„Und Rapunzel, frisch, grün und knackig…“

  • Limitierte Geburtstagsedition zum 95. Geburtstag 
  • von Sybil Gräfin Schönfeldt
  • 3 Bände:
  • Kochbuch für die kleine alte Frau
  • Kochbuch für den großen alten Mann
  • Kochbuch für meine liebste Freundin
  • mit Banderole
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Verlag edition momente,  Februar2022 www.edition-momente.com
  • 30,00 €
  • ISBN 978-3-0360-6030-9

Und Rapunzel, frisch, grün und knackig (Geburtstagsausgabe Gräfin Schönfeldt Kochbücher)

K O C H K U L T U R 

Rezension von Ulrike Sokul ©

Am 13. Februar, zum 95. Geburtstag von Sybil Gräfin Schönfeldt, serviert der Verlag edition momente feierlich eine einmalige, limitierte Geburtstags- ausgabe der dreibändigen kochköstlichen Reihe „Kochbuch für die kleine alte Frau“, „Kochbuch für den großen alten Mann“ und „Kochbuch für meine liebste Freundin“ zum Gesamtpreis von 30 €.

Dies ist ein wertvolles Bücherschnäppchen, und man möge großzügig zugreifen, denn verglichen mit den Einzelpreisen kostet dieser Dreierpack nur die Hälfte. Deshalb gilt das Sonderangebot auch nur bis zum 30. April 2022. Sie können diese Bände schließlich wahlweise gebündelt oder einzeln verschenken. Denken Sie an kommende Geburtstage, Hochzeitstage, erwachsene Kinder, die ihren ersten eigenen Haushalt gründen, Gelegen- heiten für ein Gastmitbringsel (statt Blumen), ja, denken Sie sogar schon an Weihnachten – denn vorausschauende Vorratshaltung lohnt sich auch bei Buchgeschenken.

Sybil Gräfin Schönfeldt schöpft für diese Kochbücher aus ihrem reich- haltigen familiären und biografischen Lebens- und Kocherfahrungsfundus und würzt die einfachen, schmackhaften Koch– und Backrezepte mit liebenswerten Erinnerungen und persönlichen Anekdoten, die einen interessanten, streiflichternden Einblick in den privaten und journali- stischen „Küchenlebenslauf“ der Autorin vermitteln.

Im „Kochbuch für die kleine alte Frau“ geht sie speziell auf die Bedürfnisse der alleinstehenden älteren Damen ein und serviert genüßliche Rezepte für Einzelmahlzeiten.

Beim „Kochbuch für den großen alten Mann“ nimmt sie alleinstehende, kochunerfahrene ältere Herren an die Hand und serviert neben leichten Rezepten einige praktische Regeln zur organisatorischen Vorbereitung aller Zutaten, Vorratshaltungstipps sowie küchenhandwerkliche Anleitungen – beispielsweise zum Zwiebelwürfeln.

Das „Kochbuch für meine liebste Freundin“ schließlich ermuntert Frauen, die wenig Zeit zum Kochen haben, zu alltagstauglichen, unkomplizierten und gleichwohl köstlichen Speisezubereitungen.

Neben den schmackhaften inneren Werten sind diese Kochbücher auch mit ansprechenden äußeren Werten ausgestattet. Die fadengehefteten Bücher haben ein handliches Format (19,5 x 11,5 cm) und farblich harmonierende Lesebändchen. Die Schriftgröße ist leseangenehm und die Rezepte werden durch Fettdruck hervorgehoben.

Alle Bände eint ein kluger und lebenskünstlerischer Basso continuo, der davon zeugt, daß Sybil Gräfin Schönfeldt nicht nur mit Liebe kocht, sondern auch mit Liebe schreibt. Aus diesen Kochbüchern steigen nicht nur die Aromen köstlicher Gewürze, Kräuter und Speisen auf, sondern auch ein sympathisch-nostalgischer Duft vergangener Zeiten und die Herzenswärme einer guten Gastgeberin.


