Warte doch mal!

  • Der große und der kleine Igel, Band 1
  • Text und Illustration von Britta Teckentrup
  • Verlagshaus Jacoby & Stuart, 2021  www.jacobystuart.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 21,5 x 28,5 cm
  • 32 Seiten
  • 14,00 € (D), 14,49 € (A)
  • ISBN 978-3-96428-113-5
  • Bilderbuch ab 3 Jahren

Warte doch mal (Der große und der kleine Igel, Band 1)

IM WARTEZIMMER DER NATUR

Bilderbuchrezension von Ulrike Sokul ©

Wenn es um die Verschiebung des Zeitpunkts geht, sich zum schlafen zu betten, ent- wickeln kleine Kinder einen beachtlichen verzögerungstaktischen Erfindungsreichtum.

So geschieht es auch in der vorliegenden Bilderbuchgeschichte. Der kleine und der große Igel sind auf dem Weg nach Hause. Nachdem der kleine Igel mit dem großen Igel ausführlich den Sonnenuntergang betrachtet hat, bittet der kleine Igel darum, noch den Mondaufgang zu abzuwarten. Danach müssen noch Blumendüfte eingeatmet werden und den Eulen, Fröschen und Fischen sollten sie  unbedingt auch jedem einzeln noch eine Gute Nacht wünschen. Der Leuchtspur eines Glühwürmchens folgen die beiden ebenfalls, und schließlich schläft der kleine Igel beim Zählen der Sterne ein und wird vom großen Igel nach Hause getragen.

Die einzelnen Etappen des verzögerten Nachhausewegs folgen einem gleichbleibenden Dialogmuster. Der kleine Igel bittet um einen Aufschub, nachsichtig gewährt der große Igel diesen Aufschub und mahnt gleichwohl freundlich die späte Stunde und die zuneh-mende nächtliche Kälte an. Nur während der Betrachtung des zauberhaften Glühwürm-chentanzes vergißt auch der große Igel einmal die Zeit.

Die liebevolle Zugewandtheit des großen Igels zum kleinen Igel kommt sowohl in den Gesprächen als auch im illustrativen körpersprachlichen Gestus deutlich zum Ausdruck.

„Warte doch mal!“ bietet Kindern erzählerisch leichten emotionalen Identifikationsstoff und illustratorisch sehr schöne naturverbundene Szenenbilder.

Die in natürlichen, gedeckt-bunten Farbtönen gestalteten Illustrationen von Britta Teckentrup vermitteln stimmungsvoll Dämmerlicht und Nachtatmosphäre. Kleine Details wie die auf jeder Seite umherkrabbelnden und fliegenden Ameisen, Falter, Grashüpfer, Käfer und Glühwürmchen laden von Seite zu Seite zum Wiederfinden ein.

Hier entlang zum Buch und zur Leseprobe auf der Verlagswebseite:
https://www.jacobystuart.de/buecher-von-jacoby-stuart/bilderbuch/igel-1-warte-doch-mal/

Die Autorin & Illustratorin:

»Britta Teckentrup, geboren 1969 in Hamburg, hat in London Kunst studiert. Nach siebzehn Jahren in England, während derer sie zahlreiche erfolgreiche Bilderbücher weltweit veröffentlichte, lebt sie heute mit ihrer Familie in Berlin. http://www.brittateckentrup.com/«

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Die Geschichte vom kleinen Siebenschläfer, der überhaupt keine Angst im Dunkeln hatte

  • Band 5 vom kleinen Siebenschläfer
  • Text von Sabine Bohlmann
  • Illustrationen von Kerstin Schoene
  • Thienemann Verlag, Januar 2020  www.thienemann.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 296 x 237 mm
  • 32 Seiten
  • 13,00 € (D), 13,40 € (A), 19,50 sFr.
  • ISBN 978-3-522-45928-0
  • Bilderbuch ab 4 Jahren

ANGST ODER KEINE ANGST, DAS IST HIER DIE FRAGE

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Den Mutigen gehört die Welt, doch vielleicht reicht es für einen kleinen Siebenschläfer, zunächst einmal eine Nacht für sich zu erobern.

