DUDEN Vergessene Wortschätze 2023

  • Tagesabreißkalender
  • Autor: Dr. Maik Goth
  • Harenberg Verlag https://harenberg-kalender.de/
  • Blockbindung
  • 640 Seiten
  • Format: 11 x 14 cm
  • 14,99 € (D/A)
  • ISBN 978-3-8400-2893-9

Vergessene Wortschätze 2023 DUDEN
ETYMOLOGIE – spannend wie ein Krimi

Kalenderrezension von Ulrike Sokul ©

Mit dem Tagesabreißkalender „DUDEN Vergessene Wortschätze“ reisen wir auf Wörterflügeln durch Raum und Zeit und bereichern ebenso historisch-nostalgisch wie amüsant-geistreich unseren Wortschatz.

Lang ist es her, daß Fotos mit der Pocketkamera gemacht wurden, für Tele- fonate noch ein stationärer Fernsprechanschluß gebraucht wurde, Filme nur im Lichtspieltheater zu sehen waren und Jugendliche sich beeumelten. Noch länger – also weiland – ist es her, daß soignierte Menschen wonniglich in Gemächern mit feinen Draperien wohnten und sich Galan und Huldin ins Antlitz schauten, um in einer Liaison zusammenzufinden.

Auf der Vorderansicht jedes Kalenderblattes steht ein altmodisches Wort, das den zahlreichen neuaufgenommenen Stichwörtern aus dem Duden weichen mußte, und auf der Rückseite erlesen wir die Herkunft, den Be- deutungswandel und die Verwendung des angesprochenen Wortes sowie die eine oder andere interessante oder heitere Anekdote, die sich damit verbindet.

Dank dieser wortwörtlichen Tagesdosis können mithin bemerkenswerte Begriffe vor dem Vergessen bewahrt werden und buchstäblich wieder ins Gespräch kommen.

Von den mehr als 300 Wörtern dieses Kalenders waren mir (Jahrgang 1964) verhältnismäßig wenige gänzlich unbekannt, woraus ich schließe, daß diese kalendarische Wortsammlung je nach Generationenzugehörigkeit mehr oder weniger „altmodisch“ klingt. Doch selbst noch vertraute Wörter be- kommen durch die etymologische, linguistische und historische Herleitung deutlich mehr Tiefenschärfe und Substanz.

Viele deutschsprachige Wörter wurzeln selbstverständlich im Alt-, Mittel- und Neuhochdeutschen oder sie entstammen Martin Luthers bibelüber- setzerischen Wortschöpfungen. Nicht wenige sind auch lateinischen, griechischen oder jiddischen Ursprungs.

Und dann gibt es sogar Wörter, die nur eine scheinbare Entlehnung aus einem anderen Sprachraum sind. So klingt das Wort „paletti“ zwar ausge- sprochen italienisch, aber es gibt gar kein entsprechendes italienisches Wort. Eine solche linguistische Unerklärlichkeit wird mit dem  Fachbegriff „Allogenismus“ bezeichnet.

Dieser Kalender bietet anregende, interessante und kurzweilige Erkennt- nisse für sprachliebhaberische Wortspieler und eloquente Wortgespielin- nen. Kundig, eingängig und vergnüglich vermittelt er auch dem nicht- akademischen Lesepublikum die entdeckungsfreudige Spannung wortge- schichtlicher Spurensuche.

Wem bisher noch nicht hinlänglich bewußt war, wie hoffnungsvoll alt- modisch ich bin, wird dies angesichts dieser Kalenderbesprechung nicht mehr überlesen können.

Derohalben geruhe ich, nicht nur die mir gar nicht altmodisch, sondern geläufig erscheinenden Worte regelmäßig weiter zu nutzen, sondern mir die zuvor noch nicht bekannten und besonders genehmen aus dem Kalender zu pflücken und meinem Wortschatze bereichernd hinzuzufügen. So wird mir beispielsweise hinkünftig bei passender Gelegenheit vorzüglich das schmackhafte Schimpfwort „Piesepampel“ munden.

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Donnerwetter, nun schlaft mal schön!

