- Wie ich Imkerin wurde und mein Leben zu summen begann
- von Erika Mayr
- mit Anne Kunze
- Knaur Taschenbuch Verlag http://www.droemer-knaur.de
- überarbeitete Neuausgabe März 2018
- Taschenbuch
- 254 Seiten
- 10,99 € (D), 11,30 € (A)
- ISBN 978-3-426-78968-1
B I E N E N B E G E I S T E R U N G
Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©
In einem lebhaften, lockeren Plauderton berichtet Erika Mayr davon, wie sie bei den Bienen gelandet ist. Ihr Lebenslauf führte sie nach vollbrachter Gärtnerinnenausbildung von Bayern nach Berlin. Dort beginnt sie ein Gartenbaustudium und arbeitet nebenbei als Aushilfe in einer Bar. Sie lebt sich ein, schließt Freundschaften und beschäftigt sich u.a. mit der Biodiversität innerstädtischer Brachflächen.
Dies führt zu ersten Kontakten mit Berliner Stadtimkern und zu reger Bienenbegeister-ung. Erika Mayr findet einen erfahrenen Imkerpaten und lernt das Imkern. Inzwischen stehen ihre Bienenstöcke auf dem Dach eines Hochhauses in Kreuzberg, und Erika Mayr kann ihren lokal erzeugten „Stadtbienenhonig“ verschenken, verkaufen und gelegent- lich auch gegen eine Dienstleistung oder ein anderes Lebensmittel eintauschen.
Ebenso unterhaltsam wie spannend verknüpft Erika Mayr ihren persönlichen Weg zu den Bienen mit anschaulich-sinnenfrohem Fachwissen über Bienen und Imkerei. Wissenswabe fügt sich an Wissenswabe, und wir erlesen den Lebenszyklus der Biene, die Feinheiten ihrer Kommunikationstanzkunst, die beträchtliche Bestäubungsleistung (40 000 Blütenpflanzen sind auf Bienenbestäubung angewiesen), den Nektarertrag und die faszinierenden Einzelheiten der Wachsherstellung, Bienensterben, Bienenrettung, Bienenpflege sowie Theorie, Praxis und Geschichte des Imkerns – hinzu kommen Betrachtungen zu Land- und Stadtleben, Landwirtschaft, Naturschutz, Nachhaltigkeit und lokalen Formen des Wirtschaftens.
Zum Bienensterben formuliert die Autorin einen Gedanken, dessen Fehlen mich bei den Auseinandersetzungen zu diesem Thema schon lange gewundert hat. Der Mensch nimmt den Bienen den Wintervorrat an Honig und ersetzt ihn durch Sirup. Wir wissen, welche krankhaften Folgen der Verzehr von Industriezucker für Menschen hat; da ist es naheliegend, die Schwächung der Bienenvölker auch im Zusammenhang mit der Sirupfütterung zu sehen. Sehr wahrscheinlich wäre es für die Gesundheit und die natürliche Abwehrkraft der Bienen besser, ihnen für den Winter mehr von ihrem eigenen Honig zu überlassen.
Das urbane Imkern funktioniert, weil Städte inzwischen oft über eine größere Biodi-versität verfügen als das Land. Anstelle großflächiger Monokulturen mit regelmäßiger Giftdusche und einem zeitlich begrenzten Blütenangebot findet man in Städten kleinteilige Strukturen und eine Vielzahl unterschiedlicher Pflanzen. Es wäre gut, wenn die Bedürfnisse von Bestäuberinsekten bezüglich blühender Bäume, Sträucher und Wildblumenoasen vermehrt in die städtische Grünflächenplanung und -Gestaltung einflössen – am besten im Austausch mit örtlichen Imkern.
In der Berliner Innenstadt gibt es dank der Empfehlung des Gärtners und Imkers Karl Förster viele Trachtbäume, „die in ihrer Blütezeit alle nahtlos aufeinander folgen: Kastanie, Ahorn, Robinie und Linde.“ (Seite 163)
Mit ansteckender Begeisterung beschreibt Erika Mayr das Leben und Wirken sowie die lebenswichtige Bedeutung der Bienen und die handwerklichen Tätigkeiten und die kontemplativen, naturverbundenen Freuden des Imkerns. So vertieft sie die Hochachtung vor Bienen und die Wertschätzung für das Imkerhandwerk. Dieses Buch kann ganz gewiß Leser auf den honigsüßen Geschmack des Imkerns bringen.
Ein Glossar mit relevanten Fachbegriffen und ein informativer Hinweis auf die Initiative „Netzwerk Blühende Landschaft“ runden das Buch animierend-praktisch ab.
Beim „Netzwerk Blühende Landschaft“ kann man u.a. mehrjährige Saatgutmischungen für die Anlage von Bienenweiden und Wildblumenwiesen bestellen: http://www.bluehende-landschaft.de
Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.droemer-knaur.de/buch/9559439/die-stadtbienen
Die Autorin:
»Erika Mayr, geboren 1973, stammt aus Oberbayern. Früh zog es die gelernte Gärtnerin nach Berlin, wo sie mit dem Stadtimkern in Berührung kam. Schnell stand der Ent-schluss: „Ich möchte ein Bienenvolk.“ Seit sie ihren ersten Bienenstock bekommen hat, setzt sie sich für die sympathischen Honiglieferanten ein. In ihrem Kreuzberger Honig steckt die ganze Vielfalt der Großstadt.« http://www.stadtbienenhonig.com
Querverweis:
Als bienensummende, bienenperspektivische Ergänzung leseempfiehlt sich der Roman „Die Bienen“ von Laline Paull. Dieser Roman ist ein speziesübergreifender erzählerischer Annäherungsversuch an die komplexe Lebensform eines Bienenschwarms, übersetzt in menschliche Gefühlskategorien. https://leselebenszeichen.wordpress.com/2016/05/16/die-bienen/