besonderen, er schreibt einen Liebesbrief an Hélène Grimaud, er erinnert sich schwärmerisch an Konzertbesuche und läßt sie sprachlich-virtuos nachklingen …

Interessant und durchaus nachahmenswert sind zudem Ortheils Berichte über seine  Experimente, Musik nicht nur in geschlossenen Räumen zu lauschen, sondern draußen, unterwegs, während einer langen Zugfahrt, in einer Gondel in Venedig und beim Schwebebahnfahren in Wuppertal … Moderne, tragbare Musikabspieltechnik macht es leicht, „seine“ Begleitmusik einfach mitzunehmen und zu hören, wann und wo immer es beliebt, und so den Musikgenuß um eine lebendige Kulisse zu ergänzen.

„Musikmomente“ ist ein Potpourrie erlebter, erlittener, erliebter, erhörter und erspielter Musik – in eine Sprache übersetzt, die der Musik ein bis in die Fingerspitzen spürbares Echo gibt.

 

»Wenn es mir gelingt, hoch konzentriert zu bleiben, bemerke ich nämlich sonst nichts mehr, nicht einmal mein eigenes Spiel. Es ist eine Art Trance, ich bewege mich in der Musik, als fülle sie mich vollständig aus, als wäre ich mit diesem Klangraum identisch.«  (Seite 182)

 

Hier entlang zum Buch und zur Leseprobe auf der Verlagswebseite:
https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Musikmomente/Hanns-Josef-Ortheil/btb-Taschenbuch/e516138.rhd

Der Autor:

»Hanns-Josef Ortheil wurde 1951 in Köln als einziges Kind einer Bibliothekarin und eines Vermessungs-ingenieurs geboren. Vor seiner Geburt hatten die Eltern vier Söhne im Krieg und in der Nachkriegszeit verloren. Im Alter von drei Jahren folgte Ortheil seiner wegen dieser traumatischen Ereignisse verstummten Mutter und sprach ebenfalls nicht mehr. Erst von seinem achten Lebensjahr an wurden diese schweren Störungen durch einen täglichen, unkonventionellen Schreibunterricht der Eltern allmählich behoben (davon erzählt Ortheil ausführlich in „Der Stift und das Papier“). Kurze Zeit später wurde seine besondere Begabung für das Erzählen bereits deutlich, und er veröffentlichte erste Erzählungen in Tageszeitungen. Das Schreiben wurde mit der Zeit immer mehr zu einem existentiellen Medium des Überlebens. Neben der Literatur hatte die Musik für den anfangs Sprachlosen die größte Bedeutung. Er erhielt früh Klavierunterricht und setzte seine pianistische Ausbildung später als Schüler von Daniela Ballek und Claudio Arrau fort. In Köln, Wuppertal und im Westerwald aufgewachsen, machte er 1970 in Mainz Abitur, danach ging er für längere Zeit nach Rom. Dort finanzierte er sein pianistisches Studium am römischen Conservatorio als Organist an einer deutschen Kirche. Nach einem krankheitsbedingten Abbruch seiner pianistischen Laufbahn arbeitete er als Film- und Musikkritiker und begann später ein Studium der Musikwissenschaften, Philosophie, Germanistik und Vergleichenden Literaturwissen-schaft in Mainz, Rom, Göttingen und Paris, das er 1976 in Mainz mit der Promotion abschloss. Von 1976 bis 1988 war er Assistent am Deutschen Institut der Universität Mainz, 1990 übernahm er eine Dozentur für Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim. 1988 war er „Writer in residence“ an der Washington-University in St. Louis/Missouri und 1991 und 1993 „Villa Massimo-Stipendiat“ in Rom. Später übernahm er Poetikdozenturen an den Universitäten von Paderborn, Bielefeld, Heidelberg, Zürich und Bamberg. 2003 erhielt er an der Universität Hildesheim die erste Professur für Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Deutschland. Hanns-Josef Ortheil ist Honorarprofessor der Universität Heidelberg und Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. 2009 wurde er erster Direktor des neu gegründeten „Instituts für Literarisches Schreiben und Literaturwissenschaft“ der Universität Hildesheim.«  http://www.hanns-josef-ortheil.de

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Tanz Jerusalem!

  • Unsere Lieder auf Deinen Lippen
  • Musik: Ensemble Noisten
  • Texte: Meister Eckhart, Rumi, Martin Buber u.a.
  • gelesen von Nina Hoger & Felix von Manteuffel
  • Textauswahl: Claus Schmidt
  • Griot Hörverlag  März 2017  https://griot-verlag.de/
  • 1 CD in Pappklappschuber
  • 20-seitiges CD-Begleitheft
  • Spielzeit: 75 Minuten
  • 19,80 € (D), 20,00 € (A), 31,50 sFr.
  • ISBN 978-3-95998-015-9

VIELSAITIGER  TRIALOG!

Hörbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Mystik und Musik haben sich schon immer wechselseitig inspiriert. Die Mystiker, gleich welcher religiösen Tradition sie entstammten, wuchsen mit ihrer geistig-seelischen Flügelspannweiter stets über die Beschränktheit der dogmatischen Religionsriten und Regeln weit hinaus, wobei sie meist von der orthodoxen Religion nicht gern gesehen und gehört wurden.