  • Vierundzwanzigeinhalb Gutenachtgeschichten von Fuchs und Hase
  • Text und Illustrationen von Kristina Andres
  • Moritz Verlag, Februar 2022 www.moritzverlag.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 24,7 cm x 19,5 cm x 1,6 cm
  • 128 Seiten
  • ISBN 978-3-89565-421-3
  • Kinderbuch ab 6 Jahren

Donnerwetter, nun schlaft mal schön!
WIE  SICH  FUCHS  UND  HASE  GUTE  NACHT  SAGEN

Kinderbuchrezension von Ulrike Sokul ©

„Fuchs und Hase lebten weit weg, hinter den Maulwurfshügeln, in einem kleinen hellen Haus.“ (Seite 11)

Schon dieser erste Satz der ersten Geschichte führt uns in den überschaubaren kleinen Lebensraum von Fuchs und Hase ein. Die beiden Freunde sind einander sehr zugewandt und meistern gemeinsam ihren Alltag und die kleinen Probleme und Freuden, die das Leben so mit sich bringt. Einige benachbarte, mehr oder weniger nette Tiere, wie Elefant, Känguru, Oma Wolf und Pastor Kohlmeise sowie Lotte, die Schäferhündin mit ihren Schafen, ergänzen das tierische Geschichtenpersonal.

Fuchs und Hase spielen und essen gerne, und sie sind sehr experimentierfreudig. So überlegen sie sich alternative Formulierungen zum Gutenachtsagen und zum Schäfchen-zählen, hängen sich kopfüber in den Birnbaum, um die Schlafposition von Fledermäusen auszuprobieren, sie beißen in Wolken und veranstalten Abenteuernächte am Badesee, sie versuchen sich an Winterschlaf im Sommer und eröffnen einen erfolgreichen Gurkentauschhandel, sie gehen seltsame Umwege, um ins Haus zu kommen, und zu Weihnachten machen sie sich gegenseitig aufmerksame Geschenke.

Die Geschichten sind alle heiter und unaufgeregt aber auch etwas schräg und skurril. Der Erzählstil ist einfach, wartet gleichwohl wiederholt mit originellen Wortschöpfungen und schönen sprachspielerischen Passagen auf, die das kindliche Ausdrucksvermögen unterhaltsam erweitern.

Die farbigen, häufig ganz- und doppelseitigen Illustrationen bereichern die Geschichten um anschauliche Szenerien. Da hier Text und Illustration aus einer Hand stammen, korrespondieren die Bilder stets besonders gut mit der Erzählstimmung.

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https://www.moritzverlag.de/Alle-Buecher/Donnerwetter-nun-schlaft-mal-schoen.html

Die Autorin und Illustratorin:

»Kristina Andres, geboren 1971 in Greifswald, wuchs in Mecklenburg auf, wo sie heute wieder lebt. Sie studierte zunächst Kunstgeschichte und Literatur in Hamburg und wechselte dann an die dortige Hochschule für bildende Künste. Seit 2002 ist sie als freischaffende Künstlerin tätig. Ihre Kinderbücher erscheinen bei zahlreichen Verlagen.
Weil sich vor ihrer Haustüre Fuchs und Hase sprichwörtlich Gute Nacht sagen, kam sie auf die Idee, auch über sie einmal Geschichten zu schreiben.«

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Der kleine blaue Schirm

  • Text von Brigitte Weninger
  • Illustrationen von Katharina Sieg
  • annette betz Verlag, 2019 www.annettebetz.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 22 x 28 cm
  • 32 Seiten
  • 14,95 € (D), 15,40 € (A)
  • ISBN 978-3-219-11790-5
  • Bilderbuch ab vier Jahren

MIT SCHIRM, CHARME UND PHANTASIE

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Es ist Sommer, und der kleine Förstersohn spielt draußen im Schatten seines kleinen blauen Schirms. Die Mutter ruft den Sohn zum Mittagessen ins Försterhaus, der Schirm bleibt liegen und wird plötzlich von einem wilden Wind fortgetragen, bis er in einem Baum hängenbleibt.

Frau Eichhorn findet den Schirm und hält ihn für ein Wolkenspringding. Doch diese Fall-schirm-Funktion erfüllt er keineswegs, und Frau Eichhorn läßt den abgestürzten Schirm enttäuscht auf dem Waldboden liegen. Dort wird er von den Rabenkindern entdeckt, die sogleich erkennen, daß dies ein Rundumsauser sei, und so darf Vater Rabe den Schirm am Schirmband ziehen und kreiseln lassen, bis ihm schwindelig und grün um den Schnabel wird.

