Zwischenzeit

  • von Natalie Berghahn
  • Roman
  • WESTKREUZ Verlag 2016, www.westkreuz-verlag.de
  • Broschur
  • 224 Seiten
  • 19,90 €
  • ISBN 978—3-944836-29-4

Zwischenzeit
NACHBARSCHAFTEN  UND WAHLVERWANDTSCHAFTEN

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Dieser Roman setzt sich aus einem spannenden Figuren- und Perspektivenmosaik zusammen, dessen Zentrum die eigenbrötlerische Johanne und ihr Refugium bilden. Da Johanne zu Beginn des Romans sehnsüchtig auf die alljährliche Wiederkehr der Mauer-segler wartet, deren luftige Anmut sie bewundert, wage ich zunächst eine Vogelperspek-tive auf die Romanszenerie.

Aus dieser erhöhten Sicht zeigt sich eine alte Siedlung am Stadtrand. Das Haus von Johanne und das ihrer unmittelbaren Nachbarin Eva verfügen noch über die ursprüng-lichen großen Gärten, während die anderen Grundstücke inzwischen durch einige neue Häuser bauverdichtet und entsprechend kleingartig ausfallen.

Eva hat Alzheimer und unzählige Katzen. Kontaktfreudig bietet sie jedem Passanten eine Hausbesichtigung an. So spricht sie auch Juan an, einen illegalen Einwanderer aus Ecuador, der nach einem Streit mit seiner deutschen Freundin auf der Suche nach einem vorübergehenden Schlafplatz ist. Er nimmt die Einladung ins Haus an, ist aber nicht angetan vom desolaten Zustand des Haushalts, und als Evas mobiler Pflegedienst eintrifft, versteckt er sich flugs im Garten. Dort entdeckt er ein Gartenhäuschen, das seinen Bedürfnissen genügt, und richtet sich dort ein.

Etwas entfernter, aber doch in fußläufiger Nachbarschaft lebt Petra recht gutbürgerlich mit ihrem Mann. Petra hat nach schmerzlich unerfüllt gebliebenem Kinderwunsch ein Pflegekind aufgenommen. Die achtjährige Brinda wurde aus der Obhut ihrer psycho-tischen Mutter genommen, doch der Schatten der mütterlichen Wahnvorstellungen und Ängste „vor der Strafe der Engel“, deren obskure Vorschriften man befolgen müsse, wirkt  nach und erschwert Petra den Herzenszugang zu Brinda. Vielleicht ist es aber auch Petras eigene Liebesbedürftigkeit, die dem traumatisierten Kind nicht angemessen gerecht werden kann.

Nun nähern wir uns Johanne: Johanne spricht fünf Fremdsprachen und kennt die latei-nischen Namen von Pflanzen und Tieren, aber sie hat große Probleme, mit Menschen zu sprechen. Selbst einfache zwischenmenschliche Begegnungen bedeuten für sie Angst und Unsicherheit. Ihre seltsam verzögerte kommunikative Reaktionszeit führt zu pein- lichen Mißverständnissen, die dann wiederum den Streß erhöhen. Deshalb meidet sie Menschen weitmöglichst, verhält sich meist mürrisch abweisend und einsilbig, wenn sie angesprochen wird, und möchte vom – wie sie es nennt – „Sprech“ am liebsten verschont bleiben.

Dabei ist Johanne durchaus selbstreflektiert und bedenkt ihr Anderssein und ihre kommunikative Phasenverschiebung recht selbstironisch mit folgenden Worten:  „Ein Strickfehler in Johannes Kopf, eine Laufmasche im Hirngespinst sozusagen, eine von vielen.“ (Seite 53)

Am besten versteht sie sich mit Tieren und Pflanzen. Sie lebt sehr zurückgezogen, in einem alten Haus, das sie von ihrer Großmutter geerbt hat, kultiviert selbstversor- gerisch ihren großen Garten, hält eine kleine Schar Hühner und pflegt einen drei- pfotigen Igel, den sie als Unfallopfer auf der Straße gefunden hat. Das wenige Geld, das sie braucht, verdient sie sich mit der polyglotten Übersetzung diverser Spielanleitungen.

