Das Leben der Eichhörnchen

  • von Josef H. Reichholf
  • mit Illustrationen von Johann Brandstetter
  • Carl Hanser Verlag 2019 www.hanser-literaturverlage.de
  • gebunden
  • mit Schutzumschlag
  • 224 Seiten
  • 20,00 € (D), 20,60 € (A)
  • ISBN 978-3-446-26407-6

EICHHÖRNCHEN – EINFACH UNWIDERSTEHLICH!

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Josef H. Reichholf hat bereits vor zehn Jahren mit seinem bekannten Buch „Raben-schwarze Intelligenz. Was wir von Krähen lernen können“ https://www.piper.de/buecher/rabenschwarze-intelligenz-isbn-978-3-492-25915-6 mein Wissen über Rabenvögel erweitert und meine Zuneigung zu ihnen beflügelt. Mit seinem neuen Buch „Das Leben der Eichhörnchen“ bietet er nun eine ganzheitlich Darstellung der Lebensbedingungen, Bedürfnisse und Verhaltensweisen von Eichhörnchen.

Der erste Teil des Buches widmet sich der Biologie des Eichhörnchens, seinen körper- lichen Gegebenheiten und Fähigkeiten, der extremen Beweglichkeit, dem Energie- haushalt, der Tarnung, dem Nestbau und der Reproduktion, der Flexibilität hinsichtlich geeigneter Lebensräume (Eichhörnchen sind sehr erfolgreiche Kulturfolger), seiner Nahrung und Vorratshaltung sowie seinem Spielverhalten.

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Eichhörnchen nicht grünfellig oder grünbraun-camouflagefarben sind? Wären sie als Baumbewohner dann nicht besser getarnt? Tja, das ist die anthropozentrische Betrachtungsfalle: Wir Menschen sehen Farben anders als die meisten Säugetiere, die nämlich häufig rotgrünblind sind und für die rote und grüne Farbtöne als Abstufungen von grau und/oder braun erscheinen. Hinsichtlich des natürlichen Hauptfeinds des Eichhörnchens, dem Baummarder, sind also – seiner Rotgrünblindheit wegen – unsere rotbraunen Eichhörnchen farblich optimal getarnt.

Im zweiten Teil wendet sich der Autor verschiedenen Eichhörnchenarten und Hamstern, Mäusen, Ratten, Siebenschläfern, Bibern, Murmeltieren und weiteren europäischen Nagetieren zu. Herbei werden vergleichend Gemeinsamkeiten und Unterschiede der körperlichen Spezialisierung sowie der Ernährung, Anpassungsfähigkeit, Überlebens-strategie und notwendigen ökologischen Mitweltbedingungen dargestellt.

Im  dritten Teil folgt ein berührender, persönlicher Bericht des Autors über die Aufzucht eines Siebenschläfers. Reichholf war noch Zoologiestudent, als bei ihm zu Hause zwei winzige Siebenschläferbabys abgegeben wurden. Es gelang ihm, eines der Jungtiere zu retten, und es bekam den Namen „Schmurski“. Schmurski lebte viele Jahre einträchtig mit Reichholfs Familie zusammen, war stubenrein, neugierig, zutraulich, kommunikativ und verspielt und eine lebhafte Bereicherung für alle. Erst im dritten Winter futterte er sich genug Fett an, um in den arttypischen Winterschlaf zu fallen. Sein Schlafkästchen wurde in einen ungeheizten Raum gestellt, und so konnte Schmurski seinem natür- lichen Jahresrhythmus folgen und den ganzen Winter verschlafen. Die possierlichen und amüsanten Erfahrungen und Szenen, von denen der Autor berichtet, zeugen vom wechselseitigen Wert solcher Nahbeziehungen zwischen Mensch und Tier.

