Morgen bestimme ich!

  • Text und Illustration von Jörg Mühle
  • Moritz Verlag, Februar 2024 www.moritzverlag.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 19,8 x 28,2 cm
  • 32 Seiten
  • 14,00 € (D), 14,40 € (A)
  • ISBN 978-3-89565-457-2
  • Bilderbuch ab 4 Jahren

Morgen bestimme ich!

S T R E I T L U S T I G

Bilderbuchrezension von Ulrike Sokul ©

Jörg Mühle hat einen neuen Band mit den streitlustigen Waldbewohnern Bär und Wiesel geschrieben und gezeichnet. Im Vorgängerband „Zwei für mich, einer für dich“ Zwei für mich, einer für dich ging es ums gerechte Teilen und im neuen Band „Morgen bestimme ich!“ darum, wer mit wem spielen soll und dabei den Ton angibt.

Das Wiesel kommt nach Hause und sieht, wie der Bär einträchtig mit dem Dachs spielt. Auf seine Beschwerde, Dachs sei sein Freund und Bär dürfe nicht mit ihm spielen, ant-wortet Bär schlagfertig, daß einem Freunde nicht gehören und daß Wiesel ja morgen wieder mit Dachs spielen könne.

Morgen bestimme ich!Fußball

Text und Illustration von Jörg Mühle © Moritz Verlag 2024

Der Dachs möchte vermitteln und regt an, zu dritt weiterzuspielen. Wiesel greift die Anregung sofort auf, schlägt das Spiel „Vatermutterkind“ vor und verteilt selbstherrlich die Rollen zuungunsten des Bären. Der Bär sieht nämlich gar nicht ein, das Kind zu ver-körpern und ins Bett abgeschoben zu werden, damit die „Eltern“ mit den Feuerwehr- autos weiterspielen können. Und schon ist ein lebhaftes Streitgespräch über Spielregeln im Gange, wobei Bär und Wiesel sich gegenseitig vorwerfen, immer der Bestimmer sein zu wollen.

Morgen bestimme ich!Memory

Text und Illustration von Jörg Mühle © Moritz Verlag 2024

Auf Dachsens Hinweis, vielleicht ein anderes Spiel zu wählen, schlägt Bär Fußball vor, was Wiesel nicht will und doof findet. Und den Vorschlag des Wiesels, stattdessen Memory zu spielen, findet Bär dann wiederum doof usw. Nach einigen weiteren Spiel-vorschlägen und -Ablehnungen kehren sich die beiden Kontrahenten schließlich in beleidigtem Schweigen ihre Rücken zu.

Morgen bestimme ich!Winterschlaf

Text und Illustration von Jörg Mühle © Moritz Verlag 2024

Der Dachs unterbricht das Schweigen, um sich zu verabschieden. Bär und Wiesel wenden sich gemeinsam Dachs zu, finden Worte des Bedauerns und äußern die Hoff-nung, daß er morgen wieder zum Spielen erscheinen möge. Doch Dachs ist morgen schon mit dem Fuchs zum Spielen verabredet.

In „Morgen bestimme ich!“ finden wir amüsanten, lebensalltagsnahen Stoff über kind-liches Mit- und Gegeneinander sowie eine lobenswert dialogfähige Konfliktaustragung. Denn so stur und egozentrisch die beiden Streitlustigen auch sind, sie kämpfen gleich-wohl nur mit Worten, können ihre unterschiedlichen Bedürfnisse und Wahrnehmungen deutlich formulieren und werden keineswegs körperlich übergriffig. Der Dachs wieder-um ist kooperativer, zugleich auf seine eher stille Art selbstbestimmt und findet für sich einen anderen – vielleicht passenderen – Spielkameraden.

Der in dieser Geschichte anschaulich dargestellte Konflikt wird Kindern wohlbekannt sein. Die zeichnerisch sehr stimmig eingefangene Mimik und Körpersprache sowie die witzigen Argumentationen bieten viele Identifikationsmöglichkeiten und zugleich eine heiter-reflektierende Betrachtungsmöglichkeit aus unpersönlicher Distanz. 

Hier entlang zum Buch und zur Leseprobe auf der Verlagswebseite:
https://www.moritzverlag.de/Alle-Buecher/Morgen-bestimme-ich.html
Hier entlang zum Vorgängerband von Bär und Wiesel:
Zwei für mich, einer für dich

Der Autor & Illustrator:

»Jörg Mühle, geboren 1973 in Frankfurt am Main, studierte Illustration in Offenbach und Paris. Seite 2000 ist er Diplom-Designer und illustriert Bücher und Magazine. Er ist Mitglied der Frankfurter Ateliergemeinschaft labor, hat eine Tochter im besten Kinder-buchalter und wohnt fußläufig zum Moritz  Verlag. Seine Pappbilderbücher übers Hasen-kind (siehe: Tupfst du noch die Tränen ab? ) erfreuen Kinder von Stockholm bis Tokio.«

