Der kleine Prinz feiert Weihnachten

  • von Martin Baltscheit
  • mit Zeichnungen des Verfassers
  • Nach einer Geschichte von Antoine de Saint-Exupéry
  • Karl Rauch Verlag  September 2018   www.karl-rauch-verlag.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format:17 x 24 cm
  • 96 Seiten
  • 15,00 € (D), 15,50 € (A)
  • ISBN 978-3-7920-0155-4

© 2018 Martin Baltscheit, Karl Rauch Verlag, Düsseldorf

MAN  LIEST  NUR  MIT  DEM  HERZEN  GUT

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Kein geringes Wagnis ist es, zu einem Kultbuch wie dem kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry eine Fortsetzung zu schreiben.

Doch ganz ehrlich: Warum sollte es so unwahrscheinlich sein, daß der kleine Prinz noch einmal die Erde besucht und einen Schriftsteller inspiriert? Immerhin bleiben am Schluß des „Kleinen Prinzen“ genug Fragen offen, die einer weiteren Betrachtung und Entwick-lung wert sind.

So reist also der kleine Prinz erneut auf die Erde und landet ausgerechnet zu Weihnacht-en auf dem Hinterhof einer Bäckerei. Er will unbedingt seinen Freund aus der Wüste wiederfinden, der ihm damals das gewünschte Schaf gemalt hat, das die Schößlinge der Affenbrotbäume auf seinem kleinen Planeten auffressen sollte. Dem Maulkorb, den der Freund ebenfalls gemalt hatte, fehlte allerdings ein Riemen, und so geschah es, daß das Schaf eines Nachts die geliebte Rose des kleinen Prinzen auffraß. 

Der Hinterhof gehört zum Futterrevier einer Krähe, die auf Plätzchenreste vom Bäcker hofft. Der kleine Prinz bittet die Krähe, ihm eine Rose zu zeichnen, und die Krähe ver- spricht Hilfe, wenn der kleine Prinz Plätzchen aus der Bäckerei organisieren könne.

Tatsächlich ist der eifrige und geschäftstüchtige Bäcker von der naiv-zugewandten Aufmerksamkeit des seltsam gekleideten Jungen, der ihn da am frühem Morgen in seiner Backstube aufsucht, gerührt, und er schenkt ihm, da er keine Zeit hat, eine Rose zu malen, eine Tüte feiner Rosenkekse mit Marzipan und Zuckerguß.

Die Krähe ist entzückt und gewissermaßen auch schon gezähmt, und sie hilft dem kleinen Prinzen bereitwillig und lebenserfahren bei der Suche nach seinem Freund. Da der kleine Prinz jedoch nicht den Namen seines Freundes kennt, gestaltet sich die Suche schwierig. Um einige Nachhilfelektionen in die Lebensbedingungen der Neuzeit, Herzensirritationen, Hindernisse, Umwege und christkindliche Mißverständnisse sowie eine enttäuschende Wunschzettellotterie kommt der kleine Prinz nicht herum.

Erst als dem kleinen Prinzen das Buch „Der Kleine Prinz“ in die Hände fällt, erfährt er den Namen seines Freundes und daß ihre gemeinsame Geschichte in einem Buch aufgeschrieben wurde. Nun gibt es kein Halten mehr für die Sehnsucht des kleinen Prinzen. Der behutsame Einwand der Krähe, daß Antoine de Saint-Exupéry im Zweiten Weltkrieg mit seinem Flugzeug abgeschossen worden und im Meer zwischen Korsika und Frankreich versunken sei, entmutigt ihn nur vorübergehend.

