Zwitschernde Fische

  • von Andreas Séché
  • Roman
  • ars vivendi verlag  2012   www.arsvivendi.com
  • gebunden
  • mit Schutzumschlag
  • 168 Seiten
  • 16,90 € (D), 17,40 € (A)
  • ISBN 978-3-86913-106-1

ZWISCHEN  DEN  ZEILEN

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Bereits das Wort LekTÜRE enthält eine Türe, gewissermaßen eine Portalüberschrift, die den aufmerksamen Betrachter darauf hinweist, daß Lesen buchstäblich in eine Geschichte – oder bei Sachbüchern in ein Wissensgebiet – hineinführt.

Buchhändler empfehlen und verkaufen ihren Kunden demnach ein papiernes Mischwesen aus Dauereintrittskarte und Tür, und das Lesen ist dabei der Universalschlüssel; eine Vorstellung, die mir als Buchhändlerin schon immer sehr gefallen hat.

„Zwitschernde Fische“ ist ein federleichtes und herzenstiefes Buch, das wach macht für die Wegweiser der Inspiration, die, wenn man aufgeschlossen dafür ist und gerne hinter die Dinge schaut, sogar im Alltag wohnen und auf Entdeckung und Würdigung warten.

Yannis, unser Romanheld, ist ein junger Mann, der Bücher und Buchhandlungen liebt und für den jeder neue Buchkauf ein Festakt ist, den er zunächst gebührend mit einem guten Frühstück beginnt: „ … Lesen ist ja nichts anderes als Essen mit den Augen.“
(Seite 9)

Buchhandlungen und Stadtparks, findet Yannis, bieten eine ideale Kulisse, um der Traumfrau zu begegnen. Er hat einige wunderschöne, ebenso romantische wie verwegene Gesprächseröffnungsideen (die übrigens ausgesprochen unwiderstehlich- empfehlenswert sind) in seiner Sehnsuchtsvorratskammer gestapelt, aber er ist bisher zu schüchtern gewesen, um seine Worte und Gesten auch in die Tat umzusetzen.

Auf dem Weg zum Buchladen macht er Rast auf seiner Lieblingsparkbank im Athener Stadtpark und denkt darüber nach, ob die Kellnerin aus seinem Lieblingscafé, in die er still, leise und heimlich verliebt ist, ihn aus Zuneigung oder aus professioneller Grund-haltung stets so freundlich anlächele. Diese Frage bleibt unbeantwortet, und Yannis macht sich gedankenversunken wieder auf den Weg.

Doch er verläuft sich und findet sich plötzlich vor einem altmodischen Buchladen mit beinahe undurchsichtigem Schaufenster wieder, in einer Gasse, die seltsam aus der Zeit gefallen scheint. Yannis kommt es fast vor, als sei diese Buchhandlung ein Überbleibsel aus dem Athener Buchhändlerviertel, das vor zweittausendfünfhundert Jahren existiert hat.

Neugierig berührt Yannis den silbernen Drehknauf der verwitterten, hölzernen Eingangstür, die daraufhin langsam und bedächtig aufschwingt. „Es sind schon Kinder durch Türen gegangen und als Erwachsene zurückgekehrt. Hinter Türen können Narren zu Weisen werden, Ziellose zu Menschen mit einer Bestimmung und Ungläubige zu Gläubigen.“ (Seite 17)

Yannis begegnet in den Räumen hinter dieser Türe der geheimnisvollen und sehr attraktiven Lio, und in Verbindung mit Lio kommt es zu zauberhaften neuen Lebens-weichenstellungen…  „Die Haut um ihre Augen offenbarte ein gelachtes Leben und einen Menschen, der sich wenig um die feinen Falten der Erkenntnis scherte.“ (Seite 27)

Der Roman „Zwitschernde Fische“ handelt davon, wie das Leben in Geschichten einfließt und wie gelesene Geschichten das Leben beeinflussen, ja, wie für den inspirations-empfänglichen Menschen in der Tat alles miteinander in geheimnisvoller Korrespondenz steht.

Neben seinem eigenen Geschichtenverlauf weckt dieser Roman beiläufig Leselust auf zahlreiche weitere Bücher. Die angeregten Gespräche, die Lio und Yannis über Klassiker der Weltliteratur führen, die Betrachtungen interessanter bis krimineller schriftstellerischer Hintergrundgeschichten sowie die berühmten Anfangssätze, die sie sich wechselseitig vorlesen, machen abwechslungsreich Appetit auf mehr. „Geschichten sind das Gewürz der Wirklichkeit.“ (Seite 168)

Andreas Séchés Sprache hat einen besonderen melodischen Klang, eine zärtlich-atmende, lebendige Anziehungskraft, die den geneigten Leser sogleich in die Geschichte hineinverführt. Die dramaturgisch geschickt eingewobenen, schimmernd-changierenden Schnittstellen und Reflexionen zwischen Fiktion und Wirklichkeit sowie leibhaftige literarische Anspielungen bewirken – den Musen sei Dank – eine außergewöhnlich traumwandlerische LekTÜRE.

 

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://arsvivendi.com/Buch/Search/9783869131061-Zwitschernde-Fische

 

Wer gerne die wunderbaren Gesprächseröffnungsideen nachlesen möchte, schaue bitte unter folgendem Link nach, dort auf CHRINOLOS Webseite habe ich mich nämlich auf den ersten Leseblick in dieses Buch verguckt: https://seelenglimmern.com/2018/02/11/hier-konnte-in-einsamkeit-zweisamkeit-erbluehen/

 

Hier entlang zum Buchtrailer:

 

Der Autor:

»Andreas Séché, geboren 1968, schrieb als Journalist für Tageszeitungen und war zwölf Jahre lang Redakteur bei einer Zeitschrift in München, bevor er in seine Heimat, das Rheinland, zurückkehrte. Heute lebt er als Schriftsteller am Niederrhein. Bei ars vivendi sind bisher seine Romane Namiko und das Flüstern (2011), Zwitschernde Fische (2012) und Zeit der Zikaden (2013) erschienen.« http://andreas-seche.de

 

Querverweis:

Wechselwirkungen zwischen Literatur und Leben sind ein unermüdliches und spannendes Thema für Romane. Von einer solchen literarischen Spurensuche, ihren heiter bis wolkigen zwischenmenschlichen Verstrickungen, nebst schelmischen Bezügen zu verlegerischen Buchvermarktungsstrategien, handelt auch „Das geheime Leben des Monsieur Pick“ von David Foenkinos: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2017/05/01/das-geheime-leben-des-monsieur-pick/

 

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Mozart & Robinson und der gefährliche Schiffbruch

  • Text von Gundi Herget
  • Illustrationen von Nikolai Renger
  • Magellan Verlag, Juli 2017  http://www.magellanverlag.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 24,5 x 24,5 cm
  • 32 Seiten
  • 13,95 € (D), 14,40 € (A)
  • ISBN 978-3-7348-2036-6
  • Bilderbuch ab 3 Jahren

MÄUSE, AHOI! 

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Nachdem die charakterstarken und possierlichen Mäusehelden Mozart Hausmaus und Robinson Feldmaus im ersten Bilderbuchband eine Käsemondlandung gemeistert haben (siehe dazu meine Besprechung: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2016/08/18/mozart-robinson-und-der-zauber-des-kaesemonds/ ), folgt nun ein Seemannsmaus- abenteuer mit Schiffbruch.

Es regnet in Strömen, Mozart Hausmaus sitzt behaglich in seinem trockenen und warmen Stübchen und schmökert in Daniel Defoes Abenteuerroman Robinson Crusoe. Feldmaus Robinson langweilt sich, spaziert kurzentschlossen sowie blattbeschirmt zum Haus und besucht seinen Freund Mozart.

Robinson erkundigt sich, was denn in dem dicken Buch geschrieben stehe, das Mozart gerade lese. Da Robinson nicht lesen kann,  faßt Mozart die Geschichte kurz und bündig zusammen. Natürlich ist Robinson begeistert, daß der Held der Geschichte seinen Namen trägt, und will sofort ein Schiff bauen und Abenteuer erleben.

Mozarts Einwand, daß er mit seiner Lektüre genug Abenteuer hätte, führt zu einem  unentschiedenen Disput darüber, ob Lesen langweilig sei oder spannend. Inzwischen hört der Regen auf, und Mozart läßt sich von Robinson dazu überreden, ein Boot zu konstruieren.

Unter Mozarts theoretischer Anleitung baut Robinson ganz praktisch aus drei Korken, zwei Gummibändern, einem Stofftaschentuch, einem Zahnstocher und einer Schnur ein mäusesegeltüchtiges Boot.

Illustration: Nikolai Renger / Text: Gundi Herget © Magellan Verlag 2017 (Anklicken vergrößert die Bildansicht)

Gemeinsam tragen sie das Boot nach draußen in den Garten, wo der Regen einen wilden Bach in der Wiese hinterlassen hat. Kaum haben die beiden das Boot bestiegen, kommt Wind auf und bringt das Boot in schnelle Fahrt und zur Kollision mit einem Stein.

Das Boot samt Mäusebesatzung strandet auf einer kleinen, erhöhten Wieseninsel, rundherum befinden sich unüberwindliche Wasserflächen, und das Boot ist stark beschädigt. Mozart ist nicht amüsiert, er fühlt sich hilflos und fürchtet, verhungern zu müssen.

Robinson dagegen ist zuversichtlich und erklärt, sie könnten nun endlich Robinson spielen. Er improvisiert tatkräftig eine Grashütte, findet naturkundig einige Erdbeeren und Kleeblüten und baut aus zwei Blättern Hängematten. So kann man es sogar in der Wildnis aushalten, und die beiden Mäuse schlafen satt und entspannt ein.

