Die Humusrevolution

  • Wie wir den Boden heilen,
  • das Klima retten und die
  • Ernährungswende schaffen
  • von Ute Scheub und Stefan Schwarzer
  • oekom Verlag Februar 2017   www.oekom.de
  • Klappenbroschur
  • 240 Seiten
  • Format: 14,8 cm x 22,5 cm
  • ISBN 978-3-86581-838-6
  • 19,95 e (D), 20,60 € (A)

DIE RETTUNG DER ERDE

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Wir leben auf der Erde und wir leben von der Erde. Der faszinierend komplexe Lebens-raum unter unseren Füßen mit seinen unzähligen Mikroorganismen, ökosystemischen Symbiosen und Wurzelpilzgeflechten ist die Grundlage unserer Ernährung. Von der fruchtbaren Humusschicht hängen die Lebenszyklen von Pflanzen, Tieren und Menschen ab. Sie erhöht zudem die Wasserspeicherkapazität der Erde – für jeden Prozentpunkt Zuwachs an Humusgehalt kann der Boden 16 Liter mehr Wasser pro Quadratmeter speichern. Die Humusschicht beträgt zwischen 15 und 20 Zentimetern – die Natur braucht hundert Jahre, um einen Zentimeter Humus aufzubauen.

Die industrielle Landwirtschaft, im folgenden „Agroindustrie“ genannt, zerstört durch Gift, Gülle, Gene, Monokulturen und großmaschinelles Umpflügen die Regenerations- fähigkeit der Erde und den Aufbau der lebenswichtigen Humusschicht. Entwaldung, Flächenversiegelung durch Straßen- und Siedlungsbau und weitgehend menschen- gemachte Bodenerosion tragen zusätzlich dazu bei, daß fruchtbare Erde schwindet.

Der Zusammenhang von Humus mit dem Klima besteht darin, daß Humus hauptsächlich aus Kohlenstoff besteht. Eine starke und intakte Humusschicht ist in der Lage, viel Kohlenstoff zu speichern und diesen Pflanzen zum Wachstum zur Verfügung zu stellen, und diese wiederum transportieren über ihre Wurzeln einen Teil davon langfristig in tieferen Bodenschichten.

»Kohlenstoff spielt für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und eines gesunden Boden-lebens eine zentrale Rolle. Mit Humusaufbau kann man nicht nur das Klima positiv beeinflussen, sondern auch bessere Ernten erzielen, Hunger und Mangelernährung bekämpfen, unzählige sinnvolle Jobs schaffen. Man kann damit für gesunde Pflanzen, Tiere und Menschen sorgen, die Artenvielfalt mehren, die Wasserhaltefähigkeit der Böden und die Grundwasservorräte erhöhen sowie ganze Landschaften regenerieren.«
(Seite13/14)

Humusaufbau durch regenerative Agrikultur holt CO₂ aus der Atmosphäre und bringt es zurück in den Boden, wo es dringend gebraucht wird. Die Rekarbonisierung der Erde führt auf diesem Wege zur Dekarbonisierung der Luft. Eine globale regenerative Agrikultur in Verbindung mit regenerativer Energieerzeugung könnte bis zum Jahre 2050 »das atmosphärische CO₂-Niveau auf vorindustrielles Niveau drücken«.

Das erste Kapitel beginnt mit einer kleinen Geschichte des Ackerbaus von der Steinzeit bis heute und setzt sich fort in einer ausführlichen Beschreibung der in ökologischer und sozialer Hinsicht dramatisch-lebensfeindlichen Entwicklung der Landwirtschaft unter dem massiven Einfluß der Chemiekonzerne seit Mitte der 50er Jahre. Kunstdünger und Pestizide haben ihren wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Ursprung in der Entwicklung von Kriegswaffen. »Aus Verfahren zur Sprengstoffherstellung wurde Stickstoffdünger, aus Kampfgasen Pestizide und aus Panzern Traktoren. Wo der Krieg gegen Menschen aufhörte, begann der Krieg gegen die Natur und umgekehrt.«
(Seite 26)