Denn der kleine Prinz wäre nicht der kleine Prinz, wenn der Tod keine unüberwindliche Schwelle für ihn bedeutete …

Martin Baltscheit hat den Charakter des kleinen Prinzen einfühlsam und gänzlich unverändert in diese Fortsetzung transportiert. Man erkennt den kleinen Prinzen beim Lesen sofort wieder und fremdelt kein bißchen. Seine kindliche Herzensunmittelbarkeit, seine Beharrlichkeit, seine Naivität, seine Einsamkeit, seine Wehmut und Empörung sowie seine lächelnde Zuversicht und sein sonniges Lachen – alles ist da, um ihn seinen Weg durch die neue Geschichte meistern zu lassen.
  
In den Erklärungen der Krähe über die Gepflogenheiten der Menschenwelt bringt der Autor zeitgemäße gesellschaftskritische Facetten unter, und auch der kleine Prinz ist befremdet, daß alles mit Geld bemessen und bezahlt wird: »Alles kostet hier auf diesem Planeten. Kekse, Geschichten, Freundschaft – die Freiheit oft ein ganzes Leben. Wenn sie immer nur für alles bezahlen, werden sie eines Tages dafür bezahlen – mit ihrer Menschlichkeit!« (Seite69)

Bemerkenswert ist auch die Verwunderung des kleinen Prinzen über die große Anzahl der Leser seines Buches und die Masse der Buchnebenprodukte zum „Kleinen Prinzen“; ihm wird ganz schwindelig angesichts der unzähligen Tassen, Teller, Spieluhren, Stifte, Spardosen, Nachtlichter, Püppchen, Schneekugeln, Postkarten und Vitaminbonbons, die mit ihm illustriert sind. Das ist einerseits ein gelungener metafiktiver Seitenhieb auf die Markenvermarktungsmaschinerie und andererseits ein Beispiel für des Prinzen unheil- bare Naivität in Hinsicht auf die Größenordnungen und Menschen- sowie Waren- mengenverhältnisse der modernen Welt.

Selbstverständlich unterscheidet sich Martin Baltscheits Schreibstil von dem Antoine de Saint-Exupérys, gleichwohl aber trifft er weitgehend den dichterischen Ton und den seelischen Klang, die der schriftstellerische Vorgänger vorgegeben hat. Auch die Illustrationen von Martin Baltscheit schmiegen sich harmonisch an ihr Vorbild an.

»Ich bin ein Dichter, kleiner Prinz. Dichter erfinden das Lachen und Weinen in Büchern. Du bist die Idee meines Verstandes, der viel im Verstand anderer Menschen gelesen hat. Denn das ist Lesen, wir denken mit fremden Gehirnen und leben in anderen Leben. So bauen wir uns jeden Tag eine neue Wahrheit.« (Seite 91)

Wer Antoine de Saint-Exupérys kleinen Prinzen liebt, wird sich mit Martin Baltscheits Fortsetzung guten Lesegewissens zumindest anfreunden können.

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://karl-rauch-verlag.de/buecher/baltscheit-weihnachten-mit-dem-kleinen-prinzen/

© 2018 Martin Baltscheit, Karl Rauch Verlag, Düsseldorf

Der Autor & Illustrator:

»Martin Baltscheit zählt zu den großen Talenten zeitgenössischer Kinder-und Jugend- literatur. Für die Geschichte des kleinen Prinzen, der an Weihnachten auf die Erde zurückkehrt, hat er die Illustrationen selbst angefertigt und auch das Buch gestaltet. Für ein halbes Jahr lebte der Prinz in seinem Atelier und hat ihm die Geschichte diktiert und die Ausfertigung der Bilder streng überwacht. Ob es eine weitere Geschichte geben wird, steht noch in den Sternen.«  http://www.baltscheit.de

»Antoine de Saint-Exupéry war schon zu seinen Lebzeiten ein anerkannter und erfolgreicher Autor und wurde ein Kultautor der Nachkriegsjahrzehnte, obwohl er selbst sich eher als einen nur nebenher schriftstellernden Berufspiloten sah. Seine märchenhafte Erzählung ›Der kleine Prinz‹ gehört mit über 140 Millionen verkauften Exemplaren zu den erfolgreichsten Büchern der Welt.«

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