Grüner geht’s nicht

Grüner geht’s nicht

  • Nachhaltig gärtnern auf dem Balkon
  • von Melanie Öhlenbach
  • KOSMOS Verlag 2021 www.kosmos.de
  • Klappenbroschur
  • Fadenheftung
  • 128 Seiten
  • 215 Fotos
  • Format: 240 x 170 x 14 mm
  • 18,00 € (D)
  • ISBN 978-3-440-17110-3

BALKON-BIOTOP

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Melanie Öhlenbachs Balkongartenratgeber leitet zusammenhängend und detailliert zum nachhaltigen Gärtnern auf kleinem Raum an. Von der Ausstattung mit Pflanz- gefäßen und Pflanzenerde, Gartenwerkzeugen, Bio-Saatgut, Pflanzenarten, Pflege- hinweisen und biologischem Pflanzenschutz bis hin zu tier- und insektenfreundlichen Gestaltungsmöglichkeiten orientieren sich alle vorgestellten gärtnerischen Materialien und Arbeitsschritte an Nachhaltigkeit und Ökologie.

Beim Gärtnern auf dem Balkon sind zunächst allerlei Gefäße für die Pflanzen erforder- lich. Es muß nicht alles neu sein, auch gebrauchte Pflanzgefäße, umfunktionierte Kochtöpfe und Küchensiebe, Obststiegen, Weinkisten, Weidenkörbe, Pflanztaschen aus gefilzter Jute, Dosen, ja, sogar angeschlagene Tassen und ausgediente Suppenkellen lassen sich bepflanzen. Tontöpfe und -Unterteller sind gut geeignet und atmungsaktiv. Aus gebrauchten Paletten lassen sich mehrstöckige Pflanzregale bauen …

Es versteht sich von selbst, daß Plastiktöpfe vermieden werden sollten. Doch wenn man sie beispielsweise beim Kauf  von Pflanzen zwangsläufig miterworben hat, kann man sie immerhin noch als Anzuchttöpfchen oder Ablegerverschenktöpfen weiternutzen, anstatt sie nach einmaliger Nutzung in den Plastikmüll zu geben.

Pflanzenerde sollte an die Bedürfnisse der Pflanzen angepaßt werfen: Schwachzehrer (Salate, Kräuter, Hülsenfrüchte) kommen beispielsweise mit „verbrauchter“ Erde zurecht, während Starkzehrer (Tomate, Zucchini) besser in frischer, nährstoffreicher Erde gedeihen. Alte Erde läßt sich zudem durch Hinzufügung von Feinkompost und Gesteinsmehl reanimieren.

Sehr einleuchtend und praxisnah ist der Hinweis, die Pflanzerde für kalkliebende Kräuter wie Borretsch, Lavendel, Thymian und Salbei mit fein zerstoßenen Eierschalen zu mischen oder wahlweise sehr fein gemahlene Eierschalen dem Gießwasser hinzu- zufügen.

Kaffee-, Teereste und abgestandenes Bier sind – mit Wasser verdünnt – natürliche Düngemittel. Auch Kaffeesatz kann gut getrocknet in die Erde eingearbeitet werden, allerdings maßvoll, um die Erde nicht zu übersäuern. Kleine Reste aus Milchflaschen oder Joghurtgläsern können mit Wasser ausgeschwenkt werden und ebenfalls als Flüssigdünger dienen.

Dieser Ratgeber vermittelt auf eingängige Weise Wissen über die angemessene Stand- ortwahl für Pflanzen, die Vermehrung über Teilung, Stecklinge und Samenernte, Tipps und Hilfsmittel zum nachhaltigen Bewässern und Gießen, diverse Mini-Kompostier- varianten (Bokashi, Wurmkomposter), Nützlinge und Insektennisthilfen sowie Wasser- tankstellen für Insekten und Vögel, selbstangesetzte Pflanzenbrühen aus Acker- schachtelhalm, Efeu, Knoblauch usw.