Illustration: Nikolai Renger / Text: Gundi Herget © Magellan Verlag 2017 (Anklicken vergrößert die Bildansicht)

Nach und nach versickert das Regenwasser, und die Insel hat wieder Landverbindung zum Rest der Wiese. Eine Katze schleicht sich an die Mäuseabenteurer an, und den beiden gelingt in letzter Sekunde die Flucht ins Haus. Dort machen sie es sich auf Mozarts Sofa gemütlich. Mozart liest Robinson ein Abenteuer vor, und „langweilig ist das überhaupt nicht“.

Die Autorin, Gundi Herget, erzählt diese Mäuserobinsonade mit einfühlsamem Humor und spielerischer Spannung. Ein schönes Beispiel für die augenzwin-kernde Beziehungsdynamik zwischen den ungleichen Mäusefreunden ist beispielsweise der Dialog zum Thema Füße abputzen, wenn man von draußen nach drinnen kommt. Mozart kann es kaum gründlich genug sein, und Robinson … doch lesen und schmunzeln Sie selbst, wie dieses Problem entspannt gelöst wird.

Die Illustrationen von Nikolai Renger übersetzen den Text gekonnt in farben- frohe Szenerien mit vielen heiteren Randdetails und Anspielungen auf den Vor- gängerband. Bereichernd kommen noch die lebhaft-knuffelige Körpersprache und die Mimik der kleinen Mäuseabenteurer dazu, so daß man hier wortwört- lich und bildbildlich von einem fröhlichen Wiedersehen sprechen kann.

Auch im zweiten Bilderbuchabenteuer mit Mozart Hausmaus und Robinson Feldmaus findet sich auf den Vorsatzblättern eine anschauliche, kindgemäße Bauanleitung für ein Korkboot – eine erfreulich analoge Zugabe für Kinder, um selber Abenteuerzubehör zu basteln.

Die Frage, ob echte oder erlesene Abenteuer spannender sind, wird in dieser Geschichte zwar nicht endgültig entschieden, gleichwohl aber ausgewogen ausprobiert. Das wäre eine Frage, der man anläßlich dieser Bilderbuchlektüre mit Kindern im Gespräch nachgehen könnte.

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.magellanverlag.de/titel/mozart-und-robinson-und-der-gefaehrliche-schiffbruch/249

Querverweis:

Hier entlang zum ersten Band „Mozart & Robinson und der Zauber des Käsemonds“:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2016/08/18/mozart-robinson-und-der-zauber-des-kaesemonds/
Hier entlang zum dritten Band „Mozart & Robinson und der waghalsige Pfannkuchenplan„:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2018/02/06/mozart-und-robinson-und-der-waghalsige-pfannkuchenplan/

Die Autorin:

»Gundi Herget beschlich mit  vier Jahren zum ersten Mal das Gefühl, dass Bücher mit ihren vielen Seiten voller schwarzer Striche, Punkte und Kringel das Aufregendste sein könnten, das es gibt. Und so war es dann auch. Mit zehn Jahren wollte sie schon Schriftstellerin werden, hat dann aber erst mal Abitur gemacht, in München und Pisa Literatur studiert, Schlagzeug spielen gelernt, Redakteurin gelernt, die Welt bereist und ein Kind bekommen, was sie an den Vorsatz ihres zehnjährigen Ichs erinnert hat. Sie schreibt seitdem vor allem Kinderbücher.«

Der Illustrator:

»Nikolai Renger wurde in Karlsruhe geboren und studierte Visuelle Kommunikation an der HFG in Pforzheim. Er ist als freiberuflicher Illustrator für verschiedene Verlage und Agenturen tätig und arbeitet seit 2013 im Atelier Remise in Karlsruhe.«

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Manchmal rot

  • Roman
  • von Eva Baronsky
  • Aufbau Verlag April 2017  www.aufbau-verlag.de
  • Taschenbuch
  • 353 Seiten
  • 9,99 € (D)
  • ISBN 978-3-7466-3240-7
  • Leider ist dieser außergewöhnliche Roman inzwischen vergriffen und Sie müssen sich auf antiquarischem Wege darum bemühen.

VORHER – NACHHER
MAL  GANZ  ANDERS

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Wer wird man, wenn man nicht mehr weiß, wer man war? Ohne Hindernisparcours aus Gedankenbremsen, Glaubenssätzen und Gewohnheitsbewertungen wäre der Blick auf Welt und Menschen weitgehend ungetrübt von einer persönlichen Vorgeschichte. Es wäre eine großartige Chance, Ungewagtes zu wagen, Unverhofftes zu hoffen und seine Fähigkeiten, Neigungen, Stärken und Schwächen frisch auszumessen, zu erproben und vielleicht sogar eine zuvor unmögliche Möglichkeit zu wählen.

Eine solche Selbstneubestimmung in Verbindung mit den poetischen Besonderheiten synästhetischer Wahrnehmung wird in „Manchmal rot“ anschaulich und faszinierend sowie mit sprachlicher Virtuosität durchgespielt und beiläufig mit der extremen sozialen Spaltung unserer Gesellschaft verknüpft.

Zunächst erscheint es, als wäre Angelina Niemann, die weibliche Hauptfigur des Romans, weit davon entfernt, musische Neigungen zu entwickeln, die über die Betrachtung von Spielfilmen und einen ausgeprägten Sinn für Farben hinausgehen.

Angelina kommt auf dem Weg zu ihrer Putzstelle an einem Wollgeschäft vorbei und verliebt sich auf den ersten Blick in zwei Wollknäuel mit blautürkispetrolem Farbverlauf. Die Wolle ist preisreduziert auf vier Euro, doch nach einem schnellen kopfrechnerischen Kassensturz nimmt sie betrübt Abstand vom Kauf der Wolle. Sie tröstet sich damit, daß sie heute wenigstens in „ihrer“ schönen Lieblingswohnung aufräumt und saubermacht.

Zweimal wöchentlich kümmert sie sich um diese luxuriöse Penthouse-Wohnung mit grandioser Aussicht auf den Main. Den Besitzer der Wohnung hat sie noch nie gesehen, seine Freundin hatte sie eingestellt, und nachdem diese offensichtlich ausgezogen ist, hat sich an dem illegalen Arbeitsverhältnis nichts geändert.

Immer wartet ein Fünfziger an der vereinbarten Stelle auf dem Küchentresen und manchmal eine Notiz mit Sonderwünschen. Diese Notizen bedeuten Streß für Angelina, denn sie kann nicht richtig lesen und muß die Hilfe ihrer Freundin Mandy in Anspruch nehmen, der sie die Nachricht per Handyfoto sendet.

Mandy ruft dann zurück und erklärt ziemlich genervt, was auf dem Zettel steht. Diesem Telefonat kann man deutlich anmerken, daß Angelinas Selbstbewußtsein ausge- sprochen bescheiden ist. Sie ist ängstlich, unsicher und menschenscheu und zieht sich zur Entspannung gerne zum Stricken auf ihr Sofa zurück. Von ihrem erputzten Schwarzgeld profitiert ihr Freund Pit, der immer nur dann aufkreuzt, wenn ihm das Spielgeld ausgegangen ist oder er gewisse hormonelle Bedürfnisse an ihr austobt.

Dr. Christian von Söchting ist der Besitzer der gediegenen Wohnung. Er arbeitet als erfolgreicher Anwalt in einer internationalen Wirtschaftskanzlei, hat ein Jahresgehalt von gut 500.000 Euro und steht kurz vor der nächsthöheren Karrierestufe, für die er allerdings seinen Seniorchef und einstigen Mentor bei den Fusionsplänen mit einer amerikanischen Kanzlei austricksen muß.

Er fährt einen Porsche 911, und in seiner Wohnung steht ein echter Steinway-Flügel, den er einst für seine künstlerisch-ambitionierte Exfreundin Charlotte als Geschenk gekauft hatte. Dennoch hat Charlotte ihn wegen eines Kulturprofessors verlassen und ist nach Berlin gezogen. Neuerdings leidet Christian an Flugangst, was sehr anstrengend für ihn ist, da er berufsbedingt mindestens zweimal wöchentlich mit dem Flieger unterwegs ist. Schwächen, Unsicherheiten und Fehler kann er sich in keiner Form leisten, denn seine Berufswelt ist ein Haifischbecken.

Neben seinem Liebeskummer wegen Charlotte hat Christian auch verzweifelte finanzielle Probleme. Wohin mit der illegalen Provision von 1,5 Millionen Euro in bar, und wie soll er unauffällig das schweizerische Schwarzgeldkonto seines Vaters mit immerhin 30 Millionen Euro nach Deutschland transferieren? Ja, diese Leistungsträger tragen schon schwer an der existenziellen Notwendigkeit, gutes Geld vor bösen Steuern zu beschützen.

Bis auf den indirekten dienstleistungsbezogenen Kontakt gibt es keine lebensweltlichen Berührungspunkte zwischen Angelina und Christian. Doch dies ändert sich wortwörtlich schlagartig, als Angelina beim Auswechseln einer defekten Glühbirne einen Stromschlag bekommt und in Christians Wohnung von der Leiter fällt. Christian findet die bewußt- lose Putzfrau und veranlaßt ihre Einlieferung ins Krankenhaus.

Angelina erwacht nach einer längeren Bewußtlosigkeit und weiß nicht mehr, wer sie ist. Doch sie sieht Stimmen, Laute und Musik ganz deutlich in farbigen Mustern und Bildern. Die Klinikneurologin macht einige Tests mit ihr. Angelinas Faktenwissen ist intakt, nur ihr biographisches Gedächtnis funktioniert nicht. Sie müsse Geduld mit sich haben, ihre Lebenserinnerungen kämen sehr wahrscheinlich nach und nach zurück.

