Igel

Igel (Naturkunden Nr. 76)
I G E L E R K U N D I G U N G E N

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

In dieser Naturkunde begegnet uns der Igel als biologisches Wesen mit seinen art-spezifischen Fähigkeiten und Lebensbedürfnissen sowie als Modell für künstlerische Darstellungen malerischer und bildhauerischer Art und als Charakterfigur in Fabeln, Legenden, Märchen und Bilderbüchern.

Igel sind einzelgängerische, nachtaktive und scheue Tiere, welche die Nähe zu Artge-nossen nur zum Zwecke der Fortpflanzung suchen. Ihr Stachelkleid besteht aus 6000 – 8000 Stacheln, von denen jede über einen eigenen kleinen Muskel verfügt. Bevor ein Igel sich zu seiner passiven Selbstverteidigung einrollt, „stellt er seine Stacheln in einer raffi-nierten Kreuz-und-Quer-Anordnung auf, in der sich die Stacheln gegenseitig stützen (Seite 23). Diese Anordnung schauten sich die Menschen von der Antike bis ins Mittel-alter für ihre militärischen Lanzenaufstellungen ab, und diese Formation wurde auch tatsächlich „Igelstellung“ genannt.

Der Geruchssinn ist der ausgeprägteste Sinn des Igels. Er schnüffelt und schnuppert unentwegt und kann sogar Regenwürmer in der Erde wittern. Igel sind keine Vegetarier. Wenn sie an Obst, Pilzen oder Nüssen knabbern, sind sie sehr wahrscheinlich auf der Jagd nach den darin verborgenen Würmern oder Schnecken. Beim Fressen schmatzen Igel un-überhörbar, weil sie ihre Nahrung sehr gut kauen und einspeicheln. Mit einem speziellen Riechorgan, dem Jacobsonschen Organ, können Igel sogar Gerüche schmecken. Igel können unbeschadet giftige Schlangen und Skorpione verspeisen, aber Milch ist für sie unbekömmlich.

Der Hörsinn des Igels ist immerhin noch drei bis viel Mal besser als der des Menschen, und sie können Töne im Ultraschallwellenbereich wahrnehmen.

Bedroht ist der Igel durch den Schwund natürlicher Lebensräume, Parasiten, Straßen-verkehr, industrielle Landwirtschaft, Pestizide und Insektizide, steril aufgeräumte Gärten sowie durch den Einsatz von Laubbläsern, Rasentraktoren und Mährobotern. Zudem bringt der Klimawandel mit deutlich wärmeren Wintern den Winterschlaf- rhythmus der Igel in lebensbedrohliche Unordnung.

Beim Igel verbinden sich – aus menschlicher Perspektive –  stachelige Unnahbarkeit mit knopfäugiger Possierlichkeit. Angesichts eines naturbelassenen Gartens, der seinen Revierbedürfnissen entspricht, kommt der Igel mit der Nähe zu Menschen zurecht, läßt sich gut beobachten und nimmt auch Futter an. Doch als klassisches Streicheltier eignet er sich nicht, er ist und bleibt ein Wildtier und entzieht sich aufdringlichen Kontaktver-suchen.

Menschen sind schon lange von Igeln fasziniert. So finden sich unter prähistorischen Tierfiguren neben Bison, Höhlenbär und Mammut auch kleine Igelfiguren. Im alten Ägypten waren Igel-Amulette beliebte Grabbeigaben.

Der Künstler Günther Uecker hämmerte 1964 aus Nägeln unterschiedlicher Länge die Körperform eines Igels auf ein Stück Holz, und je nach Generationenzugehörigkeit wer-den sich einige Leser noch an die mehr oder weniger kulinarischen Käse-Igel vergangen-er Partybüffets erinnern.

Igel spielen auch eine beachtliche literarische Rolle z.B. in den Grimmschen Märchen „Der Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel“ und „Hans mein Igel“ oder in Hans Falladas „Geschichte vom getreuen Igel“.

Der berühmte Igel „Mecki“ begann in den 30er-Jahren des 20.Jahrhunderts seine Karriere als Puppentrickfilmstar und belebte ab 1949 die alljährlich fortgesetztenen Mecki-Bilderbücher der Zeitschrift „Hörzu“. Nach wie vor erscheinen immer wieder Kinder- und Bilderbücher, die Igel als Hauptcharaktere inszenieren (siehe meine vorhergehende Bilderbuchbesprechung der Serie „Der große und der kleine Igel“ Warte doch mal! ).

Im Anschluß an die zoologischen und kulturhistorischen Igelbetrachtungen werden neben dem bei uns beheimateten Braunbrustigel noch einige außereuropäische Igelarten in kurzen Einzelportraits vorgestellt.

Und zum Abschluß kann ich hier wieder meinen lobeshymnischen Refrain zur buchge-stalterischen Materie der Reihe NATURKUNDEN singen. So ist auch der Band „Igel“ (NATURKUNDEN Nr. 76) aus schmeichelgriffigem Papier für Einband, Vorsatzblätter und Buchseiten hergestellt. Die Typographie ist satt und lesefreundlich, der braune Kopf-schnitt ist farblich fein abgestimmt mit der Farbgebung des Bucheinbandes; die Faden-heftung erscheint diesmal interessant farbkontrastisch in dunkelblau, und die zahlreichen alten und neuen Illustrationen sind ebenso schön wie aussagekräftig.

Hier finden wir den harmonischen Einklang zwischen substanzieller innerer und äußerer Buchqualität, wie sie für die von Judith Schalansky herausgegebene Reihe NATURKUNDEN Standard ist. Da kommt Sammellust auf!

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/igel.html?lid=2

Die Autorin:

»Verena Auffermann, geboren in Höxter, wurde nach einer Buchhandelslehre und dem Studium der Kunstgeschichte neben ihrer Tätigkeit als Dozentin und Herausgeberin vor allem als Kritikerin u. a. für DIE ZEIT und Süddeutsche Zeitung bekannt. Darüber hinaus ist sie als Jurorin, Moderatorin und Dozentin tätig. Zahlreichen Veröffentlichungen folgte zuletzt 2009 ein literaturwissenschaftlicher Sammelband, der unter dem Titel 100 Autorinnen in Portraits. Von Atwood bis Sappho, von Adichie bis Zeh im Herbst 2021 in einer erweiterten Neuedition im Verlag Piper erschienen ist. 2016 veröffentlichte Verena Auffermann eine Bildbiografie über Henry James.«

Der Illustrator:

»Falk Nordmann, Zeichner und Illustrator, lebt und arbeitet in Berlin. Ab 2007 Umschlaggestaltungen und Autorenportraits, seit 2013 Tierillustrationen der Reihe Naturkunden für Matthes & Seitz Berlin.«

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Die verlorenen Zaubersprüche

  • Text von Robert Macfarlane
  • Illustrationen von Jackie Morris
  • Originaltitel: »The Lost Spells«
  • Aus dem Englischen von Daniela Seel
  • NATURKUNDEN Nr. 77 www.naturkunden.de
  • Verlag Matthes & Seitz,  2021 www.matthes-seitz-berlin.de
  • gebunden mit Lesebändchen
  • Fadenheftung
  • Format: 18 x 12,5 cm
  • 120 Seiten
  • 22,00 € (D), 22,70 € (A)
  • ISBN 978-3-7518-0208-6

DIE VERLORENEN ZAUBERSPRÜCHE Titelbild
N A T U R S T I M M E N

Rezension von Ulrike Sokul ©

Wie bereits im großformatigen, natur- und sprachmagischen Vorgängerbuch „Die verlorenen Wörter“ (siehe meine Besprechung vom 4.4. 2019: Die verlorenen Wörter ) kultivieren der Autor Robert Macfarlane und die Illustratorin Jackie Morris auch in „Die verlorenen Zaubersprüche“ die poetische Anrufung der Natur. Diesmal wurde ein kleines handliches Buchformat gewählt, das sich gut dazu eignet, bei Spaziergängen in die Natur mitgenommen zu werden.

Doch zunächst eröffnet schon das Buch selbst einen geistigen Raum für eine buchstäb-liche Einstimmung in die Erscheinungsformenvielfalt der Natur. Auf den Vorsatzblättern tummeln sich Motten in farben- und musterfreudigen Flügelkleidern, das kurze ein-leitende Vorwort wird von der Zeichnung einer singenden Amsel begleitet, und auf der nächsten Doppelseite schauen wir einem Rotfuchs in die wilden Augen.

So ist denn auch der Rotfuchs das erste Geschöpf, welches hier zu Menschenwort kommt. Einfühlsam nimmt der Autor – soweit dies menschenmöglich ist – eine Fuchs-perspektive ein, um dem füchsischen Wesen lyrischen Ausdruck zu geben.

Wir blättern weiter zu Gänseblümchen, Dohle, Eichelhäher, Ginster, Mauerseglern, Stieglitz, Eiche, Schneehase, Schleiereule, Brachvogel, Reiher, Kegelrobbe, Tölpel, Grasnelke, Buntspecht, Buche, Schwalbe, Weißbirke … Im Anschluß an diesen vielsaitigen Chor der Natur findet sich ein illustriertes Glossar der 64 Naturwesen, deren Stimmen und Gestalten in diesem Buch imaginiert werden.