Hier entlang zur Geburtstagsedition auf der Verlagswebseite:
https://www.edition-momente.com/buecher/sybil-graefin-schoenfeldt-geburtstagsausgabe.html

Hier entlang zu den Besprechungen der Einzelbände:

„Kochbuch für die kleine alte Frau“ Kochbuch für die kleine alte Frau
„Kochbuch für den großen alten Mann“ Kochbuch für den großen alten Mann
„Kochbuch für meine liebste Freundin“ Kochbuch für die liebste Freundin

Die Autorin:

»Sybil Gräfin Schönfeldt, geb. 13. Februar 1927, studierte Germanistik und Kunstge-schichte  und promovierte in Wien. Sie schrieb für DIE ZEIT, das ZEIT-Magazin und STERN und profilierte sich als Kochkultur-Journalistin. Sie verfasste u.a. literarische Kochbücher über Goethe, Fontane oder Thomas Mann. Außerdem übersetzte sie Kinder-literatur und schrieb eine Biografie über Astrid Lindgren. Seit 2005 ist sie die Heraus-geberin des Literarischen Küchenkalenders. Vielfach ausgezeichnet, lebt und arbeitet sie seit 60 Jahren in Hamburg.«

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Kochbuch für die kleine alte Frau

  • von Sybil Gräfin Schönfeldt
  • Verlag edition momente, September 2018 www.edition-momente.com
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • Format: 19 x 11,4 cm
  • 128 Seiten
  • mit Lesebändchen
  • 20,00 €, 28,90 sFr.
  • ISBN 978-3-0360-6001-9

K Ü C H E N L E B E N S L A U F

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Aus dem „Kochbuch für die kleine alte Frau“ steigen beim Lesen nicht nur die Aromen köstlicher Gewürze, Kräuter und Speisen auf, sondern auch ein sympathisch-nostal- gischer Duft vergangener Zeiten und die Herzenswärme einer guten Gastgeberin.

Dieses Kochbuch wartet mit einer übersichtlichen Anzahl erprobter und weitgehend unkomplizierter Gerichte auf, die – eingebettet in den abwechslungsreichen Reigen persönlicher, kulinarischer Erinnerungen Sybil Gräfin Schönfeldts – serviert werden.  So gibt die Autorin den ererbten, handgeschriebenen familiären Kochbüchern und einigen „historischen“ Küchenwerkzeugen sowie ihrem alten, knarzenden Holzküchenschrank ebenso die Ehre wie den Persönlichkeiten lieber Ahnen mit ihren überlieferten Kochkünsten und Rezepten.

Der Anlaß, dieses Kochbuch zu verfassen, war die Suche nach alltagstauglichen und gleichwohl genüßlichen Rezepten für alleinstehende Menschen. Die Autorin verwandelt Rezepte aus ihrem vielfältigen, internationalen Familienrezepte-Fundus in Rezepte für eine Person und macht alleine schon durch die sinnlich-anschauliche, erzählerische Darstellung Appetit und Lust aufs Kochen und Schmausen. Sie betont mehrfach, wie wichtig es sei, sich auch als Witwe und trotz Trauer, Verlust und eventueller Appetit-losigkeit aufmerksam um die eigene Ernährung zu kümmern und sich – gewissermaßen als Einladung zur Lebensfreude – an die lohnende Arbeit des Für-sich-alleine-Kochens zu machen. Gelegentliche Gäste sind ja durchaus nicht ausgeschlossen, und dann hat sich die Tapferkeit des weiterhin kultivierten Kochens auch für diese lieben Mitesser gelohnt.

Auf einige verheißungsvolle Backrezepte (Sandtorte, Apfelkuchen, Mandeltorte, Zitro- nentorte) folgen Rezepte für Reisgerichte, Kartoffeln, Möhren und Nudelspeisen, Heringssalate, Varianten warmen Frühstücksbreis, ein origineller und je nach Jahres- zeitenangebot veränderlicher Salat aus der Pfanne, Hühnerfleischrezepte, Gemüseein- töpfe, Quarkspeisen, Obstsalate, Schokoladendesserts und Rote Grütze auf Hamburger Art. Außerdem gibt die Autorin Anregungen für Vorratshaltung, für Zufallsmahlzeiten aus kluger Resteverwertung, und sie ermahnt dazu, besonders im Alter eine ausrei- chende Menge Wasser zu trinken.