Christian besucht Angelina im Krankenhaus und erzählt ihr, daß sie seine Putzfrau sei, und wenn sie wolle, könne sie sich nach ihrer Genesung gerne weiter um seine Wohnung kümmern. Er bringt auch ihre Handtasche mit, die in seiner Wohnung liegengeblieben war. Angelina muß erst die Scheu überwinden, einen Blick in diese ihr fremde Hand- tasche zu werfen. Das Gefühl, sich sozusagen unbefugt in einem fremden Leben zu bewegen, begleitet sie noch lange.

Sie forscht der Vorher-Angelina nach, läßt sich von ihrer Mutter und von Mandy erzählen, wie und wer sie sei, aber ihr fehlt der emotionale Bezug. Die Nachher-Angelina ist wesentlich willensstärker und zielstrebiger sowie mangels Vergangenheitsbezügen sehr gegenwärtig.

Die nette ältere Dame, die das Bett neben Angelina belegt, benutzt häufig altmodische Wörter, und Angelina schmeckt diese Worte aufmerksam für sich ab und findet Gefallen an Formulierungen wie „unbeugsame Beharrlichkeit“. Mit unbeugsamer Beharrlichkeit bringt sie sich während des vierwöchigen Krankenhausaufenthalts selbst das Lesen und Schreiben bei, Buchstabe für Buchstabe, Silbe für Silbe.

In der zur Klinik gehörenden Kirche findet täglich ein Gottesdienst statt, bei dem Schwester Benedicta Orgel spielt. Diese Gottesdienste werden zusätzlich im Fernsehen übertragen. Als Angelina diese Musik hört, ist sie hingerissen, und es zeigt sich ihre klangfarbensynästhetische Wahrnehmung – sie kann Musik sehen:

„Lange Bänder in Grün und Blau, die kennt sie, hat sie schon mal gehört, aber jetzt wachsen Punkte mit fedrigen Spitzen raus, fliegen zu Blüten zusammen und tanzen herum. Jede Blüte hat acht Töne, das weiß ich, ohne zu zählen, und obwohl alle grün und blau sind, hat jede eine andere Farbe. Als sie die Augen aufmacht, sieht sie im Fernseher die Tasten. Schwarz und weiß, sie braucht gar nicht hinzugucken, um zu wissen, dass es immer abwechselnd Zweier- und Dreierpacks sind, damit kenn ich mich aus, dazwischen weiße, also eigentlich fünf und sieben, macht zwölf, zwei Hände, die darauf spielen, ganz groß im Bild. Sobald ein Ton da ist, weiß sie genau, welche Taste als Nächstes kommt.“ (Seite 115)

Später wird sie von Schwester Benedicta dreimal wöchentlich praktisch und theoretisch musikalisch unterrichtet werden und täglich auf Christians verwaistem Steinway-Flügel Etüden üben …

Christian hat derweil einige komplizierte und knifflige Verträge zu überprüfen, jagt von Mandant zu Mandant, von Sitzung zu Sitzung, beäugt mißtrauisch seine Kanzleikollegen und fädelt seine rücksichtslose, geheime Vorteilsnahme in die Vorverhandlungen für die angestrebte Kanzleifusion ein. Ein Versteck für die 1,5 Millionen in gebündelten Hunderteuroscheinen hat er auch spontan gefunden – solche Noten würde man doch niemals im Inneren eines Steinway vermuten oder gar suchen.

Angelina kehrt, begleitet von Mandy, in ihre eigene Wohnung zurück und versucht vergeblich ihr Leben wiederzuerkennen. Zum Befremden ihrer Freundin spricht sie nur in der dritten Person Singular von Angelina und erkundigt sich nach den Einzelheiten ihres Lebens. Offenbar war die liebste Freizeitbeschäftigung der Vorher-Angelina das Stricken, doch die Nachher-Angelina findet das langweilig.

Die neue Angelina ist wißbegierig und wird eine eifrige Leserin. Sie entdeckt die Schönheit der Sprache für sich: „… in diesem Buch gibt es massenhaft Sätze, die sie nicht auf Anhieb kapiert. Aber wenn sie die Stelle zwei- oder dreimal gelesen hat, kann’s passieren, dass einer zu leuchten anfängt und sie staunen muss, wie viel Schönheit man aus so ein paar Buchstaben zusammensetzen kann, es ist, als würde vor lauter Schönheit auch in ihr drin was zu leuchten anfangen.“ (Seite 190)

Plötzlich steht Angelinas angeblicher Freund Pit vor der Tür und reklamiert ihre lange Abwesenheit. Mit analytischer Distanz betrachtet sie sein unverschämtes Gebaren und denkt, daß sie Mandys Einschätzung, daß sie Pit getrost vergessen könne, innerlich zustimmt. Sie wird gewissermaßen doppelt wütend auf sich selbst und auf die alte Angelina, die sich eine solche grobmaschige Machobehandlung hat gefallen lassen.

Als sie sich verbal und körperlich deutlich von ihm abgrenzt, wird er gewalttätig, und Schlimmeres wird nur dadurch verhindert, daß sie kein Bier im Kühlschrank für ihn bevorratet hat und er erst mal abzischt, welches zu kaufen – natürlich mit ihrem Geld. Geistesgegenwärtig packt sie eine Tasche mit dem Nötigsten und flüchtet in Christian von Söchtings Wohnung, über deren Schlüssel sie nach wie vor verfügt.

Christian ist zunächst nicht amüsiert beim häuslichen Feierabend, seine Putzfrau vorzufinden. Sie tritt ihm gegenüber selbstbewußter auf, als sie sich fühlt, und sagt frech, daß sie vorübergehend das Gästezimmer beziehen werde. Seinen Hinweis, daß er die Polizei rufen könne, um sie loszuwerden, kontert sie mit einem dezenten Hinweis auf die Banknoten, die sie im Steinway gefunden habe, und auf die ungesicherte Strom-leitung, der sie ihren Stromschlag verdanke; sie habe schließlich nichts zu verbergen …

Ausschlaggebend für Christians Einverständnis mit Angelinas Einzug in seine Wohnung ist jedoch, daß er ihre Verletzlichkeit spürt, und dies weckt zu seiner eigenen Verwunderung Beschützerinstinkte in ihm.

Während Christian beruflich wie gewohnt weitermacht, kümmert sich Angelina um den Haushalt, liest sich durch Christians Bücherschrank, hört seine Musik-CDs und übt eifrig und unermüdlich Klavierspielen. Sie probiert Gewürze und verschiedene Kaffee- varianten aus und findet heraus, was ihrem Geschmack entspricht und was nicht.

Angelina formt und festigt ihr neues Ich. Sie entwickelt einen bemerkenswert klaren Blick auf ihre Mitmenschen, sie durchschaut ihre Masken und inneren Beweggründe. Abends stellt sie Christian viele Fragen zu Wörtern und Themen, die sie in Büchern gefunden und nicht ganz verstanden hat, und Christian beantwortet diese gerne.

Ihr Auffassungsvermögen ist sehr gut und ihre Folgefragen sind durchaus originell und zeugen von einem ausgeprägten Sinn für sprachliche Mehrdeutigkeiten und Zwischen- töne. Angelinas Attraktivität wächst in Christians Augen, und er versteht gar nicht mehr, warum er sie früher für unscheinbar hielt …

„Manchmal rot“ ist das komplexe Psychogramm zweier Charaktere, deren soziale, lebensweltliche Distanz extrem ist. Geschickt gibt die Autorin jedem Charakter einen eigenen Sprachausdruck: Angelinas Sprache ist eher umgangssprachlich, direkt und mit einfachem Vokabular. Ihr Denken und Fühlen kreist um zwischenmenschliche Belange, um Resonanz und Sympathie, um ihre sinnliche und synästhetische Wahrnehmung sowie um ihre Selbstentdeckung und ihre Hingabe an die Musik als Ausdruckskraft.

Christians Sprache ist anspruchsvoller, gebildet und durchsetzt mit Wirtschaftsenglisch. Sein Denken und Fühlen ist bestimmt von Ehrgeiz, Konkurrenz, Leistung, Mißtrauen, Status, berechnendem Taktieren und monetären Werten sowie von gelegentlichen Selbstzweifeln und Angst. Er ist mehr im Haben zu Hause und Angelina mehr im Sein.

Sowohl inhaltlich als auch sprachlich ist „Manchmal rot“ von außer gewöhnlicher Einfühlsamkeit und eröffnet dem Leser lebhaft-sinnlich fremde Perspektiven. Romanfiguren mit synästhetischer Wahrnehmung gibt es nicht oft. Da ich selbst Synästhetin bin, fand ich diese spezielle Thematik selbstverständlich besonders ansprechend und gelungen.

Wer aufgrund der Überbrückung der großen sozialen Distanz zwischen Angelina und Christian ein romantisches Ende à la „Pretty Woman“ erwartet, wird mit dem offenen Ende der Geschichte hadern. Wer jedoch gerne miterlesen möchte, wie sich eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen beherzt emanzipiert, zu Selbstbewußtsein kommt und sich durch ihre Klangfarbensynästhesie einen neuen musikalischen Horizont erschließt, der findet in  „Manchmal rot“ eine ebenso berührende wie seltenheitswerte Charakterstudie mit wohldosierten Prisen trefflicher Gesellschaftskritik.

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
http://www.aufbau-verlag.de/index.php/manchmal-rot-3982.html
Leider ist dieser außergewöhnliche Roman inzwischen vergriffen und Sie müssen sich auf antiquarischem Wege darum bemühen.

