Kummer aller Art

  • von Mariana Leky
  • DUMONT Verlag, Juli 2022 www.dumont-buchverlag.de
  • gebunden
  • mit LESEBÄNDCHEN
  • 176 Seiten
  • Format: 20 x 12 cm
  • 22,00 € (D)
  • ISBN 978-3-8321-8216-8

Kummer aller Art

LUSTWANDELN  IM  NEUROSENVORGARTEN

Rezension von Ulrike Sokul ©

Mariana Leky, die empfindsame Meisterin zwischenmenschlicher Wahrnehmung, zeigt in der Kolumnensammlung „Kummer aller Art“ wieder ihre schriftstellerische Gabe, den traurigen, beängstigenden, neurotischen und seltsamen Aspekten des mensch- lichen Daseins eine heitere Saite hinzuzugesellen. Sie findet immer wieder feinnervige Formulierungen und sinnliche Sprachbilder, welche den alltäglichen Kümmernissen und Unannehmlichkeiten etwas von ihrer Schwere nehmen und sie mit einer gütigen und großzügigen Portion Humor erhellen.
So reiht sich in losem Zusammenhang und mit wiederkehrendem Personal Episode an Episode, in denen es nacheinander um Schlaflosigkeit, Konfliktscheu, Entscheidungs-schwierigkeiten, Platzangst, Flugangst, Liebeskummer, Abschiedsschmerz, Höflichkeit, Fern- und Nahfreundschaften, Geheimnisse, Kränchenfimmel, unerklärliche körper- liche Symptome, Seelenverwandtschaftstreffen, neue Lieben, alte Lieben, Mahnungen, Meditation, Vergänglichkeit, Warteschlangenverhaltenstherapie, gelungene und mißlungene Geburtstagsüberraschungen, das befremdliche Zeitalter der Pubertät, unsägliche Wandtattoos, innere Stimmen, Zwangsrituale, die befreiende Klärung widersprüchlicher Gefühle, Selbstliebe, bedingungslose Liebe, mittlere Liebe und Hundeliebe geht. Und sogar ein schmerzlich vermißter Briefkasten wird gewürdigt:
„Als ich ankam, war der Briefkasten verschwunden – und nichts deutete darauf hin, dass er jemals da gewesen war. Ich weiß nicht, ob es einen Begriff für den Moment der Verwirrung gibt, wenn etwas seit Jahrzehnten fest Installiertes plötzlich weg ist; für diesen Moment, in dem man an der Wirklichkeit zweifelt und denkt: »Das kann doch nicht sein«, für diesen kurzen verstörenden Wackelkontakt mit der Realität.“ (Seite 123)
Für diese mikrotherapeutischen Bonsai-Psychogramme schöpft die Autorin aus dem Fundus ihres gelebten und aktuellen Lebens, ihrer Kindheitserinnerungen, verwandt-schaftlicher und freundschaftlicher Begegnungen sowie ihrer unmittelbaren Nachbar-schaft. Da Mariana Leky einer Familie mit mehreren Psychoanalytikern entstammt, hat sie vermutlich schon früh eine ebenso therapeutische wie selbstironisch-selbstreflektierte Perspektive entwickelt.
In den kurzen Geschichten, die sie uns erzählt, zeigt sich eine ebenso feinfühlige wie kluge Betrachtungsweise, viel menschenkenntnisreiche Milde und ein ausgeprägter Sinn für freiwillige und unfreiwillige Situationskomik.
So kann ich diesem „Kummer aller Art“  guten Lesegewissens eine tröstliche, amüsante Besinnlichkeit und sehr originelle sprachdramaturgische Tiefenschärfe attestieren, welche die Lektüre zu einem ganz besonderen Vergnügen machen.

Hier entlang zum Buch und zur Leseprobe auf der Verlagswebseite:
https://www.dumont-buchverlag.de/buch/leky-kummer-aller-art-9783832182168/

Hier entlang zu einer weiteren, ausführlicheren und sehr lesewissens- werten Rezension auf dem Blog KOMMUNIKATIVES LESEN von Alexander Carmele: Mariana Leky Kummer aller Art

Die Autorin:

»Mariana Leky studierte nach einer Buchhandelslehre Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim. Sie lebt in Berlin und Köln. Bei DuMont erschienen der Erzählband ›Liebesperlen‹ (2001), die Romane ›Erste Hilfe‹ (2004), ›Die Herrenausstatterin‹ (2010) sowie ›Bis der Arzt kommt.‹ (2013). 2017 veröffentlichte sie den SPIEGEL-Bestsellerroman ›Was man von hier aus sehen kann‹, der in über zwanzig Sprachen übersetzt und für das Kino verfilmt wurde.«

Querverweis:

Hier entlang zu meiner entzückten Rezension von Mariana Lekys Roman „Was man von hier aus sehen kann“: Was man von hier aus sehen kann
Hier entlang zur Taschenbuchausgabe und Leseprobe von „Was man von hier aus sehen kann“ auf der DUMONT-Verlagswebseite: https://www.dumont-buchverlag.de/buch/tb-leky-was-man-von-hier-aus-sehen-kann-9783832164577/