Diese poetischen Anrufungen, Bewunderungen, ja, Beschwörungen stehen in der literarischen Tradition der magischen Vorstellung, daß die Benennung eines Wesens, dieses Wesen ins Hiersein ruft. Im Vorwort wird betont, daß die geneigten Leser diese Zaubersprüche laut aussprechen oder singen sollten. »Um einen Zauber zu wirken, muss man ihn laut sprechen oder singen.«

Die naturpoetischen Texte verfügen über Sprachmelodie und Rhythmus, gelegentlich wird gereimt, manchmal wird die Versform des Akrostichons genutzt. An dieser Stelle ein CHAPEAU für die Übersetzerin Daniela Seel, der die Übertragung dieses Sprachklangs ins Deutsche kongenial gelungen ist.

Die im Buche auftretenden Tiere und Pflanzen werden von der Illustratorin Jackie Morris gleichermaßen botanisch-zoologisch naturalistisch und szenisch stimmungsvoll einge-fangen.

„Die verlorenen Zaubersprüche“  bieten mit der Kombination aus sprachmelodischem, naturmagischem Text und zahlreichen ausdrucksvoll-schönen, oft doppelseitigen Bildern eine Schule des Hörens, Sehens und Staunens und eine atmende Einladung, sein Herz für die Natur zu öffnen und sich zu besinnen, daß kein Mensch losgelöst von der Natur wirklich leben kann.

Nach all dem geheimnisvollen Spurenlesen, Blätterflüstern, Rindenblicken, Blütenstaub und Flügelschwung bleibt mir nur noch übrig, wieder meinen lobeshymnischen Refrain auf die wertvolle buchgestalterische Qualität der von Judith Schalansky heraus- gegebenen Reihe NATURKUNDEN zu singen. „Die verlorenen Zaubersprüche“ sind auf schmeichel-griffigem 120g/m² Papier gedruckt, Fadenheftung und Halbleinenbindung garantieren Langlebigkeit – da lohnt sich bibliophile Sammellust. 

PS:
Bei allem redlichen Bemühen bleibt es eine schwierige Gratwanderung, als Mensch die menschlichen Grenzen des Sehens, Fühlens und Erkennens zu überschreiten und den Geschöpfen der Natur eine wahrhaftige Stimme zu verleihen. Menschliche Naturverbun-denheit enthält stets ganz unvermeidlich wohl mehr als nur eine Prise anthropo- zentrischer Projektion. Gleichwohl ist die poetische Anregung, sich der Natur auch sprachlich zu näheren, ein möglicher Wegweiser zu einem umfassenderen Mit- und Lebensgefühl.


Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/die-verlorenen-zaubersprueche.html?lid=9

Hier entlang zum informativen und sehenswerten englischen Buchwerbefilmchen:
https://www.youtube.com/watch?v=7aDLTMb3ax8
Hier entlang zu einer englischen Rezension, die auch viele Illustrationen zeigt:
https://www.themarginalian.org/2020/11/21/the-lost-spells-macfarlane-morris/
Hier schauen wir der Illustratorin und dem Autor beim kreativen Gestalten über die Schultern:

Der Autor:

»Robert Macfarlane, 1976 in Nottinghamshire geboren, lehrt Literaturwissenschaft in Cambridge, ist Essayist und Kritiker und gilt als wichtigster britischer Autor des Nature Writing. Bei Matthes & Seitz Berlin sind bislang „Karte der Wildnis“, „Alte Wege“ und „Die verlorenen Wörter“ erschienen. Letzteres wurde mit dem BAMB Beautiful Book Award 2017 sowie als Hay Festival Book of the Year und als The Sunday Times Top Ten Bestseller ausgezeichnet.«

Die Übersetzerin:

»Daniela Seel, 1974 in Frankfurt am Main geboren, ist Verlegerin des unabhängigen Verlags kookbooks, Übersetzerin und Lyrikerin. Zuletzt erschien ihr Gedichtband „Auszug aus Eden“ (Verlag Peter Engstler). Daniela Seel lebt in Berlin.«

Die Illustratorin:

»Jackie Morris, 1961 in Birmingham geboren, lebt als freie Autorin und Künstlerin in Wales. Ihre Illustrationen zu „Die verlorenen Wörter“ wurden mehrfach ausgezeichnet und brachten dem Buch u. a. den von britischen Buchhändlern vergebenen Titel Schönstes Buch des Jahres ein.«

Querverweis:

„Die verlorenen Zaubersprüche“ ergänzen sich selbstverständlich mit dem thematisch dazugehörigen Vorgängerbuch von Robert Macfarlane und Jackie Morris „Die verlorenen Wörter“: Die verlorenen Wörter
Außerdem bieten sich harmonisch bereichernd Andreas Webers empathiesophische, sprachempfindsame Naturkunde „Alles fühlt“: Alles fühlt und seine „Minima Animalia“ an: Minima Animalia
Für Kinder eignet sich ergänzend Antje Damms Bilderbuch Was wird aus uns? Nachdenken über die Natur: Was wird aus uns? Nachdenken über die Natur


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Hanf

HANF
BEWUSSTSEINSERWEITERND

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Ute Woltrons Buch ist eine Hommage an den Hanf. Elegant mäandert sie zwischen kulturhistorischen und botanischen Hanfbetrachtungen, persönlichen Hanfanbau- erfahrungen, Hanfzubereitungen und den segensreichen natürlichen Heilwirkungen des Hanfs.

Wußten Sie, daß die Gutenberg-Bibel auf Hanfpapier gedruckt wurde, daß Karl der Große seinen Bauern den Hanfanbau ausdrücklich gebot und diese ihre Steuern mit Hanfsamen zahlen durften, daß das Zeitalter der Segelschiffe von den witterungsbe- ständigen und reißfesten Segeln und Tauen aus Hanffaser beflügelt wurde? Wußten Sie, daß es – belegt durch archäologische Funde in China – bereits zwischen 800 und 400 vor unserer Zeitrechnung Hanfttextilien und sogar noch ältere Hanfpapiere gab? Wußten Sie, daß die medizinischen Anwendungsmöglichkeiten des Cannabis die Linderung von Asthma, Migräne und Übelkeit, chronischen Schmerzen, Grünem Star, Multipler Sklerose, Polyarthritis, Tinnitus u.v.a. umfassen?

Ich möchte fast wetten, daß Sie dies nicht wußten, sondern stattdessen so wie ich mit der dramatisch-propagandistischen Warnung vor Hanf bzw. Cannabis/Marihuana als fatale Einstiegsdroge, Abstieg in unweigerliche Kriminalität und unausweichliche Sucht vertraut sind. Wie kam es dazu, daß eine Pflanze, die der Menschheit seit Jahrtausenden als schnellwachsender, robuster Fasermateriallieferant, Futter-, Heil- und Nahrungs- mittel diente, dermaßen in Verruf geriet und kriminalisiert wurde?

Der Kreuzzug gegen die „Droge“ Hanf begann Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA, pflanzte sich von dort aus weltweit propagandistisch fort und führte dazu, daß auch der Anbau von Hanfsorten, welche über keinen nennenswerten, psychoaktiven THC-Gehalt verfügen, wie beispielsweise Faserhanf, verboten wurde.

Als sich im Jahre 1937 die American Medical Association gegen das Verbot von Hanf aus-sprach und den medizinischen Wert des Marihuanas betonte und eine weitere Studie zu dem Ergebnis kam, daß der Genuß von Marihuana keine gefährlichen persönlichkeits- verändernden Wirkungen habe, bezeichnete der lobbygelenkte oberste politische Drogenbekämpfer, Harry Jacob Anslinger, diese Studien als unwissenschaftlich, veran- laßte eine Gegenstudie und verbot kurzerhand für die Zukunft weitere Studien zur Wirkungsweise von Cannabis.

Das acht Jahrzehnte währende Verbot von Hanf ist ein lehrreiches Beispiel für eine welt-weite politische und mediale Diffamierungskampagne im Interesse wirtschaftlicher Profiteure aus Baumwollfarmern, Papier- und Pharmakonzernen. Der schnellwach- sende Hanf und die wesentlich haltbareren Produkte, die sich aus seinen Fasern herstellen lassen, standen in Konkurrenz zu den vergleichsweise minderwertigen und kurzlebigen Produkten aus Zellstoff und Baumwolle.

Erst seit den 90er Jahren werden die Hanf-Verbote gelockert, medizinische Anwendung-en schrittweise zugelassen und der Anbau von Faser- und Futterhanf – behördlich kon-trolliert – genehmigt. Es bedurfte mutiger Ärzte und Patienten, deren letzter Heilungs-ausweg Cannabis war, um Hanf nach und nach zu rehabilitieren und wieder salonfähig zu machen.

Eine Studie der WHO aus dem Jahre 1997 kommt zu folgendem Ergebnis:

„Es gibt gute Gründe festzustellen, dass Cannabis nicht dieselben Risiken für die öffent-liche Gesundheit mit sich bringt wie Alkohol und Tabak, selbst wenn genauso viele Men-schen Cannabis benutzen wie jetzt Alkohol trinken oder Tabak rauchen.“ (Seite 116)

Man könnte fast sagen, daß die Autorin Ute Woltron von der Hanfpflanze höchstper-sönlich dazu aufgefordert wurde, sich unvoreingenommen mit ihr zu beschäftigen. Eines Tages tauchte in einem ihrer Gartenbeete eine Hanfpflanze auf. Sie ließ die Pflanze wachsen und gedeihen und begann, sich theoretisch und praktisch in das Thema Hanf zu vertiefen und Stoff für ihr Buch zu sammeln.

