100 Sachen, die Geschichte machten

  • Von der Bronzeaxt bis zum Roboter
  • von Dr. Patrick Henßler
  • Verlag arsEdition, September 2019 www.arsedition.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 264 x 198 mm
  • 240 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
  • 20,00 € (D), 20,60 € (A)
  • ISBN 978-3-8458-3192-3
  • Kindersachbuch ab 10 Jahren

GESCHICHTE  ZUM  ANFASSEN

Buchbesprechung  von Ulrike Sokul ©

Unzählige Entwicklungsschritte führen von den ersten menschlichen Handabdrücken steinzeitlicher Höhlenbewohner bis zur Rechnertastatur, auf der ich jetzt diese Buch- besprechung tippe, die später auf digitalem Wege durch die Netzwelt reisen wird. „100 Sachen, die Geschichte machten“ bietet in hundert Kapiteln einen streiflichternden Überblick über die kulturhistorische Entwicklung der Menschheit von der Vor- und Frühgeschichte über die Antike, das Mittelalter und die Frühe Neuzeit bis hin zur Moderne.

Jedes Kapitel beginnt mit einem der jeweiligen Zeitspanne entstammenden Gegenstand und führt von diesem Gegenstand weiter zu den Lebensbedingungen und kulturge-schichtlichen Gegebenheiten sowie zu historisch-prägenden Persönlichkeiten, gesell-schaftlichen Veränderungen, naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und technischen Fortschritten der betreffenden Epoche.

Dr. Patrick Henßler © Verlag arsEdition 2019

So führt der Faustkeil durch die Steinzeit, die ersten Tongefäße zur Vorratshaltung mar-kieren den Beginn von Ackerbau und Viehzucht, und Lehmziegel zeugen von den ersten Stadtgründungen im geographischen Gebiet des sogenannten „fruchtbaren Halb- monds“. Die Erfindung des Rades wird am Beispiel des ägyptischen Streitwagens er- läutert, die Schrifttafel illustriert den Übergang von der Bilder- zur Keilschrift und führt schließlich zur Entstehung des ersten phönizischen Alphabets. Die Bronzeaxt steht exemplarisch für die Erfindung der Metallverarbeitung (Legierung) und den Wechsel von Steinwerkzeugen und –Waffen zu Bronzewaffen und –Werkzeugen.

Zum Ausklang der einzelnen Epochen faßt eine illustrierte Doppelseite mit einer infor- mativen Zeitstrahlübersicht die wichtigsten Etappen noch einmal kurz und bündig zusammen.

Zwischen den Einzelkapiteln der verschiedenen Epochen wird gelegentlich ergänzend auf einer Doppelseite die Veränderung einzelner Gegenstände oder Kulturtechniken chronologisch dargestellt. Beispielsweise finden wir eine Übersicht „Mit der Zahnbürste durch die Zeit“ eine andere, die sich mit „Musik im Wandel der Zeit“ befaßt.

Dr. Patrick Henßler © Verlag arsEdition 2019

Die beschriebenen Gegenstände weisen manchmal auf gesellschaftliche Mißstände und entsprechende Umbrüche hin. So „beleuchtet“ die Bergwerkslampe die Kinderarbeit zur Zeit der Frühindustrialisierung, und der Plastikstrohhalm steht exemplarisch für die gefährliche Plastikflut der Gegenwart.

Gleichwohl werden auch positive demokratische, zivilisatorische und freiheitliche Errungenschaften thematisiert. So etwa die Unterzeichnung des deutschen Grund- gesetzes am 23. Mai 1949. Stichwortgeber für dieses Ereignis unserer Geschichte ist der hochwertige Füller, mit dem die Mitglieder des Parlamentarischen Rates den Gesetzestext unterschrieben.