Der kleine Siebenschläfer will draußen übernachten und die Sterne und Glühwürmchen betrachten, von denen ihm sein Freund, die kleine Haselmaus, erzählt hat. Seine Mutter fragt, ob er denn keine Angst vor der Dunkelheit habe, doch diese Frage wird vom kleinen Siebenschläfer frohgemut mit „Ich hab doch keine Angst … üüüüüberhaupt kein klitzekleines winziges bisschen“ beantwortet.

Illustration von Kerstin Schoene © Thienemann Verlag 2020

Also bleibt er draußen und baut sich aus Zweigen und seiner Schnuffeldecke ein Zelt. Die nächtliche Dunkelheit läßt nicht lange auf sich warten. Nun findet es der kleine Siebenschläfer doch beängstigend dunkel, und dann raschelt es auch noch im Gebüsch. Doch das Rascheln kommt von der Haselmaus, die ihrem Freund Gesellschaft leisten möchte, damit er alleine im Dunkeln keine Angst haben müsse. Haselmaus und Siebenschläfer, versichern sich gegenseitig, daß sie ja gar keine Angst hätten. Aber als plötzlich ein unheimliches Heulen ertönt, haben sie offensichtlich doch Angst.

Das Heulen kommt vom kleinen Wolf, der den beiden Freunden erklärt, daß es Mut mache, den Mond anzuheulen, und so heulen sie vorsichtshalber zu dritt den Mond an.

Dann nähert sich den drei Mondanheulern ein unheimlicher, riesiger Schatten, der sich zum Glück nur als optische Verzerrung des Hasenschattens entpuppt. Der Hase empfiehlt, Licht anzuknipsen, um die Dunkelheit zu erhellen. Das Licht sind hier die herumschwirrenden Glühwürmchen. Diese machen dann aber zuviel Licht für das Fledermauskind, das nämlich wiederum etwas Angst im Hellen hat.

Illustration von Kerstin Schoene © Thienemann Verlag 2020

Also sitzen der kleine Siebenschläfer, die kleine Haselmaus, der kleine Wolf und der Hase wieder ganz im Dunkeln. Da endlich sehen sie das Leuchten der Sterne und das sanfte Mondlicht und erleben die Stille und Schönheit der Nacht. Und darüber schlafen sie aneinander gekuschelt schließlich ein.

Die Siebenschläfermutter betrachtet am nächsten Morgen schmunzelnd das tierisch volle Zelt des kleinen Siebenschläfers und wundert sich „üüüberhaupt kein klitzekleines winziges bißchen darüber“.

Angst im Dunkeln ist ein alltägliches bzw. allnächtliches Thema für Kinder. In diesem Bilderbuch wird die kindliche Neugier auf eine neue Erfahrung mit der kindlichen Angst vor der Dunkelheit kombiniert und auf amüsante und warmherzig-augenzwinkernde Weise in Szene gesetzt. Alle Tiere in dieser Geschichte sind theoretisch mutiger als in der praktischen Erfah- rung, finden aber auch Strategien, mit ihrer Angst umzugehen und sie in der Geborgenheit der Gemeinschaft zu überwinden. Dies bietet Kindern leichten und ermutigenden Identifikationsstoff.

Der Erzähltext von Sabine Bohlmann greift einfühlsam und respektvoll die kindliche Angst vor der Dunkelheit auf und bringt in den Dialogen das Schwanken zwischen Mut und Angst mit viel Schmunzeln zwischen den Zeilen zum Ausdruck.

Die Illustrationen von Kerstin Schoene sind – neben der vertrauten, leb- haften Niedlichkeit der Charaktere – diesmal ganz besonders stimmungsvoll und fangen die nächtliche Atmosphäre und die emotionalen Schattierungen anschaulich ein.