Die Autorin bettet die aufklärenden botanischen, gesellschaftspolitischen, juristischen, kulinarischen, kulturhistorischen und medizinischen Sachinformationen zum Hanf in einen lebendigen, mit köstlichen Anekdoten gewürzten literarischen Erzählton, der die Lektüre sowohl inhaltlich als auch stilistisch zu einem spannenden, sinnlichen, ja, sogar ausdrücklich Hanfappetit weckenden Genuß macht.

Und zum Abschluß kann ich hier wieder meinen lobeshymnischen Refrain zur buch- gestalterischen Materie der Reihe NATURKUNDEN singen. So ist auch der Band „Hanf“ (NATURKUNDEN Nr.61) aus schmeichelgriffigem Papier für Einband, Vorsatzblätter und Buchseiten hergestellt. Die Typographie ist satt und lesefreundlich, der lindgrüne Kopf-schnitt ist farblich fein abgestimmt mit der Farbgebung des Bucheinbandes; die Faden-heftung erscheint diesmal interessant farbkontrastisch in violett und die zahlreichen alten und neuen Illustrationen sind ebenso schön wie aussagekräftig.

Hier finden wir den harmonischen Einklang zwischen substanzieller innerer und äußerer Buchqualität, wie sie für die von Judith Schalansky herausgegebene Reihe NATURKUNDEN Standard ist. Da kommt Sammellust auf!

Hier entlang zum Buch und zur Leseprobe auf der Verlagswebseite:
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/hanf.html?lid=4

Die Autorin:

»Ute Woltron, geboren 1966 in Neunkirchen, studierte Architektur in Wien und arbeitet als Journalistin zum Thema Wirtschaft, Architektur und Reisen. Zu ihren Veröffentlich-ungen zählen u. a. Menschen sind auch nur Gärtner: Freche Gartengeschichten (2009) sowie 99 Genüsse, die man nicht kaufen kann – Selbstgemachte Köstlichkeiten aus Natur & Garten (2011).«

Die ungekürzte Hörbuchausgabevollendet gelesen von Frank Arnoldist im April 2020
bei DAV (der Audio Verlag https://www.der-audio-verlag.de/ ) erschienen.

  • 3 CDs in Pappklappschuber
  • Laufzeit: 3 Stunden, 29 Minuten
  • 20,00 €
  • ISBN 978-3-7424-1512-7

Hier entlang zum Hörbuch und zur HÖRPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.der-audio-verlag.de/hoerbuecher/hanf-ein-portrait-woltron-ute-978-3-7424-1512-7/

hanf-ein-portrait-woltron-ute-9783742415127-HÖRBUCH

 

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Füchse

  • Ein Portrait von Katrin Schumacher
  • Verlag Matthes & Seitz, 2020 http://www.matthes-seitz-berlin.de
  • NATURKUNDEN Nr. 60 www.naturkunden.de
  • Illustrationen: Falk Nordmann
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • 159 Seiten
  • Kleinoktav-Format: 12 x 18  cm
  • 20,00 € (D), 20,60 € (A)
  • ISBN 978-3-95757-855-6

F U C H S F A S Z I N A T I O N

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Katrin Schumacher umkreist den Fuchs, betrachtet ihn aus biologischer, literarischer, mythologischer und sozialer Sicht. So entsteht ein facettenreiches Bild, das den Fuchs nicht zähmt, sondern ihn in seiner natürlichen Wildheit respektiert und parallel dazu auch ein historisches und aktuelles Streiflicht menschlicher Projektionen auf den Fuchs wirft.

Bereits vor 15.000 Jahren wurden Füchse auf die Höhlenwände von Lascaux und Altamira gemalt und zahlreiche archäologische Fuchsknochenfunde weisen darauf hin, daß er auch als Opfertier für die Götter vewandt wurde.

Füchse sind Überlebenskünstler; sie sind sehr anpassungsfähig und finden als Nahrungsgeneralisten in fast allen Landschaftsgebieten Futter und Unterschlupf, was auch ihre weite Verbreitung erklärt sowie ihren Erfolg als Kulturfolger. Dabei ist zudem interessant, daß sich Stadtfüchse nicht mehr mit Landfüchsen paaren und Stadtfüchse weniger Scheu an den Tag legen.

Die sinnliche Wahrnehmungsspannbreite des Fuchses ist beeindruckend. „Ein Fuchs hört, wenn sich in anderthalb Kilometern Entfernung zwei Feldmäuse um einen Sonnen-blumensamen zanken, und er riecht detailliert die zwei Winter, die in dem alten Laub stecken, das vielleicht so alt ist wie er selbst.“ (Seite 29)

Der Fuchs lebt verborgen, und seine Finten und Raffinnessen, um Beute oder Jäger zu täuschen, sind legendär. Angeblich kann er sich totstellen, um sich gegebenenfalls bessere Flucht- oder Beutechancen zu verschaffen. Obwohl sich sein Fell in unseren Augen auffällig rötlich aus der Umgebung hervorhebt, bekommen wir ihn nur selten zu sehen.

Wieviele Füchse tatsächlich in Deutschland leben, ist nicht bekannt – sicher ist nur, daß pro Jagdsaison fast eine halbe Million Füchse getötet werden und daß im städtischen Raum etwa zehnmal mehr Füchse leben „als auf einer vergleichbaren Fläche im Wald“ (Seite 14). Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, daß die Bejagung der Füchse zu einer erhöhten Anzahl von Fuchsjungen führt. Und auch in Hinsicht auf das vorhandene Nahrungsangebot reguliert der Fuchs seine Populationsdichte bedarfsgerecht durch Vermehrung oder Verminderung der Anzahl von Jungtieren pro Wurf selbst.

Die Autorin wagt eine beachtlich differenzierte, kulturgeschichtliche Darstellung zum Thema Fuchsfellverarbeitung und zum Kürschner-Handwerk. „Jedes Pelztragen ist ein schamanischer Akt. Eine unheimliche und fadenscheinige Simulation der Unsterblich- keit, die davon erzählt, dass das Leben immer schon mit dem Tod infiziert ist.“ (Seite 88) Inzwischen werden Fuchsfelle sogar biologisch gegerbt und als nachhaltiger „Stoff“ vermarktet, sogar ressourcen-schonendes Pelzrecycling liegt im Trend.

Nach einem kurzen Abstecher zum japanischen Fuchsgeisterglauben, der dem Fuchs übernatürliche Gaben und märchenhafte Verwandlungsfähigkeiten zuschreibt, folgen wir den Spuren der Fabelfüchse von Aeosop, Jean de La Fontaine, Leonardo da Vinci, Gellert und Lessing.

Die Spur des Fuchses reicht weiter bis ins Kinderlied und Kinderbuch. Erscheint er im Lied „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ von Ernst Anschütz und in den Geschichten von Selma Lagerlöf (Nils Holgerssohn) und Carlo Collodi (Pinocchio) listig, hinterhältig, als böses Hindernis und zu besiegender Feind, so wandelt sich seine Rolle mit dem Erschei-nen des Buches „Der kleine Prinz“ von Saint-Exupéry. In diesem Buch wird der Fuchs als kluger, philosophischer Gesprächspartner imaginiert und in der gegenwärtigen Kinder-literatur setzt sich diese charmante, freundlich-sympathisierende Vorstellung nachhaltig fort.

Die Kurzportraits verschiedener Fuchsarten mit sehr attraktiven, beinahe foto- realistischen Illustrationen von Falk Nordmann stellen folgende Füchse lexikalisch vor: Rotfuchs, Fennek (Wüstenfuchs), Polarfuchs (Eisfuchs), Schwarzsilberfuchs, Löffelfuchs, Korsak, Insel-Graufuchs, Marderhund (Obstfuchs), Bengalfuchs und Kapfuchs.

ROTFUCHS Illustration © Falk Nordmann, Verlag Matthes & Seitz 2020


Katrin Schumacher stellt den Fuchs ebenso als biologisch definierbares Lebewesen dar wie als mythologische Figur und poetische Projektion. Wir nähern uns dem Fuchs – und doch bekommen wir ihn nie ganz zu fassen. Der elegant-mäandernde Schreibstil der Autorin folgt gleichsam dem ungreifbaren, seltsam changierenden Wesen des Fuchses.

Und zum Abschluß kann ich hier wieder meinen lobeshymnischen Refrain zur buch- gestalterischen Materie der Reihe NATURKUNDEN singen. So ist auch der Band „Füchse“ (NATURKUNDEN Nr. 60) aus schmeichelgriffigem Papier für Einband, Vorsatzblätter und Buchseiten hergestellt. Die Typographie ist satt und lesefreundlich, der Kopfschnitt und die Fadenheftung in einem fuchsigen rotbraunrostorangenen Ton farblich fein abge- stimmt mit der Farbgebung des Bucheinbandes, und die zahlreichen alten und neuen Illustrationen sind ebenso schön wie aussagekräftig.