Gelegentlich zieht sie nachts los und macht mit Hilfe eines sehr scharfen Jagdmessers – die Klinge besteht aus zweiundreißiglagigem Damaszenerstahl – die Straßen igelsicher und die Autoreifen platt.  

Deshalb ist sie, neben ihren üblichen Ängsten – „schimmelige Haustierangst und grelle Planetenangst“ -, auch entsprechend erschrocken, als zwei Polizisten bei ihr anklopfen. Doch sie erkundigen sich bloß, ob Johanne zufällig ein Kind aus der Nachbarschaft ge- sehen habe. Dieses Kind sei seinen Pflegeeltern weggelaufen und man vermute, daß es sich irgendwo in der Nähe versteckt habe. Davon hat Johanne – bis auf die Suchplakate – nichts mitbekommen, und nachdem die kriminalistische Begutachtung von Johannes Gartenschuppen auch nichts ergeben hat, verabschieden sich die Polizisten wieder.

Johanne hat aber durchaus gemerkt, daß sich in ihrem Schuppen nicht alles am rechten Platz befindet und schaut später noch einmal nach, wobei die das vermißte Mädchen entdeckt. Nach dem ersten Schreck lädt Johanne das Kind einfach zum Mittagessen ein. Erstaunlicherweise funktioniert die Kommunikation in diesem Fall ziemlich reibungslos. Johanne empfindet Brinda nicht als Störenfried, und Brinda weiß die unaufdringliche Fürsorge Johannes zu schätzen.

Juan, der vom Fenster „seines“ Gartenhäuschens schon gelegentlich neugierige Blicke auf Johanne geworfen hat, möchte den Versuch wagen, die spröde Schöne zu verführen. Er pflückt einen Blumenstrauß und klopft an Johannes Tür. Sie ist keineswegs empfäng- lich für seinen Charme, aber sie bietet ihm immerhin einen Brennesseltee an. Langsam wird es voll in Johannes Einsiedlerleben.

Später bringt dann noch ein sympathischer, einarmiger Tierschützer mit dem Internet-spitznamen „Mauersegler“ einige aus einem Tiertransporter befreite Hühner vorbei. Denn Johanne hatte sich zuvor angeboten, diese armen Hühner aufzupäppeln.

Die Situation wird immer komplizierter und verwickelter, indes – so viel darf ich verraten –  löst sich alles passabel auf. Brinda und Petra kommen auf dem Umweg über Johanne zu einer ersten echten Annäherung und Vertrauensbasis, und schließlich wird sogar Brindas Geburtstag in Johannes Garten gefeiert, und es scheint, als keime langsam auch für Johanne ein erfreulicher Zuwachs an möglicher zwischenmenschlicher Nähe und Verbundenheit.

Bei diesem Roman ist die einfühlsame, sehr stimmige Figurenzeichnung besonders her- vorzuheben und zu loben. Dieses lebhafte Panoptikum außergewöhnlicher Charaktere, die ebenso in biografischen Rückblenden wie aktuellen Verhaltensmustern dargestellt werden, transportiert vielfältige Sichtweisen auf das Leben, stellt so manche Selbstver- ständlichkeit in Frage und weitet den Horizont für jene Menschen, deren Daseinsvor-aussetzungen beängstigend, schwierig und verletzlich oder schlicht etwas schräg und seltsam sind.

