Mein WABI SABI Garten

  • respektvoll gestalten, achtsam genießen
  • von Annette Lepple
  • Ulmer Verlag, Januar 2020 www.ulmer.de
  • Flexbroschur
  • Fadenheftung
  • 144 Seiten
  • 165 Farbfotos
  • 25,00 €
  • ISBN 978-3-8186-0943-6

Mein WABI SABI Garten

LEBENSPHILOSOPHISCHE  GARTENMEDITATION

Rezension von Ulrike Sokul ©

Annette Lepple beginnt ihren Gartenratgeber mit einer Einführung in das ästhetische Konzept des WABI SABI. Der Begriff WABI SABI 侘寂 stammt aus dem Japanischen und wurzelt im Zen-Buddhismus.

Die nachfolgend zitierten Prinzipien des WABI SABI (»Alles ist vergänglich. Nichts ist jemals fertig. Nichts ist vollkommen.« Seite 12) bedingen eine entspannte, gelassene Vorstellung von Schönheit, die das Unvollkommene, natürlich Schlichte, Einfache, Flüchtige, ja, sogar den Verfall wertschätzt.

Übertragen auf die Gestaltung des Gartens bedeutet dies, demütig und dankbar von der natürlichen Harmonie der Natur zu lernen, geschehen zu lassen und nur maßvoll und achtsam sowie mit nachhaltigen, ökologischen Methoden einzugreifen.

Dazu gehört beispielsweise die Verwendung von Naturmaterialien wie Tontöpfen, die gerne Patina ansetzen dürfen, oder von Gestaltungselementen aus Natursteinen und Totholz, die, bewachsen mit Flechten und Moosen, einerseits natürliche und veränder- liche Schönheit repräsentieren und andererseits einen Mikrolebensraum für zahlreiche Mitlebewesen bieten.

Zur WABI-SABI-Ästhetik gehört auch die Wertschätzung kunsthandwerklich herge- stellten dekorativen und funktionellen Zubehörs sowie die Weiternutzung oder Umfunktionierung alter, verwitterter Gegenstände – wobei Gegenstände selbstver- ständlich nur eine sehr bescheidene und vereinzelte Nebenrolle spielen, die Hauptrolle spielt Mutter Natur.

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Foto von Annette Lepple © Ulmer Verlag 2020

Ein WABI-SABI-Garten ist das Gegenteil eines sterilen, akribisch aufgeräumten, natur-entfremdeten Folien-Kies-Gartens, aber er ist auch kein verwilderter Garten. Die Natur wird durchaus kultiviert, aber eben nicht gewaltsam unterdrückt, sondern der WABI-SABI-Gärtner kooperiert, ja, kommuniziert mit der Natur. Dies vereinfacht viele Pflege-maßnahmen. So läßt sich z.B. durch Mulchen und standortgemäße Pflanzen der Auf- wand fürs Gießen reduzieren. Da keine Perfektion angestrebt wird, ist es in Ordnung, daß der Garten niemals fertig ist, sondern stets im Werden begriffen. Weniger Kontrollzwang im Garten führt als wünschenswerte Nebenwirkung zu mehr gartengenießerischer Muße und befriedigender Naturverbundenheit.  

»Im Idealfall entwickelt sich ein guter Garten langsam mit einem selbst.«

Im WABI-SABI-Garten wird es begrüßt, wenn sich Pflanzen selbst ihren Standort aus-suchen und nur wenn sie zu viel Raum einnehmen oder andere erwünschte Pflanzen bedrängen, werden sie reduziert oder entfernt. Der Zauber des Zufalls choreografiert ein veränderliches Erscheinungsbild des Gartens und gibt anmutigen, natürlichen Pflanzenkompositionen Raum.

