Der Fluch der Spindel

  • Graphic Novel
  • von Neil Gaiman
  • Illustriert von Chris Riddell
  • Originaltitel: „The Sleeper and the Spindle”
  • Aus dem Englischen übersetzt von Reinhard Tiffert
  • Deutsche Erstausgabe KNESEBECK Verlag September 2015
  • http://www.knesebeck-verlag.de
  • Format: 19 x 26,2 cm
  • gebunden mit transparentem Schutzumschlag
  • Fadenheftung
  • 72 Seiten
  • durchgehend zweifarbig illustriert
  • 16,95 € (D), 17,50 € (A)
  • ISBN 978-3-86873-872-8
    Der Fluch der Spindel Titelbild

 

S C H L A F W A N D E L

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Neil Gaiman spielt im „Fluch der Spindel“ nonchalant mit dem Bruch der Märchenkonvention und schafft eine anspielungsvolle Melange aus bekannten Märchenzutaten, genreselbstironischen Elementen und eigenwilligem Rollentausch.

Eine schöne, junge Königin macht sich so ihre Gedanken eine Woche vor ihrer Hochzeit. Wachgeküßt ist sie bereits, und der Gedanke an die Endgültigkeit des Ehelebens scheint ihr nicht so recht zu behagen.

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Der Fluch der Spindel: Illustration von Chris Riddell © KNESEBECK Verlag 2015

Drei Zwerge wollen im benachbarten Reich ein Hochzeitsgeschenk für ihre Königin erwerben. Unterwegs erfahren sie von einem Wirt, in dessen Schänke sie eine Pause machen, von einer geheimnisvollen Seuche, die sich immer weiter im Land ausbreite.

Es handelt sich um einen Zauberschlaf, der von einem alten Fluch herrühren soll. Vor ungefähr hundert Jahren sei eine Prinzessin durch den Stich einer Spindel mitsamt ihrem Hofstaat in Dauerschlaf gefallen. Die Burg wäre inzwischen von undurchdring- lichen Dornenranken überwuchert, in denen schon so mancher tapfere Held sein Leben verlor. Seit einiger Zeit dehne sich nun aber dieser Zauberschlaf aus, und die Menschen wären auf der Flucht vor der unwiderstehlichen Müdigkeit.

Beunruhigt kehren die Zwerge sogleich zurück und berichten ihrer Königin von der Gefahr, die früher oder später auch ihr Reich berühren werde. Kurzentschlossen läßt sie sich Kettenhemd, Schwert, Pferd und Proviant geben, gibt ihrem prinzlichen Verlobten einen Abschiedskuß und macht sich auf den Weg, die Prinzessin zu retten und den Fluch zu brechen. Die drei tapferen Zwerge begleiten sie.

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Der Fluch der Spindel: Illustration von Chris Riddell © KNESEBECK Verlag 2015

Zwar muß die Königin, je näher sie der verfluchten Burg kommen, gegen den Drang einzuschlafen, kämpfen, doch die Zwerge, die diesem Zauber gegenüber immun sind, halten sie wach. Ziemlich pragmatisch lösen sie das Problem mit der Dornenhecke und dringen in die Burg ein.

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Der Fluch der Spindel: Illustration von Chris Riddell © KNESEBECK Verlag 2015

Tatsächlich liegen alle Lebewesen in tiefem Schlaf, scheinen ansonsten jedoch unversehrt, abgesehen davon, daß sie eingestaubt und spinnwebenüberzogen sind. Im Turm finden sie die wunderschöne schlafende Prinzessin und eine ganz, ganz alte Frau, die nicht schläft.

Doch die Prinzessin ist nicht die Lieblichkeit, die sie zu sein scheint. Die Königin ist jedoch klug und stark und läßt sich nicht umgarnen …

Der Fluch wird gebrochen, das Böse weicht dem Guten, und alle erwachen wieder aus dem Zauberschlaf.