 

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.westkreuz-verlag.de/de/zwischenzeit

 

Die Autorin:

»Natalie Berghahn, geboren 1966, ist gelernte Kinderkrankenschwester und lebt mit ihrem Sohn und zwei Pflegekindern am Rand von Hamburg. Sie hat ein Faible für Tiere, Gärten und ungewöhnliche Geschichten.«
Hier entlang zu weiteren Informationen rund ums Buch auf Natalie Berghahns Blog: „FUNDEVOGELNEST- GEFUNDENES UND ERFUNDENES“ https://fundevogelnest.wordpress.com/about/

Querverweis:

Johannes kommunikative Blockade hat mich stark an das noch wenig bekannte Phänomen des selektiven Mutismus erinnert. Daher bietet sich ergänzend „Das Mundschloß“ von Simone Dräger an. Dieses Buch ist ein autobiografischer Bericht über das Leben mit selektivem Mutismus, einer Krankheit aus dem Autismusspektrum, die es den Betroffenen sehr schwer macht, in kommunikativen Kontakt zu kommen.
„Wie soll ein Mensch sich weitersagen, wenn die Anwesenheit unvertrauter Menschen oder das Betreten ungewohnter Räume so viel Angst auslösen, daß sich das wahre Selbst ver- schließt, der sprachliche Ausdruck blockiert und der Körper beinahe erstarrt ist, während das Denken krampfhaft darum kreist, irgendwie doch noch passende Worte und soziale Gesten hervorzubringen, ja, schließlich sogar das Denken verschwimmt und nur noch das Überleben eine Rolle spielt? Das ist mehr als „normale“ Schüchternheit, das ist selektiver Mutismus.“ https://leselebenszeichen.wordpress.com/2015/11/09/das-mundschloss/

 

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Einfach Mensch sein

  • Von Tieren lernen
  • von Sy Montgomery
  • aus dem Amerikanischen von Heide Sommer
  • Originaltitel: »How to Be a Good Creature. A Memoir in Thirteen Animals«
  • mit Illustrationen von Rebecca Green
  • und einem Nachwort von Donna Leon
  • DIOGENES Verlag  März 2019   http://www.diogenes.ch
  • in Leinen gebunden
  • mit Schutzumschlag
  • 208 Seiten
  • 22,00 € (D). 22,70 € (A), 30,00 sFr
  • ISBN 978-3-257-07064-4

BIOGRAPHISCHE  TIERSCHAU

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Sy Montgomery ist durch ihre Arbeit als Wissenschafts- und Umweltjournalistin weit in der Welt und der Natur herumgekommen. Für das vorliegende Buch „Einfach Mensch sein“ berichtet sie von verschiedenen Tieren, die ihr auf Expeditionen begegnet sind, und von Tieren, die ihr Privatleben geteilt und begleitet haben. Dabei geht sie lebens- chronologisch vor.

Mit der Scotchterrier-Hündin „Molly“ beginnt der Reigen tierischer Freunde, ja, Familien-mitglieder. Sy Montgomery bekam im zarten Alter von drei Jahren von ihren Eltern diesen Welpen geschenkt, und die innige Kind-Hund-Beziehung begründete ihre lebens-lange Tierliebe. Während es Montgomerys Mutter lieber gewesen wäre, wenn ihre Tochter mehr „Mädchenhaftigkeit“ entwickelt hätte, strebte Sy Montgomery nach mehr „Hündchenhaftigkeit“, bewunderte Mollys Fähigkeiten und ihre Wildheit und wollte so weit wie menschenmöglich daran teilhaben.

Viele Jahre später „adoptierte“ die Autorin ein Ferkel, einen sogenannten „Kümmerling“, der kränkelte und nur halb so groß wie seine Geschwister war. Gemeinsam mit ihrem Mann päppelte sie das kleine Sorgenkind, nannte es Christopher Hogwood, und nach fünf Jahren wog das Schwein, das einst in einen Schuhkarton gepaßt hatte, mehr als siebenhundert Pfund. Begeistert erzählt Sy Montgomery von der speziesübergreifenden Kontaktfreudigkeit Christopher Hogwoods und schwört, daß sie die kommunikativen Nuancen seines Schweinegrunzens verstehen konnte.

Auch in der Wildnis geht die Autorin nahe an Tiere heran. Während einer Expedition in Australien gelingt es ihr, mit geduldiger Ausdauer und langsamer Gewöhnung das Ver- trauen von drei wilden Emus zu gewinnen und sich ihnen bis auf einen Meter Entfern- ung zu nähern und sogar an ihrem Schlafplatz zu verweilen. Stets ist sie mit weit geöffnetem Herzen und allen Sinnen bei den Tieren und voller Dankbarkeit für das lebendige Wissen, das sich in ihnen offenbart.