Querverweis:

Bereits Eva Baronskys erster Roman „Herr Mozart wacht auf“ spielte virtuos und amüsant mit der außergewöhnlichen Perspektive eines zeitgereisten Mozarts, der unversehens in der heutigen Gegenwart erwacht.
Hier entlang zu meiner Rezension von „Herr Mozart wacht auf“:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2013/02/14/herr-mozart-wacht-auf/

Die Autorin:

»Eva Baronsky, 1968 geboren, lebt im Taunus. Für ihren überraschenden und sehr erfolgreichen Debütroman „Herr Mozart wacht auf“ (2009) erhielt sie den Förderpreis des Friedrich-Hölderlin-Preises der Stadt Bad Homburg v. d. Höhe. Nach „Magnolienschlaf“ (2011) erschien 2015 ihr dritter Roman „Manchmal rot“

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Erfolgreiche Blogtexte

  • Inspiriert und kreativ schreiben für guten Content
  • von Susanne Diehm und Lisa Sintermann
  • mitp Verlags GmbH & Co. KG   1. Auflage 2016   www.mitp.de
  • 160 Seiten
  • kartoniert
  • 14,99 €
  • ISBN 978-3-95845-184-1
    erfolgreiche-blogtexte

BUCHSTÄBLICH  PRAKTISCH

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Mal so ganz unter uns gesagt, können wir es gelassen zugeben: Lesen und Gelesenwerden ist genau das, was Blogger sich wünschen. Wenn dazu auch noch anregende, charmante, gepflegte und substanziell-ergänzende sowie wortspielerische  Kommentardialoge mit dem treuen Lesepublikum entstehen, ist das Bloggerglück perfekt.

Die Bühne möchte regelmäßig bespielt werden, und das heißt schreiben, schreiben, schreiben … Und wir sind viele: Jeden Monat werden über zwei Millionen (deutschsprachige) Blogbeiträge veröffentlicht!

Eigenwilligkeit und Qualität heben ein Blog aus der Masse hervor. Die Autorinnen von „Erfolgreiche Blogtexte“ weisen nachdrücklich darauf hin, daß es sehr wichtig sei, die eigene Schreibstimme zu finden und zu kultivieren.

Schon in den ersten beiden Kapiteln, „Animation zum Schreiben“ und „Wie Sie Ihre Kreativität schulen“, können wir praktisch überprüfen, wie wichtig uns das Schreiben wirklich ist und welch tiefere Motivation uns als Blogger bewegt. Sind wir willens, uns täglich mit der Muse zu verabreden, und uns wenigstens eine Stunde – ungestörte und möglichst ununterbrochene –  Schreibzeit einzurichten, so trainieren wir unsere Schreibmuskeln und das Schreiben wird uns immer leichter fallen.

Neben der Schreibarbeit an geplanten Blogbeiträgen empfehlen die Autorinnen ein separates Schreibjournal, in das einfach nur Notizen, flüchtige Ideen, Entdeckungen, Zitate, Gedanken, Lieblingswörter, Geschichtenfragmente, heimliche Wünsche, unzensierter Frust,  ja, sogar Gefühlsausbrüche notiert werden. Dies dient als psychologisches Entlastungsventil und bremst übertriebene Nabelschau bei den veröffentlichten Blogbeiträgen, und es ist eine Vorratskammer voller kreativer Ideenkeime für später auszuarbeitende Themen.

In Kapitel drei, „Inspiration finden – Kreative Schreibanlässe“, wird eine Übersicht von zwanzig Schreibanlässen aufgeblättert und in Bezug auf diverse Blogthementypen (Buch, Familie, Food, Foto, Design, Garten, Gesundheit, IT, Natur, Mode, Politik, Privat, Psychologie, Reise, Rezept, Stadt, Unternehmen, Yoga …) dargestellt. Strukturierende Fragestellungen, Recherchetipps und stilistische sowie inhaltliche Anregungen erleichtern den Einstieg.

Kapitel vier erklärt anschaulich zehn kreative Schreibmethoden (Clustern, Mind-Map, Freewriting, ABC-Darium, Sketchnotes, serielles Schreiben, Storytelling …) und illustriert diese mit praktischen Textbeispielen.

Kapitel fünf empfiehlt die Kombination der Schreibanlässe mit den Schreibmethoden, ganz nach eigenem spielerischen Belieben. Ein vorgegebener Schreibrahmen hilft dabei, das eigene Schreiben zu konzentrieren, sich auf ein Thema einzustimmen und sich in die Tiefe zu schreiben. Dies wird die Qualität des entstehenden Textes deutlich verbessern.

Kapitel sechs widmet sich dem „Überarbeiten und Optimieren“, das ebenso wichtig ist wie Inhalt, Kreativität, Authentizität und Stil. Stimmen die Leserorientierung (AIDA-Formel), die Textdramaturgie, der rote Faden, die Überschrift(en), die Rechtschreibung, die Metaphern, die übersichtliche – lesefreundliche – Struktur der Absätze, der Textumfang, die Quellenangaben – dann schicken wir den Blogbeitrag ins www , das ja bekanntlich NICHTS vergißt. 😉

Bemerkenswert ist außerdem der Hinweis der Autorinnen, daß es beim Schreiben nicht nur um die Produktion von Texten geht, sondern auch um Selbstentdeckung und Selbsterkenntnis. Schreiben kann therapeutisch wirken und Heilung unterstützend begleiten. Der rote Faden führt wortwörtlich durch das eigene Herz …

Das Buch „Erfolgreiche Blogtexte“ bietet fundierte und praktische Schreibanleitungen und Kreativitätsübungen, die Bloganfänger wohlgeordnet an die Hand nehmen und Blogerfahrenen bereichernde und hilfreiche Zugaben und Einsichten vermitteln. Alle beschriebenen Regeln dienen dabei als Anregung und nicht als Zwang. Gleichwohl wird bei der Lektüre (und beim Ausprobieren der Schreibübungen) deutlich, daß eine gut strukturierte Schreibplanung (Schreibjournal und Publizierungskalender) und die regelmäßige Verabredung mit der Muse die Kreativität unvermeidlich beflügeln.

Nur eine Kleinigkeit stört mich bei vorliegendem Buchtext: Der für mein Sprachempfinden zu häufige Einsatz von Anglizismen. Anstelle von Content wäre Inhalt gehaltvoller, anstelle von Plot wäre Handlung handlungsfähiger, anstelle von Freewriting könnte freies Schreiben befreien, anstelle von Sketch Notes fände ich Kritzel-Notizel wesentlich lautmalerischer, und anstelle von Storytelling möchte ich doch bitte gerne das gute alte Geschichtenerzählen gewürdigt wissen.

Wie sagte doch Karl Kraus einst so trefflich:

»Beherrschen kann man viele Sprachen – dienen nur einer.«

 

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://mitp.de/BUSINESS-MARKETING/Content-Marketing/Erfolgreiche-Blogtexte.html?listtype=search&searchparam=erfolgreiche%20blogtexte

Die Autorinnen:

»Susanne Diehm ist Autorin mehrerer Schreibratgeber und eines Romans. Sie lehrt Kreatives Schreiben, begleitet andere Autoren und hat in Berlin den Literarischen »Salon Anna Blume« gegründet. Sie führt den Blog »schreibenbefluegelt« und hat immer wieder Spaß daran, mit Leichtigkeit und unterschiedlichen Methoden ins Schreiben zu kommen. In Berlin bildet sie Therapeuten im Gesundheitsfördernden Kreativen Schreiben (GKS) weiter.«

Webseite der Autorin: www.susanne-diehm.de
Webseite der Schreibtherapie: http://www.sudijumi.wordpress.com
Webseite des Salons: http://www.annablume.wordpress.com
Blog:  http://www.schreibenbefluegelt.wordpress.com/

»Lisa Sintermann ist Autorin und Texterin, Bloggerin und Yogalehrerin. Als Diplom Kulturwissenschaftlerin und Expertin für zeitgenössische Zeichnung veröffentlicht sie seit mehreren Jahren Artikel für Museen und Kunstverlage. Auch für Magazine und Zeitschriften schreibt sie über das, was sie liebt: Yoga, Kunst und Leben.«

Blog und Webseite: www.yogaundschreiben.de

 

Querverweis:

Ergänzend und zur Vertiefung therapeutischer Aspekte des Schreibens und Lesens (BIBLIOTHERAPIE) empfehle ich gerne noch das Buch „Lesen als Medizin“ von Andrea Gerk: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2015/10/11/lesen-als-medizin/

 

Zwischen den Jahren 2016

 

»„Sieh Arren“, sagte der Magier sanft,
„wenn man jung ist, denkt man, eine Handlung sei wie ein Stein,
den man nimmt und wirft, der trifft oder verfehlt –
und danach ist die Tat abgeschlossen.
Doch wenn der Stein aufgehoben wird,
ist die Erde leichter, die Hand schwerer.
Auf die Wurfbahn des Steines reagieren die Sterne
in ihrem Lauf, und wo er trifft oder niederfällt,
ist die Welt verändert.
Auf jeder Handlung ruht das Gleichgewicht der Welt.
Alles, was Wind, Meer, die Kräfte von Wasser, Erde oder Licht bewirken,
und alles, was Tiere oder Pflanzen tun,
ist gut und richtig getan.
Sie alles handeln innerhalb des universellen Gleichgewichtes.
Vom Sturm und dem Gesang der großen Wale
bis zum Fallen eines Blattes im Herbst
und dem Flug der Mücken
ist alles Teil des universellen Gleichgewichtes.
Aber wir, die wir Macht über einander und über die Welt haben,
müssen lernen, was Blatt und Wal und Wind aus ihrer Natur heraus tun:
Wir müssen lernen, das Gleichgewicht zu erhalten.“ «

 

Ursula K. Le Guin in »Das ferne Ufer« aus der ERDSEE-SAGA*
(*Im September 2017 erscheint eine Neuausgabe aller fünf Bände beim Piper Verlag:
https://www.piper.de/buecher/erdsee-isbn-978-3-492-28119-5 )

 

 

                                                                                 29. Dezember, Anno 2016

Geneigte Leserin, geneigter Leser,

gerne sage ich meinem treuen und stetig wachsenden Lesepublikum allerherzlichsten DANK für die anregende, charmante, echte, feinsinnige, inspirierende, mitfühlende, substanzielle, wortspielerische und sehr zugewandte Resonanz auf meine LESELEBENSZEICHEN.