Derartige Rettungsbemühungen sind heutzutage genehmigungspflichtig. Eine arten-schutzrechtliche Ausnahmegenehmigung ist ein bürokratischer Aufwand, den nur wenige Menschen auf sich nehmen. Artenschutz ist wichtig, und es sollten selbst- verständlich keine Tiere willkürlich aus Nestern entnommen werden. Aber es sollte willigen Naturfreunden erlaubt sein, verwaiste Wildtiere zu retten. Der Autor kritisiert, daß beispielsweise die Aufzucht eines verwaisten Eichhörnchens einer Genehmigung bedarf, während die Forstwirtschaft bei der Holzernte genehmigungsfrei ganze „Nester mit den kleinen Jungen darin vernichten“ darf. Offensichtlich ist für wirklich sinnvolle Arten- und Naturschutzregelungen noch reichlich Nachbesserungsbedarf.

„Das Leben der Eichhörnchen“ bietet eine animierende Kombination aus interesseweckender Wissensvermittlung und persönlichem Naturerleben. Der Autor versteht es, naturwissenschaftliche Details und komplexe Zusammenhänge eingängig zu beschreiben und wichtige, ja, notwendige Denkanstöße hinsichtlich einer wesentlich größeren Achtsamkeit und komplexeren Betrachtungsweise gegenüber der Natur und ihren Geschöpfen zu geben.

 

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/das-leben-der-eichhoernchen/978-3-446-26407-6

Eine weitere Besprechung findet sich auf Jargs Blog:
Das Leben der Eichhörnchen : mit Illustrationen von Johann Brandstetter / Josef H. Reichholf

 

Der Autor:

»Prof. Dr. Josef H. Reichholf, 1945 in Niederbayern geboren, Evolutionsbiologe, war bis April 2010 Leiter der Wirbeltierabteilung der Zoologischen Staatssammlung München und Professor für Ökologie und Naturschutz an der Technischen Universität München. Er ist Träger der „Treviranus-Medaille“, der höchsten Auszeichnung der Deutschen Biologen, und des Grüter-Preises für Wissenschaftsvermittlung. 2007 wurde er zudem mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ausgezeichnet. 2010 wurde sein Bestseller „Rabenschwarze Intelligenz“ als „Wissenschaftsbuch des Jahres“ prämiert. Zuletzt erschienen von ihm „Evolution – Eine kurze Geschichte von Mensch und Natur“ (2016), der als Wissensbuch des Jahres ausgezeichnete Band „Symbiosen“ und „Haustiere“ (beide 2017 in der Reihe Naturkunden), Schmetterlinge – Warum sie verschwinden und was das für uns bedeutet (2018) sowie Das Leben der Eichhörnchen (2019).«

Querverweis:

Für alle Eichhörnchenliebhaber empfehle ich ergänzend sehr gerne noch die entzückend lebendigen und warmherzigen HERR-EICHHORN-Bilderbücher von Sebastian Meschenmoser:

HERR EICHHORN UND DER MOND
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2014/08/19/herr-eichhorn-und-der-mond/
HERR EICHHORN UND DER ERSTE SCHNEE
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2014/08/21/herr-eichhorn-und-der-erste-schnee/
HERR EICHHORN UND DER BESUCHER VOM BLAUEN PLANETEN
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2014/08/28/herr-eichhorn-und-der-besucher-vom-blauen-planeten/
HERR EICHHORN WEISS DEN WEG ZUM GLÜCK
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2014/08/26/herr-eichhorn-weis-den-weg-zum-gluck/
HERR EICHHORN UND DER KÖNIG DES WALDES
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2015/09/22/herr-eichhorn-und-der-koenig-des-waldes/

 

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Der Tierigent

  • Text von Cornelia Boese
  • Illustrationen von Manuela Olten
  • Gerstenberg Verlag Juni 2019 www.gerstenberg-verlag.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 25 x 27 cm
  • 32 Seiten
  • durchgehend farbig
  • 14,00 € (D), 14,40 € (A), 19,50 sFr.
  • ISBN 978-3-8369-6025-0
  • Bilderbuch ab 4 Jahren

EIN  PLATZ  FÜR  DEN  SPATZ

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

„Der Tierigent“ zeigt Kindern in heiteren Bildern und – dank des gelungenen vers-förmigen Begleittextes von Cornelia Boese – auch sprachmelodisch, die Vielsaitigkeit von Musikinstrumenten. Der Hauptcharakter, ein niedlicher Spatz mit einem festlichen Zylinder auf dem Köpfchen, weckt spontan Sympathie und Empathie, und man wünscht ihm unwillkürlich, daß sein unermüdlicher musikalischer Eifer zum Ziel führen möge.