Kurzportraits zeigen in Wort und Bild eine überschaubare Pflanzenauswahl zum Kennenlernen: Die 12 ertragreichsten Balkongemüse, 8 Beerensorten, 10 Kräuter und      10 Bienenweideblumen nebst einer Auflistung von 12 hübschen balkontauglichen Wildpflanzen.

Hinweise auf samenfestes biologisches Saatgut, analoge und digitale Samentausch-börsen, diverse Adressen und Links zu Bio-Saatgut, Gefäßen, Gartengeräten, Alten Sorten, Mulch, Bewässerungshilfen, Bio-Dünger und Bio-Pflanzenschutzmitteln, Nisthilfen und Vogelfutter runden den Kursus in nachhaltigem Balkongärtnern weiterführend ab.

„Grüner geht‘s nicht“ bietet anschauliche balkongärtnerische Anleitungen, übersichtliche, sinnvoll abgestufte botanische Informationen und prak- tische Anregungen zur Wiederverwertung- und zum Selbermachen. Die zahlreichen schönen Fotos wecken Pflanzlust und Blütenvorfreude.

Eine nachhaltige Balkongestaltung und –Bepflanzung, wie sie Melanie Öhlenbach in ihrem Buch so animierend und inspirierend vorstellt,  belohnt uns mit ebenso köstlichem wie attraktivem natürlichen Mehrwert!

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.kosmos.de/buecher/ratgeber-naturfuehrer/garten/balkon-terrasse-zimmer/11634/gruener-geht-s-nicht

Die Autorin:

»Melanie Öhlenbach hat ihren tristen Stadtbalkon in einen bunten Mini-Garten ver-wandelt. Auf sechs Quadratmetern baut sie rund 50 unterschiedliche Sorten an Gemüse, Kräutern, Obst, Blumen und Wildpflanzen an. Nachhaltiges Gärtnern auf kleinem Raum vermittelt die Bremer Garten-Journalistin auf ihrem Blog KISTENGRÜN https://www.kistengruen.de, in Seminaren und nun auch in diesem Buch. Durch die Radiosendung „Grüner wird’s nicht“ auf Bremen Eins ist sie auch einem breiten Publikum in Norddeutschland bekannt.«

Querverweis:

Ergänzend bietet sich zudem noch das Sachbuch „Wilde Kübel – unkompliziert, naturnah und insektenfreundlich“ von Simone Kern an: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2020/07/02/wilde-kuebel/

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Der Klima Kalender 2021

  • Unser blauer Planet – Schönheit und Gefahren
  • Herausgegeben von Hermann Vinke
  • Verlag edition momente, 2020  www.edition-momente.com
  • Wochenkalender
  • 60 Blätter
  • 53 Fotos
  • vierfarbig
  • Format: 32,5 x 24 cm
  • Spiralbindung
  • 22,00 € (D/A), 33,50 sFr.
  • ISBN 978-3-0360-8021-5

PLANETARISCHE  FÜRSORGE

Kalenderbesprechung von Ulrike Sokul ©

Angesichts großer Probleme und Herausforderungen ist es stets dienlich, das unmittelbar Naheliegende zu tun und zugleich komplexere Zusammenhänge im Bewußtsein zu behalten. So geht der Verlag edition momente bei der Herstellung des neuen „Klima Kalenders 2021“ und auch aller anderen Kalender ganz praktisch und konkret voran: Alle Kalender wurden klimaneutral in Deutschland gedruckt und in Biofolie eingepackt, und das einstige transparente Plastikdeckblatt wurde einfach weggelassen.

Der Herausgeber Hermann Vinke weist mit kurzen prägnanten Texten und thematisch passenden Fotografien auf bereits deutlich erkennbare Schäden und damit verbundene Gefahren des Klimawandels hin sowie auf Handlungsbedarfe und auch auf mögliche Lösungen, Rettungschancen und erfolgreiche Nischenprojekte, die einen nachhaltigen Kurs verfolgen. Der Tonfall der Texte ist sachlich informativ und wird durch Hinweise auf weiterführende Webseiten von NGOs, Forschungsinstituten und engagierte Menschen ergänzt.