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Foto von Annette Lepple © Ulmer Verlag 2020

Die Veränderlichkeit des pflanzlichen Erscheinungsbildes im Wechsel der Jahreszeiten wird beachtet und gewürdigt. Also bleiben z.B. Samenstände über den Winter stehen, zeigen ihre eigene Schönheit der Vergänglichkeit und stellen eine ökologisch wertvolle Überwinterungsmöglichkeit für Insekten und eine Futtervorratskammer für Vögel zur Verfügung. Mit WABI-SABI verbinden sich ökologisch-nachhaltige gärtnerische Methoden mit natureinfühlsamen gestalterischen und strukturellen Elementen.  

Die Autorin thematisiert u.a. unterschiedliche Möglichkeiten, den Garten mit Wasser (Teich, Brunnen, Wasserspiel, Minikübelteich, Wasserfall) zu bereichern, Lebens- und Nisträume für Tiere zu schaffen, aus Bambus, alten Ästen, Schwemmholz oder Weiden-ruten Zäune und Rankhilfen zu basteln, Gartenwege mit Rindenmulch, Kies oder Natur-steinplatten zu belegen und Trockenmauern zu installieren.

Passende Pflanzenlisten und bebilderte Einzelportraits von Blumen, Stauden, Sträuchern, Gräsern und Bäumen zeigen ein weites Gestaltungsspektrum.

Zahlreiche sehr schöne Fotos von Gartenszenerien vermitteln einen anschaulichen und inspirierenden Eindruck des meditativen und naturpoetischen Erscheinungsbildes des WABI-SABI-Gartenstils.

Hier entlang zum Buch und zur Leseprobe auf der Verlagswebseite:
https://www.ulmer.de/usd-6279691/mein-wabi-sabi-garten-.html

Die Autorin:

»Annette Lepple studierte Gartendesign in London und hat sich als Fotografin, Journalistin und Autorin einen Namen gemacht. Sie lebt in der Schweiz und in Frankreich, wo sie unter erschwerten klimatischen Bedingungen zauberhafte Gärten gestaltet. Nachhaltiges und genussvolles Gärtnern ist ihr ein großes Anliegen.« Sehenswerte Einblicke in Annette Lepples eigenes Gartenparadies gewährt ihre Webseite: http://www.personaleden.wordpress.com

31 Kommentare zu “Mein WABI SABI Garten

  1. Liebe Ulrike, da hast du wieder ein sehr schönes Buch aufgetan und wie stets wortgewandt rezensiert. Ein Garten ganz nach meinem Geschmack! Der Wabi-Sabi-Stil kommt mir sehr entgegen und ein Garten, der „fertig“ ist, wäre sterbenslangweilig für mich. Ich denke auch, ein Garten entwickelt sich ein Leben lang. Und ich denke, wir beide sind da ähnlich eingestellt, die Natur öfter mal machen zu lassen. Ich habe zwar nur den Balkon, aber auch dort lasse ich mich gerne von der Natur und ihren Entscheidungen überraschen 🙂 Sehr schön und sicher auch mal wieder eine gute Geschenkidee! Herzensgrüße von mir zu dir!

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    • Liebe Almuth,
      hab‘ Dank für Deine thematische und stilistische Wertschätzung meiner Buchempfehlung!
      Da ich Deinen Balkongarten kenne, dachte ich mir schon, daß Dir der naturverbunden-meditative WABI-SABI-Stil entgegenkommt. 🙂
      Auch ich lasse mich mich immer wieder von den Entscheidungen der Natur überraschen und das funktioniert ebenso im Garten wie im Balkonkübel.
      Harmonische Herzensgrüße auch von mir zu Dir!