Illustration: © Katharina Sieg, Annette Betz in der Ueberreuter Verlag GmbH, Berlin 2019

Der Schirm wird vom nächsten Windstoß zum Teich geweht und dort vom Frosch als Windfängersegel genutzt. Aber auch diese Nutzung ist nur von kurzer Dauer. Schließlich läßt der Frosch den inzwischen mit Wasser gefüllten Schirm am Ufer liegen.

Mama Maus und ihre Kinder kommen erhitzt und verschwitzt am Teichufer vorbei, und Mama Maus erlaubt den Mäusekindern, in das blaue Plitschplatschbecken zu springen, um sich abzukühlen.

Plötzlich frischt der Wind auf, weil sich ein Gewitter ankündigt, und wieder wird der Schirm weitergeweht. Diesmal landet er auf einer Kleewiese und wird vom Hasen als willkommenes Kleetrockenhaltedach in Empfang genommen. So sitzt der Hase im Trock-enen, während es außerhalb des beschirmten Dachs nun tüchtig regnet und schüttet. Nach und nach kommen auch die anderen Tiere zum Hasen unter das „Dach“, und sie erzählen sich gegenseitig, was das blaue Ding ihrer Ansicht nach sei.

Illustration: © Katharina Sieg, Annette Betz in der Ueberreuter Verlag GmbH, Berlin 2019

Das Gewitter endet, die Tiere zerstreuen sich und gehen wieder ihrer Wege, und der kleine Försterjunge spaziert mit Gummistiefeln über die Wiese und wundert sich, wie sein Schirm wohl dorthin gekommen sei.

Die natürlich-farbenfrohen Illustrationen von Katharina Sieg geben dieser Geschichte ein dynamisches Bühnenbild mit vielen entdeckenswerten Details. Die differenzierte, ausdrucksvolle Mimik und Körpersprache der Figuren bereichern den Text um anschauliche emotionale Ausstrahlung.

Brigitte Weninger erzählt mit warmherzig-heiterem Tonfall und mit sprach- schöpferischem Wortwitz, auf welche durchaus sinnvollen Zweckentfrem- dungen die Tiere angesichts des blauen Schirms kommen. Solche Ideen könnten selbstverständlich auch von phantasiebegabten Kindern stammen oder weniger phantasiebegabte Kinder zu kreativen Ideen animieren. Die amüsanten Wortschöpfungen regen Kinder zudem zur spielerischen Erweiterung des Wortschatzes an. Denn warum sollte ein Drehkarussell nicht als Zweitname Rundumsauer heißen?

 

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.ueberreuter.de/produkt/der-kleine-blaue-schirm/

 

Die Autorin:

»Brigitte Weninger arbeitete 20 Jahre lang als Kindergartenpädagogin, bevor sie sich 1999 als Autorin selbständig machte. Seither sind rund 60 Kinderbücher erschienen, die in 35 Sprachen übersetzt wurden. Ihre 13-teilige PAULI-Serie (illustriert von Eve Tharlet) wurde weltweit 4 Millionen Mal verkauft. Brigitte Weninger lebt mit ihrer Familie in Kufstein.«  https://www.brigitte-weninger.at/

Die Illustratorin:

»Katharina Sieg, geboren 1982 in Lippstadt, studierte Illustration in Hamburg, wo sie heute als freischaffende Illustratorin lebt. Am liebsten illustriert sie Kinderbücher, z.B. als Mitglied der Gruppe Krickelkrakel. Ihr Werk ist von lustigen, verträumten und charman-ten Figuren bevölkert, ihre Bilder stecken voll witziger und überraschender Ideen.«

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Querverweis:

Hier entlang zum Vorgängerband „Der kleine rote Pullover, der im Winter spielt und amüsante tierische Zweckentfremdungen eines roten Kinderpullovers inszeniert.  https://leselebenszeichen.wordpress.com/2020/10/28/der-kleine-rote-pullover/

 

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Anna und Anna

  • von Charlotte Inden
  • Carl Hanser Verlag,  Juli 2013  http://www.hanser-literaturverlag.de
  • 174 Seiten
  • gebunden
  • 12,90 €
  • ISBN  978-3-446-24172-5
  • Taschenbuchausgabe  dtv Februar 2015  http://www.dtv.de
  • 7,95 € (D), 8,20 € (A)
  • ISBN 978-3-423-62597-5
  • Kinderbuch ab 12 Jahren
    Inden_24172_MR1.indd

H E R Z E N S B I L D U N G

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

„Anna und Anna“ von Charlotte Inden ist eine ausgesprochen entdeckenswerte Ausnahmeerscheinung auf dem gegenwärtigen Jugendbuchmarkt.