Egal ob es um ihre häuslichen Hühner geht oder um Vogelspinnen, um seltene Baum- kängurus, einen Oktopus, ein vorwitziges Wiesel oder diverse Hunde – stets begegnet sie jedem Lebewesen auf Augenhöhe oder, besser gesagt, auf Herzenshöhe.

Die den Text begleitenden verspielten Zeichnungen von Rebecca Green spiegeln gekonnt die überaus zärtlich-zugewandte und fürsorgliche Naturperspektive der Autorin.

Dieses Buch wird naturverbundene Tierfreunde unmittelbar ansprechen. Die Autorin unterscheidet nicht zwischen possierlichen und weniger possierlichen Tieren. Sie öffnet ihr Herz gewiß weiter und konsequenter für alle Tiere als der durchschnittliche Mensch.

Die achtsame Berührung mit Tieren verbindet uns Menschen wieder mit dem wilden Herzen des Lebens und lehrt uns Respekt, Staunen und natürliche Demut. Ob sich Sy Montgomerys extrem intensive Mensch-Tier-Verbundenheit einer quasi-religiösen Über-höhung nähert, die zwischenmenschliche Beziehungen eher erschweren mag, sollte jeder Leser selbst entscheiden. Unstreitig sind indes die zutiefst beeindruckenden lebhaften Tierportraits.

Mit ihren ebenso berührenden wie biologisch-informativen, sinnlich-stimmungsvollen, tiereinfühlsamen Beschreibungen vermittelt sie anschaulich und glaubhaft, daß Tiere über Charakter, Individualität und Seelenstärke verfügen und daß wir, wenn wir uns wirklich auf sie einlassen, von ihnen ergänzende Wahrheiten erfahren können, die unser Leben bereichern und inspirieren.

„Eine Spinne kann die Welt mit ihren Füßen erschmecken. Vögel sehen ungeahnte Farbnuancen. Eine Grille kann mit den Beinen singen und mit den Knien hören. Ein Hund kann Töne wahrnehmen, die weit über den Frequenzen des menschlichen Hörvermögens liegen, und spürt, wenn man verärgert ist, noch ehe man es selber weiß.“ (Seite 10)

 

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.diogenes.ch/leser/titel/sy-montgomery/einfach-mensch-sein-illustriert-von-rebecca-green-9783257070644.html

 

Die Autorin:

»Sy Montgomery, geboren 1958 in Frankfurt am Main, ist die Autorin des Bestsellers Rendezvous mit einem Oktopus. Zur Recherche für ihre Bücher war sie mit Piranhas, rosa Delphinen, Zitteraalen und Schneeleoparden unterwegs – um dann die wahren Wunder der Natur vor dem eigenen Fenster zu entdecken. Montgomery lebt in New Hampshire.
2019 wurde sie mit dem „Award for Environmental Excellence“ der Antioch New England Graduate School, Fachbereich Umweltwissenschaften für herausragende Beiträge für Umwelt und Nachhaltigkeit gewürdigt.«

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Mozart und Robinson und der waghalsige Pfannkuchenplan

  • Text von Gundi Herget
  • Illustrationen von Nikolai Renger
  • Magellan Verlag, Januar 2018   http://www.magellanverlag.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 24,5 x 24,5 cm
  • 32 Seiten
  • 13,95 € (D), 14,40 € (A)
  • ISBN 978-3-7348-2038-0
  • Bilderbuch ab 3 Jahren

M Ä U S E M Ä G E N

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Im dritten Mäusedrama mit Hausmaus Mozart und Feldmaus Robinson geht es um die Erfüllung bzw. Befüllung der Mäusemägen. Da fahren Mozarts Menschen in Urlaub und lassen nur ein Stück Butter und eine Tüte Mehl übrig. Mozart ist empört und besucht seinen Freund Robinson in der Hoffnung, daß er über eine bessere Vorratshaltung verfügt.