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.thienemann-esslinger.de/produkt/die-geschichte-vom-kleinen-siebenschlaefer-der-ueberhaupt-keine-angst-im-dunkeln-hatte-isbn-978-3-522-45928-0

Die Autorin:

»Geboren wurde Sabine Bohlmann in München, der schönsten Stadt der Welt. Als Kind wollte sie immer Prinzessin werden. Stattdessen wurde sie (nachdem sie keinen Prinzen finden konnte und der Realität ins Auge blicken musste) Schauspielerin, Synchron-sprecherin und Autorin und durfte so zumindest ab und zu mal eine Prinzessin spielen, sprechen oder über eine schreiben. Geschichten fliegen ihr zu wie  Schmetterlinge. Überall und zu allen Tages- und Nachtzeiten (dann eher wie Nachtfalter). Sabine Bohlmann kann sich nirgendwo verstecken, die Geschichten finden sie überall. Und sie ist sehr glücklich, endlich alles aus ihrem Kopf rausschreiben zu dürfen. Auf ein blitzeblankes, weißes – äh – Computerdokument. Und das Erste, was sie tut, wenn ein neues Buch in der Post liegt: Sie steckt ihre Nase ganz tief hinein und genießt diesen wunderbaren Buchduft.«  www.sabinebohlmann.com

Die Illustratorin:

»Kerstin Schoene studierte Kommunikationsdesign an der Bergischen Universität Wuppertal. Schwerpunkt ihres Studiums war Illustration bei Professor Wolf Erlbruch. Seit ihrem erfolgreichen Abschluss arbeitet sie freiberuflich als Illustratorin und Grafikdesign-erin. Sie zeichnet für verschiedene Verlage, schreibt und illustriert eigene Kinderbücher. Sie lebt, unter Beobachtung eines Fellknäuels, in Haan.« www.kerstinschoene.de

Querverweis:

Hier entlang zu den vorhergehenden siebenschläfrigen Bilderbüchern:

Band 1: Die Geschichte vom kleinen Siebenschläfer, der nicht einschlafen konnte
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2015/12/02/die-geschichte-vom-kleinen-siebenschlaefer-der-nicht-einschlafen-konnte/
Band 2: Die Geschichte vom kleinen Siebenschläfer, der nicht aufwachen wollte
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2016/09/24/die-geschichte-vom-kleinen-siebenschlaefer-der-nicht-aufwachen-wollte/
Band 3: Die Geschichte vom kleinen Siebenschläfer, der seine Schnuffeldecke nicht hergeben wollte  https://leselebenszeichen.wordpress.com/2018/05/09/die-geschichte-vom-kleinen-siebenschlaefer-der-seine-schnuffeldecke-nicht-hergeben-wollte/
Band 4: Die Geschichte vom kleinen Siebenschläfer, der den ganzen Tag lang grummelig war  https://leselebenszeichen.wordpress.com/2019/08/12/die-geschichte-vom-kleinen-siebenschlaefer-der-den-ganzen-tag-lang-grummelig-war/

Und hier entlang zum Gutenachtgeschichtenbuch vom kleinen Siebenschläfer „Eine Schnuffeldecke voller Gutenachtgeschichten“: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2020/01/30/der-kleine-siebenschlaefer-eine-schnuffeldecke-voller-gutenachtgeschichten/

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Ein Garten für den Wal

  • von Toon Tellegen
  • Illustrationen von Annemarie van Haeringen
  • Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann
  • Gerstenberg Verlag Januar 2016, http://www.gerstenberg-verlag.de
  • 64 Seiten
  • Format: 18,5 x 24 cm
  • gebunden, Fadenheftung
  • 12,95 € (D), 13,40 € (A), 16,90 sFr.
  • ISBN 978-3-8369-5901-8
  • ab 7 Jahren zum Selberlesen
  • ab 5 Jahren zum Vorlesen
    Ein Garten für den Wal Titelbild

W Ü N S C H E N S W E R T E

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Die Vorstellung eines erfüllten Wunsches kann manchmal schöner sein als seine tatsächliche Verwirklichung. Diese elementare Lebenslektion wird in „Ein Garten für den Wal“ in Wort und Bild anschaulich vorgeführt.