Die ökosozialen Schäden dieser „Chemo-Therapie“ (»Deutschland ist das am meisten überdüngte Land der EU«) werden anschaulich dargestellt – vom Artenschwund bis zur Massentierhaltung mit seiner Stickstoffüberlastung durch die anfallenden Güllemengen und die damit verbundene Nitratbelastung des Trinkwassers, über die Verschwendung von Erdöl für die Produktion von Stickstoffdünger (»… laut Fraunhofer-Institut werden weltweit etwa 100 Millionen Tonnen Stickstoffdünger hergestellt was rund 200 Millionen Tonnen Erdöl erfordert und 1.000 Millionen Tonnen CO₂ produziert«), die Klimaschäd-lichkeit von Methan, Lachgas und weiterer Stickoxide, die als Neben- oder Abbau- produkt bei der Herstellung sowie dem Abbau von Kunstdünger entstehen, bis hin zu Bodenerosion und Kohlenstoffverlusten durch tiefes Pflügen, Bodenverdichtung und unterirdischem Sauerstoffmangel durch die Druckbelastung schwerer Landmaschinen sowie einer EU-Agrarpolitik, die Kleinbauern benachteiligt und und und – die Aufzählung ist noch lange nicht zu Ende, sprengt jedoch den Rahmen einer Buchbesprechung.

Konzentrieren wir uns auf die gefährlichste Nebenwirkung der Agroindustrie – die  Zerstörung des Bodenlebens und den damit verbundenen dramatischen Schwund der Humusschicht. Dem Kapitel des Schreckens der globalen Bodendegradation folgen fünf Kapitel mit hoffnungsvollen, erprobten Lösungen aus aller Welt und ein Kapitel mit der heiter-inspirierenden Vision einer geglückten Agrarwende hin zu regenerativer Agrikultur und der damit verbundenen Rettung der Erde.

Die Autoren reisen nach Zürich und besuchen Hans Herren, den preisgekrönten Insektenforscher und Gründer der Stiftung Biovision www.biovision.ch, der das „Push and Pull“-Prinzip entdeckte und in Kenia zur Anwendung brachte: »Über 100.000 kleinbäuerliche Familien können nun ihre Maisernte verdoppeln und verdreifachen, indem sie Desmodium in ihren Maisfeldern anbauen. Das Bohnengewächs verdrängt durch kräftige Wurzeln das Striga-Unkraut und wehrt den maisfressenden Stängel- bohrer durch seinen Geruch ab (Push) Das Insekt flüchtet auf das Elefantengras, das rund ums Feld gepflanzt wird, seine Larven bleiben dort kleben (Pull). Die nahrhaften Pflanzen werden ans Vieh verfüttert, das wiederum mehr Milch gibt.« (Seite 72)

In Mittelamerika praktizieren Kleinbauern und Gärtner schon seit jeher sogenannte „Milpas“: »Pflanzengemeinschaften, bei denen Mais, Bohnen und Kürbis in einem Beet wachsen und voneinander profitieren: Bohnen nutzen den Mais zum Ranken; Mais profitiert vom Stickstoff der Bohnen; Kürbisse bedecken und schützen den Boden.« (Seite 64)

Von Charles und Perrine Hervé-Gruyer www.fermedubec.com , die ihre Mikrofarm Bec Hellouin biointensiv mit Permakultur, Marktbeeten und kleinteiligen Mischkulturen erfolgreich und fruchtbar in Handarbeit beackern, über die Chinesin Yin Yuzhen, die gemeinsam mit ihrem Mann seit 40 Jahren mehr als 300.000 Bäume in der Ordos-Wüste gepflanzt hat, so daß der Regen zurückkam und auf kleinen Flächen im Schatten der Bäume wieder Gemüse gedeiht, bis zur Permakulturlandschaft der Ökodorfgemein- schaft Schloß Tempelhof und dem Holistischen Weidemanagement von Allan Savory (Simbabwe) oder Joel Salatin (USA) mit seiner Rinderfarm Polyface, auf deren Weide-wiesen mindestens 40 verschiedene Pflanzenarten wachsen und gedeihen – weltweit gibt es viele regenerative Anbaumethoden, die mit der Natur kooperieren, und eigenwillige, naturverbundene Pioniere, die gesunde Lebensmittel produzieren und gleichzeitig den Boden mit Humus anreichern und die Vielfaltisierung fördern.