Den Musikern des Ensemble Noisten und den Textsprechern Nina Hoger und Felix von Manteuffel gelingt mit der CD „Tanz Jerusalem!“ eine anregende, abwechslungsreich-harmonische Kombination aus christlicher, islamischer und jüdischer Musik im Zusammenspiel mit Zitaten mystischer Meister aus den drei abrahamitischen Weltreligionen. Die hier zitierten Mystiker vertreten ein spirituelles Menschen- und Gottesbild, das keineswegs fundamentalistisch ist, sondern überaus herzensweit, gütig und bisweilen ausgesprochen schelmisch.

Eröffnet wird der Reigen beschwingt mit MOSHES FREYLACH, einer fröhlichen (frylekher), traditionellen jiddischen Gruppentanzmusik. Sodann folgt je ein Text von Meister Eckhart, Rumi und Martin Buber.

Die Vielsaitigkeit der musikalischen Wurzeln ertönt in den Instrumenten und Melodien. Wir hören Orgel, Kontrabaß, Tabla, Genjira, Gaddam, Djembe, Darbuka, Gitarre, Bou- zouki, Klarinette, Baßklarinette und Ney, die arabisch-türkisch-persische Bambusflöte.

So wechseln sich Klezmer-Klänge, Sufi-Ney-Klänge und Bach-Choräle sowie tiefsinnige, mystische Gedanken, Erkenntnisse und Gleichnisse ausgewogen ab.

Die Textauswahl von Claus Schmidt offenbart große Gemeinsamkeiten und kleine Unterschiede zwischen den zitierten Mystikern; oft gibt es deutliche philosophische Parallelen, gelegentlich Variationen, meist inhaltliche Harmonie. Die Einsichten und Betrachtungsweisen ergänzen und verbinden sich, die Einheit in der Vielheit läßt sich ahnen.

Mein nachfolgend zitiertes Lieblingsbeispiel von Daniel Lifschitz möge als pars pro toto für alle Texte auf dieser CD sprechen:

»Rabbi Moshe von Kobryn besuchte einmal seinen Freund … Der führte ihm sein Söhnchen Abraham Jakob vor, damit der Rabbi Moshe es segne.
Als sich der Kobryner von der Klugheit des Jungen überzeugt hatte, küßte er ihn und reichte ihm einen Rubel: „Sag mir dafür, wo Gott wohnt.“
Abraham antwortete: „Ich gebe zwei Rubel, wenn du mir sagst, wo Gott nicht wohnt.“«

Nina Hoger und Felix von Manteuffel tragen die Texte wohlakzentuiert vor und lassen sie in stimmungsvoller Empfindungsbandbreite lebhaft, gelassen, heiter, meditativ, poetisch und weise erklingen.

Das 20seitige CD-Begleitheft ist sehr zusatzinformativ und stellt kurz und prägnant die zitierten Mystiker, die verwendeten musikalischen Traditionen, das Ensemble Noisten und die beiden Gastmusiker Murat Çakmaz (NEY) und Robert Mäuser (ORGEL) vor.

„Tanz Jerusalem!“ bietet dem geneigten Lauscher eine interkulturell-spirituelle Auditüre, deren Echo noch lange in Herz und Geist nachklingt.

 

Hier entlang zur CD und zur Hörprobe auf der Verlagswebseite:
https://griot-verlag.de/tanz-jerusalem.html

 

Die Tournee des Ensemble Noisten mit Nina Hoger begann am 26.03.2017 in Köln.

Am 10.09.2017 um 18.00 Uhr tritt das Ensemble Noisten in Wuppertal auf.

Stadthalle Wuppertal
Im Rahmen der Wuppertaler Orgelakzente
Klezmer trifft Derwisch trifft Orgel
www.stadthalle.de

Am 04.11.2017  um 20.00 Uhr tritt das Ensemble Noisten in Krefeld auf.

Friedenskirche
Klezmer trifft Derwisch trifft Orgel
www.friedenskirche-krefeld.de

Hier geht es zur Webseite des Ensemble Noisten, wo Sie sich über weitere Konzerttermine informieren können: https://ensemble-noisten.de/

 

Querverweis:

Vom Ensemble Noisten gibt es zudem eine klezmer-musikalisch begleitete  Vertonung von Else Lasker-Schüler Gedichten, Prosatexten, Briefen und biographischen Eckdaten, gelesen von Nina Hoger.

