Mord in Sunset Hall

  • von Leonie Swann
  • Hörbuch
  • gekürzte Lesung
  • Sprecherin:  Anna Thalbach
  • Buchvorlage: GOLDMANN Verlag
  • Produktion: der Hörverlag, Mai 2020   www.hoerverlag.de
  • 1 mp3-CD
  • in Pappklappschuber
  • Laufzeit: ca. 9 Stunden, 31 Minuten
  • 20,00 € (D), 20,60 € (A), 28,90 sFr.
  • ISBN 978-3-8445-3734-5

GEBRECHEN  UND  VERBRECHEN

Hörbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Agnes Sharp hat in „Sunset Hall“, ihrem Elternhaus, eine unkonventionelle Senioren-WG gegründet. Sie und ihre Mitbewohnerinnen und -Bewohner sind sich darin einig, so lange und so gut wie möglich selbstbestimmt zu leben und, wenn es sich nicht mehr gut lebt, auch selbstbestimmt zu sterben. Im Dorf gelten sie als senile Hippie-WG und bieten Stoff für anrüchige Spekulationen, die zwar völlig unbegründet sind, aber manche Nachbarn auf dem Lande sind einfach etwas kleinkariert und spießig.

Die alten Leutchen haben zwar allerlei Verschleißerscheinungen und Gebrechen, sind gleichwohl recht rege und munter und gleichen ihre körperlichen Schwächen raffiniert mit Lebenserfahrung, Charakterstärke, Gelassenheit und buchstäblicher Weitsicht aus. Alle würzen zudem ihr Persönlichkeitsprofil mit einigen sympathischen Prisen Skurrilität.

Agnes etwa hat Probleme mit der Hüfte und mit gelegentlichen Ohrgeräuschen. Sie ist gut organisiert und hat für die WG eine entsprechende Hausordnung (Rauchen und Enkelkinder sind in Sunset Hall streng verboten) eingeführt. In ihrem aktiven Berufs- leben arbeitete sie bei der Kriminalpolizei und hat – wie sie wiederholt erwähnt –  „Monster gejagt“. 

Die beiden männlichen Mitbewohner sind Kavaliere der alten Schule: Der disziplinierte Marschall erledigt Internetbestellungen und –Recherchen,  hat jedoch zunehmend Schwierigkeiten mit dem Kurzzeitgedächtnis. Der stets ebenso charmante wie würde- volle Winston sitzt im Rollstuhl. Er war beim Geheimdienst Spezialist für Geheimcodes und verteilt nun sorgfältig die jeweiligen Tablettenrationen an alle WG-Mitglieder.

Edwina ist die Beweglichste von allen, sie übt täglich Yoga, begibt sich auch im Tageslauf immer wieder spontan in Yogastellungen und spricht bevorzugt mit dem WG-Haustier, der kaltblütigen Schildkröte Hettie. Sie wirkt naiv und verträumt, ja, geradezu verspielt, aber man sollte sie nicht unterschätzen, immerhin hat auch sie beim Geheimdienst gearbeitet.

Lillith ist die Gartenfee der WG und kümmert sich sowohl um den Garten als auch um die Topfpflanzen in Sunset Hall.

Die blinde Bernadette hat ebenfalls bei der Kriminalpolizei gearbeitet. Sie trägt fast permanent eine dunkle Sonnenbrille, die ihr eine mafiöse Ausstrahlung verleiht, was durch ihre schonungslos sarkastischen Bemerkungen noch unterstrichen wird.

Die fabelhafte, mondäne Charlie – stets einem Gin-Tonic zugeneigt – ist erst kürzlich zusammen mit ihren Wolfshund namens Brexit eingezogen.

Als nun Mitbewohnerin Lillith erschossen im Gartenschuppen liegt und kurz darauf auch noch eine Nachbarin (Mildred) aus dem nahegelegenen Herrenhaus ebenfalls erschossen aufgefunden wird, beginnen Agnes und ihre WG-Genossen heimlich selber zu ermitteln. Tatsächlich wissen sie ein klein wenig mehr, als sie gegenüber der Polizei zugeben dürfen …

Bei Agnes werden durch den Mord an Mildred unwillkommene, schmerzliche Erinnerun-gen wach. Sie hatte einst eine Zwillingsschwester, Alice, die als Kind verstorben war. Nach Alice‘ Tod hatte sich Agnes mit den Zwillingsgeschwistern (Isabel und Mildred) aus dem Herrenhaus eng angefreundet, bis sich als Erwachsene ihre unterschiedlichen lebensläufigen Wege trennten.