Grafik aus: Eckhard Jedicke, 1993 „Im Boden steckt Leben: Allein die obersten 30 Zentimeter enthalten Milliarden Organismen – die meisten davon sind für uns unsichtbar.“

Die Palette menschenmöglichen, lebensdienlichen Handelns ist groß: Biointensivkulturen, Bodenbedeckung, Beisaaten, Gründüngung, Holistisches Weidemanagement, Kreislaufwirtschaft, Permakultur, pfluglose Bodenbearbeitung, Mischkulturen, Zwischensaaten, Terra Petra, Urbanes Gärtnern, Waldgärten, Regenwasserableitung in den Boden statt in die Kanalisation, Symbiotische Landwirtschaft, Wasserrückhaltelandschaften, Wassersammelsysteme, Wüstenbegrünung, Reaktivierung der Allmenden …

Ein Kapitel widmet sich ganz der regenerativen Bodenpflege. Nach einer amüsant-informativen „Modenschau der Bodenlebewesen“ – Biodiversität beginnt bereits im Boden – erlesen wir die elementare Bedeutung einer guten Durchwurzelung, da diese nicht nur eine bessere Pflanzenernährung, sondern auch Schutz vor Bodenverdichtung und Erosion bedeutet und der Humusbildung dient. Zur Durchwurzelung gehören die Mykorrhizapilze, die unterirdisch Nährstoffe zu den Wurzeln transportieren und über ihr ausgedehntes Pilzfädengeflecht (in 20 g humusreichem Boden befinden sich ein Kilometer Pilzfäden) die Bodenpartikel miteinander verbinden.

Foto: Hans-Peter Schmidt © Mykorrhiza-Wurzeln

Vorgestellt werden zudem zahlreiche Initiativen, die sich für eine Agrarwende einsetzen. Sie propagieren und praktizieren an lokale Bedingungen angepaßte, teilweise uralte Anbau- und Bodenbelebungsmethoden und fördern, forschen, erproben und ergänzen sie mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen. Außerdem leisten sie Aufklärungsarbeit und stellen politische Forderungen für eine Agrarwende und die „Humusrevolution“. Nachfolgend nur eine kleine Auswahl als Kostprobe:

Biovision (Stiftung von Hans Herrenwww.biovision.ch
Humusaufbauinitiative 4pour1000     www.4p1000.org
Permakultur-Institut   www.permakultur-institut.de
Regeneration international   www.regenerationinternational.org
Save Our Soils (EU-weite Bodenkampagne)   www.saveoursoils.com/de
Via campesina (globales Bündnis kleinbäuerlicher Betriebe)   www.viacapesina.org
Wir haben es satt    www.wir-haben-es-satt.de
Zukunftsstiftung Landwirtschaft    www.zukunftstiftung-landwirtschaft.de

Eine abschließende übersichtliche, stichwortartige Auflistung grundlegender Handlungs- und Forderungsempfehlungen vom Lokalen bis zum Globalen sowie viele nützliche Linkhinweise laden jeden dazu ein, seine persönliche Mitwirkungsmacht bewußt wahrzunehmen und entsprechend zu handeln. Jedes Kapitel enthält eine Doppelseite mit anregend-anschaulichen Praxistipps für den Garten, und damit schließt sich ebenfalls der Kreis vom lokalen Handlungsspielraum bis zum globalen Einfluß.

„Die Humusrevolution“ bietet ein weltenweites, wissenswertvolles Füllhorn einfacher, ganzheitlicher, nachhaltiger Lösungen für die Regeneration der Erde und der Wasserkreisläufe. Die beeindruckend große Vielfalt der konstruktiven und komplexen Landbelebungsmöglichkeiten, die in diesem Buch vorgestellt werden, sind erfreulich und sehr ermutigend – so wird Hoffnung genährt.

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.oekom.de/nc/buecher/gesamtprogramm/buch/die-humusrevolution.html

Und zum Manifest „Regeneration ist möglich“:
https://www.oekom.de/fileadmin/user_upload/Manifest_Die_Humusrevolution.pdf

Grafik: Conservation Research Institute „Wiesenpflanzen haben unterscheidlich lange Wurzeln, hier ein Beispiel aus den USA. Im Gegensatz zu den metertiefen Wurzeln der natürlichen Wiesenvegetation sind die des ausgesäten Futtergrases (Poa pratensis) gerade mal wenige Zentimeter kurz (im Bild ganz links).“

Die Autoren:

»Ute Scheub ist promovierte Politikwissenschaftlerin und Publizistin, sie lebt mit ihrer Familie in Berlin. Die mehrfach mit Preisen ausgezeichnete taz-Mitbegründerin hat bisher 17 Bücher vor allem zu friedens-, frauen- und umweltpolitischen Themen veröffentlicht, darunter „Terra Petra – die schwarze Revolution aus dem Regenwald“ https://www.oekom.de/nc/buecher/gesamtprogramm/buch/terra-preta-die-schwarze-revolution-aus-dem-regenwald-erweiterte-neuauflage-1.html und „Glücksökonomie“  https://www.oekom.de/nc/buecher/gesamtprogramm/buch/gluecksoekonomie.html «

»Stefan Schwarzer ist Physischer Geograf und Permakultur-Designer. Er arbeitet seit 2000 für das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) in Genf, wo er sich mit  globalen Umweltthemen beschäftigt. Die Verbindung globaler Ziele mit lokalen Handlungen, vor allem in Form von einer aufbauenden Landwirtschaft in Anlehnung an die Permakultur, ist eines seiner Hauptanliegen. Er lebt seit Ende 2012 in der Lebensgemeinschaft Schloss Tempelhof.«

Querverweis:

Ergänzende und vertiefende Informationen bezüglich der Lebensfeindlichkeit der Agroindustrie finden sich in Ute Scheubs Buch »Ackergifte – Nein Danke! Für eine enkeltaugliche Landwirtschaft«:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2015/03/12/ackergifte-nein-danke/
Ergänzend zum lebhaften Bodenleben fügt sich das Buch von Amy Stewart ein:
»Der Regenwurm ist immer der Gärtner«:

Der Regenwurm ist immer der Gärtner

Leselebenszeichen-Datenschutzerklärung: https://leselebenszeichen.wordpress.com/datenschutzerklaerung/

Ackergifte? Nein danke!

  • Für eine enkeltaugliche Landwirtschaft
  • Von Ute Scheub
  • thinkOya*,  Akt 438     Oktober 2014  https://think-oya.de
  • 128 Seiten, Broschur
  • 10,–€ (D), 10.20 € (A), 14,- sFr.
  • ISBN 978-3-927369-87-0
    9783927369870

ERDE  ZU  ERDE

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

„Ackergifte? Nein danke!“ versammelt gefährliches Wissen über Chemielobby-Lügen, vorbestellte wissenschaftliche ›Wahrheiten‹, allgegenwärtiges Glyphosat, Endokrine Disruptoren (EDCs), Gifte über Gifte, grenzwertige Grenzwerte, mangelhafte behördliche Kontrollen, organisierte Verantwortungslosigkeit usw. Nach dieser Lektüre wird man den Verharmlosungsstudien multinationaler Chemiekonzerne und ihrem angeblichen Kampf gegen den Welthunger keinen Glauben mehr schenken.

Wer sich schon längst weitgehend mit biologisch erzeugter Nahrung ernährt, kann sich leider nicht beruhigt zurücklehnen, denn durch zahlreiche Stoffkreisläufe erreichen die Gifte – wenn auch in geringerer Konzentration – auch die Refugien biologischer Landwirtschaft.

Ein paar Zahlen zum Vorgeschmack:

„Pro Jahr werden laut Umweltbundesamt auf einem landwirtschaftlich genutzten Hektar im Schnitt etwa neun Kilogramm Pestizide beziehungsweise zweieinhalb Kilogramm Wirkstoffe eingesetzt. Pestizide seien schädlich für das Leben, weil sie in 0,000 000 000 001 Gramm wirksam sein können, schreibt Pestizidexperte Klaus Friedrich Haalck. Wenn man sich vor Augen hält, dass schon ein Billionstel Gramm eine Wirkung auslösen kann, ist das eine ungeheure Giftmenge, die wir jedes Jahr unserem Land und uns selbst zumuten.“ ( Seite 9)

Daß viele Pflanzen, von deren Samen oder Früchten wir uns ernähren, auf die Bestäu- bung durch Bienen, Hummeln usw. angewiesen sind, ist noch verhältnismäßig anschau- lich zu vermitteln. Bei den – für das bloße Auge – unsichtbaren Mikroorganismen, die für die Fruchtbarkeit des Erdbodens und ein gesundes Pflanzenwachstum unerläßlich sind, braucht man eine größere Fähigkeit, in kleinen und großen Zusammenhängen und Kreisläufen zu denken.