Doch der schrumpelige Apfel, die naturbelassenen Samen und bitteren Wurzeln, die Robinson großzügig anbietet, munden Mozart gar nicht. Nach einem possierlichen Streitgespräch über ihre jeweiligen Eßgewohnheiten regt Robinson versöhnlich an, vom benachbarten Bauernhof etwas zum Essen zu besorgen.

Eifrig machen sich die kleinen Helden mit einem Spielzeuglaster, den sie mit einem kleinen Eimer beladen, auf den Weg zum Bauernhof. Sie binden sich zur Tarnung Grashalme um die Mäusebäuche, schleichen in den Kuhstall und lassen aus einer undichten Stelle im Milchtransportschlauch Milch in ihren Eimer tropfen.

Illustration von Nicolai Renger © Magellan Verlag 2018

Als eine Kuh den vermeintlichen Grasbüschel, mit dem sich Mozart tarnt, vernaschen will und Mozart samt Tarnung in die Lüfte hebt, muß sich Mozart notgedrungen fallen lassen und ein Bad im Milcheimer ertragen.

Sodann tarnt sich Mozart mit einigen Hühnerfedern, und auf geht es in den Hühnerstall, um ein Ei zu mopsen. Beim heimlichen Wegrollen des Eis entdeckt der Hahn den herum-laufenden Grasbüschel, in dem Robinson steckt, und – zack! – pickpackpikst er Robinson so feste in den Mäusepo, daß er vor Schreck in den Hühnerfuttertrog springt.

Etwas ramponiert bringen die Mäusefreunde ihre Beute in Mozarts Haus, säubern sich und fangen unter Mozarts kundiger Regie an, einen Apfelpfannkuchen zu backen. Beim späteren genüßlichen Verspeisen sind sich Mozart und Robinson einig, nie etwas Köstlicheres gefuttert zu haben …

Die abenteuerlustige Dynamik, die sich aus den unterschiedlichen Lebens- gewohnheiten und Temperamenten Mozarts und Robinsons ergibt, wird sowohl zeichnerisch als auch textlich auf augenzwinkernd einfühlsame und amüsante Weise dargestellt. Neben den knuffeligen Mäusefiguren können wir auch noch lustige, friedliche Kühe und glückliche Hühner erleben. Es sieht ganz so aus, als wäre der benachbarte Bauernhof ein Biobetrieb.

Die lebhaften Dialoge zwischen Mozart und Robinson sowie die lustige Mimik und Körpersprache der ungleichen Freunde bieten schmunzelreiches Bilderbuchkino.

Das Rezept für den Apfelpfannkuchen befindet sich in anschaulicher Darstellung und Anleitung auf den vorderen Vorsatzblättern des Bilderbuches, und ein zusätzliches Rezept für Käsepfannkuchen findet sich auf den hinteren Vorsatz- blättern; schließlich wollen wir ja einer einseitigen Ernährung vorbeugen. 😉

Die Lektüre könnte als Nebenwirkung unwiderstehlichen Appetit auf Pfannkuchen auslösen; also befüllen Sie bitte Ihre Vorratskammer mit den wichtigsten Zutaten, damit Sie mit Ihren Kindern barrierefrei von der Vorlesetheorie zur Kochpraxis gelangen können.

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.magellanverlag.de/titel/mozart-und-robinson-und-der-waghalsige-pfannkuchenplan/346

Querverweis:

Hier entlang zum ersten Band „Mozart & Robinson und der Zauber des Käsemonds“:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2016/08/18/mozart-robinson-und-der-zauber-des-kaesemonds/
Und zum zweiten Band „Mozart & Robinson und der gefährliche Schiffbruch“:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2017/10/29/mozart-robinson-und-der-gefaehrliche-schiffbruch/

Die Autorin:

»Gundi Herget beschlich mit  vier Jahren zum ersten Mal das Gefühl, dass Bücher mit ihren vielen Seiten voller schwarzer Striche, Punkte und Kringel das Aufregendste sein könnten, das es gibt. Und so war es dann auch. Mit zehn Jahren wollte sie schon Schriftstellerin werden, hat dann aber erst mal Abitur gemacht, in München und Pisa Literatur studiert, Schlagzeug spielen gelernt, Redakteurin gelernt, die Welt bereist und ein Kind bekommen, was sie an den Vorsatz ihres zehnjährigen Ichs erinnert hat. Sie schreibt seitdem vor allem Kinderbücher.«

Der Illustrator:

»Nikolai Renger wurde in Karlsruhe geboren und studierte Visuelle Kommunikation an der HFG in Pforzheim. Er ist als freiberuflicher Illustrator für verschiedene Verlage und Agenturen tätig und arbeitet seit 2013 im Atelier Remise in Karlsruhe.«

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Frohe Weihnachten, Zwiebelchen!

  • von Frida Nilsson
  • Illustrationen von Anke Kuhl
  • Aus dem Schwedischen von Friederike Buchinger
  • Gerstenberg Verlag September 2015   www.gerstenberg-verlag.de
  • 128 Seiten
  • gebunden
  • Format 16 x 21,5 cm
  • 12,95 € (D), 13,40 € (A), 16,90 sFr.
  • ISBN 978-3-8369-5860-8
  • Kinderbuch ab 8 Jahren
    Frohe Weihnachten, Zwiebelchen! Titelbild

EINE  SCHÖNE  BESCHERUNG

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

„Frohe Weihnachten, Zwiebelchen!“ ist eine Geschichte, die ganz nahe am ebenso verletzlichen wie tapferen kindlichen Herzen geschrieben wurde.

Stig, der als Säugling von seiner Mutter den Kosenamen Zwiebelchen bekommen hat, wünscht sich sehnlich ein Fahrrad zu Weihnachten. Doch seine alleinerziehende Mutter hat nicht genug Geld, um ihm einen solch kostspieligen Wunsch zu erfüllen, und sie ermahnt ihn freundlich, sich doch bitte ein alternatives Geschenk zu überlegen.

Zwiebelchen hat aber nun einmal diesen einen Wunsch, und auf dem Fußweg zur Schule beobachtet er neidisch seinen Klassenkameraden Elmar – der begleitet von seinem Vater – mit dem Rad zur Schule fährt.

Elmar hat also nicht nur ein Fahrrad, er hat auch einen Vater. Denn Stig vermisst nicht nur ein Fahrrad, sondern auch einen Vater. Schon oft hat er versucht, seine Mutter dazu zu bewegen, nach Stockholm zu fahren und seinen Vater kennenzulernen. Aber seine Mutter will nichts von diesem Mann wissen; nur ihn, das Zwiebelchen, das hätte sie unbedingt gewollt.

Nachdenklich geht Stig auf dem weiteren Weg zur Schule an einer Autoreparatur- werkstatt vorbei, die Karl gehört. Karl gilt als komischer Vogel, er hinkt, er hat einen kleinen Hühnerstall auf seinem Werkstattgelände, und angeblich kann er Hühner hypnotisieren. Das bringt Zwiebelchen auf die Idee, daß er Karl fragen könne, ob er vielleicht auch Mütter dahingehend hypnotisieren könne, daß sie trotz Geldmangels einen Fahrradwunsch erfüllen.

Zwiebelchen im Chor

Illustration von Anke Kuhl © Gerstenberg Verlag 2016

Schüchtern nähert er sich Karl und ist angenehm überrascht, daß dieser zwar äußerlich etwas verlottert ist, aber sehr freundlich mit ihm und mit den Hühnern spricht. Zwiebelchen besucht Karl nun öfter und lernt einiges über Hühner und wie man sich ihr Vertrauen erwirbt. Tatsächlich ist er mit der Hühnerpflege und der wachsenden zutraulichen Verbindung zu Karl eine ganze Weile von seiner Fahrradbesessenheit abgelenkt und erwägt sogar, sich stattdessen etwas von Lego zu wünschen.