Else Lasker-Schüler
Tiefer beugen sich die Sterne
1 CD, Spielzeit: 72 Minuten
19,80 € (D), 20,00 € (A), 31,90 sFr.
ISBN  3-78-3-941234-00-0

Hier entlang zur CD auf der Griot-Verlagswebseite:
http://griot-verlag.de/tiefer-beugen-sich-die-sterne.html

 

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Sartana – noch warm und schon Sand drauf

  • von und mit Bela B und Rainer Brandt
  • Hörspiel nach der Synchronfassung des gleichnamigen Films von Rainer Brandt,
  • bearbeitet und ergänzt von Leonhard Koppelmann, Roland Slawik und Christian Keßler
  • Produktion: Westdeutscher Rundfunk Köln 2016
  • der Hörverlag  November 2016   http://www.hoerverlag.de
  • Regie: Leonhard Koppelmann
  • Sprecher: Bela B, Peta Devlin,
  • Oliver Rohrbeck, Stefan Kaminski, Rainer Brandt u.a.
  • Musik: Bela B, Peta Devlin, Smokestack Lightnin‘
  • 2 CDs
  • mit Infobeilage und Leporello-Comic von Robert Schlunze
  • Laufzeit: ca. 1 Stunde 32 Minuten
  • 16,99 € (D), 16,99 € (A), 24,50 € sFr.
  • ISBN 978-3-8445-2475-8
    Sartana noch warm und schon Sand drauf von

SCHARFZÜNGIG  UND  SCHIESSGESCHWIND

Hörspielbesprechung von Ulrike Sokul ©

Räusperräusperhüstel – so langsam legen sich Wüstenstaub, Feuerwerksqualm und Pulverdunst, und ich kann meine Tastatur wiedererkennen. Das Echo twangiger Gitarrenklänge hallt mir noch in den Lauschlöffelchen, da will ich doch mal ein bißchen Rezensionsblut – ähm – Tinte vergießen.

Da hat sich ein illustres Ensemble zusammengefunden, um einen Spaghetti-Western in ein Hörspiel zu transformieren: Bela B, Peta Devlin und die Band Smokestack Lightnin‘ von der musikalischen Fraktion sowie Stefan Kaminski, Oliver Rohrbeck und die Synchronlegende Rainer Brandt (die deutsche Synchronstimme von Elvis, Tony Curtis, Jean Paul Belmondo…) von der schauspielerischen Fraktion. Regie führt Leonhard Koppelmann, dessen Hörspielinszenierung „Paul Temple und der Fall Gregory“ https://leselebenszeichen.wordpress.com/2015/05/13/paul-temple-und-der-fall-gregory/  ich vor einiger Zeit bereits enthusiastisch besprochen habe.

Umrahmt wird die schießwütige Handlung von metafiktiven Kommentaren, flapsigen Wortspielen und Italo-Western-Fachsimpeleien der beteiligten Hörspielsprecher. Das testosterongeschwängerte Genre wird durch die Einwände und selbstironisch-genderge-krösigen Verbesserungsvorschläge der einzigen weiblichen Mitspielerin und Sängerin (Peta Devlin) amüsant bereichert.

Sartana, der einsame Rächer und Scharfschütze der Kugel und des Wortes, reitet mit seinem 1-PS-Gaul Theophil durch die „staubstaubige Staubwüste“ bis in das Städtchen Indian Creek. Dort und in der näheren Umgebungswildwestnis fegt er einen großen Haufen Halunken ins Jenseits und verfügt dabei sogar über die Güte, die von ihm erledigten Schurken anständig und beblümt beerdigen zu lassen. O-Ton: „Ich arbeite nämlich mit eigenem Friedhof.“

Stets ist er seinen Widersachern mindestens eine Revolverlänge voraus, und auch sonst ist er nicht aufs Köpfchen gefallen und wirft eloquent-schnodderig mit coolen Sprüchen um sich. Er spekuliert mit sandigen, goldverdächtigen Grundstücken, legt sich gewagt mit Falschspielern an und liefert sich mit dem chinesischen Spielsalon-Boß Lee Tse Tung schlagfertige Zitatduelle. Beiläufig vernascht Sartana die attraktive Luderlady Jasemine, was jedoch auf triebhaft-berechnender Gegenseitigkeit beruht.

Ein böser Banker, ein korrupter Sheriff, eine zwielichtige Spelunkenchefin, eine lange Ahnengalerie von Gangstern und ein Totengräber im Akkordmodus runden den munteren Charakterköpfchen-Reigen sowie die explosive Dramaturgie treffsicher ab.

Doch was fasel ich Ihnen von Inhalten und Figurenschablonen – der Stil ist es, der hier den Ton angibt, und die wunderbare musikalische Kulisse, für die sich Smokestack Lightnin‘, Bela B und Peta Devlin mächtig ins Zaumzeug legen.

Alle Sprecher sind stimmkünstlerisch genial und professionell wortgewandt, und als Zugabe hört man ihnen auch die Spielfreude glaubhaft an.