59 Kommentare zu “Kummer aller Art

  1. Soeben mußte ich erstaunt feststellen, daß ich mich zu diesem Beispiel deiner stets verführerischen Rezensionen gar nicht geäußert habe – vielleicht bloß derohalben weil ich der Meinung war, es wäre bereits alles gesagt worden, vielleicht auch deswegen, weil ich gleich in die Buchhandlung rannte, um das Buch zu bestellen und ich erinnere mich gerne und gut, es an drei Badenachmittagen im Schnellgang genossen zu haben 😉 … was sowieso ein Sakrileg ist, so voller voller Eindrücke wie es ist, die man gar nicht wirklich behalten kann in jener kompakten Form, die uns Leky präsentiert.
    Nun habe ich eben einen Link auf diese Seite gesetzt in einem noch unveröffentlichten Beitrag, der auf die Sichtweise des Liebes-Grundeinkommens Mariana Lekys verweist, welche ich, sehr zum Gaudium der Zuhörerschaft am vergangenen Freitag bei einer Ausstellungseröffnung las, unter anderen Geschichten…
    So bedanke ich mich halt – etwas verlegen – jetzt für diesen exzellenten Tip!

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  2. Das klingt mal wieder richtig spannend und, na ja, ohne Nachahmungswert, lehrreich. Auch wenn das mit dem Briefkasten halb so schlimm ist, denn natürlich fiel mir sofort ein: was wäre, wenn der Briefkasten noch da, aber die Realität weg wäre? Ein Grinsen ohne Katze sozusagen. Das würde mir Angst machen!

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  3. Da es sich um den Kummer anderer Personen und in heiterer Form dargeboten handelt, verspricht das Buch eben genau gegenteiliges als Kummer zu heben beim Lesen. Das macht neugierig! Was mir ebenso gefällt, dass es eine Frau ist, die hierzulande lebt und schreibt. Ich mag nicht mehr von den vielen Therapeuten aus den USA lesen. Die Vergleiche mit den Problemen und deren Lösungen dort, sind für mich bisweilen nicht reizvoll.
    Hier bietet sich jedoch ein Leseschmaus, den ich mir gern näher ansehen mag.

    Liebe Grüße,
    Syntaxia

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    • Verbindlichen Dank, liebe Synatxia, für Dein Leseinteresse und Deine Zustimmung. Auch wenn in diesen Geschichten der Kummer anderer Menschen dargestellt wird, erkennt man sich in dem einen oder anderen Kümmernis durchaus wieder.
      Deine Abneigung gegenüber dem Übermaß an amerikanischen Therapierezepten auf dem deutschen Buchmarkt teile ich.
      Mit Mariana Leky wartet ein köstlicher und nahrhafter Leseschmaus auf Dich.
      Liebe Grüße auch von mir zu Dir

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  4. Auch ich habe es mit großer Freude und Genuss gelesen und bekam dank deiner Rezension schon wieder Lust, einen Blick hineinzuwerfen. Bücher von AutorInnen mit einer solchen Formuliergabe wie Mariana Leky kann ich zum Glück immer wieder mit neuer Begeisterung lesen. Ich wünsche einen angenehmen Wochenausklang und einen guten Start in 2023.

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    • Vielen Dank, liebe Anja, für Deine bestätigende Rückmeldung. Ich stimme Dir zu, daß Bücher von Autoren mit einer solchen Formulierungsgabe eine wiederholte Lektüre reizvoll machen.
      Lieben Dank auch für Deine guten Wünsche zum Wochenausklang und für das neue Jahr.

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  5. Heiteren Kummer, gerne auf Rezept, das heitere bitte…….Grüßle erstmal, nach langer Abwesenheit ist es mir wieder eine Freude, deinen Beschreibungen zu lauschen. Diese Buch ist bereits vorgemerkt, aber jetzt muss ich erst einmal deine Besprechung zu „Was man von hier aus sehen kann“ , das scheint ja eine äußerst freundliche Perle zu sein. Wie immer hab Dank von ganzem Herzen…

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    • Wie schön, wieder von Dir zu lesehören!
      Und herzlichen Dank für Deine ausdrückliche Freude an meinen Buchbesprechungen. 🙂
      Sowohl „Was man von hier aus sehen kann“ als auch „Kummer jeder Art“ sind ganz besonders leseliebenswerte Lektüren.
      Herzensgruß von mir zu Dir

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  6. Die Thematik und die Art des Schreibens macht mich neugierig und lässt mich an ein Buch denken. Oliver Sacks: Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte. Gesammelte kuriose Geschichten. Sollte ich nach zig Jahren mal wieder lesen..

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    • Hab‘ Dank für Deine Leseneugier. Auch wenn ich mich hier wiederhole: Mariana Lekys Umgang mit Sprache ist von virtuoser Originalität. Und dadurch kommt eine heitere Weite in die Darstellung der Kümmernisse.
      Da ich das von Dir erwähnte Buch von Oliver Sacks nicht gelesen habe, kann ich nicht beurteilen, ob seine Geschichten mit denen von Mariana Leky harmonieren. Aber vielleicht ergänzen sie sich ja.