Dr. Patrick Henßler © Verlag arsEdition 2019

Dieses Sachbuch macht Geschichte einerseits anschaulich durch die An- knüpfung an konkrete Gegenstände, die mit sehr ansprechender bildlicher Begleitung in Szene gesetzt werden, andererseits durch die sehr klaren, komprimierten, kindgemäßen Erklärungen zur buchstäblich fortschritt- lichen Bedeutung und Wirkung dieser Gegenstände auf die Lebensumstände der Menschen und die wandelbaren gesellschaftlichen Herrschaftsformen, Strukturen und Regeln. 

„100 Sachen, die Geschichte machten“ ist sehr geeignet, Kindern stufen- weises und zusammenhängendes Wissen über die Vergangenheit zu vermitteln, ihren historischen Horizont zu weiten und die beachtlichen Entwicklungsschritte der Menschheit zu würdigen. Im Gegensatz zum heute üblichen kurzatmigen Geschichtsunterricht haucht dieses Buch Kindern einen deutlich längeren historischen Atem ein.

 

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.arsedition.de/produkte/detail/produkt/100-sachen-die-geschichte-machten-9031/

 

Querverweis:

Als Ergänzung zu „100 Sachen die Geschichte machten“ empfiehlt sich das illustrierte Kindersachbuch Opa Mammut/Eine Familien-Weltgeschichte für Kinder“ von Dieter Böge und Bernd Mölck-Tassel, in dem die Entwicklungsgeschichte der Menschheit als Familiengeschichte in 52 Generationen-Kapiteln nacherzählt wird: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2017/04/18/opa-mammut/

 

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Korallen

  • Ein Portrait
  • von Jutta Person
  • Verlag Matthes & Seitz, 2019 http://www.matthes-seitz-berlin.de
  • Naturkunden Nr. 50  www.naturkunden.de
  • Illustrationen: Falk Nordmann
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • 192 Seiten
  • Kleinoktav-Format: 12 x 18 cm
  • 20,00 € (D), 20,60 € (A)
  • ISBN 978-3-95757-697-2

M E E R E S A R C H I T E K T E N

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Jutta Persons Buch eröffnet einen weitverzweigten Blick in die Natur- und Kulturge-schichte der Korallen. Wir lernen Korallen kennen als Lebewesen, Sammel- und Schmuckobjekt, Amulett, Symbol sowie natürliches und schützenswertes Wunderwerk.

Die meisten Korallen gehören zu den sogenannten Blumentieren. Der äußere Körper besteht aus einem stabilen Kalkskelett, das von kleinen Korallenpolypen belebt wird, die des Nachts mit ihren Tentakeln Plankton und kleine Fische fangen und diese über ihr Schlundrohr in den Magen transportieren. Tagsüber ziehen sich diese Tentakel zurück, was erklärt, daß man lange Zeit den zoologischen Charakter der Korallen nicht erkannt hat.

So ordnete man sie zunächst seit der Antike den versteinerten Pflanzen bzw. Steinpflan-zen zu und hielt die Tentakel der Polypen für Blüten. Erst im 18. Jahrhundert entdeckte der Marseiller Naturforscher Jean-André Peyssonnel (1694 – 1758) die Korallenpolypen und „beförderte“ die Korallen vom Pflanzen- ins Tierreich.

Die rätselhafte Natur der Korallen förderte die Faszination, die sie auf den Menschen ausüben. Man betrachtete sie als Heil- und Schutzmittel und nutzte sie als Amulett. Als dekoratives Material für Gewandfibeln, Gürtel, Pferdegeschirre, Schwertgriffe und Schmuck fanden rote Edelkorallen seit der Eisenzeit Verwendung sogar in Landstrichen, die sich weit entfernt vom Meer befanden.

Der Betrachtungsbogen der Korallen-Kulturgeschichte spannt sich von weit vorchrist-lichen, mythologischen bis christlichen Traditionen der Wertschätzung von Korallen und der ihnen zugeschriebenen schützenden, heilenden und böse Kräfte abwehrenden Macht über den ikonographischen Farbtupfer der Korallen in religiösen Gemälden, wie beispiels-weise bei Piero della Francescas Gemälde „Madonna di Senigallia“ (um 1474), bis hin zu literarischen Huldigungen in Ovids Metamorphosen, bei Shakespeare, bei Jules Verne und in Joseph Roths Erzählung „Der Leviathan“, in dem ein Korallenhändler und seine innige Zuneigung zu Korallen das zentrale Thema sind.