Alice im Wunderland / Alice hinter den Spiegeln

  • von Lewis Carroll
  • Übersetzung von Christian Enzensberger
  • Illustrationen von Floor Rieder
  • Gerstenberg Verlag, Juni 2015    http://www.gerstenberg-verlag.de
  • 384 Seiten
  • Format: 16 x 19,5 cm
  • Halbleinen, farbig illustriert, mit Lesebändchen
  • WENDEBUCH
  • 25,00 € (D), 25,70 € (A), 31,60 sFr.
  • ISBN 978-3-8369-5864-6
  • ab 10 Jahren aufwärts

Alice im Wunderland-Titelbild vorne      Alice im Wunderland-Titelbild spiegelwärts

P R A C H T S T Ü C K

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

„Alice im Wunderland“ feierte am 4.7. 2015 ihren 150. Geburtstag.

Alice-Trinkmich-Flasche

Illustration von Floor Rieder © Gerstenberg Verlag 2015

Dies war Anlaß genug, um dem alten Mädchen ein neues illustratorisches Gewand zu schneidern. Die junge niederländische Illustratorin Floor Rieder hat die Bilder für diese Jubiläumsausgabe nicht gezeichnet, sondern gekratzt. Dazu wird eine Glasplatte mit schwarzer Farbe bestrichen, die Illustration mit der Feder eingeritzt, anschließend gescannt und am Rechner nachkoloriert. So entstanden Bilder, die zugleich alt- und neumodisch erscheinen, was diesen zeitlosen Kinderbuchklassiker sehr gut kleidet.

Auch die sorgfältige Buchgestaltung gibt Alice alle Ehre: Die beiden Geschichten erscheinen in einem Band, pfiffig und sehr alicemäßig als WENDEBUCH und in Halbleinen mit Rückenprägung gebunden. Der ungekürzte Text wurde von Christian Enzensberger fein übersetzt. Weitere feierliche Zugaben sind der Fünffarbendruck und ein LESEBÄNDCHEN. Somit legt der Gerstenberg Verlag pünktlich zum Jahrestag der Erstveröffentlichung am 4. Juli 1865 ein echtes bibliophiles Sammlerstück vor.

Alice-Eichhörnchen

Illustration von Floor Rieder © Gerstenberg Verlag 2015

Den Inhalt der Alice-Geschichten skizziere ich nachfolgend nur in groben Umrissen, da ich die Kenntnis dieses Kinderbuchklassikers einfach mal – bildungsbürgerlich 😉 – voraussetze.

Alice-Pilz

Illustration von Floor Rieder © Gerstenberg Verlag 2015

Im ersten Band folgt Alice einem eiligen, weißen Kaninchen, das etwas von einer Verspätung vor sich hin murmelt und dabei auf seine Westentaschenuhr schaut. Sie springt dem Kaninchen in den Kaninchenbau nach und landet nach einem langen dunkeln Sturz sanft in einem Raum mit vielen Türen, die alle ins Wunderland führen.

Alice-Baumtüre

Illustration von Floor Rieder © Gerstenberg Verlag 2015

Im Wunderland begegnet sie einigen sehr skurrilen Gestalten (u.a. einer gewissen Herzkönigin, einer launischen Herzogin, einer wasserpfeifeschmauchenden Raupe, lebenden Kartenspielblatt-Soldaten und der sichtbar-unsichtbaren Grinsekatze), und sie lernt ziemlich absurde Lebensregeln kennen. Sie ist Gast bei einer sehr verrückten Teeparty mit einem Hutmacher, einem Schnapphasen und einer Haselmaus, bei der es außer köstlichem Unsinn nichts zu essen gibt, und sie macht eine wichtig-unwichtige Zeugenaussage vor dem königlichen Gericht …

Alice-Spiegeltür

Illustration von Floor Rieder © Gerstenberg Verlag 2015

Im zweiten Band gelangt Alice durch einen Spiegel ins Spiegelland. Dort spricht sie mit Blumen, dann scheint sie eine von vielen Schachfiguren zu sein, die sich durch die schachbrettartige Landschaft des Spiegellandes bewegen, dazwischen bekommt sie außergewöhnlichen Vokabelunterricht von Goggelmoggel (Humpty Dumpty), wird von den Spiegelzwillingen Zwiddeldum und Zwiddeldei für eine Traumfigur und von einem Einhorn für ein Fabelwesen gehalten. Ein weißer und ein roter Ritter kämpfen ritterlich-tollpatschig darum, wessen Gefangene Alice sein soll, und später speist sie ohne zu speisen mit der roten und der weißen Königin …

Alice-Blumen

Illustration von Floor Rieder © Gerstenberg Verlag 2015

Die beiden Bände „Alice im Wunderland“ und „Alice hinter den Spiegeln“ wirken wie ein Spiel, das mit sich selbst spielt, während wir nur „Zuleser“ sind. Wir folgen der kleinen Alice schmunzelnd, staunend, kopfschüttelnd, amüsiert, verwundert und immer wieder aufs neue überrascht sowie fragezeichnend die Stirn runzelnd von Seite zu Seite, von absurder Begegnung zu absurder Begegnung, von Nonsensdialog zu Nonsensdialog und von verspielter Logik zu logischer Verspieltheit.