All diese Rezepte für Einzelmahlzeiten gehen Hand in Hand mit warmherzigen, persön-lichen Erinnerungen an Kochsituationen, Mahlzeiten sowie geliebte Mitmenschen und Gäste, die einen streiflichternden Einblick in den privaten und journalistischen „Küchen-lebenslauf“ der Autorin vermitteln.

Neben den schmackhaften inneren Werten ist das „Kochbuch für die kleine alte Frau“ auch mit ansprechenden äußeren Werten ausgestattet. Das fadengeheftete Buch hat ein handliches Format und ein farblich harmonierendes Lesebändchen. Die Schriftgröße ist leseangenehm, die Rezepte heben sich durch Fettdruck hervor, und die dezente graphische Gestaltung von Titelbild und Vorsatzblättern trägt die unverkennbare „Handschrift“ des edition-momente-Hausgraphikers Max Bartholl, augenzwinkernd ergänzt um eine Zeichnung von Jutta Bauer.

Fotografien hat dieses Kochbuch nicht nötig, denn Sybil Gräfin Schönfeldts Schreibstil ist lebendig, sinnlich-kulinarisch und wahrlich köstlich genug, um Freude am Kochen zu wecken. 

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.edition-momente.com/buecher/sybil-graefin-schoenfeldt-kochbuch-fuer-die-kleine-alte-frau.html

Hier entlang zu einem Ausschnitt aus der NDR TALK SHOW vom 7.6. 2019, in dem Gräfin Schönfeldt charmant über ihr „Kochbuch für die kleine alte Frau“ plaudert:

Die Autorin:

»Sybil Gräfin Schönfeldt studierte Germanistik und Kunstgeschichte und promovierte in Wien. Sie schrieb für DIE ZEIT, das ZEIT-Magazin und STERN und veröffentlichte seit den 1960er Jahren zahlreiche Kochbücher, zuletzt das Kochbuch für die kleine alte Frau (2018) sowie literarische Kochbücher über Goethe, Fontane, Thomas Mann u. a. und übersetzte Kinderliteratur. Sie war mit Astrid Lindgren befreundet. Sie lebt in Hamburg, hat zwei Söhne und ist seit zehn Jahren Witwe.«

Querverweis:

Hier entlang zum männlichen Ergänzungskochbuch „Kochbuch für den großen alten Mann“: Kochbuch für den großen alten Mann
Und hier entlang zum dritten Kochbuch dieser Serie:
„Kochbuch für meine liebste Freundin“: Kochbuch für meine liebste Freundin

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Die wilde Meute

  • von Ilse Bos
  • Aus dem Niederländischen von Eva Schweikart
  • Originaltitel: »Troep«
  • Mit Illustrationen von Linde Faas
  • Verlag Urachhaus  August 2016    http://www.urachhaus.com
  • gebunden, Fadenheftung
  • 303 Seiten
  • 17,90 € (D), 18,40 € (A)
  • ISBN 978-3-8251-7924-4
  • zum Vorlesen ab 7 Jahren
  • zum Selbsterlesen ab 10 Jahren
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K I N D E R K O M P E T E N Z

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Dreizehn Kinder, die ohne alltägliche elterliche Aufsicht auf einem am Ufer einer verwilderten Landzungenspitze verankerten Schiff hausen – das kann ja heiter werden und gefährlich. Wenn das das Jugendamt wüßte …

Doch das Jugendamt, personifiziert von der weichgerundeten Frau Weiblen, die tränenreich nahe am Wasser gebaut ist und großzügig ihr sozialpädagogisches Vorschußmitleid verteilt, hat zum Glück noch nicht herausgefunden, wie unbeaufsichtigt das Leben der Kinder wirklich ist.