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      • In den letzten Jahren habe ich immer öfter was wachsen lassen, was sich ausgesät hat und es hat mir große Freude gemacht. Deinen Garten kenne ich nun leider nicht, aber der ist mit Sicherheit wunderschön 🙂 (Wie hat sich eigentlich die Wildblumenwiese entwickelt, die bei euch angelegt wurde? Fällt mir gerade so ein)

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      • Ich lasse auch vieles wachsen, wo es sich von selbst ansiedelt, das spart sehr viel Arbeit und führt zu schönen Pflanzenkombinationen.
        Mein wandelschönes 64m²-Gärtlein ist in die Siedlungsgrünanlage integriert und von drei Seiten von Rasenflächen umgeben, nur an einer Seite grenzt der Garten einer lieben Nachbarin an meinen Garten. Die anderen drei Seiten sind von einer geschwungenen Trockenmauer umgeben, die jedes Jahr von mir ausgebaut wird, wenn ich wieder Steine gesammelt habe. 😉
        Ich habe auch einige Holzstücke im Garten, die wie tierische Gestalten geformt sind. Solche Holzwesen finde ich ziemlich häufig, wenn ich spazieren oder wandern gehe. Ich habe auch im Laufe der Jahre drei kleine Drachenwurzelhölzer gefunden, die ich allerdings in meiner Wohnung aufgestellt habe, da sie für den Garten einfach zu klein sind. Laut chinesischer Astrologie bin ich ja DRACHE!
        Die Wildblumenwiese ist nur 2 m von meinem Gärtlein entfernt. Sie wird von den Gärtnern jedes Jahr umgegraben und neu ausgesät, was zwar ökologisch nicht perfekt ist, aber immernoch besser als gar keine Wildblumenwiese. Und ein zwei Insektenhotels stehen auch in der Wiese und werden gut angenommen.

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      • Ach, das hört sich sehr schön an Ulrike. Eine geschwungene Trockenmauer, sowas hätte ich auch gerne, toll. Und da wächst bestimmt auch dein Zimbelkraut? Ich hoffe, es läuft gerade bei mir auf. Ich bin nicht mehr sicher, wo ich es überall ausgestreut habe 😉 Und die Wiese gleich nebenan. Das hört sich auch toll an. Sie wird immer neu ausgesät? Das kannte ich auch noch nicht, aber wie du schon sagst, besser als ganz ohne Wiese. Aus ästhetischen Gründen? Hier gab’s nebenan ein Rondell mit Baum und Wildblumen. Der Baum hat die Trockenheit nicht überstanden und dann haben sie die Wildblumen gleich mit entfernt. War der Genossenschaft wohl zu unordentlich. Schade, da waren viele Hummeln unterwegs, aber nebenan ist ja die andere Wiese, da wächst genug. Wir freuen uns ja auch über kleine Schritte, gelle 🙂

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  2. Ach wie schön… mein Gartenhof, der nun, da die Schrebergärtnerin (vor Kurzem erst) ausgezogen ist, recht geschwind ganzheitlich in die in diesem Buch beschriebene Richtung eilen wird (die erste Maßnahme meinerseits war, sämtliche Plastikutensilien zu entsorgen und durch einmal gebrannte Keramik zu ersetzen), hat einen japanischen Namen … 😉
    Kaufen werde ich das Buch nicht, weil ich es nicht brauche – ich glaube ensthaft, ich wäre schon im Kindesalter 侘寂 gewesen.

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    • Verbindlichen Dank für Dein Wohlgefallen an meiner Buchempfehlung. Schön, daß Du bereits von selbst in Richtung des WABI-SABI-Stils unterwegs bist. 🙂
      Die Entfernung der Plastikutensilien und der Einsatz von gebrannter Keramik harmoniert jedenfalls vorzüglich mit den WABI-SABI-Prinzipien.
      Herzlich grüßt Ulrike

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  3. Ich liebe Gärten, die so aussehen, liebe Ulrike 🙂

    Ich bin auch nicht für klinisch reine Rasenflächen, sondern für Wiesen mit vielen Blüten, die sich einfach so ausgesät haben. Praktisch ist das *lächel*