Hier finden wir den harmonischen Einklang zwischen substanzieller innerer und äußerer Buchqualität, wie sie für die von Judith Schalansky herausgegebene Reihe NATURKUNDEN Standard ist. Da kommt Sammellust auf!

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/fuechse.html?lid=3

 

Die Autorin:

»Katrin Schumacher, 1974 in Lemgo geboren, ist Literaturwissenschaftlerin und Journalistin. Sie lebte in Bamberg, Antwerpen, Hamburg, ist derzeit in Halle/Saale zu Hause und Redaktionsleiterin beim MDR Kultur. «


 

Querverweis:

Ergänzend bietet sich das ausführlich fotografisch bebilderte Buch von Silje Elin Matnisdal und Leiv Magnus Grøtte „Ayla. Meine ungewöhnliche Freundschaft mit einem Fuchs“ an, das vom vergeblichen Versuch handelt, einen Fuchs zu zähmen.
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2019/10/17/ayla/

Zusätzlich nun noch eine kleine Auswahl von Kinderbüchern mit sympathischen Fuchsfiguren:

»Nur ein Tag«
von Martin Baltscheidt (Text) und Wiebke Rauers (Illustration)
Die Geschichte vom warmherzigen Wildschwein und vom feschen Fuchs, die eine kleine, lebensfrohe Eintagsfliege mit einer Notlüge über die kurze Dauer ihres Daseins hinweg-täuschen, führt an einem einzigen Tag durch ein ganzes Leben.
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2016/10/13/nur-ein-tag/

»Der Tod auf dem Apfelbaum«
von Katrin Schärer (Text & Illustration)
„Der Tod auf dem Apfelbaum“ ist ein Bilderbuch, das zu Herzen geht und tief berührt. Es ist von einer sanftmütigen Intensität und ruhigen Klarheit, die leise lächelnd dem natürlichen Kreislauf von Leben und Tod die Ehre gibt.
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2016/03/20/der-tod-auf-dem-apfelbaum/

»Kleiner Fuchs großer Himmel«
von Brigitte Werner (Text) und Claudia Burmeister (Illustration)
Das Bilderbuch „Kleiner Fuchs Großer Himmel“ ist erfüllt von einer tiefen, zärtlichen Lebenszugewandtheit und heiteren Demut. Mit dieser Flügelspannweite gelingt hier das Kunststück, die kleine Endlichkeit tröstlich mit der großen Unendlichkeit zu verbinden. So gehören wir dem Leben, ohne es zu besitzen. https://leselebenszeichen.wordpress.com/2015/11/23/kleiner-fuchs-grosser-himmel/

»Der kleine Prinz – Bilderbuch«
von Agnès de Lestrade
(Text & Illustration)
„Der kleine Prinz“ erlebt eine Form der bibliophilen Reinkarnation, die sich in unter- schiedlichen Nacherzählungen und/oder Fortsetzungen manifestiert. Die hier nun vorliegende Nacherzählung von Agnès de Lestrade wendet sich an Kinder, denen vorgelesen wird. Die Autorin hat Antoine de Saint-Exupérys Klassiker kindgerecht abgekürzt und vereinfacht, ohne dabei den weiten Herzenshorizont und die emotionale Vielschichtigkeit von Saint-Exupérys Vorlage zu vernachlässigen. https://leselebenszeichen.wordpress.com/2019/11/27/der-kleine-prinz-bilderbuch/


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Algen

  • Ein Portrait
  • von Miek Zwamborn
  • Originaltitel: »Zeewier«
  • Aus dem Niederländischen von Bettina Bach
  • mit farbigen Illustrationen von Falk Nordmann
  • Verlag Matthes & Seitz 2019, http://www.matthes-seitz-berlin.de
  • NATURKUNDEN Nr. 51 http://www.naturkunden.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Kleinoktav-Format: 12 x 18 cm
  • ISBN 978-3-95757-696-5
  • 20,00 € (D), 20,60 € (A)

Ü B E R L E B E N S K Ü N S T L E R

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Von den winzigen Kieselalgen, die einen „Großteil des Sauerstoffs in der Erdatmosphäre erzeugen“ (Seite 13), bis zu den riesigen Algenteppichen, aus der gold-braunen Algenart „Sargassum“, in denen sich in früheren Zeiten viele Schiffe buchstäblich verstrickten und die der Sargassosee ihren Namen gegeben haben, stellt uns die Autorin eine anschaulich-spannende Auswahl von Algen vor. 

Meeresalgen sind schon seit 1,7 Milliarden Jahren auf der Welt. Der botanisierende Mensch zählt sowohl die Mikro- als auch die Makroalgen zu den niederen Pflanzen. Algen finden sich in allen Klimazonen, und sie sind wahre Überlebenskünstler. Ausge- trocknete Algen lassen sich durch Bewässerung leicht reanimieren, was u.a. daran liegt, daß jede einzelne Zelle einer Alge sich autark mithilfe von Fotosynthese ernährt.   

Es gibt eine Grünalgenart (CCCryo 101-00), die nachweislich kosmische und ultraviolette Strahlung und das Vakuum im Weltall überlebt hat, da sie sechzehn Monate an der Außenseite der ISS mitgereist war. Aus den UV-Licht absorbierenden Pigmenten dieser Alge soll nun eine Sonnenschutzcreme für Menschen entwickelt werden.

Algen bieten vielen Meerestieren Nahrung und Schutz. Doch auch für Menschen sind Algen Nahrungsmittel und Heilmittel, sie eignen sich als natürlicher Dünger und als Tierfutter. Mischt man Algen unter das Viehfutter, so „mindert das den schädlichen Methanausstoß der Kühe“ (Seite 112). Manche Algenarten wie beispielswiese der Meer-salat eignen sich wegen ihrer großen Stickstoffbindekapazität zur Abwasserreinigung. Die Algenzucht könnte – regional und ökologisch betrieben – einige Probleme der Menschheit lösen, möglicherweise läßt sich sogar ein Kraftstoff aus Algen gewinnen.

Doch neben dem praktischen Algennutzen fehlt es der Autorin keineswegs an Bewun-derung und Achtung für die wellenwiegenden Wasserwesen. Sie berichtet von persön-lichen Tauchgängen und eigenen Beobachtungen, von Entdeckungsfreude, Sammellust, natürlicher Schönheit und Anmut.

Die sinnliche Farb- und Formenvielfalt der Algen findet Widerhall in künstlerischen Darstellungen vom Ausdruckstanz bis zu Stoffentwürfen. Wir finden hier Algengedichte, ja, sogar ein irisches Wiegenlied, in dem der irische Seetang den wiederkehrenden Refrain bildet.

Die Autorin berichtet vom filigranen Algenherbar der Algologin Eliza M. French (1809 – 1889) sowie vom ältesten Fotobuch der Welt, das mit erstaunlich lebendigen Cyano- typien von Algen aufwartet.

Botanische Erklärungen, historische und künstlerische Algenaspekte treffen sich in diesem Buch mit Hinweisen auf medizinische und kosmetische Verwendungsmöglich-keiten. Auch einige Algenkochrezepte, u.a. Pfeffertang-Joghurt, Knotentangbrot und Seejungfrauen-Konfetti, werden serviert.

Die Einzelporträts ausgewählter Algen (Federtang, Drahtalge, Meersalat, Trichteralge, Blasentang, Zuckertang, Fingertang, Sägetang, Purpurtang, Lappentang, Korallenmoos und Knorpeltang) beschreiben die botanischen Eigenschaften, den Nährstoffgehalt und kulinarische Verwendungsmöglichkeiten; so wird beispielsweise aus Knorpeltang das vegetarische Gelier- und Filtermittel Agar-Agar hergestellt. Ebenso botanisch-präzise wie künstlerisch-ästhetische Illustrationen von Falk Nordmann ergänzen und bereichern jede vorgestellte Algenart.

Und zum Abschluß kann ich hier wieder meinen lobeshymnischen Refrain zur buch- gestalterischen Materie der Reihe NATURKUNDEN singen. So ist auch der Band „Algen“ (NATURKUNDEN Nr. 51) aus schmeichelgriffigem Papier für Einband, Vorsatzblätter und Buchseiten hergestellt. Die Typographie ist satt und lesefreundlich, der Kopfschnitt und die Fadenheftung in dunkelgrün farblich fein abgestimmt mit der Farbgebung des Buch-einbandes, und die zahlreichen alten und neuen Illustrationen sind ebenso schön wie aussagekräftig.

Hier finden wir den harmonischen Einklang zwischen substanzieller innerer und äußerer Buchqualität, wie sie für die von Judith Schalansky herausgegebene Reihe NATURKUNDEN Standard ist. Da kommt Sammellust auf!