Agnes entschließt sich nun, nach jahrzehntelanger Kontaktpause der überlebenden Zwillingsschwester Isabel einen Kondolenzbesuch abzustatten. Isabel empfängt Agnes freundlich, die beiden sprechen sich ein wenig aus, und Isabel bittet Agnes schließlich sogar, mit ihren Mitbewohnern zur Beerdigung zu kommen, da wegen Mildreds Unbe-liebtheit im Dorf die Gefahr bestünde, daß sonst nur das Hauspersonal mitkäme.

Beerdigungen von Mordopfern eignen sich durchaus für eine ergiebige kriminalistisch-psychologische Spurenlese, aber ebenso der Besuch des wöchentlichen Kaffee-und-Kuchen-Plauderkränzchens, das der Dorfpfarrer organisiert. Und so gehen die Senioren mehr oder weniger auffällig einer vielfältigen, umtriebigen Spurensuche nach.

Agnes bewegt sich zunehmend zwischen changierenden Zeitebenen und verläuft sich in Kindheitserinnerungen. Aus ihren biographischen Rückblenden erfahren wir von einem Mord, der nie aufgeklärt wurde und der einen langen Schatten über Agnes‘ und Alice‘ Kindheit warf.

Während die WG mit vereinten Kräften und der Rekrutierung eines jungen, geheimen „Außendienstagenten“ langsame Ermittlungsfortschritte macht, kommt es zu allerlei Komplikationen, u.a. wird der kleine Enkelsohn des Marschalls wegen einer Ehekrise beim Opa abgeladen und entgegen der Hausordnung in Sunset Hall einquartiert.

Eine weitere Komplikation ergibt sich daraus, daß die Polizei, nachdem ein drittes Mord-opfer zu beklagen ist, ausgerechnet Agnes verdächtigt, da sie mit der betreffenden Person vor Jahren in einen handfesten Streit geraten war, bei dem sie eine Torte und ein Streichmesser nach ihr geworfen hatte.

Agnes hat sich derweil im Zuge der Mordermittlungen heimlich ins örtliche Luxus-Seniorenheim eingeschummelt, um eine vermutliche Zeugin zu befragen. Bei diesem Ausflug macht Agnes bittere Erfahrungen mit fürsorglicher Entmündigung und medikamentöser Ruhigstellung, und sie kann nur sehr knapp wieder entkommen.

Die Lage ist ernst, bietet aber auch viel Raum für Situationskomik und schwarzen Humor. Mal fehlt die Lesebrille, mal das Gebiß, hakende Hüften, ein trödelnder Treppenlift und ungelenke Gelenke erschweren die Beweglichkeit, Hörfehler und Gedächtnislücken führen zu dramatischen Mißverständnissen, falsch verknüpften Fäden und unstimmigen Mordmotiven.

Doch trotz Zipperlein, Langsamkeit, Selbstzweifeln und Verwirrung löst Agnes schließlich erfolgreich den Fall. Die Wohngemeinschaft geht gestärkt aus der Krise hervor, und der Besuch von Enkelkindern ist in Sunset Hall inzwischen nicht nur gestattet, sondern sogar ausdrücklich erwünscht.

Leonie Swanns Romankomposition ist abwechslungsreich, komplex, spannend und vielschichtig. Das Alter und die Verletzlichkeit, die das Altern, das Schwinden von körperlichen Fähigkeiten und die Wehmut über unabänderlich Vergangenes mit sich bringen, werden einfühlsam und respektvoll thematisiert. Alle Personen werden von der Autorin lebhaft und anschaulich dargestellt. Das zwischenmenschliche Zusammenspiel, die unterschiedlichen Charakterperspektiven und schrägen Eigenwilligkeiten sind ebenso anrührend wie amüsant.

Dieses Hörbuch wird von Anna Thalbach bemerkenswert vielstimmig und ausgesprochen überzeugend geleseschauspielert. Es gelingt ihr mit bewundernswert vielsaitigem Nuancenreichtum, jedem Charakter eine wiedererkennbare eigene Note und Klangfarbe zu verleihen.