Eigentlich ist der Wal mitten im Ozean ganz und gar in seinem Element. Er hat endlos Platz, und das Wasser wiegt ihn wohlig in Schlaf, wo immer er sich gerade treiben läßt. Eigentlich fehlt ihm nichts, aber da ist doch noch sien Wunsch nach einem kleinen Garten. Immerhin hat er bereits einen Springbrunnen, der würde fein mit einer Holzbank und bunten Blumen harmonieren.

Wenn der Wal in schlaflosen Nächten hinauf in den Himmel schaut, stellt er  sich gerne vor, daß der Mond mit den Sternen ein Fest im Himmelsgarten feiert, und vielleicht – so träumt der Wal – würde er  auch einmal dorthin eingeladen.

Wal mit Mond

Illustration von Annemarie van Haeringen © Gerstenberg Verlag 2016

Der Wunsch nach einem Garten auf seinem eigenen Walrücken ist schließlich so groß, daß der Wal einen Brief an den Grashüpfer schreibt und alles gartenmögliche Zubehör bestellt. Der Grashüpfer nimmt diese Bestellung sehr ernst und macht sich mit seinem vollgeladenen Boot auf den Weg zum Wal.

Freudig wird er vom Wal begrüßt, und eifrig beginnt der Grashüpfer, den Garten anzulegen. Der Wal stellt derweil schon mal seinen Springbrunnen an und fragt den Grashüpfer, ob er auch Veilchen dabeihabe und einen Sonnenschirm, eine Schaukel, Flieder und Geißblatt undundund … doch der Grashüpfer hat wirklich an alles gedacht, was zu einem einladenden Garten gehört.

Als der Garten fertig gestaltet ist, hat der umsichtige Grashüpfer sogar einen Spiegel dabei, damit der Wal den Garten überhaupt besichtigen kann. Erschöpft ruht sich der Grashüpfer auf der Gartenbank gegenüber vom Walspringbrunnen aus, und der Wal malt sich vorfreudig aus, wer ihn bald alles besuchen käme und seinen Garten bewundere.

Ein Garten für den Wal: Wal im Wasser

Illustration von Annemarie van Haeringen © Gerstenberg Verlag 2016

Zunächst kommen viele Fische vorbeigeschwommen und bestaunen den Garten, und ein Albatros landet auf der Gartenbank und sagt, er habe noch nie einen so schönen Garten gesehen.

In der Nacht fällt dem Wal zwar auf, daß er sich nicht auf den Rücken drehen kann, um die Sterne zu betrachten, aber das nimmt er hin. Der Grashüpfer hatte ihn auch bereits ermahnt, nicht zu laut zu lachen, da sonst der ganze Garten wackle und bebe.

Am nächsten Morgen verabschiedet sich der Grashüpfer, und kurz darauf kommen zwei neue Besucher: Das Nilpferd und das Nashorn. Die beiden verhalten sich leider etwas trampelig, sind aber große Bewunderer der schönen Gartenaussicht. Der nächste Besucher ist das Walroß, welches es sogar schafft, sich im Garten zu verlaufen und dabei einige Blumen zu zertrampeln. Anschließend unterhalten sich der Wal und das Walroß angeregt über das Leben im Meer.

Nach einer Weile wird dem Wal bewußt, daß alle außer ihm seinen Garten genießen können, und kurzentschlossen macht er einen großen Sprung aus dem Wasser in die Luft und tief ins Meer zurück. Der ganze Garten wird von seinem Rücken weggespült, und die Garteneinzelteile treiben auf den Wellen davon. Der Wal schaut ihnen gelassen nach und merkt, daß er keinen Garten braucht. Er hat seinen Springbrunnen und das weite, weite Meer. Er ist glücklich mit all dem, was er schon immer hatte.