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der  Verlagswebseite:
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/algen.html?lid=7

 

Die Autorin:

»Miek Zwamborn, geboren 1974 in Schiedam, ist bildende Künstlerin, Autorin und Übersetzerin von Arno Camenisch. Nach dem Studium der Bildenden Kunst in Amsterdam arbeitete sie 15 Jahre als Schleusenwärterin. Sie arbeitet und lebt auf der Isle of Mull, Schottland.«

Der Illustrator:

»Falk Nordmann, Zeichner und Illustrator, lebt und arbeitet in Berlin. Ab 2007 Umschlaggestaltungen und Autorenportraits, seit 2013 Tierillustrationen der Reihe Naturkunden für Matthes & Seitz Berlin.«

 

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Korallen

  • Ein Portrait
  • von Jutta Person
  • Verlag Matthes & Seitz, 2019 http://www.matthes-seitz-berlin.de
  • Naturkunden Nr. 50  www.naturkunden.de
  • Illustrationen: Falk Nordmann
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • 192 Seiten
  • Kleinoktav-Format: 12 x 18 cm
  • 20,00 € (D), 20,60 € (A)
  • ISBN 978-3-95757-697-2

M E E R E S A R C H I T E K T E N

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Jutta Persons Buch eröffnet einen weitverzweigten Blick in die Natur- und Kulturge-schichte der Korallen. Wir lernen Korallen kennen als Lebewesen, Sammel- und Schmuckobjekt, Amulett, Symbol sowie natürliches und schützenswertes Wunderwerk.

Die meisten Korallen gehören zu den sogenannten Blumentieren. Der äußere Körper besteht aus einem stabilen Kalkskelett, das von kleinen Korallenpolypen belebt wird, die des Nachts mit ihren Tentakeln Plankton und kleine Fische fangen und diese über ihr Schlundrohr in den Magen transportieren. Tagsüber ziehen sich diese Tentakel zurück, was erklärt, daß man lange Zeit den zoologischen Charakter der Korallen nicht erkannt hat.

So ordnete man sie zunächst seit der Antike den versteinerten Pflanzen bzw. Steinpflan-zen zu und hielt die Tentakel der Polypen für Blüten. Erst im 18. Jahrhundert entdeckte der Marseiller Naturforscher Jean-André Peyssonnel (1694 – 1758) die Korallenpolypen und „beförderte“ die Korallen vom Pflanzen- ins Tierreich.

Die rätselhafte Natur der Korallen förderte die Faszination, die sie auf den Menschen ausüben. Man betrachtete sie als Heil- und Schutzmittel und nutzte sie als Amulett. Als dekoratives Material für Gewandfibeln, Gürtel, Pferdegeschirre, Schwertgriffe und Schmuck fanden rote Edelkorallen seit der Eisenzeit Verwendung sogar in Landstrichen, die sich weit entfernt vom Meer befanden.

Der Betrachtungsbogen der Korallen-Kulturgeschichte spannt sich von weit vorchrist-lichen, mythologischen bis christlichen Traditionen der Wertschätzung von Korallen und der ihnen zugeschriebenen schützenden, heilenden und böse Kräfte abwehrenden Macht über den ikonographischen Farbtupfer der Korallen in religiösen Gemälden, wie beispiels-weise bei Piero della Francescas Gemälde „Madonna di Senigallia“ (um 1474), bis hin zu literarischen Huldigungen in Ovids Metamorphosen, bei Shakespeare, bei Jules Verne und in Joseph Roths Erzählung „Der Leviathan“, in dem ein Korallenhändler und seine innige Zuneigung zu Korallen das zentrale Thema sind.

Korallenriffe sind weltweit durch die Erhöhung der Meereswassertemperatur und die Versauerung der Ozeane gefährdet. Die rote Farbe der riffbildenden Steinkorallen ent-steht durch Symbiose mit Zooxanthellen. Diese Mikroalgen produzieren bei steigender Wassertemperatur Giftstoffe und werden daraufhin von den Korallen abgestoßen. Dies führt zum Farbverlust (Korallenbleiche) und zu einer schlechteren Energieversorgung der Korallen, die schließlich bei längerer Fortdauer der zu hohen Wassertemperatur ganz absterben.

Die Autorin nimmt uns bei ihren Tauchgängen mit in lebendige Korallenriffe und beschreibt diese faszinierenden Unterwasserwelten mit ansteckender und durchaus andächtiger Begeisterung für die kleinen Lebewesen, die ganze Meereslandschaften gestalten und als Kollektivwesen riesige Riffe bauen.

Hauptsächlich thematisiert Jutta Person die rote Edelkoralle (Corallium rubrum). In den zwölf Einzelportaits am Ende des Buches werden auch andere Korallenarten (u.a. Dädalus-Hirnkoralle, Tiefseegorgonie, Wunderkoralle) beschrieben und von Falk Nordmann anschaulich und ästhetisch illustriert. Die kultur- und naturgeschichtlichen Rückblenden werden mit entsprechenden zeitgenössischen Abbildungen garniert.

Dieses Buch ist ein animierendes Wissenskleinod, das neben inhaltlicher Vielfalt mit einem geistreich-anschmiegsamen, naturpoetischen und ge- legentlich schmunzlerischem Sprachstil aufwartet, der das Eintauchen in die Lektüre zu einem einladenden Vergnügen macht.

Und zum Abschluß kann ich hier wieder meinen lobeshymnischen Refrain zur buchge-stalterischen Materie der Reihe NATURKUNDEN singen. So ist auch der Band „Korallen“ (NATURKUNDEN Nr. 50) aus schmeichelgriffigem Papier für Einband, Vorsatzblätter und Buchseiten hergestellt. Die Typographie ist satt und lesefreundlich, der Kopfschnitt und die Fadenheftung in korallenrot sind farblich fein abgestimmt mit der Farbgebung des Bucheinbandes, und die zahlreichen alten und neuen Illustrationen sind ebenso schön wie aussagekräftig.

Hier finden wir den harmonischen Einklang zwischen substanzieller innerer und äußerer Buchqualität, wie sie für die von Judith Schalansky herausgegebene Reihe NATUR- KUNDEN Standard ist. Da kommt Sammellust auf!

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/korallen.html?lid=2

 

Die Autorin:

»Jutta Person ist Journalistin und Kulturwissenschaftlerin. Sie wurde 1971 in Südbaden geboren und lebt in Berlin. Sie studierte Germanistik, Italianistik und Philosophie in Köln und Italien und promovierte mit einer Arbeit zur Geschichte der Physiognomik im 19. Jahrhundert. Sie schreibt für die Süddeutsche Zeitung, für Literaturen, Die Zeit und das Philosophie Magazin. Von 2004 bis 2007 war sie Redakteurin bei Literaturen, seit Oktober 2011 betreut sie das Ressort Bücher beim Philosophie Magazin. 2012 war sie Mitglied in der Jury des Deutschen Buchpreises. In der Reihe NATURKUNDEN hat sie 2013 das Portrait „Esel“ veröffentlicht. Sie lebt in Berlin.«

Der Illustrator:

»Falk Nordmann, Zeichner und Illustrator, lebt und arbeitet in Berlin. Ab 2007 Umschlaggestaltungen und Autorenportraits, seit 2013 Tierillustrationen der Reihe Naturkunden für Matthes & Seitz Berlin.«

 

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Die verlorenen Wörter

  • Ein Buch der Beschwörungen
  • von Robert Macfarlane
  • Originaltitel: »The Lost Words«
  • Aus dem Englischen von Daniela Seel
  • illustriert von Jackie Morris
  • NATURKUNDEN No. 49 www.naturkunden.de
  • 1. Auflage Matthes & Seitz Verlag, Oktober 2018  www.matthes-seitz-berlin.de
  • 2. Auflage Januar 2019
  • gebunden, Fadenheftung
  • Format: 33,4 cm x 22,6 cm
  • 134 Seiten mit 100 Abbildungen
  • 38,00 €
  • ISBN 978-3-95757-622-4

WÖRTER  WECKEN

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Von Blauglöckchen bis Zaunkönig blättern wir mit diesem Buch ein verwunschenes Alphabet der Natur auf. Es wurzelt in dem alten, magischen Glauben, daß die Namen der Wesen, diese Wesen hervorrufen können.

Die Verarmung der Natur spiegelt sich in der Verarmung des Wortschatzes. Im Vorwort dieses Buches wird vor allem der die Kinder betreffende Wortverlust beklagt – die Wörter für die Natur gingen leise und fast unbemerkt verloren, „ein Verdunsten wie von Wasser auf Stein“. Die Entfremdung von der Natur korrespondiert mit dem Verschwin- den von Worten, die einst selbstverständlich in den Mund genommen wurden, weil man mit der lebendigen Natur alltäglich in Berührung war.

Mit dem vorliegenden Buch lassen sich einige solcher Wörter und Wesen bewahren, wiederentdecken und heraufbeschwören. „Die verlorenen Wörter“ ist eine wunderbare Spurensuche, die wechselwirksam von der Sprache ins wilde Leben und vom Leben in die Sprache führt.

So finden wir beispielsweise auf einer Doppelseite die Blauglöckchen zunächst buch-stäblich verstreut als blauviolette Buchstaben, die zwischen Baumstämmen „wachsen“. Auf der nächsten Doppelseite wird das Blauglöckchen in einer schönen botanischen Illustration gezeigt und von einem wildpoetischen Text begleitet, dessen Zeilenan- fangswort – nach der Versform des Akrostichons – stets mit dem Buchstaben beginnt, welcher der Buchstabenfolge des Wortes BLAUGLÖCKCHEN entspricht. Dann folgt eine Doppelseite mit einer Illustration, die das Blauglöckchen in seiner natürlichen Umgebung zeigt.