Korallenriffe sind weltweit durch die Erhöhung der Meereswassertemperatur und die Versauerung der Ozeane gefährdet. Die rote Farbe der riffbildenden Steinkorallen ent-steht durch Symbiose mit Zooxanthellen. Diese Mikroalgen produzieren bei steigender Wassertemperatur Giftstoffe und werden daraufhin von den Korallen abgestoßen. Dies führt zum Farbverlust (Korallenbleiche) und zu einer schlechteren Energieversorgung der Korallen, die schließlich bei längerer Fortdauer der zu hohen Wassertemperatur ganz absterben.

Die Autorin nimmt uns bei ihren Tauchgängen mit in lebendige Korallenriffe und beschreibt diese faszinierenden Unterwasserwelten mit ansteckender und durchaus andächtiger Begeisterung für die kleinen Lebewesen, die ganze Meereslandschaften gestalten und als Kollektivwesen riesige Riffe bauen.

Hauptsächlich thematisiert Jutta Person die rote Edelkoralle (Corallium rubrum). In den zwölf Einzelportaits am Ende des Buches werden auch andere Korallenarten (u.a. Dädalus-Hirnkoralle, Tiefseegorgonie, Wunderkoralle) beschrieben und von Falk Nordmann anschaulich und ästhetisch illustriert. Die kultur- und naturgeschichtlichen Rückblenden werden mit entsprechenden zeitgenössischen Abbildungen garniert.

Dieses Buch ist ein animierendes Wissenskleinod, das neben inhaltlicher Vielfalt mit einem geistreich-anschmiegsamen, naturpoetischen und ge- legentlich schmunzlerischem Sprachstil aufwartet, der das Eintauchen in die Lektüre zu einem einladenden Vergnügen macht.

Und zum Abschluß kann ich hier wieder meinen lobeshymnischen Refrain zur buchge-stalterischen Materie der Reihe NATURKUNDEN singen. So ist auch der Band „Korallen“ (NATURKUNDEN Nr. 50) aus schmeichelgriffigem Papier für Einband, Vorsatzblätter und Buchseiten hergestellt. Die Typographie ist satt und lesefreundlich, der Kopfschnitt und die Fadenheftung in korallenrot sind farblich fein abgestimmt mit der Farbgebung des Bucheinbandes, und die zahlreichen alten und neuen Illustrationen sind ebenso schön wie aussagekräftig.

Hier finden wir den harmonischen Einklang zwischen substanzieller innerer und äußerer Buchqualität, wie sie für die von Judith Schalansky herausgegebene Reihe NATUR- KUNDEN Standard ist. Da kommt Sammellust auf!

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/korallen.html?lid=2

 

Die Autorin:

»Jutta Person ist Journalistin und Kulturwissenschaftlerin. Sie wurde 1971 in Südbaden geboren und lebt in Berlin. Sie studierte Germanistik, Italianistik und Philosophie in Köln und Italien und promovierte mit einer Arbeit zur Geschichte der Physiognomik im 19. Jahrhundert. Sie schreibt für die Süddeutsche Zeitung, für Literaturen, Die Zeit und das Philosophie Magazin. Von 2004 bis 2007 war sie Redakteurin bei Literaturen, seit Oktober 2011 betreut sie das Ressort Bücher beim Philosophie Magazin. 2012 war sie Mitglied in der Jury des Deutschen Buchpreises. In der Reihe NATURKUNDEN hat sie 2013 das Portrait „Esel“ veröffentlicht. Sie lebt in Berlin.«

Der Illustrator:

»Falk Nordmann, Zeichner und Illustrator, lebt und arbeitet in Berlin. Ab 2007 Umschlaggestaltungen und Autorenportraits, seit 2013 Tierillustrationen der Reihe Naturkunden für Matthes & Seitz Berlin.«

 

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