Der Geist in der British Library

  • und andere Geschichten von Ben Aaronovitch
  • Originaltitel: »Tales from the Folly«
  • Deutsche Übersetzung  von Christine Blum
  • Deutsche Erstausgabe
  • DTV Verlag, März 2021 www.dtv.de
  • 224 Seiten
  • Format: 12,2 x 19 cm
  • 10,95 € (D), 11,30 € (A)
  • ISBN 978-3-423-21958-7

Der Geist in der Britisch Library (Peter-Grant-Kurzgeschichten)

M A G I S C H E S    A L L E R L E I

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Hat man sich erst einmal wie Ben Aaronovitch in Bestsellerhöhen hinaufgeschrieben, finden auch schriftstellerische Schnipsel beachtliche Beachtung. Die in diesem Band gebündelten Kurzgeschichten hat der Autor auf Anregung der Buchhandelskette „Waterstones“ geschrieben. Diese einzelnen Geschichten wurden zunächst nur den limitierten Sonderausgaben von Aaronovitchs Peter-Grant-Romanen hinzugefügt. Deshalb stehen sie auch in einem chronologischen Zusammenhang mit der Serien- reihenfolge. Entgegenkommenderweise listet Aaronovitch einleitend zur besseren Übersicht noch einmal die korrekte bisherige Titelchronologie auf und erläutert in seinen ein- bis halbseitigen Vorbemerkungen zu jeder Kurzgeschichte den Ideenimpuls und die Zeitlinie.

Wer Ben Aaronovitch und Peter Grant, seinen sympathisch-attraktiven Ermittler mit zauberkundiger Zusatzkompetenz, noch nicht kennt, sollte sich besser erst einmal durch die Lektüre meiner Besprechung des ersten Bandes mit den magischen Rahmen- bedingungen dieser Krimiserie vertraut machen und dem nachfolgenden Link folgsam folgen: Die Flüsse von London

So, nun setze ich Grundkenntnisse zur Peter-Grant-Serie voraus und widme mich den vorliegenden Kurzgeschichten. Stilistisch und inhaltlich sind diese Geschichten ebenso wie die Romane der Serie fantasievoll, schwarzhumorig, spannend, voller Londoner Lokalkolorit und amüsanter Bemerkungen zu modernen architektonischen Entglei- sungen. Auch diverse magische Wesen, die allseits omnipräsenten charmanten bis selbstgefälligen Flußgöttinnen und mehr oder weniger offensichtliche magische Wesen und Geister spielen lebhaft – manchmal auch tothaft – mit.

Wir lernen den Genius loci einer Buchhandlung kennen, dem wenigstens einmal wöch- entlich vorgelesen werden sollte, damit er nicht wahllos mit Büchern um sich wirft, einen Immobilienmakler, der sich einbildet, eine Ratte zu sein und sich auch so verhält, einen unsterblichen Weihnachtsonkel und eine ältere Dame, die elektronische Geräte zu ihren Gunsten manipulieren kann. Außerdem gibt es einen Fall spukhafter häuslicher Gewalt, eine unkonventionelle Hochzeitsfeier mit einer nachfolgenden naturmagischen Adoption und noch allerlei mehr an unerklärlichen magischen Irritationen und ent- sprechenden zauberhaften kriminalistischen Aufklärungen.

Diese Kurzgeschichten haben nur einen Nachteil: Sie sind kurz, kaum hat man sich ein-gestimmt, die neuen Charaktere kennengelernt und mitgelesefiebert – da sind sie auch schon vorbei. Es bleibt bei allem Ideenreichtum, charakterstarken Figurenzeichnungen, schlagfertigen Dialogen und aller gelungenen Dramaturgie der Eindruck des Fragmen-tarischen und Unvollständigen. Einigen Figuren und Handlungssträngen wäre ich jeden- falls gerne ausführlicher und länger gefolgt. Das gilt ganz besonders für die etwas längere (28 Seiten) Kurzgeschichte „A Dedicated Follower of Fashion“, deren köstlicher psychedelischer Farb- und Stoffmusterrausch mich fasziniert hat.