Ich bedanke mich für jedes Sternchen, die unzähligen Kommentare und den regen wechselseitigen Austausch (besonders auch den hinter den Kulissen!), der mich mehr bereichert und erfreut, als ich es je für möglich gehalten hätte.

Ebenfalls bedanke ich mich bei den stillen, stetigen und zufälligen Mitlesern, die sich zwar nur durch die Klickzahlen ahnen lassen, die jedoch genauso dazugehören.

Möge Ihnen allen im kommenden Jahr ein gutes Gleichgewicht zwischen Herz und Kopf, Wunsch und Wirklichkeit sowie Leben und Lesen gelingen!

Mögen wir von Wind, Meer, Wasser, Erde, Licht, Tieren und Pflanzen, Stein und Stern lernen, dieses Gleichgewicht zu halten – und durch die Bücher, die uns finden.

Ich wünsche Ihnen ein herzerfülltes und ebenso beflügeltes wie geerdetes Jahr mit vielen harmonischen Fügungen und belichtenden Lektüresternstunden …

Auf Wiederlesen sagt Ihnen
Ihre Bücherfee
Ulrike von Leselebenszeichen

 

PS:
**Das wunderschöne Foto mit dem taubeperlten Spinnennetztrapez, das meinem Textbeitrag den poetischen Blickfang verleiht, verdanke ich Maren Wulf vom sehr lesens- und sehenswerten BlogVon Orten und Menschen: https://orteundmenschen.wordpress.com/
Sie war so freundlich, es mir für meine Textillustration zur Verfügung zu stellen.
Auch an dieser Stelle noch einmal meinen herzlichen DANK, liebe Maren!

Lesen als Medizin

  • Die wundersame Wirkung der Literatur
  • von Andrea Gerk
  • Rogner & Bernhard Verlag, Januar 2015   www.rogner-bernhard.de
  • Gebunden mit Schutzumschlag und LESEBÄNDCHEN
  • 352 Seiten
  • Format: 15 x 22,7 cm
  • 22,95 € (D)
  • ISBN 978-3-95403-084-2
    Lesen als Medizin

VON  LESERN  FÜR  LESER  ÜBER  LESER

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Die Informationsfülle, die Andrea Gerk für ihr „Lesebuch“ zusammenge- tragen hat, ist beeindruckend. Man liest ihrem Buch die Begeisterung für das umfängliche Drum und Dran des Lesens an, und man merkt ebenfalls, daß ihr das Thema nach allen Seiten hin ausfranst, was gar nicht kritisch angemerkt sei, denn sie möchte der hohen Komplexität ihres „Lesestoffes“ gerecht werden.

Die Vorstellung, daß Lesen (und Schreiben) eine heilsame Wirkung haben könne, ist keine Erfindung der modernen Bibliotherapie, sondern diese Vorstellung hat eine lange Tradition. Angefangen bei Aristoteles‘ Abhandlung über die Tragödie und der gemüts- pflegenden Katharsis, die sie dem ergriffenen Publikum vermitteln solle, bis hin zu Erich Kästners 1936 erschienen Gedichtsammlung „Lyrische Hausapotheke“ teilen lesende Schreiber, schreibende Leser und lesende Leser die Auffassung, daß Bücher Heilung, Inspiration, Geborgenheit, Freundschaft, Freiheit, Rettung, Trost, geistig-seelische Unterstützung, spannende Entspannung und konstruktive Ablenkung schenken.

Andrea Gerk folgt den Spuren des Lesens durch die Geschichte. So erlesen wir, beispiels- weise, daß unsere heute übliche, stumme Versenkung in einen Text eine relativ junge Erscheinungsform des Lesens ist. Die mittelalterlichen Klöster, die damals über das Lese- und Schreibmonopol verfügten, gaben dem Lesen und Schreiben gleichsam Gebetscharakter. Dementsprechend wurde im mittelalterlichen Scriptorium murmelnd gelesen und geschrieben.

Im neunzehnten Jahrhundert wiederum waren in den kubanischen und amerikanischen Zigarrenfabriken Vorleser angestellt, die den Arbeitern während der Arbeit Romane vor- lasen. Die Zigarrenarbeiter bewunderten Alexandre Dumas‘ „Graf von Monte Christo“ so sehr, daß sie den Autor darum baten, eine Zigarrensorte mit dem Namen ihres Lieblingshelden schmücken zu dürfen.

Bereits im Mittelalter gab es ärztliche Lektüreempfehlungen, wie z.B. bei Maimonides, der seinen Patienten zur Gemütsausgleichung Erzählungen verordnete. Im 18. Jahrhun- dert stellte der Psychiatriepionier Benjamin Rush einen Lesekanon zusammen, in dem jedem Krankheitsbild Lektüren zugeordnet wurden. Später entwickelten sich aus solchen Ideen die ersten Patientenbibliotheken.

Stippvisiten zu den Werken von Michel de Montaigne, Jean-Jacques Rousseau, Marcel Reich-Ranicki, Elias Canetti, Jean-Paul Sartre, Michael Ondaatje, Hanns-Josef Ortheil u.v.a.m. offenbaren, daß Lesen hilft. Lesen kann befreiende Horizonte öffnen, Gefühle ordnen und spiegeln, fiktive Geborgenheit geben, kann als geistige Oase das Leben retten und in seelenverwandtschaftlicher Verbundenheit zwischen Autor und Leser Berührung und tröstliches Verständnis über Raum und Zeit hinweg ermöglichen.

Andrea Gerk hat mit vielen Leseexperten und Schriftstellern gesprochen und noch mehr Bücher zu Rate gezogen. Die Literaturliste im Anhang spricht Bände. Ich kann im Rahmen dieser Rezension nur streiflichternd Leselockhäppchen anbieten:

Faszinierend sind die Einblicke in die literarische Seite der Psychoanalyse und die modernen neurologischen Erkenntnisse und Forschungen über die umformende Wirkung, die das Lesen auf die Gehirnstruktur hat.

Andrea Gerk berichtet über die unterschiedlichen Lesetraditionen in Klöstern, Gefängnissen, Krankenhäusern, Bibliotheken, Lesezirkeln und Literaturkreisen. Kurz wird auch ein kleines Loblied auf einfühlsame Buchhändler gesungen, die ihren vertrauten Kunden genau die passenden Bücher „verabreichen“. Reale und fiktive Bibliomanen, Lesesucht und Lesefieber, Leseräusche und Leseernüchterungen finden ebenso Erwähnung wie die geheimnisvoll-zeitlose Heilkraft von Märchen.

In Amerika ist die Poesie- und Bibliotherapie bereits eine etablierte Therapieab- zweigung, was sich u.a. darin zeigt, daß beispielsweise die amerikanische Schriftstellerin Siri Hustvedt ehrenamtlich Poesietherapiekurse in einer New Yorker psychiatrischen Klinik gibt.

Der amerikanische Philosoph und Psychologe William James (der ältere Bruder des Schriftstellers Henry James) vertrat die Ansicht, es gebe nur zwei Arten zu denken: argumentieren und erzählen. Erzählen scheint die wesentlichere zu sein. So entwickelt sich beispielsweise in der Psychoanalyse eine Geschichte zwischen Analytiker und Patient, bei der es nicht um literarische Wahrhaftigkeit geht, sondern darum, eine emotionale Wahrheit aus dem Leben des Patienten zu verdeutlichen.“ (Seite 24)

Bei der Bibliotherapie hingegen geht es darum, einen vom Therapeuten gezielt ausge- wählten literarischen Text zu lesen und durch die Vertiefung in den Text das eigene Sein zu reflektieren und, emotional angeregt von der Lektüre, auch gleichsam eine neue Sprache für sich zu finden. Die rezeptive Auseinandersetzung mit einem literarischen Text soll Gefühle wecken und neue Perspektiven zeigen. So kann auf dem Umweg über einen „fremden“ Text letztlich den eigenen Gefühlen ein Sprachraum eröffnet und eine erweiternde oder klärende Selbstwahrnehmung und persönliches Wachstum gefördert werden.

Bei der Poesietherapie werden Gedichte gelesen. Dabei kann die Auseinandersetzung mit den Gedichten passiv-lesend sein, aber auch aktiv-schreibend, im Sinne des expressiven, kreativen oder therapeutischen Schreibens. Die Übergänge zwischen Biblio- und Poesietherapie sind fließend; beide Bereiche ergänzen sich wechselseitig.

Um Mißverständissen vorzubeugen: Die Bibliotherapie ist eine eigenständige Therapieform, die nicht auf die Psychoanalyse zurückgeht. Sie ist ein kreativ-therapeutisches Verfahren.

Hierzulande bemüht sich seit 1984 die Deutsche Gesellschaft für Poesie- und Bibliotherapie ( https://www.dgpb.org/ ) um die Vernetzung von Bibliothekaren, Ärzten, Therapeuten, Erziehern und Wissenschaftlern sowie um die Qualitätssicherung der durch entsprechende Kurse zu erwerbenden Zertifikate. Als Poesie- oder Bibliotherapeut dürfen sich ohnehin nur ausgebildete Mediziner und/oder Therapeuten sowie Heilpraktiker bezeichnen. Andere Absolventen dürfen nur unter Schreibwerkstätten-Leiter firmieren.