Buchstaben werden hier zu Wortgebilde-Bildern geformt, die sich zu Zeilen und gemalten Bildern verdichten. Blauglöckchen, Brombeere, Efeu, Eiche, Eisvogel, Elster, Farn, Heide, Kastanie, Lerche, Löwenzahn, Molch, Natter, Otter, Rabe, Reiher, Star, Weide, Wiesel und Zaunkönig werden sinnlich-assoziativ-imaginativ beschworen und mit Worten eingefangen. Das klingt manchmal wie ein Märchen, manchmal wie ein Zauberspruch oder Rätsel und immer respektvoll-bewundernd. Zudem bleibt stets eine freie, offene Atemweite, die der geneigte Betrachter und Leser selbst ergänzen kann.

Illustration von Jackie Morris © Matthes & Seitz Verlag 2018

Die verspielten Buchstabengebilde, welche die Wuchsformen, die Flugbahnen oder die Silhouette der Naturwesen aufgreifen, stimmen auf das im folgenden Text beschriebene Wesen ein. Die sich daran anschließenden Illustrationen fügen das Einzelwesen dann in seine natürliche Umgebung und Gesellschaft ein.

Dem im Vorwort angekündigten löblichen pädagogische Anspruch, dem verlorenen sprachlichen Terrain der Natur in der Lebenswelt von Kindern etwas entgegenzusetzen, wird dieses Buch meiner Ansicht nach nur bedingt gerecht. Die Texte und die Wortwahl sind sehr anspruchsvoll und entfalten ihre literarisch-lyrische Sprachmagie durch gekonntes Vorlesen. Ob dadurch wirklich viele Kinder erreicht werden können, sei einmal dahingestellt.

Jackie Morris Illustrationen sind ebenso botanisch und zoologisch präzise wie schön und einfühlsam. Das Suchen und Finden, Lauschen und Schauen, Erinnern und Imaginieren, das uns dieses bemerkenswerte Buch bildlich sowie sprachlich ermöglicht, sind ein zauberhaftes, wildniswirksames Vergnügen, bei dem wir in den geheimnisvollen Wortwedeln, Fiederzeilen, Fragefrüchten, Rankenzeichen und Federworten des Autors Robert Macfar-lane der Natur begegnen.

Sehr ansprechend sind auch die wortschöpferischen Namensvariationen, die sich aus den Beschreibungen ergeben. So wird beispielsweise der Löwenzahn u.a. „Schirmchenstreu“ genannt, was wirklich entzückend anschaulich ist. Die lyrische Sprachmelodie und die Bindung an die Anfangsbuchstabenfolge (Akrostichon) waren gewiß eine übersetzerische Herausforderung, der die Übersetzerin, Daniela Seel, gleichwohl kongenial gewachsen war.

Das großzügige Quart-Buchformat, das schmeichelgriffige 150g/m² Papier, die satte, lesefreundliche Typografie, die Kombination aus sorgfältigen naturalistischen Illustrationen und naturliebhaberischem Sprachstil zeugen für den harmonischen Einklang von substanzieller innerer und äußerer Buchqualität, wie sie für die von Judith Schalansky herausgegebene Reihe NATURKUNDEN Standard ist. Da kommt Sammellust auf …

 

Hier entlang zum Buch und zur großzügigen, unbedingt sehenswerten LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/die-verlorenen-woerter.html

 

Der Autor:

»Robert Macfarlane, geboren 1976 in Nottinghamshire, studierte Literaturwissenschaft in Cambridge und begann schon als Kind mit dem Bergsteigen. Sein erstes Buch Mountains of the Mind (2003) erhielt zahlreiche Preise, darunter den Somerset Maugham Award. Nach einer wissenschaftlichen Arbeit über Plagiate im 19. Jahrhundert veröffentlichte er 2007 The Wild Places. Es wurde von Kritik und Publikum gefeiert und zur Grundlage einer bbc-Dokumenta- tion. 2012 erschien die Fortsetzung Old Ways. 2011 wurde Macfarlane, der auch als Essayist und Kritiker für den Guardian tätig ist, zum Mitglied der Royal Society of Literature ernannt. Macfarlane gilt als wichtigster britischer Autor des Nature Writings. Im März 2015 erschien Landmarks; Robert Macfarlane untersucht darin die Verbindung von Sprache und Natur. In deutscher Sprache erschienen bei Matthes & Seitz Berlin bislang Karte der Wildnis, Alte Wege und Die verlorenen Wörter, welches mit dem BAMB Beautiful Book Award 2017, dem Hay Festival Book of the Year und dem The Sunday Times Top Ten Bestseller ausgezeichnet wurde.«

Die Illustratorin:

»Jackie Morris 1961 in Birmingham geboren, lebt als freie Autorin und Künstlerin in Wales. Ihre Illustrationen zu Verlorene Wörter wurden mehrfach ausgezeichnet und brachten dem Buch u.a. den von britischen Buchhändlern vergebenen Titel Schönstes Buch des Jahres ein

Die Übersetzerin:

»Daniela Seel 1974 in Frankfurt am Main geboren, ist Verlegerin des unabhängigen Verlags kookbooks, Übersetzerin und Lyrikerin. Zuletzt erschien ihr Gedichtband »was weißt du schon von prärie« (kookbooks). Daniela Seel lebt in Berlin.«

 

Querverweis:

„Die verlorenen Wörter“ ergänzen sich für erwachsene Leser gut mit Andreas Webers empathiesophischen, sprachempfindsamen Naturkunden „Alles fühlt“: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2014/10/01/alles-fuhlt-neuausgabe/ und „Minima Animalia“: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2014/03/12/minima-animalia/
Für Kinder eignet sich ergänzend Antje Damms BuchWas wird aus uns? Nachdenken über die Natur: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2019/02/28/was-wird-aus-uns/

 

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Singt der Vogel, ruft er oder schlägt er?

  • Handwörterbuch der Vogellaute
  • von Peter Krauss
  • NATURKUNDEN Nr. 33   www.naturkunden.de
  • Matthes & Seitz Verlag     2. Auflage 2017    http://www.matthes-seitz-berlin.de
  • 224 Seiten
  • 91 Abbildungen (durchgehend farbig)
  • Format: 12 x 18 cm
  • gebunden in Leinen
  • Fadenheftung
  • LESEBÄNDCHEN
  • ISBN 978-3-95757-393-3
  • 25,00 €

Z W I T S C H E R L A T E I N

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Wer seinen Wortschatz gerne vielsaitig und vogelgesangsspezifisch erweitern möchte, blättert mit „Singt der Vogel, ruft er oder schlägt er?“ eine faszinierende und klangvolle Wörtersammlung auf.

Bevor ich mit der Lektüre dieses Handbuches der Vogellaute begann, machte ich mir eine Liste mit Vokabeln, die mir spontan zur Benennung der Vogelstimmen in den Sinn kamen: fiepen, flöten, gackern, glucksen, gurren, krächzen, pfeifen, piepsen, rufen, schlagen, schnattern, trällern, trillern, tschilpen, zetern, zirpen, zwitschern …

Das sind immerhin siebzehn Vogelstimmenverben; aber während meiner vogelgesanglichen Lektüre erkannte ich mit wachsender Begeisterung, daß es weitaus mehr zu hören und entsprechend zu benennen gibt.

Der Autor, Peter Krauss, ist Germanist, Romanist, Sinologe, Jazzpianist und Übersetzer – Voraussetzungen, die einer Vogellautsammlung und der Bewahrung und Reanimierung eines wertvollen, vom Aussterben bedrohten Wortschatzes sehr entgegenkommen.

Die Vögel treten in alphabetischer Ordnung von Adler bis Zwergschnepfe auf. Jede Vogelart bekommt zwei bis vier Seiten Buchraum, fein dekoriert mit sehr schönen, farbigen und präzisen Bildreproduktionen aus alten Vogelbestimmungsbüchern.
Die Vogelnamen werden jeweils auf Deutsch, Lateinisch, Englisch und Französisch wiedergegeben sowie als besondere Zugabe durch chinesische Ideogramme buchstäblich illustriert.

Illustration aus Lilford, Thomas Littleton Powys (Hg.): Coloured Figures of the Birds of the British Islands

Sodann folgen die Verben, welche die vielfältigen Lautäußerungen der Vögel beschreiben. Diese Verben wiederum werden ebenfalls erläutert, oft ornithologisch-differenziert eingeordnet und ergänzt mit lautmalerischen Schallwörtern – wie beispielsweise das „rukurukuku“ der Tauben oder das „didlitdidlitditlit“ des Distelfinkens -, und gelegentlich werden die Vogellaute zusätzlich durch anschaulichen Notenbilder musikalisch/melodisch dargestellt.

Kurzabschweifungen zur Rolle bestimmter Vogelstimmen in Volksmärchen, linguistische Feinheiten und Sprachvergleiche sowie ornithologische Anekdoten runden dieses Wörterbuch stilvoll ab.

Gab man sich zuvor mit einigen klangweiträumigem Verben – flöten, piepsen, singen, zwitschern – zufrieden, kann man nach der Lektüre erhören, daß Amseln orgeln oder tixen, Bekassinen knebbern, murksen und ticken, Blauracken racken,  Braunellen klirren, Elstern schäckern, Fasane zippen und Fasaninnen zirpen, Grasmücken gigitzen, Käuzchen kauzen,  Rotkehlchen und Hausrotschwanz schnickern, Zaunkönige krispeln, Laubsänger wispeln,  Lerchen jubilieren, quirilieren und tirilieren,  Nachtigallen kadenzen und wirbeln, Zeisige knätschen oder quätschen und Meisen sowie Schwalben zinzelieren …
(Onomatopoetisch seltsam ist allerdings, daß der Pfau nicht pfaucht, sondern pfuchzt oder wahlweise faucht.)