Und die weitere Heldenreise der jungen Königin?
Nun, ich will einmal ganz märchenhaft ausdrücken: Und wenn sie nicht geheiratet hat, dann abenteuerreist sie wohl noch heute …

Die zahlreichen ganz- und doppelseitigen Illustrationen von Chris Riddell erzeugen eine durchaus düstere Spannung und eine unheimlich gruftige Stimmung, die für meinen Geschmack etwas zu nekrophil gestaltet ist. Gleichwohl ist der Anblick nicht so finster, daß man Albträume davon bekommen muß.

Neil Gaimans zwischen den Zeilen schwebender, magisch durchwobener Schreibstil und sein charmanter schwarzer Humor harmonieren vorzüglich mit der morbiden zeichnerischen Ästhetik Chris Riddells.

Für Liebhaber makaber-magischer, skurriler, schwarzhumoriger Geschichten und Bilder, die viel Interpretationsspielraum offenlassen, bietet „Der Fluch der Spindel“ reizvollen Stoff.

 

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite: https://www.knesebeck-verlag.de/der_fluch_der_spindel/t-1/403

 

Querverweis:

Hier geht es zu Neil Gaimans „Das Graveyard Buch“:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2013/02/20/das-graveyard-buch/
und hier zu: „Der Ozean am Ende der Straße:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2015/01/14/der-ozean-am-ende-der-strase/

Der Autor:

»Neil Gaiman schrieb bereits zahlreicher Bücher für Kinder und Erwachsene, die von den Kritikern gefeiert wurden, zuletzt Der Ozean am Ende der Straße (2013). Sein Werk Das Graveyard Buch erhielt zahlreiche Preise und die New York Times hat seine mehrere Millionen Mal verkaufte Graphic Novel-Serie Der Sandmann als Meilenstein der Comicgeschichte bezeichnet. Viele seiner Bücher wie Coraline oder Sternenwanderer wurden verfilmt oder als Hörspiel adaptiert. Außerdem hat er einige Episoden der Serie Doctor Who verfasst und tat als er selbst bei den Simpsons auf.«

Der Illustrator:

»Chris Riddell ist ein beliebter und vielfach ausgezeichneter Illustrator und Cartoonist unter anderem für den Observer. Er hat bereits zahlreiche Preise gewonnen, darunter zwei Kate Greenaway Medals, und ist Mitautor des New York Times Bestsellers Die Klippenland-Chroniken

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Der Ozean am Ende der Straße

  • von Neil Gaiman
  • Übersetzung aus dem Englischen
  • von Hannes Riffel
  • mit Schwarz-weiß-Illustrationen von Jürgen Speh
  • Eichborn Verlag 2014   http://www.eichborn.de
  • gebunden, mit Schutzumschlag
  • 238 Seiten
  • 18,00 € (D), 18,50 € (A)
  • ISBN 978-3-8479-0579-0
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ELASTISCHE  WIRKLICHKEITEN

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Wer undurchsichtige, rätselhafte und leicht schaurige Geschichten mag, ist beim „Ozean am Ende der Straße“ an der richtigen Adresse.

Der Ich-Erzähler, dessen Namen wir nie erfahren, besucht nach langer Abwesenheit den Wohnort seiner Kindheit, im ländlichen England in der Nähe der Stadt Sussex. Er fährt ihm noch vage vertraute Straßen entlang, registriert bauliche Veränderungen sowie Modernisierungen, und eher traumwandlerisch als bewußt folgt er einer alten Land- straße, die noch so aussieht wie in seiner Kindheit. Diese von wilden Hecken gesäumte und nicht asphaltierte Straße führt zu einem alten Backsteingebäude, dem Gehöft der Hempstocks.

Neugierig, ob die Hempstocks noch immer dort leben, klopft er an die Türe und wird von einer älteren Frau freundlich empfangen und tatsächlich als einstiger Spielgefährte ihrer Tochter Lettie wiedererkannt und zum Tee eingeladen.

Der Mann bittet um Erlaubnis, zuvor den Garten und den Ententeich, der hinter dem Haus liegt, besichtigen zu dürfen. Langsam keimen immer mehr Erinnerungen in ihm auf, und als er schließlich am Teichufer steht, fällt ihm wieder ein, daß seine kindliche Spielgefährtin stets behauptet habe, der Teich sei „der Ozean“.