Es dauert hundert Jahre, bis sich eine Humusschicht von ein bis drei Zentimetern gebildet hat – heute wird diese in der winzigen Zeitspanne von ein bis zehn Jahren abgetragen.“ (Seite 12)

Die Wissenschaft fängt gerade erst an, die zahlreichen Bodenorganismen, ihre Wechsel- wirkungen und Symbiosen mit Pflanzen und ihre Koexistenz mit und in diversen Stoff- wechselkreisläufen zu entdecken. Das natürliche Gleichgewicht dieser obersten Erd- schicht, von der fast unsere ganze Nahrungsmittelerzeugung, aber auch die reinigende Wirkung von Wasserkreisläufen abhängt, wird durch Kunstdünger, Pestizide, Fungizide, Gülle, Herbizide, Insektizide, Biozide, Desinfektionsmittel, Arzneimittel- rückstände und weitere Chemieabfälle empfindlich gestört und letztlich auch zerstört.

Dazu kommen als katastrophale Nebenwirkungen: verstärktes Artensterben, Vermin- derung der Biodiversität, weitere ge- und zerstörte natürliche Gleichgewichte, steigende Krebserkrankungsraten, Allergien, belastetes Trinkwasser usw.

Zwar ist das „dreckigste Dutzend“ der Supergifte (z.B. DDT) durch die Stockholmer Konvention von 2001 weltweit verboten, und die in den Industrienationen zum Einsatz kommenden Pestizide sind etwas weniger giftig – aber giftig sind sie trotzdem und eine unabhängige wissenschaftliche Auswertung der kumulativen und kombinatorischen Wirkung verschiedener Gifte findet kaum statt.

Stattdessen betreiben die großen Chemie- und Saatgutkonzerne eine scheinbare Welternährungsrettungs-PR und verkaufen die systematische Zerstörung unseres wortwörtlichen Nährbodens als grüne Revolution. Man tauft die tödlichen „Waffen“ gegen pflanzlichen Wildwuchs und sogenannte Schadinsekten in Pflanzenschutzmittel um, beschwört den angeblichen Segen genmanipulierter Nahrungspflanzen, die angebliche Effizienz von Monokulturen und die scheinbare Ertragssteigerung durch Kunstdünger.

Tatsächlich jedoch bereiten diese Giftgaben den Boden für Krankheit. Die prinzipielle Lebensfeindlichkeit aller dieser Mittel ist eine logische Folge ihrer Entwicklung aus der Chemiewaffenproduktion. Kunstdünger und Insektizide waren und sind nämlich häufig ein Neben- oder Folgeprodukt der Chemiewaffenherstellung. Oft lassen sich die verwen- deten Substanzen wahlweise als Insektizid, Nervengift und/oder Kampfgas einsetzen.

Konventionell wirtschaftende Landwirte, die durch den Umgang mit diesen Giften selbst erkrankt sind, oder Biolandwirte, deren Weiden und Anbauflächen durch Abdrift solcher Gifte geschädigt werden, oder betroffene Anwohner müssen die Schadstoffbelastung – auf eigene Kosten – analysieren lassen, werden von behördlicher Seite meist verwal- tungsvertrödelt, d.h. die Zuständigkeit wird von Amt zu Amt verschoben, und von den „Pflanzenschutzmittel“- Produzenten werden die Schäden als bedauerliche Einzelfälle eines Anwendungsfehl- verhaltens deklariert.

Und gegen Krankheiten gibt es dann wieder medikamentöse Gifte – ein profitabler Kreislauf auf Kosten des gegenwärtigen und zukünftigen Lebens.

Doch es geht auch anders. Zum Ausgleich und als positiver Handlungsimpulsgeber berichtet die Autorin im Anschluß an die Giftabrechnung über sinnvolle Alternativen.