Illustration aus Dresser, Henry E.: A History of the Birds of Europe.

„Singt der Vogel, ruft er oder schlägt er?“ bietet sowohl dem naturverbundenen als auch dem sprachliebhaberischen Leser sowie dem professionellen Über- setzer ein vielstimmiges, sorgfältiges und systematisches Nachschlagewerk. Dieses Wörterbuch ist eine erstaunliche Wörterwundertüte, die ebenso fundiert wie amüsant den Wortschatz unerhört bereichert.

Besondere Erwähnung und ausdrückliches Lob verdient zudem die schöne gestalterische Ausstattung des Buches: webgriffiges Leinen für den Einband, schmeichelgriffiges 100g-Papier für die Buchseiten, satte, lesefreundliche Typographie und Notenschrift, farbliche Abstimmung des Kopfschnittes mit der Farbgebung des Lesebändchens. Hier finden wir den harmonischen Einklang von substanzieller innerer und äußerer Buchqualität, wie sie für die von Judith Schalansky herausgegebene Reihe Naturkunden Standard ist.

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/singt-der-vogel-ruft-er-oder-schlaegt-er.html?lid=2

Der Autor:

» Peter Krauss, geboren 1942 in Bad Cannstatt bei Stuttgart. Studierte sechzig Semester an verschiedenen Universitäten Europas. Der zweifach promovierte, pensionierte Deutschlehrer ist Germanist, Romanist, Jazzpianist, Übersetzer, Sinologe und lebt seit über 50 Jahren in Frankreich. «

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Brennnesseln

  • Ein Portrait
  • von Ludwig Fischer
  • Matthes & Seitz Verlag  März 2017   www.matthes-seitz-berlin.de
  • Nr. 32 der Reihe NATURKUNDEN        www.naturkunden.de
  • 168 Seiten
  • mit zahlreichen farbigen Abbildungen
  • Illustrationen: Falk Nordmann
  • Kleinoktav-Format: 12 x 18 cm
  • gebunden, fadengeheftet
  • mit grünem Kopfschnitt
  • ISBN 978-3-95757-407-7
  • 18,00 € (D), 18,50 € (A), 22,90 sFr.

BRENNEND  INTERESSANT

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Ludwig Fischer bringt uns mit seinem kulturhistorischen Pflanzenportrait die Brennessel kenntnisreich und respektvoll wieder nahe. Die zunächst unangenehme Berührungsassoziation, die sich beim Gedanken an Brennesseln meist unwillkürlich einstellt, weiß der Autor durch die Aufzählung ihrer heilsamen und nahrhaften sowie ihrer vielseitigen ökologisch relevanten Eigenschaften mehr als auszugleichen.

Einst wuchs die wehrhafte Staude allgegenwärtig nicht nur in der Wildnis, sondern als Kulturfolger und Ruderalpflanze gerne auch in der Nähe menschlicher Siedlungen, beim Misthaufen (die Brennessel mag stickstoffhaltige Standorte), auf Friedhöfen, am Wegesrande, auf Brachflächen und in den Wildniswinkeln kultivierter Gärten. 

»Pflanzenkunde, vor allem Kräuterkunde ist unabdingbar auch Kulturgeschichte«
(Seite 11)

Bereits in der Altsteinzeit wurde die Brennessel als Nahrungspflanze, Heilkraut, Ritualpflanze und Bastfaserlieferantin genutzt. Der Deutsche Wortatlas zählt über 1100 Namen für die Brennessel, und auch sonst hat die Brennessel zahlreiche Spuren im kollektiven Gedächtnis hinterlassen. Mythen, Märchen und Sagen sprechen von ihr, und das Alte Testament macht sie gar zusammen mit  Dornen und Disteln zu Plagewerk-zeugen göttlicher Bestrafung.

»Die Geschichte der Menschen mit diesem brennenden Kraut spannt sich auf zwischen Verwünschung und Verehrung, zwischen Vertilgung und sorgsamer Nutzung, zwischen Verachtung und Hochschätzung, zuletzt zwischen Vergessen und Wiederentdecken.« (Seite 12)

Botanisch konzentriert sich der Autor hauptsächlich auf die beiden in Europa häufigsten Brennesselarten: Die Große Brennessel und die Kleine Brennessel. Die Große Brennessel kann unter günstigen Bedingungen 2,5 m hoch wachsen und bis zu 20 Jahre alt werden. Die Kleine Brennessel erreicht nur eine Höhe von 40 cm und ist einjährig. Die Blätter der Kleinen Brennessel haben weniger Brennhaare, aber dafür wirkt ihr Nesselgift intensiver.

Das Brennhaar besteht aus einer einzigen Zelle, deren Wände durch Kieselsäure versteift sind; die Spitze des Brennhaares hat eine Sollbruchstelle, die bei der leisesten Berührung abbricht und wie eine Injektionsnadel in die menschliche Oberhaut eindringt und das Nesselgift transportiert.

Mehr als 40 Falterarten bevorzugen im Raupenstadium Brennesseln als Futter. Die Raupen vom Kleinen Fuchs, Landkärtchen, Tagpfauenauge, Admiral u.a. sind monophag, d.h. sie können sich ausschließlich von Brennesseln ernähren. Es ist übrigens noch nicht erforscht, wie die Raupen das Nesselgift entweder verkraften oder beim Verspeisen der Brennesselblätter „umgehen“.

Textilarchäologisch zeigt sich, daß neben Hanf und Leinen auch die Fasern aus den Stengeln der Großen Brennessel zu Stoffen verarbeitet wurden. Nesseltuch hat ähnlich komfortable Trageeigenschaften wie Seide und Leinen und dürfte bis zur Industrialisie- rung in Heimarbeit und wahrscheinlich weitgehend zum Eigenbedarf  hergestellt worden sein. Im Gegensatz zu Lein und Hanf wurde die Brennessel jedoch nicht angebaut, sondern wild gesammelt. 

Kleine Abzweigungen zu Brennesseldarstellungen in der Bildenden Kunst, zu literarischen Texten mit Brennesselmotiven und volkstümlichen Brennesselbeschwö- rungen sowie Anwendungen ergänzen den botanischen Spaziergang.

Viele überlieferte Heilwirkungen der Brennessel werden inzwischen von der modernen Wissenschaft bestätigt, und auch ihr hoher Gehalt an wichtigen Vitaminen, Mineralien, Phytohormonen und Spurenelementen ist verifiziert.

Eine kleine Auswahl medizinischer und kosmetischer Anwendungen von der Antike bis in die Neuzeit wird umrissen. Zur Vertiefung kann der geneigte Leser im Anhang den ausführlichen Hinweisen zu weiterführender Literatur folgen. Erwähnt seien hier nur die vitalstoffreichen Brennesselsamen, die das Immunsystem stärken und beiläufig auch eine gewisse aphrodisische Wirkung entfalten.

Einige Rezepte für schmackhafte Brennesselspeisen und Rohkostmixgetränke (wobei die Brennesseln, zur Entschärfung der Brennhaare, kurz mit kochendem Wasser blanchiert werden können) runden das Vademecum ab.

Immer wieder läßt der Autor auch seine persönlichen Erfahrungen mit der Brennessel in den Text einfließen. So berichtet er ebenso staunend wie bewundernd und dankbar davon, daß er einen Apfelbaum in Gesellschaft von Brennesseln gepflanzt und ihm diese Koexistenz seit Jahren eine überreiche Apfelernte beschert habe.

Welche Wirkung die Brennessel zu Füßen des Apfelbaums nun genau entfaltet, bleibt vorläufig noch Spekulation. Doch nicht umsonst wird in der biologischen Landwirtschaft Brennesseljauche als Kraftfutter für Kulturpflanzen eingesetzt.

Große Brennnessel. Otto Wilhelm Thomé: Flora von Deutschland, Österrreich und der Schweiz, Gera 1885.

Spätestens nach der Lektüre dieses Buches wird man der Brennessel mit Achtung und Bewunderung begegnen und ihr womöglich – wo möglich – mehr Raum im Garten lassen und auch von ihr naschen.

»Sie kann noch mehr sein als eine Heilerin, Ernährerin, Faserlieferantin, Gartenhelferin, ökologische Verbündete – wenn wir sie noch besser zu verstehen lernen, wenn wir uns noch aufmerksamer ihr nähern, könnte sie auch unsere Lehrmeisterin für ein gewandeltes Naturverständnis werden.« (Seite 144)

Und zum Abschluß kann ich hier wieder meinen lobeshymnischen Refrain zur buch- gestalterischen Materie der Reihe NATURKUNDEN kundtun. Auch der Band „Brennnesseln“ (NATURKUNDEN Nr. 32) ist aus schmeichelgriffigem Papier für Einband, Vorsatzblätter und Buchseiten hergestellt. Die Typographie ist satt und lesefreundlich, der Kopfschnitt und die Fadenheftung in dunkelgrün sind farblich fein abgestimmt mit der Farbgebung des Bucheinbandes, und die zahlreichen alten und neuen Illustrationen sind ebenso schön wie aussagekräftig.