Durch die nun folgende Rückblende erfahren wir, daß der Mann ein einsames, ver- träumtes Kind gewesen ist, mehr vertraut mit Büchern, als mit echten Freunden. Doch das ändert sich, als er Lettie Hempstock von der Hempstock Farm kennenlernt. Lettie ist mit ihren elf Jahren zwar fünf Jahre älter als der Junge, aber sie nimmt sich sehr herzlich seiner an.

In der Familie Hempstock herrscht ein geheimnisvoll-herzhaftes Matriarchat von Großmutter, Mutter und Tochter. Sie verfügen über magische Macht und magisches Wissen und machen dem Jungen gegenüber auch kein Geheimnis aus ihrem mehr- dimensionalen Repertoire. Vordergründig bewirtschaften sie einen Bauernhof, sie kochen und backen vorzüglich, und der Junge futtert sich glücklich an den einfachen, aber köstlichen Speisen, die er bei seinen Besuchen von den Hempstocks serviert bekommt.

Nach einen gefährlichen Ausflug in eine Art Nebenwelt, bei dem Lettie eine dunkle Gefahr zu bannen versucht, begreift der Junge, daß die normalen Grenzen von Raum und Zeit für die Hempstock-Frauen nicht gelten. Als er Lettie fragt, wie lange sie schon elf Jahre alt ist, lächelt sie nur unergründlich.

Im Verlauf der sich schnell dramatisch zuspitzenden, überaus spannenden Handlung erweist sich Lettie als seine größte Beschützerin und sogar Lebensretterin. Aber der Junge muß sich auch selbst tapfer wehren und lernt so manche Lektion über Angst, Mut, Verlust, Vertrauen, Verletzlichkeit und Lebenswillen.

In diesem Roman spielen die unterschiedlichen Wahrnehmungsproportionen von Kindern und Erwachsenen eine große Rolle, aber auch die unwillkürliche Variabilität des Erinnerns und Vergessens.

Die seltsame mehrdimensionale Durchdringung und Vorausschau, über welche die Hempstock-Frauen verfügen, spiegelt sich in der Romanstruktur wider. Man liest gebannt und gespannt. Obwohl die Geschichte endet, bleibt sie offen: Wirklichkeiten verwischen, Erinnerungen werden vergessen, Vergessenes wird wieder erinnert. Aber ist die Erinnerung wirklich wahr oder nur eine weitere Spielart des Vergessens? Manchmal kann das Nichtwissen heilsamer sein als das Wissen.

Wie Mrs. Hempstock zu sagen pflegt: Du kannst nicht alles wissen.(Seite 218)
Aber lesen können Sie alles. Wie Sie es deuten, bleibt Ihnen und Ihrer Phantasie überlassen.

Und wenn ein Ozean in einen Eimer paßt, dann paßt er erst recht in einen Ententeich – nicht wahr?

 
Eine schöne Zugabe zum Text sind die Schwarz-weiß-Illustrationen (Vektorgraphiken) von Jürgen Speh, die an 1960er-Comics erinnern und die Atmosphäre der Geschichte ausdrucksvoll untermalen.

Illustration OZEAN Seite 56

Illustration Jürgen Speh © Eichborn Verlag 2014

 

PS:

Die gebundene Ausgabe ist inzwischen vergriffen!

Hier entlang zum Taschenbuch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.luebbe.de/bastei-luebbe/buecher/sonstige-belletristik/der-ozean-am-ende-der-strasse/id_5453710

Der Autor:

»Neil Gaiman hat über 20 Bücher geschrieben (darunter American Gods, Sternwanderer und Niemalsland) und ist mit jedem großen Preis ausgezeichnet worden, der in der englischen und amerikanischen Buch- und Comicszene existiert. Geboren und aufgewachsen ist er in England. Inzwischen lebt er in Cambridge, Massachusetts, und träumt von einer unendlichen Bibliothek.
Besuchen Sie den Autor unter: http://www.neilgaiman.com «

Querverweis:

Und hier folgt der Wink mit dem Link zu einem weiteren lesenswerten Werk von
Neil Gaiman: Das Graveyard Buch
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2013/02/20/das-graveyard-buch/