Das ABC der beschriebenen Klimaaspekte reicht von Arktis, Antarktis und Permafrost über den Greendeal und die Postcarbon-Ökonomie, die Zerstörungsgewalt von Grund-schleppnetzen und dreckschleuderigen Kreuzfahrtschiffen, Palmöl-Plantagen, Smog, Sturmflutwehren, warnenden Worten indigener Schamanen, dem Methanausstoß durch Viehzucht bis zu Zement.

Ein Satellitenfoto zeigt die Eisschmelze anhand wunderschöner tiefblauer Schmelz- wasserseen auf Grönland, ein anderes Foto illustriert anschaulich die weltweite Licht- verschmutzung, die mit ihren Flutlichtern, Hausbeleuchtungen, Leuchtreklamen, Scheinwerfern und Straßenlaternen nicht nur viel Strom verbraucht, sondern auch bei vielen nachtaktiven Insekten und Tieren sowie Zugvögeln zu Orientierungsstörungen führt. Wir schauen in die buchstäblichen Abgründe des Kupferbergbaus in der Atacama-Wüste und lesen am verschwundenen, isländischen Gletscher Okjökull die Nachruf-Gedenktafel vom August 2019 mit einem Brief an die Zukunft, nebst der präzisen Angabe des aktuellen Co₂-Gehalts von 415ppm.

Foto: Berner Oberland © Prisma by Dukas Presseagentur GmbH/Alamy Stock Photo

Gleichwohl finden sich auch Lichtblicke: Ein Frühlingshaiku vor rosa Wolken aus Kirsch-blüten oder ein blättergrüner Blick in das Instituto-Terra-Projekt des brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado und seiner Frau Lélia Salgado. Ein märchenhaftes Foto bemooster Bäume zeigt den neuseeländischen Nebelwald Te Urewera, der 2014 auf Initiative der Maori zu einer juristischen Person erklärt wurde, und somit einklagbare Schutzrechte genießt. Die Erwärmung der Städte läßt sich durch attraktive Fassadenbe-grünungen an Wolkenkratzern abmildern. Die NGO „Aqua Alimenta“ fördert in Afrika, Asien und Lateinamerika mit Hilfe von Pedalpumpen und Bewässerungssystemen die ökologisch-produktive Landwirtschaft von Kleinbauern und wirkt so Armut und Hunger entgegen. Schnell nachwachsender Bambus, der biegsam und doch härter als Stahl ist, könnte der nachhaltige und preiswerte Holzbaustoff der Zukunft werden, wie erste Bauexperimente schon erfolgreich bewiesen haben.

Foto: © iStock

Im Anschluß an die Kalenderwochenblätter finden sich ergänzend noch zwei Seiten mit einer „Auswahl von Initiativen und Forschungsvorhaben für innovative Lösungen zur Bewältigung des Klimawandels“.

„Der Klima Kalender 2021“ bietet eine ausgewogene Diagnose und foto- grafische Dokumentation von Gefahren, Erkenntnissen, Lösungswegen, Denkanstößen, Zitaten und Handlungsimpulsen zur Klimadebatte und zur Ökologie. Wir werden hier keineswegs durch einen Angst- und Panikdruck gegängelt, sondern vielmehr aus Liebe zum Leben, zur Natur und zu unserem Heimatplaneten dazu ermutigt, uns einerseits dem Schmerz der Erkenntnis dessen, was auf dem Spiel steht, zu stellen und anderseits selbst im Zuge der eigenen Lebensstilpraxis ein Mosaiksteinchen des Wandels zu sein.  

