- Text und Illustrationen von Britta Teckentrup
- Verlag Jacoby & Stuart 2021 www.jacobystuart.de
- gebunden
- Fadenheftung
- durchgehend farbig
- 160 Seiten
- Format: 18 x 25 cm
- 29,00 € (D), 29,90 € (A)
- ISBN 978-3-96428-089-3

R A B E N K U N D E
Rezension von Ulrike Sokul ©
Britta Teckentrup zeugt mit ihrem Buch „Von Raben und Krähen“ in Wort und Bild von ihrer Zuneigung und Faszination für die Rabenvögel. Raben und Krähen gehören zoolo-gisch zur selben Vogelfamilie, den Corvidae. Die kleineren Rabenvögel werden meist Krähen genannt und die größeren, wie beispielsweise Erzrabe und Kolkrabe, als Raben.
»Rabenvögel sind die höchstentwickelte Gattung der Vogelwelt.« (Seite 14)
Zunächst stellt uns die Autorin und Illustratorin in kurzen Portraits eine ganze Reihe von bekannten und auch weniger bekannten Rabenvögeln vor, u.a. Kolkrabe, Ameri- kanerkrähe, Spatelbaumelster, Elster, Rabenkrähe, Nebelkrähe, Dohle, Saatkrähe, Schildrabe, Erzrabe und Hawaikrähe. Die ganzseitigen Illustrationen vermitteln einen ebenso anschaulichen wie stimmungsvollen Eindruck der komprimiert-informativ beschriebenen Vögel. Einige Doppelseiten zeigen tafelartig nur Zeichnung und Name diverser Rabenvögel ohne nähere Erläuterungen.
Hochinteressant ist der Hinweis auf die Bedeutung des weitgehend schwarzen Gefieders
der Rabenvögel: „Tatsächlich sind schwarze Federn stabiler als weiße Federn und nutzen sich weniger stark ab. Für Feinde, wie zum Beispiel den Habicht oder den Falken, signali-siert die schwarze Farbe auch Ungenießbarkeit; Vögel, deren Gefieder einen hohen Melaninanteil hat, scheinen also weniger schmackhaft zu sein.“ (Seite 18)
Ein kurzes Kapitel widmet sich der unterschiedlichen mythologischen Bewertung der Rabenvögel. Stets wird dem Raben magische Macht zugeschrieben. Je nach Kulturkreis und Epoche pendeln diese Zuschreibungen zwischen Unglücksbote, Todesbegleiter, Weisheitsverkünder und Erinnerungshüter.
So gelten sie bei den Inuit als Welterschaffer, bei den Wikingern und den alten Römern glaubte man an die prophetischen Gaben der Raben, und bei den Germanen wird der Göttervater Odin von zwei Raben begleitet; der eine Rabe „Hugin“ verkörpert die Gabe des Vorausdenkens und der andere Rabe „Munin“ die Gabe des Gedächtnisses. Die christliche Tradition wiederum verteufelt die Rabenvögel und bringt sie mit Hexerei in Zusammenhang.
Im nächsten Kapitel wird endlich mit dem falschen Begriff der „Rabeneltern“ aufge- räumt. Diese Fehlbezeichnung entstand aus der falschen Deutung des natürlichen Verhaltens der Nestlinge, die das Nest schon verlassen, bevor sie selbständig über- lebensfähig sind. Man sieht dann kleine, hilflos wirkende Küken auf dem Boden oder auf einem Ast sitzen und könnte meinen, sie seien von den Rabeneltern verlassen und sich selbst überlassen worden. Dem ist keineswegs so, denn die Rabeneltern füttern, beschützen und belehren ihre Nestlinge auch außerhalb des Nests.
Rabenvögel sind sozial organisierte Vögel mit differenzierten kommunikativen Fähig-keiten, und sie gehen sehr aufmerksam und fürsorglich mit ihrem Nachwuchs um. Manchmal bleiben die jungen Krähen noch mehrere Jahre in der Nähe ihrer Eltern und pflegen sowohl die Beziehung zu den Eltern wie auch zu den nachfolgenden Geschwis- tern und weiteren Mitgliedern der Großfamilie und auch zu Vögeln jenseits der eigenen Familie. Die familiäre Bindungsfähigkeit trägt auch dazu bei, daß Krähen und Raben gut voneinander lernen und erworbenes Wissen weitergeben können.
Weitere Kapitel befassen sich mit den beachtlichen sprachlichen Fähigkeiten der Krähen, die eng mit ihren sozialen Verhaltensweisen verknüpft sind, und mit der außer- gewöhnlichen Intelligenz, Lernfähigkeit und Empathiefähigkeit der Krähen. Sie erken- nen sich selbst im Spiegel und verfügen über ein individuelles Bewußtsein. Krähen nutzen nicht nur Werkzeug, sie stellen ihr Werkzeug teilweise auch selber her – beispielsweise bearbeitet die Neukaledonienkrähe Zweige so, daß sie sich als Larven- stocher eignen; darüber hinaus bewahrt sie sich ihr Werkzeug sorgfältig auf.
Raben und Krähen können durch Beobachtung lernen und schlußfolgern. So verstehen sie beispielsweise die Farbfunktionen einer Ampel und legen Nüsse in der Rotphase auf die Straße, lassen die Nüsse in der Grünphase von den Autoreifen knacken und holen sich in der nächsten Rotphase den schnabelgerecht, freigelegten Nußinhalt. Bemer- kenswert ist zudem ihre Fähigkeit, sich menschliche Gesichter und das dazugehörige „böse“ oder „gute“ Verhalten des Menschen langfristig zu merken.
Im vorletzten Kapitel kommen Rabenvögel in literarischer „Verarbeitung“ zu Wort, u.a. in Edgar Allan Poes berühmten Poem „Der Rabe“, Krähengedichten von Friedrich Nietzsche, Christian Morgenstern, Joachim Ringelnatz und Nadja Küchenmeister.
Zum Ausklang folgen einige Betrachtungen zum Verhältnis zwischen Rabenvögeln und Menschen. Denn als Kulturfolger kommen uns diese Vögel durchaus nahe und lassen sich fast überall leicht beobachten.
Britta Teckentrups Illustrationen sind naturalistisch und stets sehr atmosphärisch in Szene gesetzt. Besonders schön sind ihr die dunkelbunten Farbschattierungen des schwarzen Gefieders gelungen.
„Von Raben und Krähen“ ist ein Sachbuch, bei dem die Begeisterung der Autorin für ihre Lieblingsvögel stets mitschwingt. Gekonnt und hochkonzentriert verbindet sie biolo- gische und kulturelle Information und vermittelt auf sehr lebendige Weise wohlportio- niertes und wertvolles Wissen über Rabenvögel, das zudem noch Neugier auf thema- tische Vertiefung weckt.
Hier entlang zum Buch und zur Leseprobe auf der Verlagswebseite: https://www.jacobystuart.de/buecher-von-jacoby-stuart/sachbuch/von-raben-und-kraehen-2/
Die Autorin und Illustratorin:
»Britta Teckentrup, geboren 1969 in Hamburg, hat am Central Saint Martins College of Art and Design und am Royal College of Art in London Kunst und Illustration studiert. Sie ist Autorin und Illustratorin zahlreicher erzählender Bilderbücher sowie Sachbücher und ist vielfach ausgezeichnet worden. Heute lebt sie zusammen mit ihrem schottischen Ehemann und ihrem Sohn Vincent in Berlin. Ihre Bücher sind in sehr viele Sprachen übersetzt.« http://www.brittateckentrup.com/