Im Graveyard Buch“ gibt es übrigens eine zauberhexenhafte Figur namens „Liza Hempstock“ – wahrscheinlich eine Ahnin oder Geistesverwandte  von Lettie Hempstock aus Der Ozean am Ende der Straße“…

 

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Das Graveyard Buch

  • von Neil Gaiman
  • Originaltitel: »The Graveyard Book«
  • Übersetzung aus dem Englischen von Reinhard Tiffert
  • Umschlagillustration von Chris Riddell
  • Arena Verlag   2009    http://www.arena-verlag.de
  • 310 Seiten, 14,95 €
  • 978-3-401-06463-5
  • Klappenbroschur  9,99 €   Juni 2011
  • ISBN 978-3-401-50273-1
  • inzwischen sind die Buchausgaben vergriffen und
  • es gibt nur noch das elektronisch Buch zu 7,99 €
  • ISBN 978-3-401-80051-6
  • ab 10 Jahren
    978-3-401-50273-1.jpg Graveyard Buch

B   E   G   E   I   S   T   E   R   U   N   G

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

„Sei Staub, sei Wind, sei Traum, sei Nacht,
Sei alles, was unsichtbar macht,
Lern schleichen, schlüpfen, schweben,
Über, unter, zwischen, neben.“
(Seite 131)

Dieser magische Reim ist Teil einer Nachhilfestunde im Unsichtbarwerden, die Nobody Owens von der kecken Hexe Liza bekommt. Er hat auch noch andere Lehrer, liebevolle Adoptiveltern und Spielkameraden, die alle eines gemeinsam haben: sie sind Geister und „leben“ auf einem uralten Friedhof.

Der Handlungs- und Bewegungsradius der Toten ist auf den Friedhof beschränkt, wo sie in einer Parallelgesellschaft, für die lebenden Menschen meist unsichtbar, ganz gemütlich ihr Geisterdasein verbringen, sich gegenseitig besuchen, diskutieren, ihre Gräber und Grüfte bewohnen, tanzen gehen und sogar Staub wischen.

Mrs. Owens, eine rundliche Geisterdame –im Leben wie im Tode, seit über zweihundertfünfzig Jahren verheiratet“  (Seite 17) mit Mr. Owens – trifft bei einem nächtlichen Spaziergang auf ein Kleinkind, das von einem Mörder verfolgt wird. Kurzentschlossen und mitfühlend rettet sie das Kind und setzt in der darauffolgenden Friedhofsbewohnerversammlung durch, daß dieses Kind als Friedhofsehrengast bleiben darf. Organisatorische und moralische Unterstützung erhält sie von Silas, einem weiteren Ehrengast. Silas übernimmt die Vormundschaft für das Kind und gibt ihm den Namen Nobody Owens, kurz Bod genannt.

Bods Vormund ist ein Vampir, der zu einer geheimnisvollen Ehrengarde gehört, welche die Grenzbereiche zwischen Leben und Tod vor negativen Einflüssen schützt. Da er den Friedhof verlassen kann, kümmert er sich um die Besorgung der materiellen Lebens- notwendigkeiten (Nahrung, Kleidung, Bücher etc.) und steht dem Kind Nacht für Nacht mit Rat und Tat zur Seite. Er erklärt Bod auch, daß er nur auf dem Friedhofsterritorium vor seinen Verfolgern sicher ist. Sollte er diesen geschützten Raum verlassen, könnte seine von den Geistern vernebelte Spur wieder aufgenommen werden.

Die Mitglieder einer schwarzmagischen Bruderschaft  – „Die Schurkenschaft“  –  trachten dem Kind nach dem Leben, weil es einer alten Prophezeiung  zufolge dazu bestimmt ist, die böse Herrschaft dieser Bruderschaft zu beenden.

Wie meist in solchen Geschichten führen ausgerechnet die Vernichtungsversuche, die eine Erfüllung der Prophezeiung verhindern sollen, zu den Umständen, die den Helden darin unterstützen, genau die Fähigkeiten und Stärken auszubilden, die ihn seine Gegner besiegen lassen.