 

Hier entlang zum Kalender und zur Blätterprobe auf der Verlagswebseite:
https://www.edition-momente.com/kalender/klima-kalender-2021.html

Wer noch mehr zum ideellen und personellen Entstehungshintergrund sowie zur klimaneutralen Produktion des Klima Kalenders 2021 wissen möchte, kann dies unter der nachfolgend verlinkten SONNTAGSFRAGE des BÖRSENVEREINS (Fachzeitschrift für den Buchhandel) an die Verlegerin Elisabeth Raabe nachlesen.
https://www.boersenblatt.net/news/sonntagsfragen/ist-es-nicht-klimaschaedlich-fuer-2021-einen-klimakalender-zu-verlegen-frau

Der Herausgeber:

»Hermann Vinke war Redakteur bei Zeitungen und beim NDR in Hamburg, ARD-Fernost- korrespondent in Japan, USA-Korrespondent in Washington, Leiter des ARD-Studios Berlin/ Ostdeutschland, Programmdirektor Hörfunk bei Radio Bremen 1992 – 2000 und bis 2006 Radiokorrespondent für Ostmitteleuropa. Zahlreiche Veröffentlichungen u.a. „Das kurze Leben der Sophie Scholl“ (1981), „Cato Bontjes van Beek“ (2003) sowie eine Biografie über den deutschen Offizier Wilm Hosenfeld in Warschau, der den »Pianisten« rettete (2015). Übersetzungen ins Japanische, Amerikanische und Hebräische. Vinke berichtete bereits während seiner Korrespondententätigkeit in Tokio in den 1980er Jahren über Klimaschäden auf der Inselwelt des Zentralpazifik (Wir sind wie die Fische im Meer. Mikronesien: Verseucht, verplant, verdorben. Zürich: Arche 1984) und hat die Region vor zwei Jahren erneut besucht und seitdem mehrere Radio-Features und Vorträge verfasst.
Wissenschaftlich begleitet wurde Der Klima Kalender von Dr. Kira Vinke, Projektleiterin EPICC (East Africa Peru India Climate Capacities) am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.«

Es sei auch darauf hingewiesen, daß der Verlag edition momente außer dem hier besprochenen Klima Kalender noch vier weitere bemerkenswerte Kalender publiziert:

Der Kinder Kalender 2021  (bereits zuvor besprochen)
Mit 52 Gedichten und Bildern aus der ganzen Welt
Herausgegeben von der
Internationalen Jugendbibliothek, München
https://www.edition-momente.com/kalender/kinder-kalender-2021.html
Hier entlang zu meiner Kalenderrezension:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2020/11/12/der-kinder-kalender-2021/

Der Literatur Kalender 2021  (bereits zuvor besprochen) 
Momente der Hoffnung
Texte und Bilder aus der Weltliteratur
Herausgegeben von Elisabeth Raabe
https://www.edition-momente.com/kalender/literatur-kalender-2021.html
Hier entlang zu meiner Kalenderrezension:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2020/11/09/der-literatur-kalender-2021/

Der literarische Küchenkalender 2021
Mit Texten, Rezepten & Bildern
Herausgegeben von Sybil Gräfin Schönfeldt
https://www.edition-momente.com/kalender/literarischer-kuechenkalender-2021.html

Der Musik Kalender 2021
Musiker und ihre Sehnsuchtsorte
https://www.edition-momente.com/kalender/musik-kalender-2021.html
Als ebenso lesens- wie hörenswertes Gesamtkunstwerk empfehle ich für den Musik Kalender 2021 gerne die meisterhafte Besprechung von Random Randomsen: https://randomrandomsen.wordpress.com/2020/11/17/veredeln-statt-verubeln-%f0%9f%98%89/

 

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Der unbekannte Kosmos

  • Alexander von Humboldt
  • Feature von Hans Sarkowicz
  • Regie: Leonhard Koppelmann
  • mit Ulrich Noethen als Humboldt
  • gelesen von: Ulrich Noethen, Friederike Ott, Birgitta Assheuer,
  • Moritz Pliquet und Reinhart von Stolzmann
  • Produktion: Hessischer Rundfunk/Der Hörverlag 2019
  • erschienen im Hörverlag Mai 2019  http://www.hoerverlag.de
  • 8 CDs in Pappschachtel
  • Laufzeit: ca. 10 Stunden und 7 Minuten
  • Textbeilage mit Zeittafel, Inhaltsübersicht und
  • Originalzeichnungen
  • 40,00 € (D), 44,90 € (A), 52,90 sFr.
  • ISBN 978-3-8445-3305-7

DEN  ENTDECKER  ENTDECKEN

Hörbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Dieses Hörbuch-Feature von Hans Sarkowicz vermittelt durch wohlgewählte, klug kom- binierte Textauswahl und facettenreiches Geistesfunkeln einen ebenso lehrreich-interessanten wie vielstimmig-spannenden Einblick in Alexander von Humboldts Leben, Persönlichkeit und Werk.