Im Stadtpark auf der Freilichtbühne probt eine Schar von Tieren für ein Konzert. Der Spatz möchte gerne mitmusizieren, aber egal bei welchem Tier er nachfragt: keines traut ihm ein Instrument zu.

Bei den Streichern wird ihm gesagt, er sei zu klein, für die Holzblasinstrumente fehlten ihm die Tatzen, für die Blechblasinstrumente fehlte ihm der lange Atem, das Schlagzeug ist dem Spatz zu laut, und auch ein zartes Schnabelzupfen an der Harfe führt nicht zum gewünschten Erfolg. Und von seinem Spatzentschilp-Gesang wollen die Musikantentiere auch nichts hören.

Inzwischen hat sich ein kunterbuntes Publikum eingefunden, und der betrübte Spatz setzt sich ganz still dazu.

Illustration von Manuela Olten © Gerstenberg Verlag 2019

Das Konzert beginnt, doch von Wohlklang und Harmonie ist es weit entfernt. Alle spielen durcheinander und versuchen sich zu übertönen. Da hat der Fuchs ein weises Einsehen, bittet um Ruhe und erklärt, daß sie einen Leiter brauchten, der über Einsatz, Rhythmus, Ton und Takt bestimmt, und er wüßte da auch schon:

 „ein künstlerisch begabtes Tier,
 das alle Instrumente kennt.
 Herr Spatz, sei du der Dirigent!“

Hochmotiviert betritt der Spatz die Bühne, verbeugt sich und dirigiert als wahres Natur-talent mit beflügeltem Rhythmus die Vielfalt der Instrumente und Musiker zu einem harmonisch-klangvollen und fröhlichen Miteinander.

Illustration: Manuela Olten © Text: Corneilia Boese © Gerstenberg Verlag 2019

Im Anschluß an die Geschichte werden die beanspruchten vierzehn Musikinstrumente (Tuba, Horn, Trompete, Posaune, Fagott, Klarinette, Oboe, Querflöte, Schlagzeug, Harfe, Geige, Bratsche, Cello, Kontrabaß) auf einer Doppelseite noch einmal solo in Wort und Bild dargestellt.

Illustration von Manuela Olten © Gerstenberg Verlag 2019

Die Illustrationen von Manuela Olten geben der Handlung ein farbenfrohes und dynamisches Bilderbuchbühnenbild mit abwechslungsreichen, lustigen Tiercharakteren.

Diese tierisch musikalische Geschichte wird von Cornelia Boese in heiteren Reimen und Dialogen erzählt, so daß die Sprache selbst – sofern der geneigte Vorleser redlich mitmacht – auch als Instrument erklingen kann.

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.gerstenberg-verlag.de/Kinderbuch/Bilderbuch/Der-Tierigent.html?noloc=1

Die Autorin:

»Cornelia Boese, geboren 1970 in Würzburg, studierte an der Hochschule für Musik und arbeitete als Opernsouffleuse, Bühnenmusikerin und Kinderkonzertmoderatorin. Seit 2015 lebt sie als freischaffende Dichterin. Der Tierigent ist ihr drittes Buch bei Gerstenberg.« http://www.boesesouffleuse.de/

Die Illustratorin:

»Manuela Olten, geboren 1970, ist Fotografin und Diplom-Designerin. Sie studierte Illustration an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach, wo sie heute noch lebt. Manuela Olten wurde mit dem Troisdorfer Bilderbuchstipendium und dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet und war für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.«

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