Zwiebelchen radelt

Illustration von Anke Kuhl © Gerstenberg Verlag 2016

Seine Mutter freut sich über den Kontakt, den er mit Karl aufgenommen hat, und sie scheint ihn auch zu mögen. Bei einer weihnachtlichen Schulaufführung sitzt seine Mutter zusammen mit Karl im Publikum, und Stigs Mitschüler spekulieren laut darüber, ob der komische Vogel wohl sein unbekannter Vater sei. Das geht Stig zu weit, und er reagiert schroff und abweisend auf Karl und stellt sich seinen richtigen Vater irgendwie glanzvoller und toller vor.

So kommt es, daß Stig sich von allen unverstanden und peinlich-bemitleidetet fühlt und er einfach ein verwaistes Fahrrad „mitnimmt“ und versucht, sich – trotz des einsetzenden Schneefalls – auf den Weg nach Stockholm zu machen. Der emotionale Aufruhr in seinem Herzen weicht mit zunehmender Kälte und Dunkelheit der Sehnsucht nach seiner Mama und dem Zweifel, ob er bei seinem richtigen Vater überhaupt erwünscht sei, ja, er zweifelt sogar an seiner grundsätzlichen Liebenswertigkeit.

Zwiebelchen umarmt

Illustration von Anke Kuhl © Gerstenberg Verlag 2016

Schließlich durchdringt das Licht eines Autoscheinwerfers das Schneegestöber; am Steuer des Wagens sitzt Karl. Zwiebelchen ist sehr froh und dankbar, daß Karl ihn offenkundig gesucht und gefunden hat und ihn fürsorglich zurück nach Hause bringen möchte. Stig und seine Mutter sprechen sich danach – gemütlich aufs Sofa gekuschelt – gründlich aus, und Stig wünscht sich von ganzem Herzen, daß sie gemeinsam mit Karl Weihnachten feiern … und Hühner streicheln.

„In seiner Brust, die vom vielen Weinen noch ganz wund ist, fliegt sein Herz herum wie ein eben aufgewachter Winterschmetterling.“
(Seite 52)

Zwiebelchen mit Huhn

Illustration von Anke Kuhl © Gerstenberg Verlag 2016

Frida Nilsson schlüpft in dieser Weihnachtsgeschichte einfühlsam in die kindliche Wahrnehmungs- und Gefühlswelt und beschreibt diese sozial- sensibel, ungeschönt, situationskomisch und warmherzig sowie mit spielerischem Tiefsinn. Besonders anrührend empfinde ich die Unmittel- barkeit in der sprachlichen Darstellung der kindlichen Bedürfnisse, Hoffnungen, Interpretationen, Konflikte und Sehnsüchte.

Die Illustrationen von Anke Kuhl geben den emotionalen Abwechslungs- reichtum dieser Geschichte mit ausdrucksvollem Minimalismus wider.

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.gerstenberg-verlag.de/Kinderbuch/Kinderliteratur/Frohe-Weihnachten-Zwiebelchen.html?noloc=1

Die Autorin:

»Frida Nilsson, geb. 1979 in Örebro, Schweden, arbeitete als Moderatorin für das schwedische Kinderfernsehen und schreibt seit 2004 äußerst erfolgreich Kinderbücher. In Schweden wird sie von der Presse gern mit Roald Dahl verglichen, der einer ihrer Lieblingsautoren ist. Viele ihrer Geschichten sind für das schwedische Kinderradio veretont worden. Für Hedvig! Im Pferdefieber wurde Frida Nilsson 2006 für den Augustpreis nominiert; 2014 wurde sie mit dem Astrid Lindgren Priset für ihr Gesamtwerk ausgezeichnet.
Bei Gerstenberg sind von ihr außerdem erschienen: Hedvig! Das erste Schuljahr und Hedvig! Die Prinzessin von Hardemo, beide Bücher mit Bildern von Anke Kuhl.«

Die Illustratorin:

»Anke Kuhl, geb. 1970, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Sie hat Freie Kunst an der Uni Mainz und Visuelle Kommunikation an der HFG Offenbach studiert und arbeitet seit ihrem Abschluss 1998 als freie Illustratorin und Grafikerin in der Ateliergemeinschaft »labor«. 2002 wurde sie mit dem Troisdorfer Bilderbuchstipendium ausgezeichnet, 2011 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis.«

Die Übersetzerin:

»Friederike Buchinger, geb. 1973, lebt mit Tochter, Hund und Meerschweinchen in der Pfalz. Sie übersetzt seit 2001 aus dem Dänischen, Norwegischen und Schwedischen und hegt dabei eine besondere Liebe zu Kinderbüchern im Allgemeinen und den schrägen, unangepassten im Besonderen. Ihre Übersetzung von Ich, Gorilla und der Affenstern wurde für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.«

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Der liebste Wolf der Welt

  • Bilderbuch
  • Text von Agnès Lestrade
  • Illustrationen von Constanza Bravo
  • Übersetzung aus dem Französischen von Marcel Glück
  • Hanser Verlag  2008                                http://www.hanser.de
  • Format: 21 x 26 cm
  • 32 Seiten, 12,90 €
  • ab 5 Jahren
    Der liebste Wolf der Welt

DER  WOLF  IM  GEMÜSEPELZ   

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Der Wolf will seinen Speiseplan abwechslungsreicher gestalten, er mag sich nicht mehr so einseitig von Kaninchen und Maulwürfen ernähren, er hat Appetit auf Menschenfleisch. Also zieht er vom Wald in die Stadt, und dort läuft ihm auch gleich ein wohlgenährtes Mädchen über den Weg.

Doch anstatt sich, gelähmt vor Schreck, fressen zu lassen, hält ihm das vorwitzige Mädchen einen Vortrag über Ernährung, ungesundes tierisches Eiweiß und Blutfettwerte sowie über die Gesundheitskraft von Gemüse.

Nun ist der Wolf  fast gelähmt vor Schreck und läßt sich dazu überreden, die Großmutter des Mädchens zu besuchen, die den „schönsten Gemüsegarten weit und breit“  besitzt. Außerdem, so denkt sich der Wolf, könnte er ja das Kind und die Großmutter auffressen, falls das mit dem Gemüseessen nicht funktionieren sollte.

Nach ein paar vegetarischen Tagen nennt ihn das Mädchen den „liebsten Wolf der Welt“. Doch die viele Gartenarbeit, die er für die Großmutter verrichtet, macht ihn ganz schön hungrig, und obwohl die großmütterlichen Gemüsespeisen sehr lecker sind, sättigen sie den Wolfshunger nicht.

Eines Nachts kann er sich nicht mehr beherrschen und frißt alle Kaninchen aus dem Kaninchenstall, in der folgenden Nacht sind die Hühner aus dem Hühnerstall dran, und schließlich will er auch das wohlgenährte Mädchen verspeisen, aber dieses überlistet ihn dermaßen, daß er wieder in den Wald zurückkehrt und die Menschen endgültig satt hat.

„Der liebste Wolf der Welt“ ist eine pfiffige, ernährungslehrreiche Abwandlung des Märchens vom Rotkäppchen.

Die Illustrationen von Constanza Brava spiegeln den augenzwinkernden, ironischen Tonfall der Geschichte durch schräge Perspektiven, ungewöhnliche Proportionen und plakatives Mienenspiel.

Und die Moral von der Geschicht‘:  Der Wolf läßt sich vielleicht zähmen, aber der Wolfshunger nicht!

Die Autorin:

»Die Schweizerin Agnès de Lestrade, wurde früh zum Geschichtenerzählen inspiriert – von ihrer Großmutter, die ihr gern die Geschichte von Rotkäppchen und dem bösen Wolf erzählte.«

Die Illustratorin:

» Constanza Bravo, ist Schweizerin chilenischer Abstammung und studierte an der Hochschule für bildende Künste in Genf, wo sie heute als freie Künstlerin und Illustratorin lebt.«