Ich weiß nicht, was mir besser gefällt, die musikalischen Ennio-Morricone-Anspielungen, die schrägen Liedchen, das Western-Klischeegeklimper, die Wortspiele oder die markigen Sprüche, etwa:

„Es wird Zeit für Dich, sich zu subtrahieren!“

„Dem aufmerksamen Lauscher klingt das wie eine Drohung.“

„So, nun zeigt mal Papa, wie groß ihr seid. Hände schön in die Höh‘!“

„Ich glaub‘, mein Tintenfisch kleckert.“

„Übrigens, schöne Tapete haben Sie da an, Meister Chang! Selbst gemalt?“

„Ist das Asthma oder Leidenschaft?“

„Bleib senkrecht, Junge!“

Jetzt habe ich mich so auf den Italo-Western-Jargon eingeschossen, daß ich noch stundenlang aus dem kugelsicheren Westentäschlein plaudern könnte. Doch was schreib‘ ich mir hier Schwielen an die zarten Bücherfeenpfötchen: Hopp, Amigos, schwingt Euch aufs Pferd und trabt mal an – klickediklack – zur Verlagswebseite und genehmigt Euch ‘ne saftige Prise vom Hörspielpröbchen…
https://www.randomhouse.de/Hoerbuch/Sartana-noch-warm-und-schon-Sand-drauf/der-Hoerverlag/e512474.rhd#info

Hier entlangtraben zum informativen Werbefilm über die Sartana-Tournee:
https://www.youtube.com/watch?v=FLzS-7DFjZA
Na, schon süchtig, Campañeros? Hier noch ein Leseprobenhäppchen sowie ein Interview mit Bela B, Oliver Rohrbeck & Stefan Kaminski: https://www.youtube.com/watch?v=3vgzXT7sTOg

Dieses höllisch-vergnügliche Hörspiel ist seit dem 3.12.2016 auch auf Tournee zu erlauschleben. Tourdaten unter: http://www.bela-b.de
sartana-tourneedatenplakat
ACHTUNG, die Tourdaten haben sich geändert! Nachfolgend die aktualisierten Daten:

BELA B Featuring PETA DEVLIN, STEFAN KAMINSKI 
& SMOKESTACK LIGHTNIN´ (live on stage!)
Di., 28. Februar, Berlin, Theater am Kurfürstendamm (ausverkauft)
(special guest: Oliver Rohrbeck) 
Mi., 01. März, Berlin, Theater am Kurfürstendamm (ausverkauft)
(special guest: Oliver Rohrbeck)
Fr., 03. März, Hannover, Theater am Aegi
(special guest: Oliver Rohrbeck)
Sa., 04. März, Braunschweig, Staatstheater Braunschweig
(special guest: Oliver Rohrbeck)
So., 05. März, Erfurt, Alte Oper
Di., 07. März, Stuttgart, Theaterhaus
Fr., 24. März, Stade (Hamburg), Stadeum
Sa., 25. März, Münster Congress-Saal (Halle Münsterland)
So., 26. März, Bochum, Schauspielhaus (ausverkauft)
Di., 28. März, Bremen, Musical Theater
Mi, 29. März, Paderborn, Paderhalle
(special guest: Oliver Rohrbeck)
Do., 30. März, Köln, Klaus-von-Bismarck-Saal
(special guest: Oliver Rohrbeck)

 

Die Mitwirkenden:

»Bela B ist Schlagzeuger, Komponist, Sänger, Schauspieler und Synchronsprecher. Als Mitglied der Band Die Ärzte ist er in Deutschland eine bekannte Größe. Doch auch mit seinen Soloalben und diversen anderen Projekten konnte er große Erfolge verzeichnen. Neben der Musik widmet sich Bela B seinen vielseitigen Interessen und Hobbys. So leitete er zeitweise einen eigenen Comic-Verlag und betätigte sich als Autor und Schauspieler. Sein künstlerisches Interesse gilt nicht zuletzt dem Erzählen von Geschichten. Er verleiht dem Blechmann aus dem Zauberer von Oz in der Version der Augsburger Puppenkiste mit seiner Stimme Leben und wirkt an zahlreichen Hörbuchprojekten mit.«

»Oliver Rohrbeck, geboren 1965, sammelte schon als Kind bei der Sesamstraße erste Fernseh- und Schauspielerfahrungen. Seit seiner Kindheit ist er als Synchronsprecher tätig und leiht regelmäßig Ben Stiller seine Stimme. Einer großen Hörerschaft ist er als Justus Jonas durch die Hörspielreihe Die drei ???  bekannt. Außerdem arbeitet er als Sychronregisseur und ist der Chef und die kreative Kopf der Lauscherlounge.«

»Stefan Kaminski, geboren 1974, wollte eigentlich immer Meeresbiologe werden, hat dann aber Mikrofone, Kassetten und Geräusche für sich entdeckt – und seine Stimme, die aus vielem zu bestehen schien! Sein professioneller Weg begann 1996 beim Hörfunk, es folgte ein Schauspielstudium an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch. Lange spielte er am Deutschen Theater Berlin, wo er 2005 das Live-Hörspielformat Kaminski ON AIR entstand. Seine Stimme ist in vielen Produktionen von Radio, Fernsehen und Hörbuchverlagen zu hören. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Deutschen Hörbuchpreis und dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik.«

»Peta Devlin ist Musikerin sowie Musik- und Hörpsielproduzentin. In den 90er Jahren zog sie von England nach Hamburg. Sie war Bassistin mehrerer Bands, arbeitete an Bela Bs Album Bye mit und ist seit 2013 u.a. auch mit Bela B und Smokestack Lightnin‘ auf Tour.«