Manche Wünsche fallen offensichtlich besser ins Wasser, aber der Wal muß dies über den Umweg der Wunscherfüllung ganz praktisch selbst erfahren, um eine angemessenere Perspektive auf die Lebensbedingungen zu belangenen, die bereits erfüllend sind.

Toon Tellegen erzählt diese Geschichte mit einfachen Worten auf herzliche Weise und mit leisetönender Heiterkeit. Die farbigen Illustrationen von Annemarie van Haeringen geben dem ebenso klugen wie verträumt-poetischen Text sehr stimmig spielerische Gestalt und lebhafte Dynamik.

Ein Garten für den Wal: Grashüpfer schaukelt

Illustration von Annemarie van Haeringen © Gerstenberg Verlag 2016

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.gerstenberg-verlag.de/index.php?id=detailansicht&url_ISBN=9783836959018&highlight

Der Autor:

»Toon Tellegen, geboren 1941, arbeitete als Arzt in Kenia und Amsterdam, wo er noch immer lebt. Die Tiergeschichten erzählte er ursprünglich seiner Tochter. Tellegen erhielt alle großen niederländischen Preise: mehrere Goldene und Silberne Griffel, den Woutertje-Pieterse-Preis, die Goldene Eule und den Theo-Thijssen-Preis

Die Illustratorin:

»Annemarie van Haeringen, geboren 1959, wuchs zwischen Hunden, Katzen, Fröschen und Schildkröten auf. Sie studierte Kunst an der Rietveld-Akademie. Für ihre Werke wurde sie dreimal mit dem Goldenen Pinsel, dem wichtigsten niederländischen Preis für Illustration, ausgezeichnet. 2015 wurde sie für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.«

Die Übersetzerin:

»Andrea Kluitmann, geb. 1966, studierte Germanistik in Bochum und Amsterdam. Seit 1993 arbeitet sie als Literatur- und Fachübersetzerin aus dem Niederländischen. Sie lebt seit vielen Jahren sehr gerne in Amsterdam.«

 

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Das Universum ist eine Scheissgegend

E X O R B I T A N T

Hörbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Amüsanter Lehrstoff, das kann ich hier wohl sagen, denn ich habe mich ausgesprochen amüsiert, und meine lückenhaften naturwissenschaftlichen Kenntnisse wurden um faszinierende Details ergänzt, die mein Weltallbild auf den vorläufig neuesten Stand der Forschung gebracht haben.

„Das Universum ist eine Scheissgegend“ ist die dritte Zusammenarbeit des Kabarettisten Martin Puntigam mit dem Neurophysiker Werner Gruber und dem Kern- und Astrophysiker Heinz Oberhummer. Nach den erfolgreichen Vorgängern „Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln“ und „Wer nichts weiss, muss alles glauben“, haben die „Science Busters“ nun einen Reiseführer durchs Weltall verfasst und eingelesen. Für die Hörbuchversion bekommen die Jungs charmante Sprechbegleitung von Maria Hofstätter.

Während die Herrenrunde in heiteren Dialogen in unendliche Weiten und Alltagsphysik abschweift, werden die Textpassagen in den Dialogzwischenräumen von Maria Hofstätter gelesen. Nebenbei bemerkt: All dies mit österreichischem Akzent und etwas ortsösterreichischem Vokabular, was der Lesung eine liebenswert-eigenwillige Nonchalance gibt und mich besonders bei englischen Fachbegriffen sehr schmunzeln ließ.

Ausgehend von unserem atmosphärisch weitgehend gemütlichen Heimatplaneten, geht es einmal durchs Sonnensystem und zurück – das sind gewissermaßen die inneren Reisen – und schließlich über unser Sonnensystem hinaus – das sind die äußeren Reiseziele.