Wie konnte es so weit kommen? Die zwölfjährige Pola erzählt folgende Familiengeschichte: Tineke, Polas Mutter, führte vor Polas Geburt ein reiselustiges Leben. Sie nähte und strickte Kleidung für Zirkusartisten und Schiffsbesatzungen. Auf einer Schiffsfahrt nach Reykjavik verliebte sie sich in den Maschinisten Willem Vanderwerff, und die beiden kamen sich sehr, sehr nahe. Doch ein Mißverständnis führte dazu, daß sich ihre Wege – beiderseits ungewollt – trennten.

Wenig später bemerkte Tineke, daß sie ein Kind erwartete. Sie suchte vergeblich nach Willem und kehrte zur Geburt des Kindes zur Blauschute zurück, dem Schiff ihres Vaters. Kurz nach Polas Geburt setzte Tineke ihre reisende Berufstätigkeit in Begleitung ihrer kleinen Tochter fort und suchte in vielen verschiedenen Ländern nach dem Verbleib ihrer großen Liebe Willem. Unterwegs in Kiew nahm sie Wladimir, ein verwaistes Straßenkind, mit einer ausgeprägten Begabung für Technik und Mechanik, in ihre Obhut. So bekam Pola ihren ersten Bruder.

Als Pola und Wladimir das schulpflichtige Alter erreichten, wurden sie in Amsterdam auf der Blauschute seßhaft, während ihre Mutter weiterhin weltweit arbeitete, reiste und nach Polas Vater suchte. Nach und nach strandeten noch einige sogenannte heimische Problemkinder auf der Blauschute und wurden von Tineke als offizielle Pflegekinder angenommen.

Einmal brachte sie auch eine erneute Schwangerschaft mit – als Reiseandenken eines Flirts mit einem surinamesischen Fischer. So ergänzen inzwischen die Zwillinge Flip und Tutti mit ihren Rastazöpfchen und ihrer eigenen Zwillingssprache den bunten Kinderreigen.

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Illustration von Linde Faas © Verlag Urachhaus 2016

Nun ist Pola zwölf Jahre alt, und das Zusammenleben der Kinder funktioniert ziemlich gut, die Zähne werden geputzt, die Wäsche wird wöchentlich gewaschen, es wird regelmäßig gegessen, die Schule wird (meist) pünktlich besucht, jedes Kind kann irgendetwas besonders gut und bringt seine Fähigkeit in die Gemeinschaft ein.

Der schweigsame Knut kocht täglich einfache, leckere Gerichte, Wolke kann mit Tieren sprechen, Asala ist sehr musikalisch und singt gerne, Jan kann gut stricken, häkeln, nähen und heulen. Pola ist die Älteste und somit die Bestimmerin (auch wenn sie mal nicht weiterweiß) …  Wenn es ernste Probleme gibt, wird der Geschwisterrat einberufen, und es werden Lösungsstrategien ausdiskutiert und gefunden.

Die ungezwungenen, kinderselbstbestimmten häuslichen Verhältnisse tragen in dieser abenteuerlich-unkonventionellen Familiengeschichte dazu bei, daß sich die Einzig- artigkeit der Kinder ausdrücklich entfaltet, daß sie von- und miteinander lernen und ihr Zusammenleben kooperativ gestalten: Eine Miniaturdemokratie mit Toleranz, konstruktiver Streitkultur und viel Improvisationstalent.

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Illustration von Linde Faas © Verlag Urachhaus 2016

Die reisende Mutter schickt regelmäßig Bargeld und ruft jeden Samstagnachmittag um Punkt fünf Uhr an. Sie kommt nur noch alle drei Monate nach Hause und kümmert sich dann um die Angelegenheiten, die die Kinder nicht alleine regeln können. Allerdings war sie schon seit zwei Jahren nicht mehr beim Elternsprechtag, und dies ruft Frau Weiblen vom Jugendamt auf den Plan.