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  7. Da ich ihr „Was man von hier aus sehen kann“
    schon genußvoll gelesen habe, möchte ich natürlich jetzt auch gerne dieses neue Buch von ihr lesen, Mariana Lekys „Kummer aller Art“.
    Kummer, der zum Schmunzeln und Lächeln einlädt, wenn das mal keine Besonderheit ist. 🙂
    Liebe Grüße von Bruni an Dich, liebe Ulrike

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  8. Sehr treffende Überschrift, obwohl ich hier eher durchstapfte und wenig neurosenaffin die Lektüre frühzeitig abbrach. Scheine die einzige zu sein, aber … das musste jetzt raus, auch wegen enttäuschter Erwartungshaltung, nachdem „Was man von hier aus sehen kann“ so entzückte. Liebe Grüße

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      • Nein, es waren mir einfach zuviel geballte Kolumnen für so wenig Interesse daran. Die Romanform ist wirklich eher meines. ich konnte mich schlicht nicht dafür interessieren.

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    • Schön, daß Dir meine Rezensionsüberschrift so zusagt.
      Und ich danke Dir für Deine andere Einschätzung dieser Lektüre. Kolumnen lassen sich vielleicht auch nicht so gut mit einem Roman vergleichen.
      Liebe Grüße auch von mir zu Dir

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    • Ja, liebe B., diese Formulierung hat es mir auch ganz besonders angetan, weshalb ich auch dieses Zitat ausgewählt habe. Du wirst bei der Lektüre noch weitere solcher Sprachbildperlen finden.
      Herzensgruß von mir zu Dir ❤

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  9. Ich habe es schon gelesen und mich sehr amüsiert, daher kann ich deiner entzückten Rezension nur zustimmen: Lohnt sich! Auch mir ist die Autorin vergangenen Freitag im „Kölner Treff“ über den Weg gelaufen, und da die Sendung online noch zu finden ist, möchte ich auch sie weiterempfehlen: Wer wie ich gerne mal die Autorin zu einem Lieblingsbuch („Was man von hier aus sehen kann“) sehen möchte, verschwendet seine Zeit hier wirklich nicht.
    Herzliche Morgenkaffeegrüße 🌧️🛋️☕🍪

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    • Vielen Dank für Deine positive Bestätung meiner Buchempfehlung, liebe Christiane. Gerne will ich Deinem Hinweis auf die Sendung „Kölner Treff“ folgen und für Mariana Leky einmal meine Fernsehmuffeligkeit überwinden.
      Herzliche Abendteegrüße 🌿

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      • Das würde mich freuen, ich fände nämlich interessant, wie sie auf dich wirkt. Ich finde die Freitagabendtalkshows oft sehr annehmbar … 🤔😉
        Abendgrüße zurück 🌌🍵🍪

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      • Ich habe inzwischen den „Kölner Treff“ in der Mediathek nachgeschaut.
        Mariana Leky hat mir dort sehr gefallen. Sie ist authentisch, sympathisch, uneitel und selbstironisch, und die Sprache ihrer Hände ist sehr anmutig. Und ihre Bemerkung, daß der rote Teppich nicht das ihr artgemäße Biotop sei, kann ich sehr gut verstehen.
        Danke für Deinen Hinweis auf diese Sendung, die meine positiven Vermutungen gegenüber Mariana Leky bestätigt hat.

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  10. Sich um diverse Kümmernisse auf eine Art zu kümmern, die den Kummer gleichsam verkümmern lässt, hört sich nach einer ganz bemerkenswerten Methode an. Jeder Kummer hat ja verschiedene Saiten – und es leuchtet ein, dass man mit einigem Geschick daraus einen harmonisch-leichten Akkord zaubern kann. Auch wenn das gewiss nicht immer gelingen mag. Denn manche Kümmernisse mögen von einer Art sein, bei der jede angeschlagene Saite die Dissonanzen vervielfacht…
    Mit einem herzlichen Abendgruß 🐻

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    • Meinen Herzensdank für Deine köstlich wortverspielte und alles andere als kümmerliche Resonanz auf meine Rezension. 😀
      Zwar läßt sich gewiß nicht jedem Kümmernis eine unbekümmerte Saite abgewinnen, doch solche wirklich schwerwiegenden Kümmernisse werden in diesem Buch nicht angesprochen.
      Mit einem herzlichen Abengruß auch von mir zu Dir ❤

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  11. Spannend, denn just gestern sah ich sie beim „Kölner Treff“, wo es um den jetzt raus kommenden Film nach ihrem Buch „Was man von hier aus sehen kann“ ging. Fand sie wirklich toll und habe mir das Buch gleich gebookmarked. 🙂

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    • Lieben Dank für Deine Rückmeldung!
      Ja, diese Geschichten bieten durch die heitere Weite der Erzählweise durchaus eine Art von Lebenshilfe und auch einen gewissen tröstlichen psychologischen Wiedererkennungseffekt. 🙂

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Sie dürfen gerne ein Wörtchen mitreden, wenn's konveniert!