Und bevor Sie jetzt die Koffer vom Dachboden holen: Auf erreichbare und erlebbare Urlaubsziele brauchen Sie nicht zu hoffen. Den Weg zum Dachboden können Sie einschlagen, falls Sie dort ein sehr gutes Teleskop stehen haben und Sterne gucken möchten, die vielleicht schon längst den Weg alles Irdischen gegangen sind, aber deren Licht uns aus einer leuchtenden Vergangenheit noch winkt …

Die Science Busters bieten uns Sonnen, Monde und Sterne sowie Welt- und Allerklärungen, illustriert mit skurrilen Assoziationen. Unendlich Großes und Komplexes wird auf ein anschauliches Maß gebracht; so wird beispielsweise die zukünftige Sonnenaufblähung – keine Sorge, es ist noch sehr, sehr, sehr lange hin – mit der Popkornaufblähung verglichen. Das sind einfach vorstellbarere Dimensionen.

Vom Echo des Urknalls bis zu Bremsproblemen im Vakuum: Wir werden vertraut gemacht mit Gravitationskräften, Lichtgeschwindigkeit, Drehimpulserhaltung, Sling-Shots, Umlaufbahnen, Steppenwölfen, Asteroiden, Meteoroiden, braunen Zwergen, roten Riesen, weißen Zwergen, komplizierten Akronymen, Gammablitzen, Tachyonen, Dominoeffekten, Ionisierung, planetarischen Wetterberichten, Filamenten, Raumsonden, Satellitenmanövern, außerirdischem Leben, dem Sachs-Wolfe-Effekt, der Roche-Grenze, Higgs-Teilchen … Vom Sonnensegel aus biaxial orientierter Polyester-Folie ist es nur ein kleiner Schritt bis zur Weltrettung für Heimwerker.

Die vermittelte Wissensfülle ist umfänglich, und wiederholtes Hören vertieft ihre neurologischen Spuren im geneigten Hirn. Die Darreichungsform ist unterhaltsam und sogar von einer sympathischen wissenschaftlichen Selbstironie.

Daß unser Leben verletzlich ist, war mir schon immer klar, aber seit mir die Science Busters den Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter erklärt haben, wird mir doch ein bissel mulmig zumute.

Die wahrscheinliche Anzahl der Sterne im von uns beobachtbaren Teil des Univerums entspricht der Anzahl sämtlicher Sandkörner auf unserem Planeten – das ist eine fast schon greifbare Zahl. Die anderen Zahlen, von denen man während der Auditüre beiläufig noch erfährt, habe ich mir weniger gut gemerkt. Gleichwohl haben mir die astronomischen Zahlenwerte durchaus eine demutweckende Ahnung der universellen Raumzeitmaßstäbe vermittelt.

Ich werde wohl nie mehr vergessen, was die verschollene Vorhaut Christi mit den Ringen des Saturn zu tun hat und was der Unterschied zwischen Meteor, Meteorit und Meteoroid ist.

Auch die Pareidolie, die Neigung des Gehirns zur Mustervervollständigung unserer Wahrnehmung, hat sich mir unmißverständlich eingeprägt.

Bezogen auf Picknickausflüge in Richtung des Zentrums unserer Milchstraße kann ich noch den Geheimtipp verraten, daß es dort nach „Erdbeer daiquiri“ duften und schmecken soll, einziger Haken ist die Entfernung von ca. 26.000 Lichtjahren …

Nach fünfmaligem Lauschen des vorliegenden Hörbuches schwirrt mir das Köpfchen von ALL dieser Unendlichkeit und Unermeßlichkeit. Doch was soll’s, angesichts dieser Raumzeitdehnungen ist mein Leben wahrlich nur der Wimpernschlag eines Wimpernschlags … Ich kann gut damit leben – mir ist das inzwischen ganz schön sternschnuppe 😉

Eine Hörkostprobe gibt es hier: http://www.randomhouse.de/Hoerbuch/Das-Universum-ist-eine-Scheissgegend/Martin-Puntigam/der-Hoerverlag/e483835.rhd