Ein Jugendbuch in Form eines Briefromans zu schreiben finde ich gewagt, aber in diesem Falle sehr gelungen. Die Gefühlsausdruckspalette geht weit über das belanglose E-Mail- oder SMS-minimalistische „hi, smile, grins“ hinaus und beschenkt uns mit solch schönen Wortschöpfungen wie: weihnachtswunschlosglücklich (Seite 144)

Oma und Enkelin tragen den gleichenVornamen, und sie haben ein wirklich inniges und vertrauensvolles Verhältnis zueinander. Oma Anna und Enkelin Anna schreiben sich wechselseitig Briefe, in denen sie sich sehr ehrlich und gefühlvoll berichten, was sie betrifft und bewegt.

Die junge Anna ist zum ersten Mal verliebt – in ihren Kindheitsfreund Jan, und die alte Anna ist zum letzten Mal verliebt – in Henri. Beide Annas schreiben außerdem Briefe, die nie abgeschickt werden, die also mehr wie eine Tagebucheintragung oder ein gefühlsordnendes Selbstgespräch erscheinen.

Wir nehmen bei der Enkelin Anna teil an Liebesunsicherheiten und an der rührend-verletzlichen Aufregung über das Gelingen des ersten Kusses, aber auch an der Fürsorge und Anhänglichkeit gegenüber der Oma. Bei Oma Anna sind die Herzensangelegen- heiten lebenserfahrungsbedingt zwar abgeklärter, gleichwohl hat auch sie viel Herzklopfen auszuhalten, zumal Henri sie zu einer abenteuerlichen Weltumsegelung einlädt.

Der abwechselnd alte und junge Blick auf die Geschehnisse ist sehr einfühlsam und glaubwürdig.

In diesem Jugendbuch geht es um das Lieben und Lassen, Binden und Lösen, Blühen, Reifen, Fruchten und Welken, Weinen und Lachen, zu denen das Leben uns alle immer wieder herausfordert. Selten habe ich ein Buch gelesen, das diese Themen in einer solch leisen und leichten, ja: in der Schwebe des Lebendigen gehaltenen Sprache wiedergibt.

Charlotte Inden vermittelt anschaulich, daß Briefe etwas ganz Wertvolles sind, besonders wenn sie so schön lebendig und wahrhaftig geschrieben werden wie in diesem Liebes-Briefroman.

Und nach der Lektüre solcher Briefe lassen sich hoffentlich einige (junge und alte) Leser dazu anregen und inspirieren, selbst  zur Feder zu greifen und ihren Empfindungen und Erfahrungen Wortgestalt zu geben.

 

PS:
Die Gestaltung des Titelbildes ist auffällig unauffällig und spiegelt bei aufmerksamer Betrachtung sehr präzise die Buchstruktur. Ein cremeweißer Hintergrund, der an altmodisches Briefpapier erinnert, wird von tintenblauen Linien durchzogen, die in Schreibschrift Titel und Autorin benennen und  kleine Wellenkräusel und ein Segelboot andeuten. Parallel zu den blauen Linien laufen rote Linien, die sozusagen den roten Faden illustrieren, der auf der Buchvorderseite von einem kleinen Herzen gekrönt wird und auf der Buchrückseite in einen Anker ausläuft.

 

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/anna-und-anna/978-3-446-24172-5/

Die Autorin:

»Charlotte Inden, geboren 1979, studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Film- und Fernsehwissenschaften in Marburg, London und Straßburg. Sie lebt mit ihrem Mann in Karlsruhe, arbeitet als Redakteurin bei einer Tageszeitung und hat eine Botschaft an die Welt:
Schreibt mehr Briefe!«

Dem kann ich nur zustimmen!

 

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