    Liebe Grüße von Bruni an Dich

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  4. „Übertragen auf die Gestaltung des Gartens bedeutet dies, demütig und dankbar von der natürlichen Harmonie der Natur zu lernen, geschehen zu lassen und nur maßvoll und achtsam sowie mit nachhaltigen, ökologischen Methoden einzugreifen.“
    LERNEN WIR DAS HIER IM WESTEN
    ÜBRIGENS: DIE ENGLÄNDER WETTSTREITEN MIT SOLCHEN GÄRTEN
    JEDENFALLS VOR JAHREN WURDEN SiE IM TV VORGESTELLT
    WUNDERSCHÖNE … luise

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  5. Nach Skimmen einiger Kommentare wollte ich rufen, nicht die Bilder! Die bloße Beschreibung des Inhalts lässt einen diesen Garten und die einhergehenden Stimmungen fühlen. Aber die Bilder tun’s tatsächlich auch.

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  6. Das ist ein Buch nach meinem Geschmack, liebe Ulrike. Schade nur, daß es das nicht für unsere klimatischen Bedingungen gibt, wo Höhenlage, intensive Sonnenbestrahlung und Trockenheit die Gartengestaltung erschweren. Es gibt aber auch Anleitungen, wie man hiesige Gärten naturgetreuer gestalten kann, und das versuchen wir nach und nach. Ich kann bestätigen, daß „nichts niemals fertig“ ist. 😊

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  7. Das ist klasse. Ich habe den Eindruck, dass man bei diesem Buch nur schon aufgrund der Bilder einen guten Eindruck von dem beschriebenen Gartengestaltungsprinzip bekommt. Ich denke, dass es sehr reizvoll und erfüllend sein kann, auf diesem Grat zwischen hineinregieren und geschehen lassen zu lustwandeln. Verwildern lassen ist ja auch eher suboptimal – wobei ich ganz klar sagen muss, dass es mir im Zweifelsfall lieber ist, wenn nach dem Lob-der-Faulheit Prinzip gegärtnert wird. 😀
    Mit einem blühenden Abendgruß 🐻

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    • Verbindlichen Dank für Deine Begeisterung! 😀
      Ja, die zahlreichen Fotos vermitteln einen guten Eindruck des WABI-SABI-Gestaltungsprinzips, doch auch der Text kann sich „sehen lassen“ und bettet die Bilder in einen wissenswerten Rahmen mit interessanter kulturhistorischer Herleitung.
      Ich erlebe in meinem Gärtlein das Balancieren zwischen Geschehenlassen, Überraschenlassen und Eingreifen als kommunikatives Lustwandeln und auch als Freude am geplanten und ungeplanten Wandel des Erscheinungsbildes meines Gartens.
      Das Gärtners nach WABI-SABI-Prinzipien empfinde ich zudem als wesentlich unangestrengter und entspannter.
      Mitblühende Abendgrüße auch von mir zu Dir 🍀

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  8. Wenn ich so rausgucke, bin ich da schon auf einem guten Weg. Aber mit diesem Buch als Grundlage wird es bestimmt hübscher. Auf jeden Fall erhoffe ich mir überzeugende Argumente dafür, die eine oder andere Schmuddelecke etwas länger so zu lassen. Danke für den Lesetipp, der wie so oft genau zu rechten Zeit kommt!

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  9. Das ist definitiv mein Garten (allein, weil so ein Garten auch Mal Faulheit zuläßt) im Realen und auch immer schon als Ziel. Nur wo Holz und anderes vermindern darf kann auch etwas leben was sich davon ernährt. Nur wo morbiden Schönheiten durch Welken geschätzt wird, kann auch Neuanfang gewertschätzt werden. …
    Liebe Grüße
    Nina

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    • Vielen Dank, liebe Nina, für Deine Zustimmung zum WABI-SABI-Gartenstil. Während meiner Lektüre dieses Buches merkte ich ebenfalls, daß ich bereits sehr in diese Richtung gärtnere und natürlich geschehen lasse.
      Liebe Grüße auch von mir zu Dir

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Sie dürfen gerne ein Wörtchen mitreden, wenn's konveniert!