2019 ist ein Alexander-von-Humboldt-Jubiläumsjahr. Vor 250 Jahren, am 14.9.1769, wurde Alexander von Humboldt geboren. Dies ist fürwahr Anlaß genug, dem gegen-wärtigen Lesepublikum Humboldts bemerkenswert weltläufiges – in seiner ganzheit- lichen, fächerübergreifend-weitsichtigen Perspektive erstaunlich aktuelles – Werk ins Bewußtsein zu rufen.

Die für das Hörbuch ausgewählten Originaltexte folgen einer chronologischen, topo-graphischen und thematischen Ordnung. Begleitet werden sie von konzentriert-zusammenfassenden Erläuterungen sowie zeitgeschichtlich und wissenschaftshistorisch einordnenden Kommentaren acht verschiedener Humboldt-Spezialisten (Prof. Dr. Oliver Lubrich, Prof. Dr. Stefan Brönnimann, Dr. Tobias Kraft, Dr. Ulrike Leitner, Prof. Dr. Jutta Müller-Tamm, Thomas Nehrlich M.A., Prof. Dr. Karl Schlögel, Prof. Dr. Heinz Veit) und einigen, recht amüsant-launigen Zeitzeugenberichten (z.B. aus der Feder Ludwig Börnes) sowie literarischen Querverweisen.

Humboldt war ein vielseitig interessierter Gelehrter und wißbegieriger Forscher. Er war Bergbaufachmann, Botaniker, Geograph und Kartograph und befaßte sich u.a. mit Anthropologie, Anatomie, Astronomie, Archäologie, Geologie, Klimatologie, Kunst, Mineralogie, Pflanzengeographie, Vulkanismus und Zoologie. Zusammen mit Goethe machte er in Jena galvanische Experimente und scheute sich dabei nicht, seinen eigenen Körper als Versuchsobjekt und Meßinstrument einzusetzen.

Als Bergbauspezialist konzentrierte sich Humboldt nicht nur auf die Erschließung von Bodenschätzen, sondern erfand auch ein Atmungsgerät und eine luftreinigende Gruben-lampe, welche die Sicherheit der Bergleute erhöhen sollte.

Die Länder, die uns heute als Ecuador, Kolumbien, Kuba, Mexiko, Peru und Venezuela bekannt sind, waren zu Humboldts Zeiten noch spanische Kolonien. Humboldt reiste mit einer Sondergenehmigung des spanischen Königs und in Begleitung des Arztes und Botanikers Aimé Bonpland von 1799 bis 1804 durch Süd- und Mittelamerika. Trotz der Strapazen empirischer Feldforschung in Urwäldern und bei gefährlichen Bergbestei-gungen protokollierte er unermüdlich seine Messungen, Beobachtungen, Entdeckungen und Erkenntnisse.

Stets führte er die neuesten und besten astronomischen und physikalischen Instru- mente (Barometer, Chronographen, Cyanometer, Elektrometer, Hygrometer, Sextanten, Thermometer usw.) mit sich und vermaß so buchstäblich die Welt, die er bereiste und erkundete. Die Natur und die fremde Landschaft faszinierten und begeisterten ihn; er sei, so schrieb er, in den Tropen ganz in seinem Element.

Seine Erfahrungen in den Kolonien machten ihn zu einem entschiedenen Kritiker und Gegner von Kolonialismus und Sklaverei, und er gab den Kampf für ein globales Verbot der Sklaverei niemals auf. Er beklagte die Zerstörung der kulturellen Zeugnisse der indi- genen Urbevölkerung (Azteken, Inkas und Mayas) durch die spanischen Eroberer und christlichen Missionare und setzte sich dafür ein, daß die verbliebenen Reste und die vom Vergessen bedrohten indigenen Sprachen erforscht, dokumentiert und bewahrt wurden.