Frau Weiblen gibt Pola eine schriftliche Einladung für ihre Mutter mit; sollte die Mutter nicht beim Elternsprechtag erscheinen, drohe ein Hausbesuch des Jugendamts. Während der Geschwisterrat um eine Lösung ringt (die Mutter ist zu weit fort, um kurzfristig zu kommen), bietet sich den Kindern zufällig ein hilfsbereiter Nachbar, ein arbeitsloser Schauspieler, als Vaterfigur an. Maarten ist arbeitslos, weil er sich mit seiner Rolle immer so sehr identifiziert, daß er aus dem Rollencharakter nicht mehr herausfindet. Das ist in diesem Falle durchaus von Vorteil und nimmt Frau Weiblen erst einmal den Wind aus den sozialpädagogisch geblähten Segeln …

Es gibt aber noch andere Sorgen. In der Stadt entstehen plötzlich unerklärliche Löcher, die angeblich mit dem Bau der neuen U-Bahn-Linie in Zusammenhang stehen. Maartens Zwillingsbruder ist der Chef der U-Bahn-Tunnel-Baufirma, aber er ist verschwunden.

Außerdem müssen die Kinder einen neuen Anlegeplatz für die Blauschute ausfindig machen, da die städtische Bebauung bald das verwilderte Restrefugium „zivilisieren“ wird.

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Illustration von Linde Faas © Verlag Urachaus 2016

Maarten hilft den Kindern, und die Kinder helfen Maarten. Und so beginnen zwei Expeditionen: Die eine, angeführt von Maarten, führt in die unterirdischen Gefilde der Stadt, um Maartens Bruder zu suchen. Die andere, angeführt von der belesenen Antonia, macht sich mit dem motorisierten Beiboot der Blauschute auf die Suche nach einem alternativen Liegeplatz.

Weitere überraschende Unterstützung kommt von den „Unbezweckten“, einer phantastischen, kollektiven Lebensform, die ihre Gestalt wechseln kann und auf zweckfreien Lebensraum angewiesen ist …

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Illustration von Linde Faas © Verlag Urachhaus 2016

Ernsthafte Gefahren müssen überstanden werden, Traum und Wirklichkeit verschwimmen ein bißchen, Rätsel lösen sich, lose Fäden werden sinnvoll verknüpft, familiäre Zusammenhänge klären sich… Alle Gesuchten werden glücklich wiedergefunden, ja, sogar Polas Vater taucht auf, und schließlich kehrt auch Polas Mutter zurück, und der künftigen Bilderbuchfamilie steht nun nichts mehr im Wege …

Sosehr die Kinder ihre wilde Freiheit und ihre weitgehende Selbständigkeit auch genießen, so sehnen sie sich doch nach beständiger, liebevoller, elterlicher Präsenz und Geborgenheit. Die Wahlgeschwister sind gewitzt, tapfer und lebenspragmatisch, aber auch verletzlich und oft genug überfordert. Es gibt Lebenslagen, da sollten Kinder unbedingt getragen und begleitet werden. Als Maarten in die Vaterrolle schlüpft, sonnen sich alle Kinder gerne an der väterlichen Herzenswärme und Tatkraft, die er ihnen bietet.

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Illustration von Linde Faas © Verlag Urachhaus 2016

Die Geschichte der wilden Meute wird von Ilse Bos auf eine Weise erzählt, die die charakteristischen Eigenheiten und sprachlichen Spezialitäten aller Kinder ausdrücklich und lebhaft zu Wort kommen läßt. Der Autorin gelingt es mit spielerischer Leichtigkeit, die Charaktere und Stimmungen aus der Innen- perspektive anschaulich zu machen.

Die spannende und komplexe Dramaturgie wird begleitet von heiterer Situationskomik, feinem kindlichen Wortwitz (besonders gelungen bei der Sprache der Zwillinge und dem Akzent von Wladimir) und der einfühlsamen Darstellung der geschwisterlichen Beziehungen, die nicht immer harmonisch sind, jedoch auf der Basis grundsätzlicher Solidarität und Fürsorge stehen.