»Smokestack Lightnin‘ ist eine Americana-Rootsrock-Band aus Nürnberg. Sie arbeiteten bereits mit Bela B für sein Album Bye zusammen. Für Sartana steuern sie zusammen mit Bela B und Peta Devlin den Sountrack bei, der sich durch seine geniale Mischung aus Rockabilly, Country, Soul, Folk und twangigen Gitarren dem Western-Genre nähert.«

»Rainer Brandt, geboren 1936, ist Synchronsprecher. Synchronregisseur und Dialogbuchautor. Bereits während seiner Schauspielausbildung begann er mit der Tätigkeit als Synchronsprecher. Er lieh seine Stimme u.a. Elvis Presley, Tony Curtis, Jean-Paul Belmondo. Die von ihm verfassten Dialoge kennt man in erster Linie aus zahlreichen Filmen mit Bud Spencer und Terrence Hill oder auch aus US-Sitcoms wie Seinfeld und Frasier

 

Musikalisches Postskriptum:

Am 17.2. 2017 (man beachte die feine Zahlenkombination) ist das neue Soloalbum von Bela B erschienen:

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Bela B

bastard

Label: B-Sploitation

Label Code: 33231

Vertrieb: Rough Trade

Formate: CD im Digipak, 12“-Vinyl, Download

 

Da ich es noch nicht vollständig selbst belauschlöffeln konnte, zitiere ich mal frech-gelassen aus der Pressemitteilung:

»Ein Schuss. Ein Held. Ein Album.
Bela B hat sein viertes Solo-Album im Ärmel und zum zweiten Mal schüttelt er es, gemeinsam mit seinem musischen Retro-Mob bestehend aus der wundervollen Peta Devlin und den unrasierten Smokestack Lightnin’, aufs Lässigste heraus.
bastard ist eine Hommage an die Un- wie Liebenswürdigkeiten, die der Western im Allgemeinen und der Spaghettiwestern im Speziellen zu bieten hat: einen ranzigen, imposanten, phrasen-preschenden Helden, eine kleine Stadt mit Casino und ohne Moral, mit diversen Duellen, einem vollzeitbeschäftigten Leichenbestatter sowie die eine bezaubernde Lady, die dir dein Herz mit gezücktem Peacemaker stiehlt.«

Also LOS Leute, schwingt Eure Lassos und fangt Euch das Hörspiel und/oder die neue Musik-CD oder eine Eintrittskarte.
Eine herrliche KOSTPROBE (nebst Augsburger-Puppenkisten-Animation 😉 ) kann man unter nachfolgendem Link betrachten und erhören: 
https://www.youtube.com/watch?v=zQNwlBiY754

 

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Der Nussknacker

  • illustriert von Valeria Docampo
  • Präsentiert vom New York City Ballet
  • Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn
  • Mixtvision Verlag, Oktober  2016  http://www.mixtvision.de
  • gebunden, Fadenheftung
  • 40 Seiten
  • 14,90 € (D), 15,40 € (A)
  • ISBN 978-3-95854-093-4
  • laut Verlag: ab 3 Jahren
  • meiner Einschätzung nach: ab 4 Jahren
  • Leider ist dieses schöne Bilderbuch inzwischen vergriffen. Vielleicht erwischen Sie es noch auf antiquarischem Wege…
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B I L D E R B U C H B A L L E T T

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

„Der Nussknacker“ ist der schwungvoll illustrierte Auftakt einer neuen Reihe des New York City Ballets mit den schönsten Ballett-Märchen für Kinder.

E.T.A. Hoffmanns Weihnachtsmärchenklassiker „Nußknacker und Mausekönig“ wurde vor fast 125 Jahren vom Komponisten Piotr Iljitsch Tschaikowski und den Choreographen Marius Petipa und Lew Iwanow als Ballett inszeniert. Der Uraufführung am 18. Dezember 1892 am Mariinski Theater in Sankt Petersburg war damals kein Erfolg beschieden.

1954 – in gutes halbes Jahrhundert später – choreographierte George Balanchine das Ballett für das New York City Ballett neu, und seine Version des „Nußknackers“ kam so gut beim Publikum an, daß sie auch heute noch dort gespielt wird.

Der Text des vorliegenden Bilderbuches basiert auf George Balanchines Inszenierung.

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Illustration Valeria Docampo © MIXTVISION Verlag 2016

Es ist Weihnachten und es herrscht allgemeine Feststimmung. Die kleine Marie bekommt von ihrem Patenonkel, Herrn Drosselmeier, der in seinem Auftreten ein bißchen an einen Zauberer erinnert, einen hölzernen Nußknacker geschenkt. Marie gefällt der Nußknacker sehr und sie mag auch den hübschen Sohn ihres Patenonkels.

Um Mitternacht erwacht Marie und wundert sich, daß der Weihnachtsbaum so groß geworden ist – offenbar ist sie auf Spielzeuggröße geschrumpft.  Ein Mäuseheer, angeführt vom siebenköpfigen Mäusekönig, greift plötzlich an, die Spielzeugsoldaten von Maries Bruder werden lebendig und kämpfen unter der kundigen Führung des ebenfalls belebten Nußknackers gegen die Mäuse.