Neugierig nahm Andrea Gerk selbst an einer „Weiterbildung Poesie- und Bibliotherapie“ der »Europäischen Akademie für bio-psycho-soziale Gesundheit und Kreativitätstherapie EAG« bei Hückeswagen ( https://www.eag-fpi.com/ ) teil und ließ sich – trotz ihrer persönlichen Selbsterfahrungsunwilligkeit – von der „Schlichtheit und Effizienz der Methode“ überzeugen. An der EAG wird die Integrative Poesie- und Bibliotherapie gelehrt, die auf Prof. Dr. Hilarion Petzold, Johanna Sieper und Ilse Orth zurückgeht. Ausführliche Informationen finden Sie unter nachfolgendem Link: https://www.eag-fpi.com/methodenkompetenz/

Eine spezielle Art der Bibliotherapie wird im brasilianischen Hochsicherheitsgefängnis Catanduras unter der Überschrift „Erlösung durch Lesen“ angeboten. Dort verkürzt jedes gelesene Buch die Haftzeit um vier Tage. Es gibt ein Buch pro Monat und die Häftlinge müssen anschließend „in Gesprächen und in Form eines Aufsatzes nachweisen, dass sie sich wirklich mit der Materie auseinandergesetzt und verstanden haben, worum es in dem Text geht.“  (Seite 241)

„Lesen als Medizin“ ist außerdem eine wahre Fundgrube für endlose Folgelektüren, denn kurze handschriftliche Lieblingsbuchlisten der für das vorliegende Buch befragten Leseexperten und Schriftsteller runden jedes Kapitel ab, und Andrea Gerk streut auch gerne häufig und lebhaft ihre persönlichen Leseerlebnisse und Buchempfehlungen ein.

Dieses kluge, interessante sowie begeistert-begeisternde Buch wirkt in hohem Maße leseansteckend. Eine unheilbare Nebenwirkung wird wahrscheinlich chronisch-exorbitanter Bücherkonsum sein …

„Lesen als Medizin“ gibt es übrigens auch in elektronischer Darreichungsform: Dem gedruckten Buch ist ein Code für das einmalige Herunterladen des Textes als E-Buch beigefügt.

Zum Abschluß nun eine praktische bibliotherapeutische Übung:
„Wenn Sie nur noch drei Monate zu leben hätten, was würden Sie in dieser Zeit lesen? Erstellen Sie eine letzte Leseliste!“ (Seite 307)

Wer mag, kann sich auf der Kommentarebene dazu äußern … oder einfach nur still für sich einer entsprechenden Leseliste nachspüren.

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://keinundaber.ch/de/literary-work/lesen-als-medizin/

Die Autorin:

»Andrea Gerk wurde 1967 in Essen geboren. Nach einem Studium der Angewandten Theaterwissenschaft in Gießen ist sie seit 1995 als Literatur- und Theaterkritikerin sowie als Moderatorin für öffentlich-rechtliche Radiosender tätig. Sie lebt in Berlin.«

Bibliotherapeutische Webseiten:

Deutsche Gesellschaft für Poesie- und Bibliotherapie e. V.
https://www.dgpb.org/
EAG FPI: Europäische Akademie für bio-psycho-soziale Gesundheit / Fritz Perls Institut

Querverweis:

Hier folgt der Link zu einer heilsam-heiteren Rezension, die ich im Stile eines Medikamentenbeipackzettels verfaßt habe:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2013/05/15/das-geheimnis-der-heilung/

 

 

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ERLESEN

VON  A  BIS  Z

Buchzubehörbesprechung von Ulrike Sokul ©

Heute beschreibe ich ausnahmsweise einmal etwas Dekoratives, nämlich Beiwerk zum Lesen und Schreiben.

Unter der Überschrift ERLESEN finden sich beim Gerstenberg Verlag schön und zweckmäßig gestaltete PAPETERIEWAREN: Stifteboxen, Tragetaschen, Notizhefte in drei Formaten, Bleistifte mit Radiergummi, Grußkartensets, Masking Tapes, Klebenotizen, ein Blankobuch, eine Klemmappe und – ganz wichtig für Büchernarren mit buchhalterischem Unsterblichkeitsanspruch – ein BÜCHERTAGEBUCH.

Stiftebox und Klemmappe wurden von WERKHAUS produziert – exklusiv für Gerstenberg.

Das sehr ansprechende graphische Design von Stephan Schöll greift in einer nostalgisch-verspielten Weise unterschiedliche TYPOGRAPHIEN und alte Buchverzierungselemente (Initialen, Aldusblatt-Ornamente u. a.) auf und arrangiert sie mit dezenter Farbgebung zu einem charmant-eleganten und nützlichen Schreibtischaccessoir.

Der Stiftebehälter im Format 15 x 6,5 x 10,5 cm
mit farbig kaschiertem Öko-Holzwerkstoff
kostet 14,95 € (D & A), 19,40 sFr.
ISBN 425-0-9159-3073-2
ERLESEN-StiftehalterAll diese ERLESENEN Schreibwaren verbinden stilvolle Gestaltung mit praktischer Funktionalität.

So ist mir die feine KLEMMAPPE schon zur unentbehrlichen Begleiterin und Stütze meiner handschriftlichen Rezensionsskizzen geworden.

Die KLEMMAPPE im Format 25 x 32 x 2 cm mit farbig kaschiertem Öko-Holzwerkstoff (bewährte WERKHAUS-Qualität) verfügt zusätzlich über eine Dokumentenklemme sowie Verschlußgummis.
Der empfohlende Ladenpreis beträgt 14,95 € (D & A), 19,40 sFr.
ISBN 425-0-9159-3074-9

ERLESEN-KlemmappeDas gebundene, fadengeheftete BÜCHERTAGEBUCH (Format: 14 x 21 cm) enthält 80 Seiten feinsten Munken-Pure-Papieres mit vorgedrucktem Eintragsformular, auf dem je eine Zeile für AUTOR, TITEL, GELESEN, VERSCHENKT, VERLIEHEN vorgesehen sind, sowie fünf Zeilen für „freie“ Notizen oder Bewertungen zum gelesenen Buch. So können zwei Bücher pro Seite dokumentiert werden. Und ein LESEBÄNDCHEN ist auch noch dran.
Das Büchertagebuch kostet 8,95 € (D & A), 11,90 sFr.
ISBN 425-0-9159-3060-2

ERLESEN-Büchertagebuch

Mir persönlich fällt es zwar schwer, mich bei einer Buchbewertung auf fünf Zeilen zu beschränken, indes spiele ich ernsthaft mit dem Gedanken, es bei Einträgen in dieses Büchertagebuch mit Beurteilungen im knappen Haikustil zu versuchen …

Und hier geht es sofort – ohne Umweg über die Verlagswebstartseite – zu den beschriebenen Werken:
https://www.gerstenberg-verlag.de/suche.html?suche=erlesen&suchen=suchen

 

Der Illustrator:

»Stephan Schöll, 1971 geboren, lebte bis zu seinem sechsten Lebensjahr in Afrika. Die Familie zog anschließend nach Nürnberg. Im Alter von siebzehn Jahren folgte er seinen Eltern nach Papua-Neuguinea, wo der Vater für den deutschen Entwicklungsdienst tätig war. Danach zog es Stephan Schöll nach Brisbane in Australien, wo er sein Abitur absolvierte. Danach ging es nach Sydney, dort machte er seinen Bachelor in Grafikdesign. Seither widmet er seine Leidenschaft der Gestaltung von Corporate Identities, Imagebroschüren, Papeterie-Artikeln und Büchern. Er lebt mit Frau und Kind in München.«

 

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Ein Buchladen zum Verlieben

  • von Katarina Bivald
  • Originaltitel: »Läsarna i Broken Wheel rekommenderar«
  • Aus dem Schwedischen von Gabriele Haefs
  • btb Verlag, August 2014   http://www.btb-verlag.de
  • gebunden mit Schutzumschlag
  • 445 Seiten
  • 19,99 €
  • ISBN 978-3-442-75456-4
  • Taschenbuchausgabe  Juni 2016
  • € 10,00 € (D), 10,30 € (A), 14,50 sFr.
  • ISBN 978-3-442-71392-9

    Ein Buchladen zum Verlieben von Katarina Bivald

LESEERFAHRUNG  ODER  LEBENSERFAHRUNG ?

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Der Roman „Ein Buchladen zum Verlieben“ ist eine Liebeserklärung an Menschen (und ihre Schwächen) und eine Liebeserklärung an Bücher (und ihre Stärken). Das Buch handelt davon, wie Leseerfahrung zu Lebenser- fahrung und Lebenserfahrung zu Leseerfahrung führen kann.

Es ist eine unterhaltsame Lektüre, die uns eine sympathisch unglamouröse, amerikanische Kleinstadtmilieustudie und ganz besondere alltägliche Menschen aufblättert.

Nun folgen die Zutaten für dieses Romanrezept:

Man nehme eine arbeitslose, mauerblumige Buchhändlerin (Sara) aus Schweden, die sich mehr mit Büchern als mit Menschen verbunden fühlt, die jedoch eine vertrauens- volle Brieffreundschaft mit einer belesenen, weise-abgeklärten alten Dame (Amy) aus einer angestaubten Kleinstadt (Broken Wheel) in Iowa (USA) pflegt. Amy lädt Sara sehr herzlich zu einer dreimonatigen Auszeit zu sich nach Hause ein, und Sara kommt gerade noch rechtzeitig in Broken Wheel an, um an Amys Begräbnis teilzunehmen.