Die zahlreichen Figuren und ihre verborgenen sowie offensichtlichen Beziehungen zueinander erfordern indes ein beträchtliches Maß an Lese- konzentration und Aufmerksamkeit. Angesichts des umfangreichen Personenreigens ist es nützlich, daß sich im Anschluß an die Geschichte ein Personenregister der dreizehn Geschwister mit Kurzsteckbriefen zum Nachschlagen befindet.

Die zarten, textdetailgetreuen warmherzigen Zeichnungen von Linde Faas spiegeln die Charaktere, Szenerien und das emotionale Klima subtil und farbenfroh sowie situationsweise lebhaft-dynamisch oder still-versunken wider.

„Die wilde Meute“ handelt von einer Art Pippi-Langstrumpf-WG, in der die Grenze zwischen ‚Kindern etwas zuzutrauen′ und ‚Kindern etwas zuzu- muten′ fließend ist. Es wird ausgelotet, wie weit kindliche Selbstbe- stimmung und Selbstversorgung funktionieren, und wie wünschenswert – bei aller Liebe zur Freiheit – zuverlässige, liebevolle und ANWESENDE erwachsene Bezugspersonen sind.

Kindererziehung ist gleichwohl immer ein Abenteuer – ob in der Fiktion oder in der Wirklichkeit. Die im vorliegenden Kinderbuch vorgestellten Spielarten der Kinderkompetenz könnten überbehütete Kinder zu mehr Freiraum und Selbständigkeit ermutigen. Doch dies möchte ich nicht als Warnhinweis verstanden wissen, sondern als ausdrückliche Empfehlung.

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.urachhaus.de/Lesen-was-die-Welt-erzaehlt/Kinderbuch/Die-wilde-Meute.html

Die Autorin:

»Ilse Bos, geboren 1966, hat Sprachen und Journalismus studiert. Nach einigen Jahren des Unterrichtens hat sie sich stärker auf das Dasein als Journalistin konzentriert und irgendwann begonnen, Geschichten zu schreiben. Ilse Bos lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Amsterdam. Die wilde Meute ist ihr Debüt.«

Die Illustratorin:

»Linde Faas wurde 1985 in Zeist in den Niederlanden geboren. Nach ihrem Studium an der Kunstakademie in Breda begann sie, sich als Illustratorin einen Namen zu machen. Für den Verlag Urachhaus hat sie u.a. drei Bücher des niederländischen Autors Paul Biegel illustriert – darunter Die Prinzessin mit den roten Haaren, für das sei im Jahr 2015 mit dem begehrten »Penzberger Urmel« ausgezeichnet wurde.«

Hier entlang zu: „Die Prinzessin mit dem roten Haaren“:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2013/11/20/die-prinzessin-mit-den-roten-haaren/

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Der Trick

  • Roman
  • von Emanuel Bergmann
  • Diogenes Verlag Februar 2016     www.diogenes.ch
  • in Leinen gebunden mit Schutzumschlag
  • 400 Seiten
  • ISBN 978-3-257-06955-6
  • 22,00 € (D),  22,70 € (A), 30,00 sFr
    Der-Trick-9783257607093

ZAUBERSEHNSUCHT  UND  SEHNSUCHTSZAUBER

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Im gefühlvoll-nachdenklichen Roman „Der Trick“ erweckt Emanuel Bergmann atmosphärisch und menschkenntnisreich in einer sehr feinen, schönen Sprache faszinierende Charaktere zum Leben und verbindet ihre Lebenskreise miteinander. In diesem Roman geht es um Wahrheit und Lüge, Illusion und Manipulation, Schicksal und Zufall, Grauen und Gnade. Es geht um verlorenes Leben und gewonnenes Leben, um verlorene und wiederge- fundene Liebe und um die Ironie des Schicksals, der man wohl am besten mit Humor begegnet.