Hier finden wir den harmonischen Einklang zwischen substanzieller innerer und äußerer Buchqualität, wie sie für die von Judith Schalansky herausgegebene Reihe NATURKUNDEN Standard ist. Da kommt Sammellust auf …

 

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
http://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/brennnesseln.html?lid=2

 

Der Autor:

»Ludwig Fischer, geboren 1939 in Leipzig, war Professor für Neuere deutsche Literatur und Medienkultur an der Universität Hamburg. Er ist Landschafts- und Naturtheoretiker, Schriftsteller, Gärtner, Kräuterexperte.«

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Wölfe

  • Ein Portrait
  • von Petra Ahne
  • Matthes & Seitz Verlag,  Oktober 2016  https://www.matthes-seitz-berlin.de
  • Nr. 27 der Reihe NATURKUNDEN          https://www.naturkunden.de
  • 144 Seiten
  • mit zahlreichen farbigen Abbildungen
  • Kleinoktav-Format: 12 x 18 cm
  • gebunden, fadengeheftet
  • mit schwarzem Kopfschnitt
  • 18,– € (D), 18,50 € (A), 22,90 sFr.
  • ISBN 978-3-95757-333-9
    woelfe-titelbild

EIN  WOLF  IST  EIN  WOLF  IST  EIN  WOLF

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Petra Ahne nähert sich dem Wolf kulturhistorisch und vergleicht kurzweilig und facettenreich die menschliche Haltung gegenüber Wölfen im Wandel der Zeit. Dabei verrät der menschliche Blick auf die wilde Natur – selbst bei manchem Naturforscher – meist sehr viel mehr über die menschliche Werteskala und anthropozentrische Vorurteile als über das schlicht biologisch-überlebensnotwendig begründete Verhalten des Wolfes.

In der Vergangenheit galt der Wolf als böse und bedrohlich, und er wurde gnadenlos und grausam vom Menschen gejagt und verfolgt. Beiläufig diente er auch noch als Projek-tionsfläche für diverse ungezügelte Triebe, wie sie beispielsweise bei den erotischen Untertönen des Märchens vom Rotkäppchen (in der mündlichen Überlieferung) mitschwingen. Die Schriftstellerin Angela Carter reanimierte Ende der Siebzigerjahre mit der Geschichte „Die Gesellschaft der Wölfe“ diese leicht verstörende Urversion des Rotkäppchens.

Im Hexenhammer, dem juristischen Grundlagenwerk der Hexenverfolgung, wurde die zauberische Verwandlung von Menschen in Tiergestalten bzw. Werwölfe ausführlich erörtert, und somit war die Dämonisierung des Wolfs als Verbündeter des Teufels perfekt.

Lange noch wurde der Wolf in Generationen von Tierlexika als böswilliger Schädling und blutrünstiger, heimtückischer Jäger dargestellt, mit abschreckenden Illustrationen wurde seine Bedrohlichkeit entsprechend untermalt. Angesichts der brutalen und rück- sichtslosen Jagdmethoden, die Menschen gegenüber Wölfen anwandten und die den Wolf vielerorts gänzlich ausgerottet bzw. vertrieben haben, ist die  Frage berechtigt, wer hier eigentlich die Verkörperung des Bösen ist.

Die Autorin demontiert den einst so beliebten Mythos vom Alpha-Wolf. Der amerika- nische Wolfsforscher David Mech hat herausgefunden, daß intensive Dominanzhierar- chie nur bei willkürlich zusammengeführten Wölfen in Gefangenschaft vorkommt. In freier Wildbahn bestehen die Rudel aus einem erweiterten Familienverband, in dem die Elterntiere als natürliche Autorität tonangebend sind.

In diesem vielfältigen Panoptikum wird auch auf die Unterschiede und Gemeinsam- keiten zwischen Hund und Wolf eingegangen und über Jack Londons Roman „Ruf der Wildnis“, in dem ein „zivilisierter“ Hund wieder verwildert, also wölfisch wird, reflektiert.

Wölfe sind sehr anpassungsfähige Tiere, mit ausgeprägtem familiären und kommuni- kativen Sozialverhalten, deren Nahrung Fleisch ist (bevorzugt Wildfleisch). Daß sie damit menschlichen Jägern nach wie vor in die Quere kommen, ist verständlich; indes sind Menschen, im Gegensatz zu Wölfen, keineswegs auf fleischliche Nahrung ange- wiesen.

Erst in jüngerer Zeit geht die menschliche Biophilie so weit, daß auch der Wolf als schützenswert und als relevanter Bestandteil des ökologischen Gleichgewichtes positive oder zumindest faszinierte Aufmerksamkeit erfährt.

Bei manchen Menschen ist die Faszination dermaßen groß, daß sie ihr Leben den Wölfen widmen. So finden u.a. die Pianistin Hélène Grimaud und der Philosoph Mark Rowland mit ihrer Liebe zu den Wölfen Erwähnung – moderne Romantiker auf der Suche nach dem inneren Wolf, denen der Wolf als Symbol menschlicher Wildnissehnsucht erscheint.

Petra Ahne gelingt eine wohlausgewogene Perspektive, die zwischen kultur- historischen und aktuellen zoologischen Informationen sowie naturlieb- haberischer Zuneigung gekonnt changiert und uns das fremdvertraute Wolfswesen nahebringt und viele suggestive Vorurteile kompetent entkräftet.

Seit der Wolf unter Artenschutz gestellt wurde und nicht mehr verfolgt wird, kehrt er zurück. Im Bundesland Sachsen leben inzwischen die meisten Wolfsrudel Deutschlands. Hier gibt es seit dem Jahr 2003 das Lupus-Institut für Wolfsmonitoring und –forschung. Mit Hilfe der Telemetrie werden per Sender die Wege der Wölfe und die Reviergröße kartographisch erfaßt. Außerdem werden Wolfskotproben untersucht, um heraus- zufinden welche Beutetiere gefressen wurden. Die Untersuchung mehrerer tausend Proben ergab, daß die Wölfe zu 96 Prozent Rehe, Hirsche und Wildschweine fressen und nur zu 0,6 Prozent Schafe und andere Nutztiere.

In Deutschland leben bereits in sechs Bundesländern wieder Wölfe. Für Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen wird Wolfsbesiedelung erwartet, sie „gelten als Wolferwartungsland“ (Seite 96).

Zahlreiche farbige Illustrationen runden den Text anschaulich ab. Die historischen Abbildungen zeugen deutlich von der ideologischen und psychologischen Wertung, mit der die Darstellung des Wolfs auch im zeichnerischen Ausdruck erfolgte. Erst die zwölf Wolfsportraits, in denen die weltweit bekanntesten Wolfsarten (vom Eurasischen Grau- wolf über den Polarwolf bis zum Mexikanischen Wolf) beschrieben werden, zeigen gegenwärtige Illustrationen von Falk Nordmann, die den Wolf, ohne menschliche Zugaben einfach Wolf sein lassen.

Besondere Erwähnung und ausdrückliches Lob verdient zudem die schöne gestalterische Ausstattung des Buches: schmeichelgriffiges Papier für Ein- band, Vorsatzblätter und Buchseiten, satte, lesefreundliche Typographie, farbliche Abstimmung des Kopfschnittes und der Fadenheftung mit der Farbgebung des Bucheinbandes. Hier finden wir den harmonischen Ein- klang von substanzieller innerer und äußerer Buchqualität, wie sie für die von Judith Schalansky herausgegebene Reihe Naturkunden Standard ist.

Da kommt Sammellust auf, und von den 36 bisher erschienen Titeln dieser exquisiten Buchreihe interessieren mich sogleich drei Titel brennend, drei glühend, und weitere drei funkeln mich verführerisch an …*

Zum Ausklang nun noch ein Zitat, das eine schöne Kostprobe von Petra Ahnes subtilem Sprachstil serviert:

»Es passiert etwas mit einer Landschaft, in der Wölfe leben. Ihre unsichtbare Anwesen- heit ist wie eine leise Melodie, die die Stimmung verändert. Indem sie ihre Fremdheit und Ungreifbarkeit in den Wald unserer Spaziergänge tragen, machen sie aus ihm einen reicheren, geheimnisvolleren Ort. Einen, der den Menschen spüren lässt, dass hier eine größere Ordnung gilt als die, die er zu seinem Vorteil geschaffen hat; eine die ihn vom Zentrum an den Rand rückt. Es sieht so aus, als müssten wir dieses Gefühl öfter zulassen, wenn wir eine Zukunft haben wollen. Der Wolf könnte uns dabei helfen.«
(Seite 112)

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Russischer Wolf: Illustration von Falk Nordmann © Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2016

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/woelfe.html?lid=5

*Hier entlang zur Buchreihe NATURKUNDEN:
https://www.matthes-seitz-berlin.de/reihe/naturkunden.html

Die Autorin:

»Petra Ahne, geboren 1971 in München, studierte Komparatistik, Kunstgeschichte und Publizistik in Berlin und London. Sie ist Redakteurin im Ressort Seite 3/Magazin bei der Berliner Zeitung

 

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