Schon erweitern sich die Personenzutaten um zwei Hände voll sehr ausgeprägt-eigenwilliger Charaktere: Amys Neffe, ein sehr attraktiver Junggeselle mit lächelnden Augen (Tom), ein arbeitsloser, geschiedener, trockener Alkoholiker, der den Kontakt zu seiner Tochter (Sophy) schmerzlich vermißt (George), eine burschikose Diner-Inhaberin und Schnapsbrennerin (Grace-Madeleine), eine arbeitslose Lehrerin und moralimpräg- nierte Kirchenälteste (Caroline), ein schwules Pärchen, das eine – die einzige – Kneipe am Ort betreibt (Andy und Carl), eine hyperaktive Hausfrau, die den Broken-Wheeler-Nachrichtenbrief schreibt und herausgibt (Jen), und noch einige andere Einwohner.

Sara wird stellvertretend für die allseits beliebte Amy von Amys Freundes- und Nachbar- schaftskreis dazu eingeladen, trotz des Todesfalles eine Weile zu bleiben und im Hause ihrer verstorbenen Gastgeberin zu wohnen. Jen plant schon eifrig, Sara mit Tom zu verkuppeln und so eine neue, interessante Einwohnerin für Broken Wheel zu generieren.

Zögerlich läßt sich Sara auf dieses Abenteuer ein und lernt die Menschen, die sie aus Amys brieflichen Beschreibungen kennt, nun im wirklichen Leben kennen und nach und nach wirklich schätzen. Fast jedes Kapitel wird durch einen Brief Amys ergänzt, so daß die zwischenmenschlichen Vorgeschichten der relevanten Charaktere nacherzählt werden.

Da Sara die ihr entgegengebrachte allgemeine Großzügigkeit gerne erwidern möchte, kommt sie auf die Idee, in einem der vielen leerstehenden Ladenlokale der einzelhänd- lerisch fast ausgestorbenen Haupt- und Geschäftsstraße mit dem Büchernachlaß von Amy eine Buchhandlung zu eröffnen.

Nach reichlich kopfschüttelnder, gemeinderätlicher Zustimmung zu diesem Kultivie- rungsprojekt hilft George gerne freiwillig bei den Putz- und Renovierungsarbeiten, und nach einer Spendensammlung von Caroline finden sich auch einige brauchbare Bücherregale, Lesesessel und eine Leselampe.

Saras improvisierte Buchhandlung, ihre feste Absicht, für jeden Bewohner von Broken Wheel genau das richtige Buch zu finden, und ihre unkonventionelle Freundlichkeit wirken als sozialer Katalysator. Die Buchhandlung zahlt sich betriebswirtschaftlich nicht aus, aber sie ist eine zwischenmenschliche Bereicherung für die – durch Wirtschafts- krise, fehlende Arbeitsplätze und dementsprechend schrumpfende Einwohnerzahlen – verarmte, zukunftsmüde Kleinstadt.

Während Sara sich bemüht, die Menschen zum Lesen zu verführen, und sich originelle und aussagekräftigere Oberbegriffe – als bisher buchhändlerisch üblich – für die Regalbeschriftung ausdenkt, erwärmen sich immer mehr Menschen für die Aussicht, Sara längerfristig an Broken Wheel zu binden. Doch die romantische Annäherung zwischen Sara und Tom kommt trotz gegenseitiger Sympathie nicht in Gang, weil sich beide gegen die allzu offensichtlichen Verkuppelungsabsichten ihrer Mitmenschen wehren.

Das führt zu beiderseitigen Mißverständnissen und Trotzhaltungen, die der Liebes- entwicklung eine Weile massiv im Wege stehen, und zu absurden gegenseitigen Versicherungen, man wolle nichts als Freundschaft voneinander.

Doch wenn eine Frau einen öffentlichen Heiratsantrag von einer ganzen Stadt bekommt, kann sie da noch Nein sagen?

Dieses Buch hat eine sehr warmherzige Temperatur, mit vielen Prisen Humor, netten, kleinen literarischen sowie filmischen Anspielungen und lebendigen, abwechslungsreichen Charakteren. Zum guten Schluß gibt es nicht nur eine echte Liebesheirat, sondern auch für die Nebenfiguren viele, viele bunte Liebesperlen.

Das Titelbild auf dem Schutzumschlag ist lobenswert gelungen und sehr stimmig. Hier paßt die Verpackung ausdrücklich zum Inhalt.

Mein Lieblingssatz:

„Es war einwandfrei der beste Sex gewesen, den sie jemals nicht gehabt hatte.“    (Seite 270)

 

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Ein-Buchladen-zum-Verlieben/Katarina-Bivald/btb-Taschenbuch/e545251.rhd

 

Die Autorin:

»Katarina Biwald arbeitete 10 Jahre lang in einem Buchladen. Sie lebt in der Nähe von Stockholm, gemeinsam mit ihrer Schwester und so vielen Bücherregalen, wie nur eben in ihre Wohnung hineinpassen. Sie weiß bis heute nicht genau, was sie bevorzugt: Menschen oder Bücher.«

Die Taschenbuchausgabe hat ein anderes Titelbild – da schau her:

Ein Buchladen zum Verlieben von Katarina Bivald

Ein Buchladen zum Verlieben von Katarina Bivald

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Thursday Next, Band 1 – 5

  • von Jasper Fforde
  • Übersetzung ins Deutsche:
  • Band 1 von Lorenz Stern
  • Band 2 – 5 von Joachim Stern
  • DTV Verlag   http://www.dtv.de
  • Band 1: Der Fall Jane Eyre
  • 375 Seiten, 9,95 €
  • ISBN 978-3-423-21293-9
  • Band 2: In einem anderen Buch
  • 416 Seiten, 10,95 €
  • ISBN 978-3-423-21294-6
  • Band 3: Im Brunnen der Manuskripte
  • 405 Seiten,  9,95 €
  • ISBN 978-3-423-21295-3
  • Band 4: Es ist was faul
  • 429 Seiten,  11,95 €
  • ISBN 978-3-423-21296-o
  • Band 5: Irgendwo ganz anders
  • 408 Seiten,  11,95 €
  • ISBN 978-3-423-21297-7
    der_fall_jane_eyre-9783423212939.jpg Der Fall Jane Eyre

DIE  NEXTE  BITTE !

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Ach, Sie meinen, Sie wüßten Bescheid über Lesen, Schreiben und Bücher, weil Sie Leser sind? Oder gar Schriftsteller, Verleger oder Deutschlehrer? Oder vielleicht Buchhändler? Tja, das dachte ich (Buchhändlerin) auch, bis ich Thursday Next kennenlernte  –  oder eher lesenlernte  -, das hat meinen Lesehorizont wahrlich um einige Dimensionen erweitert.

Thursday Next, die weibliche Hauptfigur in diesen wortwörtlich hinterlisterarischen Kriminalromanen, arbeitet als „LiteraturAgentin“, und in dieser Rolle sucht sie nicht nach verheißungsvollen neuen Schriftstellertalenten, sondern sie und ihre Kollegen beschützen die vorhandene Literatur vor unbefugten, verbrecherischen Eingriffen wie Raubdrucken, gefälschten Manuskripten und sonstigen Manipulationen, die gegen die literarische Ordnung verstoßen. Für außergewöhnliche Komplikationen sorgt dabei zusätzlich der Umstand, daß die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit durchlässiger sind, als bisher vermutet.

Die Geschichte beginnt 1985 in England, in der Stadt Swindon. Die historischen und gesell- schaftlichen Rahmenbedingungen weisen allerdings einige dichterische Freiheiten und Modi- fikationen auf: In Wales herrscht Kommunismus, in England herrscht Demokratie. Es gibt genetische Rückzüchtungen ausgestorbener Arten, z. B. Dodos und Mammuts und ausge- sprochen sympathische Neandertaler. Käse wird extrem hoch besteuert und bevorzugt von Wales nach England geschmuggelt.

Die herkömmliche Polizei wird vom „SpecialOperations-Network“ unterstützt, das sich wiederum in über dreißig Abteilungen aufgliedert. Dies wiederum ist der Garant für büro- kratische Irrungen und Wirrungen. Thursday Next arbeitet für „SpecOps-27 (LiteraturAgenten)“,  einer ihrer Lieblingskollegen arbeitet für „SpecOps-17 (Vampir- und Werwolfentsorgung)“ und trägt den – für literarisch Eingeweihte – vielsagenden Namen Spike Stoker.

Eine große Rolle spielt außerdem „SpecOps-12“, die „ChronoGarde“, deren Aufgabe es ist, den korrekten Ablauf der „StandardEreignisLinie“ zu überwachen, Zeitfalten auszubügeln und dann und wann Apokalypsen zu vermeiden. Die zeitreisebefähigten Agenten kommen also negativen oder unerwünschten Ereignissen nachträglich zuvor. Thursdays Vater ist „ZeitreiseAgent“ und hält die „ChronoGarde“  und das Ministerium für Zeitstabilität für einen „chronupten“  Haufen und versucht ihre historischen Fehleingriffe zu korrigieren. Als Zeitflüchtiger ist er ziemlich unendlich unterwegs und kommt doch immer wieder kurzfristig bei Thursday und ihrer Mutter zu Besuch vorbei.

Dann ist da noch Onkel Mycroft, der geniale Erfinder des Legosteinfilters für Staubsauger und des „ProsaPortals“: Eine Erfindung, die es ermöglicht, buchstäblich in ein Buch einzu- steigen. Und es gibt die „Goliath Corporation“, einen skrupellosen, profitgierigen Großkon- zern, der systematisch die Demokratie untergräbt und um jeden Preis seine Macht auf die fiktionale Welt ausdehnen will.