„Würde die Menschheit mit Ökolandbau allein genug zu essen haben? Die fröhliche Antwort: Ja, das ist machbar! Eine enkeltaugliche Landwirtschaft ist möglich und macht Boden gut. Es ist genug für alle da.“ ( Seite 83)

So berichtet der Hoffnungsexkurs etwa über hiesige Biolandwirtschaft, Permakultur und symbiotische Landwirtschaft, die Förderung pestizidfreier Kommunen und das Bündnis »Kommunen für die biologische Vielfalt«, 212 Initiativen mit über 30 000 beteiligten Landwirten, die Gentechnik ausschließen, die weltweite Transition-Town-Bewegung, die erfolgreichen Pionierarbeiten des Schweizer Insektenforschers Hans-Rudolf Herren zur biologischen Schädlingsausgleichung, die Terra-Preta-Anbaumethode …

Im Anhang wird die Kampagne »Ackergifte? Nein Danke! « vorgestellt. Ein kurzer Leitfaden zum Umgang mit Schäden durch Ackergifte und zum Erkennen von Abdrift- schäden informiert darüber, wie wichtig es ist, Vergiftungsfälle zu dokumentieren (es gibt einen nützlichen Meldebogen bei PAN Germany https://pan-germany.org ). Auch bei Landesbehörden (Pflanzenschutzämtern) finden sich zuständige Ansprechpartner.

Das vorliegende Buch ist eine Lektüre, die zwar schwer im Magen liegt, gleichwohl ist sie aber auch ein notwendiger „Wissensdünger fürs Denken“, der hoffentlich bei vielen Lesern zu Handlungsschritten führt, die dazu beitragen, unseren Enkeln eine lebendige Erde zu hinterlassen. Damit es nicht eines Tages heißen muß: Erde zu Erde, Gift zu Gift und Hunger zu Hunger.

AGND-Logo.jpeg BIENE

»Seit Frühjahr 2014 ist die Internetseite der Kampagne ›Ackergifte? Nein danke! ‹ https://ackergifte-nein-danke.de öffentlich zugänglich. Getragen von der Bürgerinitiative ›Landwende‹ https://landwende.de , die 2001 als Reaktion auf eine großflächige Herbizid-Vergiftung im Nordosten Deutschlands aktiv wurde, fordert die Kampagne ein Verbot sämtlicher Ackergifte und tritt für einen Abschied von der Agrarindustrie, verbunden mit der Hinwendung zu einer bäuerlichen, lebensfördernden und enkeltauglichen Landwirtschaft ein….
Ein erster Schritt dazu besteht darin, Schäden und Gesundheitsbeschwerden, die durch Abdrift von Ackergiften entstehen, zu registrieren und zu melden. Dazu arbeitet die Kampagne ›Ackergifte? Nein danke!‹ mit dem ›Pestizid Aktions-Netzwerk Deutschland e.V. (PAN) ‹ https://pan-germany.org zusammen. Mit Hilfe eines Meldebogens soll eine breite Datenbasis geschaffen werden, die das Ausmaß der allgegenwärtigen Vergiftung von Land und Leuten dokumentiert.« (Seite 103)

Die Autorin:

»Ute Scheub, Jahrgang 1955, ist Publizistin und Mitbegründerin der Tageszeitung taz. Als freie Autorin verfasste sie zahlreiche Bücher zu den Themen Frieden, Frauen und Ökologie, zuletzt: „Terra Preta. Die schwarze Revolution aus dem Regenwald“ und „Glücksökonomie. Wer teilt hat mehr vom Leben“. Ute Scheub lebt in Berlin.«  https://.utescheub.de

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://think-oya.de/buch/ackergifte_nein_danke.html

*thinkOya Akt:Akt‹ (von lat. agere, handeln) steht für Aktion, Ereignis, Handlung. Als philosophischer Begriff bezeichnet ›Akt‹ eine realisierte Wirklichkeit im Gegensatz zur ›Potenz‹, einer (noch) nicht manifesten Möglichkeit. In der Reihe » thinkOya Akt« erscheinen Aufklärungs-, Streit- und Flugschriften, die zu konkreten Handlungen anstiften. Jeder Band ist eine Ideenwerkstatt zu den drängenden Herausforderungen unserer Zeit. Im Weiterdenken und Aktivwerden der Leserinnen und Leser können diese Ideensamen zu konkreten Utopien heranreifen. Wie Akte eines Bühnenstücks sind die einzelnen Bände Teile eines sich fortschreibenden Werks, dessen Ganzes mehr als die Summe seiner Teile ist. Die Titel sind in handfester Broschur gefertigt, tragen eine nicht-chronologische Nummerierung und verbinden individuelle Gestaltung mit hohem Wiedererkennungswert.

 

thinkOya ist ein Imprint der Drachen Verlag GmbH in Kooperation mit der Zeitschrift:
Oya – anders denken, anders leben.

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