Zwischen dem ersten Kapitel mit der Überschrift „Die Welt und wie sie hätte sein sollen“ und dem letzten Kapitel „Die Welt und wie sie ist“ spannt der Autor einen weiten Bogen, der in Prag zu Beginn des 20. Jahrhundert anfängt und in Los Angeles zu Beginn des 21. Jahrhunderts endet.

In Prag, kurz nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, wird dem gutmütigen Rabbi Laibl Goldenhirsch von seiner Frau Rifka endlich der langersehnte Sohn geboren. Das Kind, Mosche Goldenhirsch, wird von seinen Eltern innig geliebt, auch von seinem zweiten Vater, der unausgesprochen, der Zeugung des Kindes ein wenig nachgeholfen hat. Doch stumme Geheimnisse und verbotene Liebesgefühle tragen viele Menschen in sich. Laibl Goldenhirsch akzeptiert das Wunder der plötzlichen Empfängnis mit Demut und weiser Dankbarkeit.

Im Alter von fünfzehn Jahren läuft Mosche von zu Hause fort, schließt sich einem Zau- berzirkus an und wird vom Zirkusdirektor, dem „Halbmondmann“, zum Zauberer aus- gebildet. Er verliebt sich in Julia, die Assistentin des Direktors. Nach einem tragischen Unfall verlassen Mosche und Julia den Wanderzirkus und fahren nach Berlin.

Julia verschafft Mosche gefälschte Papiere, die ihn als Perser ausweisen. Mosche stili- siert sich zum „Großen Zabbatini“ und lernt sogar einige Vokabeln Farsi, die er als wohl-klingenden Zauberspruch einsetzt. Zusammen mit seiner Assistentin und Geliebten Julia verfeinert und professionalisiert er die Zaubervorführungen und ergänzt sie um die ge- trickste Kunst des Gedankenlesens. Sie haben großen Erfolg beim Publikum; besonders beliebt ist der Trick „Verschwundene Prinzessin“, für den sie einen speziellen Koffer mit doppeltem Boden und raffinierter Verspiegelung extra haben anfertigen lassen.

Doch Mosche wird verraten, von der Gestapo brutal verhört und mitsamt seinem Zau- berzubehör in das KZ Theresienstadt deportiert. Der dortige Kommandant ist nämlich ein Verehrer von Zabbatini und möchte alle Zaubertricks von ihm lernen. Mosche weiß, daß sein Überleben davon abhängt, wie lange er diesen „kultivierten“ Nazi bei Laune halten kann.

In Los Angeles muß sich der elfjährige Max Cohn schmerzlich darauf einstellen, daß sich seine Eltern scheiden lassen wollen. Er beratschlagt sich mit seinem Schulfreund Joey, dessen Eltern bereits geschieden sind, und seine kindliche Sorge, er könne irgendwie schuld daran sein, daß seine Eltern sich trennen, führt dazu, daß er fieberhaft überlegt, wie er eine neue Annäherung zwischen seinen Eltern herbeiführen könne.

Sein Vater hat bereits Kisten für seinen Auszug gepackt, denn er wird vorläufig ins Haus seiner Mutter umziehen. Max findet die Aussicht, seinen Vater nun immer bei Omchen besuchen zu müssen, nicht verlockend. Denn Omchen neigt dazu, bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zu sagen: „Und dafür habe ich die Lager überlebt?“, und Max, der das ohnehin noch nicht so recht begreifen kann, findet das anstrengend.

Max versucht, seinen Vater zum Bleiben zu bewegen, macht ihm eine rührende Liebeserklärung und bietet an, daß er in Zukunft auch immer freiwillig den Hasenkäfig sauber mache.

Der Vater läßt sich nicht umstimmen. Da stolpert Max über einen Umzugskarton. Ein altmodischer Datenträger in einer Papphülle, eine Schallplatte, zieht seine Aufmerksam-keit auf sich. Auf der Plattenhülle sieht man einen eleganten Zauberer mit Zauberstab und kleinem weißen Kaninchen: »Zabbatini: Seine größten Tricks.« Auf der Rückseite steht eine Liste seiner Zauberkunststücke, u.a. »Der Zauber der ewigen Liebe«; Max fragt, ob er die Schallplatte behalten dürfe und faßt einen kindlich-kühnen Plan.