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Illustration von Valeria Docampo © MIXTVISION Verlag 2016

Marie entscheidet schließlich durch einen geschickten Pantoffelwurf den Kampf zugunsten des Nußknackers. Als sich der Nußknacker die Krone des Mäusekönigs aufsetzt, ist der Fluch, der ihn in die hölzerne Gestalt des Nußknackers gebannt hatte, gebrochen, und er verwandelt sich in einen wunderschönen Prinzen, der dem Neffen von Herrn Drosselmeier verdächtig ähnlich sieht.

Die Kinder wandern Hand in Hand durch den Winterwald und gelangen ins Land der Süßigkeiten, wo sie von der Zuckerfee freundlich begrüßt werden. Sie läßt ihre Gäste mit köstlichen Süßspeisen bewirten, und zur Feier des Sieges über den Mäusekönig werden verschiedene bunte Tänze vorgeführt: Ein spanischer heißer Schokoladentanz, ein arabischer Kaffeetanz und ein chinesischer Teetanz. Dazu gesellen sich akrobatische Zuckerstangen, flötende Marzipan-Schäferinnen, kleine Clowns sowie eine Tautropfenfee mit ihrer Zuckerblütentanztruppe.

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Illustration von Valeria Docampo © MIXTVISION Verlag 2016

Auch die Zuckerfee zeigt mit ihrem edlen Kavalier eine Kostprobe ihres anmutigen Tanzvermögens. Zum Abschied finden sich alle zu einem letzten gemeinsamen Tanz zusammen, und Marie kehrt mit ihrem kleinen Prinzen zurück in die wirkliche Welt…

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Illustration von Valeria Docampo © MIXIVISION Verlag 2016

Die Illustratorin Valeria Docampo hat für dieses Bilderbuch eine weitgehend warme, weichzeichnerische Farbpalette gewählt. Die unterschiedlichen Tanzszenerien, die im Land der Zuckerfee spielen, sind sehr, sehr rosapurpurrotbetont und für meinen Geschmack etwas zu dekorativ geraten.

Von den tänzerischen Figuren werden viele klassische Balletthaltungen eingenommen. Auf dem Titelbild sieht man Marie beispielsweise in der Haltung der Arabesque. Auf zwei zusätzlichen Seiten wird die Geschichte (unter der Überschrift: „Magische Fakten“) um interessante bühnentechnische sowie kostümbildnerische Details zur Inszenierung des Balletts unter der Choreographie George Balanchines ergänzt.

Die Illustrationen sind dynamisch-bewegt und zugleich etwas steif, was angesichts der formalisierten Bewegungsabläufe der Ballettdisziplin durchaus eine gewisse Berechti- gung findet. Die an der Körpersprache der Figuren deutlich ablesbaren Umgangs-förmlichkeiten haben einen eigenwillig-altmodischen Charme.

Der Schneeflockenwalzer wird im Text nicht ausdrücklich erwähnt, sondern schwebt eher beiläufig angedeutet als Bild vorbei.

Dieses dramaturgisch abwechslungsreiche, traumtänzerische Bilderbuch- ballett ist für Kinder eine schöne Einführung in das Märchen vom „Nußknacker und Mäusekönig“ und eignet sich gut als Vorbereitung auf den Besuch einer entsprechenden Ballettaufführung.

Leider ist dieses schöne Bilderbuch inzwischen vergriffen. Vielleicht erwischen Sie es noch auf antiquarischem Wege…

Und ganz ausnahmsweise hier einmal einige tänzerische YouTube-Links zum Ballett:

STREIFLICHTER aus der aktuellen Inszenierung des New York City Balletts in der George-Blanchine-Choreographie vom 25. November 2016 bis 31.Dezember 2016:

Verbindlichen Dank an den Maestro von der sprachmusikalischen Websaite Random Randomsenhttps://randomrandomsen.wordpress.com/  für den dienlichen Hinweis auf den nachfolgenden anmutig-präzisen Ballettauftritt von Nina Kaptsova:

Tanz der Zuckerfee (Nina Kaptsova / Bollschoi Ballett 2010):

Die Illustratorin:

»Die Inspiration für ihre Illustrationen findet Valeria Docampo im Alltag: der Blick eines Hundes, das Rauschen des Regens im Herbst oder der Duft des Frühstücks. Geboren wurde sie in Buenos Aires, Argentinien, wo sie auch ihr Diplom in Grafikdesign und visueller Kommunikation machte. Seit 2003 widmet sie sich ganz der Illustration für Kinderbücher, immer auf der Suche nach neuen grafischen Techniken.«

Querverweis:

Hier entlang zu drei weiteren Bilderbuchwerken von Valeria Docampo:
Die große Wörterfabrik
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2015/07/08/die-grose-worterfabrik/
Der Bär und das Wörterglitzern
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2015/10/04/der-baer-und-das-woerterglitzern/
Die Schneiderin des Nebels
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2018/11/13/die-schneiderin-des-nebels/