Seinen Ruf als Universalgelehrter können wir guten Gewissens um den eines Humanisten ergänzen. Das nachfolgende Zitat von 1852 mag einen Eindruck seiner außergewöhnlich unabhängigen Geisteshaltung vermitteln:

„Indem wir die Einheit des Menschengeschlechts behaupten, widerstreben wir auch jeder unerfreulichen Annahme von höheren und niederen Menschenrassen. Es gibt bildsamere, höher gebildete, durch geistige Kultur veredelte, aber keine edlere Volksstämme. Alle sind gleichmäßig zur Freiheit bestimmt; … „

Humboldt war in vieler Hinsicht seiner Zeit voraus, er dachte in größeren Zusammen-hängen, forschte und schlußfolgerte interdisziplinär und erkannte damals schon den Einfluß menschlichen Handelns (Abholzungen) auf das Klima und betrachtete „die Natur als ein komplexes System von Wechselwirkungen“ – verfügte also bereits über eine ökologische Perspektive, als es den Begriff Ökologie noch garnicht gab.

Die stilistische Eleganz, fesselnde Eloquenz und anschauliche Ausdruckskraft seiner Sprache zeigen Humboldt als begabten Schriftsteller und empfindsam-aufnahme- fähigen, feinsinnigen Beobachter. Sein zeichnerisches Talent war eine nützliche Ergänzung – so konnte er seine Reiseberichte mit vielen naturalistischen Illustrationen auch bildlich dokumentieren.

Ulrich Noethen spricht Alexander von Humboldts Texte mit würdevoller Emphase und gibt ihnen lebhafte stimmliche Gestalt, und auch die versammelten Humboldt-Spezialisten können sich angenehm und redeflüssig hören lassen.

Die akustische Kulisse aus Federkratzen, Hufgetrappel, Insektensummen, Wasserrau-schen, Hammerklopfen, Vogelrufen usw. und die gelegentliche sanfte oder dramatische musikalische Grundierung animieren die Begegnung mit Humboldts Beobachtungen, Erkenntnissen, Berichten, Stellungnahmen und Ideen und machen uns zu imaginären Reisebegleitern seiner Expeditionen durch Amerika und Rußland.

Diese Hörbuchdokumentation informiert facetten- und abwechslungsreich über Alexander von Humboldt und seine maßgebliche Bedeutung für die Naturwissen- schaften des neunzehnten Jahrhunderts. Wir bekommen einen nachhaltigen Eindruck von Humboldts regem, weitem Geist, seiner Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge und Wechselwirkungen wahrzunehmen, seiner Entdeckungsfreude und Forschungshingabe, seiner aufklärerischen und weitherzigen Aufgeschlossenheit, seinem demokratischen Verständnis von Wissenschaft und seinem hoffnungsvollen Glauben an den Fortschritt von Vernunft und Wissenschaft zum Wohle der Menschheit.

„Wissen und Erkennen sind die Freude und die Berechtigung der Menschheit.“

Meine Faszination und Begeisterung gehen derweil soweit, daß ich Alexander von Humboldt nun gerne in die erlesene Gästeliste meines imaginären Salon d’ésprit einreihe, in der ich Persönlichkeiten aus der Vergangenheit versammle, mit denen ich mich gerne einmal unterhalten würde.

 

Hier entlang zum Hörbuch und zur HÖRPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.randomhouse.de/Hoerbuch/Der-unbekannte-Kosmos-des-Alexander-von-Humboldt/Alexander-von-Humboldt/der-Hoerverlag/e544935.rhd

Alexander von Humboldt:

»Alexander von Humboldt (1769–1859), deutscher Universalgelehrter und Expeditions-reisender von internationalem Renommee, machte als Pionier diverser naturwissenschaft- licher Fachdisziplinen von sich reden: von der Botanik und Zoologie über die Klimatologie bis hin zur Astronomie. Seit seiner Amerikanischen Forschungsreise 1799-1804 gilt er als «wissenschaftlicher Wiederentdecker Amerikas» und Mitbegründer der empirisch fundierten Geographie. Doch auch als Ethnologe, Kulturtheoretiker und couragierter Humanist war er seiner Mitwelt weit voraus.«