Mit Elan und unter häufiger Überschreitung elterlicher Grenzen sucht Max nach Zabbatini. Er befragt den Inhaber eines Zauberzubehörgeschäfts und erfährt, daß Zabbantini tatsächlich früher im „Castle“, dem größten Cabarett für Zauberkünstler, regelmäßig aufgetreten sei. Doch dies sei lange her, der bescheidene Ruhm längst erloschen, und er wisse nicht, ob Zabbatini überhaupt noch lebe. Er rät Max, in einem bestimmten Altenheim nachzufragen, und Max wird fündig.

Es dauert sehr lange, bis Max den lebensmüden, verlotterten und verarmten Zabbatini überreden kann, noch einmal den „Zauber der ewigen Liebe“ auszuführen. Maxens Hartnäckigkeit, Pfiffigkeit und seine sehnsüchtige Zaubergläubigkeit und Hoffnung rühren den alten Mann, und – zu seinem eigenen größten Erstaunen – findet er den kleinen Jungen sympathisch. Nach zähen Verhandlungen mit Maxens Mutter willigt er ein, auf Maxens bevorstehender Geburtstagsfeier noch einmal im alten Glanze ein junges Publikum zu verzaubern.

Der Große Zabbantini inszeniert einen grandiosen Liebeszauber, und als er seinen farsischen Zauberspruch aufsagt, wird der Zauberer von Maxens Omchen wieder- erkannt … Wir erfahren wer wem sein Leben verdankt, und der kleine Max begreift die wunderbare Gabe des Lebens.

So schließen sich zwei Lebenskreise, und die alte Weisheit von Laibl Goldenhirsch kommt noch einmal zu Wort:

„Allein schon zu leben … ist ein Gebet.“ (Seite 371)

Sehr glaubwürdig und anrührend gelingt Emanuel Bergmann in diesem Buch der Wechsel zwischen der kindlichen und der erwachsenen Perspek- tive sowie die Verschränkung der unterschiedlichen Zeitebenen und die Annäherung beider Erzählstränge und Lebenswege bis zu ihrer endgültigen Kreuzung. Trotz der tragischen historischen Umstände und der damit ver- bundenen schonungslosen, aber im Text nicht überstrapazierten Grausam- keiten und trotz der kindlichen Liebesnot, findet der Autor einen heiter-abgeklärten Erzählton von bewundernswerter, wehmütiger Leichtigkeit und lebensbejahender Herzenswärme.

 

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.diogenes.ch/leser/titel/emanuel-bergmann/der-trick-9783257069556.html

Der Autor:

»Emanuel Bergmann, geboren 1972 in Saarbrücken, ging nach dem Abitur nach Los Angeles, um dort Film und Journalismus zu studieren. Er war viele Jahre lang für verschiedene Filmstudios, Produktionsfirmen und Verlage in den USA und Deutschland tätig. Derzeit unterrichtet er Deutsch, übersetzt Bücher und schreibt Artikel für diverse deutsche Medien. ›Der Trick‹ ist sein erster Roman.«

 

Und nachfolgend noch das Hörbuch zum Buch:                    Der-Trick-gesprochen-von-Stefan-Kaminski-9783257803686

Der Trick
von Emmanuel Bergmann
Hörbuch      
Ungekürzte Lesung
von Stefan Kaminski
Diogenes Verlag Februar 2016
8 CDs, 9 Std. 43 Min.
978-3-257-80368-6
26.00€ (D), 29.20 € (A),  sFr 35.00

Hier geht es zur Hörprobe und zu weiteren Buchinformationen auf der Verlagswebseite:
https://www.diogenes.ch/leser/titel/emanuel-bergmann/der-trick-9783257069556.html

 

 

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