Gleich im ersten Band wird Jane Eyre aus ihrem Buch heraus entführt, und der Erpresser droht mit der Ermordung dieser beliebten literarischen Figur, wenn seine Forderungen nicht erfüllt werden.

In Jasper Ffordes Buchmultiversum ist die sogenannte wirkliche Welt schon reichlich schräg, aber die Buchwelt übertrifft sich hier gewissermaßen selbst. Wie dramatisch es hinter den Kulissen der gedruckten Buchstaben, Worte und Sätze zugeht, das weiß Jasper Fforde mit funkelndem Einfallsreichtum und Liebe zum kleinsten literarischen Detail spannend und sehr amüsant zu erzählen. Der bürokratische Verwaltungsapparat der Buchwelt ist mindestens so papierkramreich wie in der Außenwelt, ganz zu schweigen von den logistischen und technischen „BackStory“- Herausforderungen. Also ohne mobiles „Fußnotofon“ geht schon mal gar nichts; und haben Sie gewußt, daß das ISBN-System den „JurisfiktionAgenten“ zur Ortung von Büchern  dient?

Thursday Next pendelt für ihre Detektivarbeit zwischen der Buchwelt und der Außenwelt, rettet Jane Eyre und auch ihr eigenes Leben und findet beiläufig noch Zeit, ihre große Liebe zu heiraten.

in_einem_anderen_buch-9783423212946.jpgThursday Next 2Nachdem Thursday Next im ersten Band als Buch- springerin und Retterin von Jane Eyre berühmt wurde, wird sie im zweiten Band als erste „Außenländerin“ von „Jurisfiktion“ um Mitarbeit gebeten. „Jurisfiktion“ ist  der Sicherheitsdienst der Buchwelt, und dieser hat stets Bedarf an mutigen Agenten, welche die Buchwelt sowohl vor inneren wie äußeren Störungen und Angriffen schützen. Miss Havisham, die sitzengelassene Braut aus Charles Dickens Roman „Große Erwartungen“ ist Thursdays strenge Ausbilderin, die allerdings auch gerne kleine unerlaubte Ausflüge in die wirkliche Welt unternimmt und dort grundsätzlich viel zu schnell Auto fährt.

Offenbar erfüllen die fiktionalen Charaktere nicht immer ihre literarische Pflicht. Es gibt „Seitenläufer“, literarische Figuren, die ihre Rolle satt haben und sich bestenfalls  einfach nur in einem anderen Buch verstecken und sich schlimmstenfalls in den Handlungsverlauf des Besuchsbuches einmischen. Da hilft manchmal nur noch das Ausradieren mißliebiger Charaktere durch Radiergummi- munition. „Grammasiten“ und  „Adjektivorenmüssen bekämpft werden. Arbeit und Abenteuer bieten sich seitenweise an…

im_brunnen_der_manuskripte-9783423212953.jpg Thursday Next 3Im dritten Band zieht sich Thursday zwecks Mutter- schaftsurlaub von ihren Feinden in das noch unver- öffentlichte Manuskript eines Krimis zurück. Dort kommt sie einer Verschwörung auf die Spur, die in Verbindung mit der geplanten Einführung eines neuen Textverarbei- tungsprogramms die schöpferische Freiheit und kreative Sprachvielfalt des gesamten literarischen Lebens aus- löschen will. Haarscharf kann Thursday diese technologische Entseelung der Buchwelt verhindern.

Außerdem verpaßt sie zwei „Figuren-Rohlingen“ den letzten charakterlichen und sprachlichen Feinschliff und ein Happy End. In Zusammenhang mit der Bekämpfung des „Mispeling Vyrus“ vergnügt uns Jasper Fforde zudem mit einem ganz herrlichen Seitenhieb auf die deutsche Rechtschreibreform.

es_ist_was_faul-9783423212960.jpg Thursday Next 4Im vierten Band entschließt sich Thursday, mit ihrem Sohn Friday wieder in die Außenwelt zurückzukehren. Außerdem darf sie, auf Anordnung des „GattungsRates“, Hamlet mitnehmen, dem zu therapeutischen Zwecken ein Ausflug in die wirkliche Welt genehmigt wurde. Nicht nur, daß er mit seiner Außenwahrnehmung als Zauderer hadert, zusätzlich hat er zu verkraften, daß nicht ihm, sondern Heathcliff zum 77. Male der „BuchWeltPreis“ für den besten „Schwierigen Romantischen Liebhaber“ verliehen wurde. Außerdem wird ein „Fiktionär“, der sich unbefugt auf dem politischen Parkett der wirklichen Welt tummelt, in einem bemerkenswert raffinierten, literarischen Duell unschädlich gemacht.

 

irgendwo_ganz_anders-9783423212977.jpg Thursday Next 5Der fünfte Band spielt 14 Jahre später: Thursdays bisherige Abenteuer sind inzwischen in Romanform erschienen, sie arbeitet zum Schein im Teppichhandel, in Wirklichkeit ist sie nach wie vor Doppelagentin und nebenberufliche Käseschmugglerin. Der „AllgemeineLeseIndex“  stürzt in bildungsferne Abgründe, es drohen gar „Reality-Book-Shows“. In der Buchwelt ist man darüber nicht amüsiert; unterbe- schäftigte und gelangweilte Romanfiguren könnten rebellieren und „Mindestleserzahlen verlangen“.

Der Mord an Sherlock Holmes sollte dringend aufgeklärt werden, und Thursday muß sich schließlich sogar mit ihrer eigenen fiktiven Figur herumschlagen. Erst kurz vor Buchschluß erkennt sie, daß in der Buchwelt ein „Serienkiller“ unterwegs ist, und Jasper Fforde beendet das letzte Kapitel mit …  und läßt uns Leser in schrecklicher Ungewißheit auf diesen Pünktchen, Pünktchen, Pünktchen sitzen. Das ist nur schwer auszuhalten!

Der 6. Band erscheint erst im Juli 2013! Tja – wäre ich jetzt eine „Buchspringerin“ wie Thursday Next dann könnte ich mir im „Brunnen der Manuskripte“ eine Leseprobe des noch ungedruckten Buches genehmigen …

Doch zurück zu den fünf Bänden, die uns schwarz auf weiß vorliegen: Jasper Fforde verfügt über eine geistreiche und humorvolle Kombinationsgabe; von Band zu Band steigert er sich mit einfallsreichen Ideen, komplex konstruiert bis ins kleinste erlesene Detail. Die historischen und literarischen Arrangements, die er gestaltet, sind abenteuerlustig, wunderbar wortspielerisch und vielschichtig.

Die Wiederbegegnung mit bekannten literarischen Figuren, Themen und Schauplätzen, die von Jasper Fforde gekonnt in den Handlungsverlauf seiner Thursday Next Geschichte eingewoben werden, bietet anregenden Spielraum für fantasievolle und heiter-ironische Neuinterpretationen und kuriose Assoziationen. Neben vielen englischen Klassikern finden z.B. auch Eichendorff, Kafka und Konrad Duden Erwähnung.

Garniert wird das Ganze noch mit dem Thema Zeitreisen und den sich daraus ergebenden Paradoxien und Schlußfolgerungsvariablen.

Falls Sie jetzt meinen, ich hätte hier schon zu viel erzählt, muß ich energisch widersprechen. Diese Buchbesprechung ist nur eine flüchtige Skizze, ein Hauch von dem, was Ihnen die über 2000 Seiten der ersten fünf Thursday Next Bücher an kurzweiligem, kultivierten Lese- und Schmunzelgenuß bieten können.

PS:
Klassikerkenntnisse sind von Vorteil und erhöhen das Vergnügen an den zahllosen gewitzten Anspielungen und Bezügen. Die neue graphische Titelbildgestaltung der Thursday Next Reihe mit je einem schwarzen Scherenschnitt eines englischen Klassikers vor leuchtend farbigem Hintergrund und mit farbenfrohen Prägedruckbuchstaben ist auffällig anders und wird somit dem Inhalt der Bücher durchaus gerecht.

Hier entlang zu den Romanen und LESEPROBEN auf der DTV-Verlagswebseite:

Band 1: Der Fall Jane Eyre    https://www.dtv.de/buch/jasper-fforde-der-fall-jane-eyre-21293/
Band 2: In einem anderen Buch https://www.dtv.de/buch/jasper-fforde-in-einem-anderen-buch-21294/
Band 3: Im Brunnen der Manuskripte  https://www.dtv.de/buch/jasper-fforde-im-brunnen-der-manuskripte-21295/
Band 4: Es ist was faul   https://www.dtv.de/buch/jasper-fforde-es-ist-was-faul-21296/
Band 5: Irgendwo ganz anders   https://www.dtv.de/buch/jasper-fforde-irgendwo-ganz-anders-21297/

PPS:
Wie die Zeit vergeht … 😉
Meine Rezension zum sechsten und letzten Band der Thursday-Next-Serie: WO IST THURSDAY NEXT finden Sie unter diesem Link: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2013/07/03/wo-ist-thursday-next/

 

DER AUTOR:

»Jasper Fforde ist Waliser(daher das markante doppelte F!) und wurde 1961 geboren. Seine Romane schrieb er 14 Jahre lang neben seiner Arbeit als Kameramann bei verschiedenen Filmproduktionen. Er ist einer der intelligentesten, witzigsten und hintergründigsten Autoren der Fantasy. Nach 76 Ablehnungen erschien im Jahre 2001 der erste Band der Abenteuer von Thursday Next. Inzwischen hat die Reihe weltweit Kultstatus erlangt, und Jasper Fforde wurde aufgrund seiner literarischen Verdienste zum zeitweiligen Ehren-Bürgermeister von Swindon ernannt.«  Weitere Informationen:  http://www.jasperfforde.com

 

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