Ulrich Noethen:

»Ulrich Noethen, 1959 in München geboren, begann seine Schauspielkarriere 1985 am Theater. Anfang der 90er Jahre wechselte er zu Film und Fernsehen. Der große Durchbruch gelang ihm 1997 mit Joseph Vilsmaiers Comedian Harmonists. Seitdem war er in unzähligen Kino- und TV-Produktionen zu sehen. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter zweimal mit dem Grimme-Preis sowie mit dem Deutschen Filmpreis. 2017 wurde er als Bester Interpret mit dem Deutschen Hörbuchpreis geehrt. Für den Hörverlag las Ulrich Noethen zuletzt Königskinder von Alex Capus.«

Der Herausgeber:

»Hans Sarkowicz studierte Germanistik und Geschichte in Frankfurt/Main. Seit 1979 arbeitet er beim Hessischen Rundfunk. Er leitet das hr2-Ressort Literatur und Hörspiel und ist Autor von zeitgeschichtlichen und kulturhistorischen Publikationen, unter anderem zur Kunst und Literatur im Nationalsozialismus.«

Zur Buchausgabe:

Wer lieber lesen als lauschen möchte, kann sich mit dem Buch „Der Andere Kosmos“ anhand einer Auswahl von 70 exemplarischen Texten (Aufsätze, Artikel, Essays) aus 70 Jahren (von 1789 bis 1859) mit Humboldt beschäftigen. Dort fehlen dann jedoch die begleitenden Kommentare der Humboldt-Spezialisten, die den Originaltexten in der Hörbuchfassung einen erhellenden wissenschaftshistorischen Rahmen geben.

Alexander von Humboldt    
Der andere Kosmos
Hrsg. von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich
70 Texte, 70 Orte, 70 Jahre 1789-1859
DTV Verlag
März 2019
gebunden in geprägtes graues Feinleinen
mit einem farbigen Schutzumschlag aus halbtransparentem Kunststoff
Fadenheftung
LESEBÄNDCHEN
Groß-Oktav-Format: 17 x 24 cm
448 Seiten
in der Minion gesetzt und zweifarbig
auf holzfreiem, alterungsbeständigen Werkdruckpapier gedruckt
30,00 € (D), 30,90 € (A)
ISBN 978-3-423-28170-6

Hier entlang zur Buchausgabe beim DTV Verlag:
https://www.dtv.de/buch/alexander-von-humboldt-oliver-lubrich-thomas-nehrlich-der-andere-kosmos-28170/

Wer sich vertiefend mit Alexander Humboldt beschäftigen möchte, dem sei die zehnbändige Gesamtausgabe sämtlicher Schriften empfohlen, die im August 2019 im DTV Verlag erschienen ist und erstmals alle verstreuten, weltweit erschienenen Aufsätze, Artikel, Essays und Briefe versammelt.

Alexander von Humboldt
»Sämtliche Schriften«

Herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich
DTV Verlag

10 Bände
6320 Seiten


Wahlweise als handnumerierte Vorzugsausgabe zu 390 € (D/A)
https://www.dtv.de/buch/alexander-von-humboldt-oliver-lubrich-thomas-nehrlich-saemtliche-schriften-handnummerierte-vorzugsausgabe-im-schmuckschuber-59089/

 

 

oder als Studienausgabe zu 250 € (D/A)
https://www.dtv.de/buch/alexander-von-humboldt-oliver-lubrich-thomas-nehrlich-saemtliche-schriften-studienausgabe-59088/

 

 

Auf der Extra-Webseite des DTV-Verlages zur Humboldt-Ausgabe gibt es zudem eine weltkartenfilmische Darstellung seiner umfangreichen Reiserouten.
https://www.dtv.de/special-alexander-von-humboldt-saemtliche-schriften/70-jahre-reisen-forschen-und-schreiben/c-1931

 

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