So reift Nobody Owens zu einem Jugendlichen heran, der neben Ernsthaftigkeit, Mut und Gerechtigkeitssinn auch über gewisse mehrdimensionale Qualitäten verfügt.

Er bekommt von den zahlreichen Lehrern, die der Friedhof beherbergt, umfangreiche „Geisterstunden“, die die üblichen Schulfächer um übersinnliche Fähigkeiten, wie im Dunkeln sehen, durch Wände gehen und Traumwandeln, ergänzen. Miss Lupescu, eine strenge Werwölfin, die Silas gelegentlich vertritt, unterrichtet den Jungen in magischer Selbstverteidigung und Astronomie. Hinzu kommen noch die unterschiedlichen Umgangsformen mehrerer Jahrhunderte aus dem „Kompendium für den jungen Gentleman nebst zusätzlichen Lektionen für die Verstorbenen“.

Natürlich sehnt sich Bod nach Kontakt zu lebenden Menschen, was die böse Bruder- schaft nutzt, um ihn in sein ehemaliges Elternhaus zu locken. Doch Bod ist nach jahrelanger, „geisterreicher“ Erziehung und seinen Erfahrungen mit zwielichtigen Wesen gut gewappnet und entkommt. Er lockt seine Verfolger auf den Friedhof, wo er sie geschickt unschädlich macht.

So wie Nobody Owens zu Anfang Abschied von den Lebenden nehmen muß, um zu überleben, muß er, nachdem er seine Bestimmung erfüllt hat, Abschied von den liebgewonnenen Toten nehmen, um ganz ins Leben zurückzukehren.

„Ein Lächeln umspielte seine Lippen, allerdings ein  verhaltenes Lächeln, denn die Welt ist weiter als ein kleiner Friedhof auf einem Hügel. Es gab Gefahren, aber auch Geheimnisse, es galt, neue Freunde zu finden und alte wiederzufinden, Fehler zu machen und viele Wege zu gehen, bis er dann am Ende auf den Friedhof zurückkehren… würde.

Aber zwischen jetzt und dereinst lag das Leben, und Bod ging ihm entgegen mit offenen Augen und mit weitem Herzen.“
 
(Seite 310)

Ein Kinderbuch, dessen Hauptschauplatz ein Friedhof ist, ein kinderloses Geisterehepaar (im 18. Jahrhundert verstorben), das ein lebendiges  Kind adoptiert, und ein kultivierter Vampir als Vormund: Das ist schon eine ungewöhnliche Inszenierung, aber eine, die keineswegs in eine Horrorgeschichte mündet, sondern in eine spannende und lebenskluge Entwicklungsgeschichte.

Neil Gaimans Sprachstil, der mit leiser Ironie und dezenten Andeutungen auskommt, diese zwischen den Zeilen schwebende, elegante Transparenz paßt zu Nobody Owens Abenteuern im Zwischenreich und gibt den durchaus dramatischen und gefährlichen Bewährungsproben des Jungen eine unerwartete Nonchalance.

Es hat auch einen amüsanten Reiz, wenn einige Friedhofsbürger durch das Zitieren ihrer Grabinschrift vorgestellt werden: „Hat ihr Lebtag keiner Menschenseele etwas zuleide getan, kannst du, lieber Leser, selbiges von dir behaupten?“ (Seite 103)

Lobend erwähnen möchte ich außerdem die Illustration des Buchumschlages von Chris Ridell, die mit dem subtilen Charakter der Geschichte hervorragend korrespondiert.

 

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.arena-verlag.de/artikel/das-graveyard-buch-978-3-401-80051-6

Der Autor:

»Neil Gaiman, 1960 in Portland (England) geboren, arbeitete zunächst in London als Journalist und wurde durch seine Comic-Serie „Der Sandmann“ bekannt. Im „Dictionary of Literary Biography“ wird er als einer der wichtigsten lebenden Autoren der Postmoderne aufgeführt – in England und den USA ist Neil Gaiman längst ein Superstar. Seine Romane und Comics sind mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, u.a. mit dem World Fantasy Award und der Newbery Medal. Er lebt seit einigen Jahren mit seiner Familie in den USA.«
http://www.neilgaiman.com

 

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