„Der Geist in der British Library“ taugt für eingefleischte Peter-Grant-Fans als netter Leseimbiß mit magischer Würze in der Kürze, aber so richtig satt macht diese Lektüre nicht. Da hoffen wir lieber auf den schon leise angedeuteten zukünftigen neunten Band der Roman-Reihe …

 

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.dtv.de/buch/ben-aaronovitch-der-geist-in-der-british-library-und-andere-geschichten-aus-dem-folly-21958/

 

Der Autor:

»Ben Aaronovitch wuchs in einer politisch engagierten, diskussionsfreudigen Familie in Nordlondon auf. Er hat Drehbücher für viele TV-Serien, darunter ›Doctor Who‹, geschrie- ben und als Buchhändler gearbeitet. Inzwischen widmet er sich ganz dem Schreiben. Er lebt nach wie vor in London. Seine Fantasy-Reihe um den Londoner Polizisten Peter Grant mit übersinnlichen Kräften eroberte die internationalen Bestsellerlisten im Sturm.«

Die Übersetzerin:

»Christine Blum, geboren 1974 in Freiburg im Breisgau, studierte Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaften, Russische Literatur, Musikwissenschaft und kurze Zeit auch Medizin. Seit 2002 übersetzt sie aus dem Englischen und Russischen. Für dtv überträgt sie u. a. Ben Aaronovitch ins Deutsche.«

Hier entlang zu Peter Grants vorhergehenden und nachfolgenden magieverdächtigen Fällen:

Band 1: DIE FLÜSSE VON LONDON Die Flüsse von London
Band 2: SCHWARZER MOND ÜBER SOHOSchwarzer Mond über Soho
Band 3: EIN WISPERN UNTER BAKER STREET Ein Wispern über Baker Street
Band 4: DER BÖSE ORT Der böse Ort
Band 5: FINGERHUT-SOMMER Fingerhut-Sommer
Band 6: DER GALGEN VON TYBORN Der Galgen von Tyborn
Band 7: DIE GLOCKE VON WHITECHAPEL
Die Glocke von Whitechapel
Band 8: EIN WEISSER SCHWAN IN TABERNACLE STREET
Ein weisser Schwan in Tabernacle Street
Band 9: DIE SILBERKAMMER IN DER CHANCERY LANE
Die Silberkammer in der Chancery Lane

Hier entlang zu einer kurzen Peter-Grant-Geschichte, etwas außerhalb der Reihe:
GEISTER AUF DER METROPOLITAN LINE/Eine Peter-Grant-Stoy Geister auf der Metropolitan Line
Hier entlang zu Ben Aaronovitchs Schreibausflug in deutsche Gefilde:
DER OKTOBERMANN/Eine Tobi-Winter-Story  Der Oktobermann
Hier entlang zu einer Peter-Grant-Kurzgeschichten-Sammlung: 
DER GEIST IN DER BRITISH LIBRARY UND ANDERE GESCHICHTEN AUS DEM FOLLY 
Der Geist in der British Library
Hier entlang zu einer Abzweigungsgeschichte mit Peter Grants magisch hochbegabter Cousine Abigail und vielen sprechenden Füchsen:
DIE FÜCHSE VON HAMPSTEAD HEATH/Eine Abigail-Kamara-Story
Die Füchse von Hampstead Heath

 

Leselebenszeichen-Datenschutzerklärung: https://leselebenszeichen.wordpress.com/datenschutzerklaerung/

Werbung

15 Kommentare zu “Der Geist in der British Library

    • Liebe Nina,
      hab‘ Dank für Deine leseinteressierte Resonanz und die nachträglichen Ostergrüße.
      Wenn man so wie Du eine ausdrückliche Vorliebe für Kurzgeschichten hat, ist dieses Buch ja genau richtig.
      Herzlich grüßt Dich
      Ulrike

      Like

  1. Mercie beaucoup, englische, britische Kurzgeschichten haben immer gefallen, aber hard work.
    Hoffe wieder die Seite und den Beitrag empfehlen zu dürfen.
    Große Info zur Übersetzerin.