Wer es noch genauer wissen möchte, kann sich auch das Buch einverleiben, das im September 2015 im Hanser Verlag erschienen ist:
Das Universum ist eine Scheissgegend
von Heinz Oberhummer, Martin Puntigam, Werner Gruber
328 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-446-44477-5
19,90 €
ePUB-Format
15,90 €
ISBN 978-3-446-44478-2
http://www.hanser-literaturverlage.de/buch/das-universum-ist-eine-scheissgegend/978-3-446-44477-5/

Die Autoren und Sprecher:

»Martin Puntigam, Kabarettist und Autor, arbeitet u. a. für die ORF-Radiosender Ö1 und FM4. Er wurde ausgezeichnet mit dem „Salzburger Stier“, dem „Prix Pantheon“ und dem „Österreichischen Kleinkunstpreis“.«

»Werner Gruber lehrt Experimentalphysik an der Uni Wien, ist Neurophysiker, Experte für Fragen der Alltagsphysik und Verfasser der Bestseller „Unglaublich einfach. Einfach unglaublich“ und „Die Genussformel“. Werner Gruber, geboren 1970 in Ostermiething, studierte an der Universität Wien Physik und ist seit 1999 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Experimentalphysik. Er ist Experte für alle Fragen der Alltagsphysik. Bereits als 17-Jähriger erhielt er in Linz für die Entwicklung eines dreidimensionalen Bildschirms den „Ersten österreichischen Jugendforschungspreis“, dem weitere Auszeichnungen folgten. Bekannt wurde Werner Gruber durch seine Volkshochschulkurse in Wien („Die Naturwissenschaft von Star Trek“, „Die Physik des Papierfliegerbaus“, „Kulinarische Physik“), seine Kolumnen und Fernsehauftritte.«

»Univ.-Prof. Dr. Heinz Oberhummer, Kern- und Astrophysiker an der TU Wien, sorgte mit seinen Arbeiten über die Feinabstimmung des Universums für internationales Aufsehen. Sein Buch „Kann das alles Zufall sein?“ wurde Wissenschaftsbuch des Jahres 2009. Heinz Oberhummer war Professor für Theoretische Physik an der TU Wien. Neben seiner Arbeit als Forscher engagierte sich Heinz Oberhummer für die Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte und koordinierte von der Europäischen Union geförderte Bildungsprojekte wie »Cinema and Science«. Außerdem war er einer der Gründer und Mitwirkender des erfolgreichen Wissenschaftskabaretts »Science Busters«. Heinz Oberhummer starb im November 2015.«
http://www.sciencebusters.at

»Maria Hofstätter wurde 1964 in Linz geboren. Seit 1983 ist sie auf diversen deutschen und österreichischen Bühnen zu sehen und leitet außerdem seit 1995 das Projekttheater Vorarlberg. Ihren Durchbruch als Filmschauspielerin hatte sie 2001 in der österreichischen Produktion Hundstage. Seitdem war sie in verschiedenen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen, unter anderem in der TV-Serie Der Bulle von Tölz und der Krimikomödie Dampfnudelblues (2013).«

Querverweis:

Eine treffliche Ergänzung zur vorliegenden Auditüre ist das Hörbuch „Ich und die Menschen“ von Matt Haig, gelesen von Christoph Maria Herbst.
Dieser Roman ist keine klassische Science Fiction, sondern ein Gesellschaftsroman aus der angenommenen Perspektive einer hochintelligenten, ultralogischen Spezies, die von einem Planeten stammt, auf dem Mathematik RELIGION ist. Dieser außerirdische Gesandte erscheint auf der Erde, um den Beweis der „Riemannschen Vermutung“ zu vernichten, damit unsere ethisch unterentwickelte Spezies nicht noch größere technische Fortschritte erzielen kann … dabei kommt ihm – unerwartet und unlogisch – die Liebe in die Quere.
Hier ist der Link zur ausführlichen Besprechung:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2014/07/09/ich-und-die-menschen-horbuch/