 

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Lieder von Liebe, Wein und Tod

  • aus Fredmans Episteln und Gesängen
  • von Carl Michael Bellman (1740 – 1795)
  • gespielt auf historischen Instrumenten von
  • Petter Udland Johansen
  • Ensemble Pratum Musicum
  • 2005 erschienen bei QUANTAPHON
  • Doppel-CD,  Gesamtspielzeit 86’38
  • 26 €

Petter Udland Johansen:  GESANG
Jakob Ruppel: CISTER und LAUTEN
Nicole Hitz:  BAROCKBRATSCHE
Christian Niedling:  BAROCKCELLO
Stefano Lai:  BLOCKFLÖTEN
Thomas Kügler:  TRAVERSFLÖTE

Zu beziehen nur direkt bei:   www.bellman.ch  oder bei  http://www.laute.ch

Bellmancdcover

H I M M L I S C H    I R D I S C H

CD-Besprechung con passione  von Ulrike Sokul ©

Dürfte ich nur einen Satz zu dieser Carl-Michael-Bellman-Vertonung sagen, so lautete er:  „Unüberhörbar mit Liebe gemacht!“

Mit dieser Besprechung wage ich mich auf musikalisches Terrain, obwohl ich noch nicht einmal Noten lesen, geschweige denn ein Instrument spielen kann. Aber ich kann hören – ja sogar hingegeben hören: also hinhören. Und so gebe ich meiner Freude und meinem Entzücken an der musikalischen und gesanglichen Darbietung der „Lieder von Liebe, Wein und Tod“ aus vollem, amateurigem Herzen Ausdruck.

Mein Gradmesser für musikalische Qualität? Ganz einfach: Für mich ist gute Musik diejenige, die mir beim wiederholten Hören, von Mal zu Mal immer besser gefällt!

Dem CD-Beilagenheft entnehme ich, daß Carl Michael Bellman (1740-1795)  als „Urvater des Liedermachers“  betrachtet werden kann und sich selbst „hauptsächlich als Dichter“ verstand. In seiner Heimat Schweden ist Bellmann weltberühmt und gilt als National- dichter; ich hingegen habe ihn erst durch die vorliegende Doppel-CD kennen- und schätzengelernt.

Die „Lieder von Liebe, Wein und Tod“ von Petter Udland Johansen und dem Ensemble Pratum Musicum ist die umfassendste Sammlung von Carl Michael Bellman Liedern, die bisher in deutscher Sprache erschienen ist.

Carl Michael Bellman schreibt über die Welt in der er zu Hause ist, beim sogenannten  „bunten Volk“, dessen Leben sich in Tavernen, Spelunken und der freien Natur abspielt. Seine Lieder sind Miniaturepen und – Dramen, welche die Freuden und Leiden einfacher Menschen durch Vers, Wort und Musik in Szene setzen. Die Texte sind lebensvoll und todesmutig, deftig, frivol, verspielt, herzhaft, sinnlich, humorvoll, elegisch, fröhlich, poetisch, selbstironisch, zärtlich, naturliebhaberisch und sehr trunken.

Neben dem „anspruchsvollen Rokoko-Gesang“ auch all diesen Gefühlsfacetten schauspie- lerisch-stimmlich Ausdruck zu geben ist überzeugend gelungen. Der Zusammenklang von Musik und Sprache hat bei dieser Bellman-Wiederbelebung eine fast schon berauschende Unmittelbarkeit.

„Das Ensemble Pratum Musicum hat versucht, einige dieser Kleinode aus der « Welt der allzuschweren Getränke und derallzu leichten Liebschaften» ( Felix Niedner) in einem Gewand wiederauferstehen zu lassen, wie sie damals geklungen haben könnten: mit improvisatorisch angelegten Arrangements im Stil der Zeit und der Begleitung einer originalen Cister (Bellmans eignem Instrument).“ (aus der CD-Beilage, Seite 6)

Es ist schön, daß Musiker der Gegenwart mit ihrem Können und ihrer Spielfreude Carl Michael Bellman auf solch achtungsvolle und einfühlsame Weise die Ehre erweisen und uns Lauschern den Genuß der himmlisch-irdischen Bellman-Lieder ermöglichen.

Die künstlerische Sorgfalt, mit der bei dieser Produktion vorgegangen wurde, erstreckt sich auch auf das ausführliche CD-Beiheft, das auf seinen 47 Seiten alle Liedtexte, Informationen zu Leben und Werk Carl Michael Bellmans sowie zeitgenössische Illustrationen und Kommentare wiedergibt.

Die Verpackungshülle der Doppel-CD – geschmückt mit dem Gemälde „Galante Szene“ (1744) von Jean-Marc Nattier (le Jeune)  –  ist graphisch und ästhetisch sehr harmonisch gestaltet und korrespondiert trefflich mit dem musikalischen Inhalt.