 

Hier entlang zum HÖRBUCH und zur HÖRPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.randomhouse.de/Hoerbuch-MP3/Mord-in-Sunset-Hall/Leonie-Swann/der-Hoerverlag/e568800.rhd

Hier entlang zur BUCHAUSGABE und LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.randomhouse.de/Buch/Mord-in-Sunset-Hall/Leonie-Swann/Goldmann/e562236.rhd

Mord in Sunset  Hall
von Leonie Swann
Kriminalroman
GOLDMANN Verlag Mai 2020
gebunden mit Schutzumschlag
448 Seiten
Format: 13,5 x 21,5 cm
20,00 € (D), 20,60 € (A), 28,90 sFr.
ISBN: 978-3-442-31556-7

 

Die Autorin:

»Leonie Swann wurde 1975 in der Nähe von München geboren. Sie studierte Philosophie, Psychologie und Englische Literaturwissenschaft in München und Berlin. Mit ihren ersten beiden Romanen „Glennkill“ und „Garou“ gelang ihr auf Anhieb ein sensationeller Erfolg: Beide Bücher standen monatelang ganz oben auf den Bestsellerlisten und wurden bisher in 25 Sprachen übersetzt. Leonie Swann lebt heute umzingelt von Efeu und Blauregen in England.«

Die Sprecherin:

»Anna Thalbach ist 1973 in Ost-Berlin geboren und international bekannt als Künstlerin von Film, Fernsehen und Theater. Als Hörbuchsprecherin und Interpretatorin gefragt, wurden ihre Leistungen mehrfach ausgezeichnet, unter anderem zweimal mit dem Deutschen Hörbuchpreis.«

Querverweis:

Hier entlang zum vorhergehenden Krimi von Leonie Swann, in dem ein sprechender Graupapagei einige entscheidende Worte mit redet: „Gray“ https://leselebenszeichen.wordpress.com/2017/10/09/gray/

 

 

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Vom magischen Leuchten des Glühwürmchens bei Mitternacht

  • Und anderen kleinen großen Wundern der Natur
  • von Sy Montgomery
  • Originaltitel: »The Curious Naturalist. Nature’s Everyday Mysteries«
  • Übersetzung ins Deutsche von Dr. Cornelia Panzacchi
  • mit Illustrationen von Tine Pagenberg
  • Knesebeck Verlag  März 2019  www.knesebeck-verlag.de
  • Format: 17,00 x 24,00 cm
  • 240 Seiten
  • 26 Abbildungen
  • gebunden, Fadenheftung
  • LESEBÄNDCHEN
  • 24,00 € (D), 24,70 € (A)
  • ISBN 9-783-95728-291-0

PAN  OPTIKUM  &  BLICK  FANG

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Dieses Buch ist eine Spurenlese der Natur, ein sinnlich-vergnügter, wissenswertvoller Wegweiser zur achtsamen Wahrnehmung und vertieften Wertschätzung von Pflanzen, Tieren, Pilzen und Elementen.

In lockerem Plauderton führt uns Sy Montgomery in 45 Naturepisoden durch Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Sie lädt dazu ein, die alltägliche Tier- und Pflanzenwelt vor der eigenen Haustür mit offenen Augen und offenem Herzen wahrzunehmen. Egal wo, egal wann – es gibt immer etwas zu entdecken, zu bestaunen und kennenzulernen.

Illustration © Tine Pagenberg/Knesebeck Verlag 2019

Trotz der Kürze der Naturgeschichten gelingt der Autorin stets eine atmosphärische Einstimmung und eine spannende, faszinierende Darstellung, die, gewürzt mit wohlge-wählten Prisen Detailwissens und heiterer Anekdoten sowie sinnvoller Querverweise und Abzweigungen, einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Der Lesespaziergang führt von Flechten zu Fröschen, vom regen Regenwurm zum klangvollen Liebeswerben der Vögel, von eßbaren Wildpflanzen zu unterschiedlichen Erd- bzw. Schlammsorten, von den magischen Kräften des Farns zur Liebesakrobatik der Libellen, von Gesteinen zu Blitzen, von Fledermäusen zu Mücken, vom Gezeitentümpel zu Möwen, von Grillen und Zikaden zum architektonischen Können der Biber, von zarten Pilzen zu findigen Eichhörnchen, vom wandelbaren Eis zu schwarzen Schneeflöhen, von vorwitzigen Krähen zu schlauen Füchsen – um nur einige Stichworte herauszupflücken.