Hier wird in polyperspektivischer Komplexität mit Zeit-, Raum- und Größenverhältnissen, Denkgewohnheiten und Wortbedeutungen gewürfelt bzw. Karten- und Schach gespielt, so daß man zwischendurch buchstäblich am Buchstabensinn zweifelt.

Einige Prisen Metafiktion, fließende Übergänge zwischen den fiktiven Realitätsebenen sowie diverse Versliedchen runden das ganze systematische Durcheinander unterhaltsam und wortspielerisch ab.

»Ich bin ganz deiner Meinung«, sagte die Herzogin. »Und die Moral davon ist:
›Scheine, was du bist, und sei, was du scheinst‹ oder einfacher ausgedrückt: ›Sei niemals ununterschieden von dem, als was du jenen in dem, was du wärst oder hättest sein können, dadurch erscheinen könntest, dass du unterschieden von dem wärst, was jenen so erscheinen könnte, als seiest du anders!‹«
(Seite 129, Alice im Wunderland)

Ganz schön verwirrend, nicht wahr? Und wir sind hier in einem Kinderbuch. An solcherlei philosophischem Allerlei und Gedankengebräu werden Sie sich indes im Verlauf der Geschichte schon noch gewöhnen. Es gibt hier nicht unbedingt etwas zu verstehen, sondern eher etwas einfach mal ganz spielerisch-traumwandlerisch geschehen zu lassen. Vielleicht braucht es dazu etwas Übung und die Aufgeschlossen- heit, nicht alles so ernst zu nehmen. Selbst Alice muß das lernen, als sie zur weißen Königin sagt:

»Etwas Unmögliches kann man nicht glauben.«
»Du wirst darin eben noch nicht die rechte Übung haben«, sagte die Königin. »In deinem Alter habe ich täglich eine halbe Stunde darauf verwendet. Zuzeiten habe ich vor dem Frühstück bereits bis zu sechs unmögliche Dinge geglaubt.«
(Seite 94, Alice hinter den Spiegeln)

Seien Sie beruhigt, Sie müssen ja nicht glauben, was sie alles bei ALICE lesen, aber sie können sich unglaublich amüsieren!

Und ganz neue, anregende Schulfächer lernen Sie enpassant auch kennen:

» – Erdbeerkunde mit und ohne Schlagrahm – und Seeografie. Ja, und dann die Marterhatmich – dazu kam jede Woche ein alter Zitteraal und mit dem lernten wir Zusammenquälen, Abmühen, Kahldehnen und Bruchlächeln.«
(Seite 136, Alice im Wunderland)

Bis spätestens!

Alice-Schaukelpferdfliege

Illustration von Floor Rieder © Gerstenberg Verlag 2015

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.gerstenberg-verlag.de/Kinderbuch/Kinderliteratur/Alice-im-Wunderland-Alice-hinter-den-Spiegeln.html

Der Autor:

»Lewis Carroll, (1832-1898), Pseudonym von Charles Lutwidge Dodgson, lehrte Mathematik am Christ Church College in Oxford. Eines schönen Sommertags im Jahr 1862 lud er die Töchter des Dekans- die elfjährige Alice Liddell und ihre beiden Schwestern – zu einer Bootsfahrt ein. Zum Zeitvertreib erzählte er ihnen eine Geschichte über das Mädchen Alice und ihre bemerkenswerten Erlebnisse. Drei Jahre später, 1865, erschien die Geschichte als ALICES ABENTEUER IM WUNDERLAND in Buchform und fand sofort großen Anklang.
Angeregt von dem Schachunterricht, den er Alice erteilte, begann Lewis Caroll 1868 mit einem zweiten Teil: ALICE HINTER DEN SPIEGELN. Dieses Buch erschien zu Weihnachten 1871 und wurde ein noch größerer Erfolg.«

Die Illustratorin:

»Floor Rieder, geb. 1985 in Zwolle, studierte Illustration an der Hochschule für Bildende Künste und arbeitet sie für Zeitungen und Zeitschriften. Für ihr Debüt, das inzwischen vielfach ausgezeichnete Buch EVOLUTION oder DAS RÄTSEL VON ALLEM, WAS LEBT, das auch für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert wurde, erhielt sie in den Niederlanden u.a. den Goldenen Pinsel, den Preis für das am besten illustrierte Kinderbuch des Jahres. Die Jury nannte ihre Illustrationen witzig, innovativ und gleichzeitig informativ, das Buch sei ein wahres Kunstwerk.
Für die vorliegende Prachtausgabe des Klassikers von Lewis Carroll verwendete Floor Rieder eine alte Kratztechnik in Kombination mit moderner Computergrafik. Es gelang ihr, eine neue, zeitlose Alice zu schaffen, die man sofort ins Herz schließt.«

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