Zum Ausklang meines Lobliedes auf die „Lieder von Liebe, Wein und Tod“ zitiere ich noch einmal aus der wohlformulierten CD-Beilage:

 „Nie zuvor waren Dichtkunst und Tonkunst schwesterlicher vereint. Es sind nicht Verse, die zu dieser Musik geschrieben wurden, noch ist es Musik, die zu diesen Versen gesetzt wurde, ein jedes hat sich so vollkommen in den Reiz des anderen gekleidet, beide haben sich so zu   e  i  n  e  r   Schönheit zusammen- gefügt, daß man kaum sehen kann, welchem von beiden das andere mehr zu seiner Vollkommenheit fehlen würde: die Verse, um recht verstanden zu werden, oder die Musik, um recht gehört zu werden.“

(Der Dichter Johan Henrik Kellgren, aus dem Vorwort zur Erstausgabe von Fredmans Episteln, 1790)

PS:
Bei „Fredmans Episteln“ und „Fredmans Gesängen “ handelt es sich um die beiden einzigen Bellman-Liedersammlungen, die zu seinen Lebzeiten gedruckt wurden. Diese „Liedergeschichten“ sind bevölkert von einem festen Ensemble literarischer Figuren, die jedoch nachweislich von wirklichen Menschen aus C.M. Bellmans Lebensumfeld inspiriert sind.

Hier entlang es zu den Hörpröbchen:
http://www.bellman.ch/programmcdcmb.htm

 

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Herr Mozart wacht auf

S P R A C H M U S I K

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Mozart entschläft auf seinem Sterbebett und erwacht in einer StudentenWG im Jahr 2006. Anfänglich wähnt er sich im Vorzimmer zum Paradies. Er bestaunt viele ihm völlig unbekannte und unerklärliche Dinge, wie z.B.  den elastischen Hosenbund der Jogginghose, die man ihm überlassen hat, die feine Seidenglätte des Schreibpapieres und einen Kugelschreiber, der „über einen mirakulösen Vorrat an Tinte verfügt“.

Er vermutet, daß er sein Requiem vollenden soll, bevor er in den Himmel darf, doch stattdessen fliegt er aus der WG und irrt durch ein ihm fremdes Wien bis zum St.-Stephans-Dom, dem einzigen Gebäude, das er wiedererkennt. Dort geht er zur Beichte und erfährt, daß er seit 215 Jahren tot ist und für einen von vielen Spinnern gehalten wird, die sich einbilden, Mozart zu sein.

Nun begreift er, daß er einen unfreiwilligen Zeitsprung erlitten hat und versucht sich zu orientieren, ohne seine Identität preiszugeben. Piotr, ein polnischer Stehgeiger, nimmt sich seiner an, läßt ihn bei sich wohnen und beschafft ihm Arbeit in einer Jazzbar. Mozart nennt sich fortan Wolfgang Mustermann und improvisiert sich aufgeschlossen und neugierig durch die fremde Zeit, er nutzt die Gelegenheit, in Bibliotheken und auf CDs seinem Ruhm nachzuforschen, besucht Opernaufführungen und macht sich lustig über Mozartkugeln.

„Ich mag als armer Schlucker ihr erscheinen – verfüge ich indes auch über Fertigkeiten, welche ich mir erlaube als meine Reichtümer gelten zu lassen.“ Und so ermusiziert sich Mozart Mustermann auch einige sehr lyrische Liebeserfahrungen – dezent angedeutet mit „legato – crescendo – stakkato“.

Eva Baronsky läßt Mozart so sprechen, wie man ihn aus den zahlreichen erhaltenen Briefen kennt, und allein dies ist schon sehr amüsant.

Viel Situationskomik ergibt sich aus den Begegnungen Mozarts mit modernen sanitären Anlagen, elektronischen Geräten, Damenmode und heutigen Umgangsformlosigkeiten.

Die besondere Qualität des Buches liegt darin, daß es der Autorin einfühl- sam gelingt, sich in Mozarts Zeitperspektive hineinzuversetzen und all die – für uns alltäglichen Gegebenheiten – völlig neu zu sehen und zu hören und in Mozarts Tonfall wiederzugeben.

Leser, die mit Mozarts Musik und Sprache schon vertraut sind, werden beide mit Vergnügen wiedererkennen; und wer noch kein Mozartkenner ist, könnte durchaus auf den Geschmack kommen. Dieser Roman macht sowohl musikalisch als auch sprachlich Lust auf mehr Mozart.

 

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
http://www.aufbau-verlag.de/index.php/herr-mozart-wacht-auf-2197.html

Hier entlang zu einem weiteren lesenswerten Roman von Eva Baronsky „Manchmal rot“:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2017/06/29/manchmal-rot/

Die Autorin:

»Eva Baronsky, 1968 geboren, lebt im Taunus. Für ihren überraschenden und sehr erfolgreichen Debütroman „Herr Mozart wacht auf“ (2009) erhielt sie den Förderpreis des Friedrich-Hölderlin-Preises der Stadt Bad Homburg v. d. Höhe. Nach „Magnolienschlaf“ (2011) erschien 2015 ihr dritter Roman „Manchmal rot“.«

 

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