    Gefällt 1 Person

  2. Liebe Ulrike,
    Diesen Band werde ich wahrscheinlich auslassen, aber Deine Besprechung hat mich daran erinnert, daß ich letztes Jahr eine Peter Grant Lesepause eingelegt habe, und noch immer nicht weiß, ob Leslie in dem kollabierten Turm ums Leben gekommen ist, oder nicht. Ich vermute, daß sie ihren Tod nur inszeniert hat, aber jetzt, da Du die die Geister wieder heraufbeschwört hast, muß ich es mir wohl demnächst erlesen. 😊
    Hab eine gute Woche,
    Tanja

    Gefällt 1 Person

    • Liebe Tanja,
      auch wenn Du diese Kurzgeschichten-Sammlung auslassen willst, freue ich mich doch, daß es mir gelungen ist, Dich zum Weiterlesen der Peter-Grant-Roman-Serie zu animieren.
      Über das was und wie und überhaupt des Weiterlebens von Lesley May werden ich mich nicht äußern, sondern dies selbstverständlich Deiner eigenen Erlesung überlassen.
      Frühlingsgrüne Grüße von mir zu Dir 🙂

      Gefällt 1 Person

      • Liebe Ulrike,
        Es war mir schon klar, daß Du das Geheimnis nicht für mich lüften würdest. 😊
        Ist auch gut so. Der Band kommt bestimmt demnächst in meiner Bibliothek an.
        Genieße Deinen grünen Frühling. 🌷🌷🌷
        Tanja

        Gefällt 1 Person

  3. Auf mich wirkt das durchaus ansprechend. Wobei es schon zwei Grundvoraussetzungen erfordert. Zum einen eben die Grundkenntnisse, auf die du ja gleich eingangs hinweist. Denn es könnte ja jemand so einen Erzählungsband durchaus als möglichen Einstieg sehen – sozusagen als Schnupperkurs im Grant-eln. 😉 Aber wenn die Bücherfee sagt, dass dem nicht so sei, dann ist das sicher und gewiss haargenau zutreffend. 🙂 Und zum anderen muss man dieses Skizzenhafte mögen – sozusagen ein Bilderbuch zum Selberausmalen. Ich mag dies eigentlich ganz gerne, solche Kurzformen, die eben nicht gänzlich auskomponiert sind. Man könnte argwöhnen, dass hier einfach Ideen „verwurstet“ werden, die es nicht zum Roman geschafft haben. Aber auf tausend Seiten leeres Stroh dreschen ist wahrscheinlich einfacher, als eine ausgefeilte Kurzgeschichte zu schreiben.

    Gefällt 3 Personen

    • Verbindlichen Dank für Deine differenzierte Leseresonanz. 🙂
      Ohne Leseerfahrung mit der „grant-eligen“ 😉 Buchserie, sind diese Kurz- geschichten und ihre Eingeweihten-Anspielungen unverständlich – somit eignen sie sich keineswegs als Schnupperkurs zum Kennenlernen.
      Wer über Grundkenntnisse verfügt und das Skizzenhafte mag, mag gerne in diese Lektüre einsteigen.
      Das Schreiben einer ausgefeilten Kurzgeschichte ist übrigens auch nach Ansicht von Ben Aaronovitch nicht leicht. Er hat mit diesen Kurzgeschichten erst nach ausdrücklicher Aufforderung begonnen und schreibt in einer Vorbemerkung: „Zuvor war ich Kurzgeschichten immer aus dem Weg gegangen, weil sie unverhältnismäßig viel Arbeit für wenig Text machen und schwer zu verkaufen sind.“ (Seite 33)

      Gefällt 2 Personen

Sie dürfen gerne ein Wörtchen mitreden, wenn's konveniert!

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s