Illustration © Tine Pagenberg/Knesebeck Verlag 2019

Mit Staunen und Schmunzeln nimmt man zur Kenntnis, daß Grillen beim Zirpen stets mit dem rechten Flügel über den verhärteten inneren Flügelrand – die sogenannte Schrillleiste – des linken Flügels „geigen“, wohingegen Grashüpfer wie das Grüne Heupferd von Natur aus Linksflügler sind, oder daß die Spitzmaus zu den weltweit wenigen giftigen Säugetieren gehört und daß der kleine Körper der Spitzmaus dank einer Polsterung aus braunem Fettgewebe, das Wärme erzeugen kann, der Winterkälte trotzen kann.

Und fast ungläubig erfährt man, daß Flechten mehr irdische Fläche bedecken als die tropischen Regenwälder.

Illustration © Tine Pagenberg/Knesebeck Verlag 2019

Sy Montgomery gelingt eine buchstäbliche Verflechtung von zoologischen, botanischen und geologischen Erkenntnissen mit persönlichen Naturer- fahrungen. Mit ihrer den Erscheinungsformen der Natur stets liebevoll zugewandten Perspektive erinnert sie ebenso poetisch wie augenzwinkernd-heiter und animierend immer wieder an „die Großzügigkeit der Natur“.

Die schönen, graphisch-stilisierten naturalistischen Illustrationen von Tine Pagenberg machen dieses Lesebuch der Natur neben seiner inhaltlichen Vielfalt auch zu einer sehr attraktiven Augenweide, die durch buchgestal- terische Sorgfalt harmonisch ergänzt wird. Das großzügige Buchformat (Groß-Oktav) mit lesefreundlich sattem Schriftbild auf angenehm glattem Papier, die Fadenheftung und ein farblich abgestimmtes Lesebändchen sowie das attraktive Titelbild mit seiner farbkontrastreichen typogra- phischen Inszenierung sind ein sehr gelungener Blickfang und schmeichlen allen bibliophilen Sinnen.

„Dieses Buch will Ihnen, liebe Leser, alltägliche und doch erstaunliche Vorgänge aus der Natur näherbringen und Sie dazu anregen, vielleicht selbst Beobachtungen anzustellen und ein wenig über Lebewesen, Kräfte, Verhaltensweisen und Geschehnisse nachzu-denken, die wir ständig um uns haben und doch meistens übersehen. Denn jede Jahreszeit, jeder Monat steckt voller aufregender Geheimnisse.“ (Seite 10) 

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.knesebeck-verlag.de/vom_magischen_leuchten_des_gluehwuermchens_bei_mitternacht/t-1/780

Illustration © Tine Pagenberg/Knesebeck Verlag 2019

Die Autorin:

»Sy Montgomery, 1958 geboren, ist eine vielfach ausgezeichnete amerikanische Natur-forscherin, Drehbuchautorin und Verfasserin von über zwanzig Sachbüchern – „die perfekte Mischung aus Emily Dickinson und Indiana Jones“. Sie schwamm mit Piranhas und blauen Delfinen im Amazonas, bestieg das Altai-Gebirge auf der Suche nach Schneeleo-parden und wurde in Indien von Tigern gejagt. Immer findet man sie in nächster Nähe der Tiere, über die sie schreibt. Zuletzt erschien aus ihrer Feder hierzulande „Rendezvous mit einem Oktopus“. Der New-York-Times-Bestseller und Anwärtertitel auf den National Book Award 2015 schrieb eine echte Erfolgsgeschichte.«

Die Illustratorin:

»Tine Pagenberg ist leidenschaftliche Zeichnerin, Illustratorin und begeisterte Vogelkund-lerin. Sie studierte Malerei/Grafik an der HfBK Dresden. Mit einem liebevollen Blick auf die Natur zeichnet sie ihre fabelhaften Bildwelten. Die große Verbundenheit zu unserer Flora und Fauna ist die wichtigste Inspirationsquelle und spiegelt sich in all ihren Arbeiten. Nach dem Studium gründete sie das Label marga.marina – benannt nach ihrer Großmutter. Hier gestaltet sie eigene Produkte mit dem Schwerpunkt auf nachhaltige, umweltfreundliche Papierwaren.« https://www.margamarina.de/

Querverweis:

Hier entlang zu einem weiteren Buch von Sy Montgomery: Einfach Mensch sein. Von Tieren lernen“: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2019/07/11/einfach-mensch-sein/

Wer es naturwissenschaftlich gerne noch genauer wissen möchte, greife ergänzend zu Nick Bakers Schule der Spurenlese „Fährten lesen und Spuren suchen“: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2015/01/31/fahrten-lesen-und-spuren-suchen/

 

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