Ein Baum für Tomti

  • von Nina Blazon
  • mit Bildern von Karin Lindermann
  • Carlsen Verlag, August 2019 www.carlsen.de
  • gebunden
  • Fadenheftung
  • 144 Seiten
  • Format: 17,30 x 24,50 cm
  • 14,00 € (D), 14,40 € (A), 20,90 sFr.
  • ISBN 978-3-551-65018-4
  • Kinderbuch ab 8 Jahren

B A U M F R E U N D E

Kinderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Familie Lindemann, bestehend aus Mutter, Vater und den Töchtern Maja und Finja sowie den beiden Wellensittichen Nelly und Nelson, wohnt in der Stadt, in einem Hochhaus. Seit kurzem sind in der Nacht seltsame Geräusche aus der Küche zu hören, oft liegen verstreute Lebensmittel herum, und stets steht die Käfigtür der Wellen- sittiche offen, aber immer wenn die Eltern nachschauen, ist niemand zu sehen.

Maja, die ältere der beiden Lindemann-Töchter, schleicht sich in der nächsten Nacht heimlich in die Küche, lauscht und schaltet den Lichtschalter an – und siehe da: sie er-wischt einen kleinen grüngewandeten Jungen mit einer Jacke aus Gras, einer Mütze aus Moos und Schuhen aus Birkenrinde, der sie vor Schreck erst einmal mit den Walnüssen bewirft, die er aus einer Schale vom Küchentisch geklaubt hat. Der Junge hält Maja in ihrem langen Nachthemd für ein Gespenst, doch es gelingt ihr, den fremden Jungen zu beruhigen und ihn ins Kinderzimmer mitzunehmen.

Majas kleine Schwester Finja fragt den Jungen, wer er denn sei, und dieser antwortet, er sei ein Baumgeist und er heiße Tomti. Dann fängt er an zu weinen und erzählt, daß er aus seinem Heimatbaum habe fliehen müssen, sich den Kopf angeschlagen und sich plötzlich in einer Zimmerpalme wiedergefunden habe. Dort habe er sich eine ganze Weile – leider etwas unbequem, da dies nicht seine angestammte Baumart sei – versteckt, und als er sich endlich herausgetraut habe, hätten ihm die Wellensittiche gesagt, daß er sich nun in der Höhle von federlosen Riesen befinde. Außerdem habe er seinen Nachnamen vergessen und wisse nicht mehr, von welchem Baum er abstamme.

Finja ist entzückt, daß Tomti mit Tieren sprechen kann, und Tomti ist verwundert darüber, daß die Schwestern Lindemann nicht von einer Linde, sondern von Eltern abstammen – ein Fortpflanzungskonzept, das sie dem kleinen Baumgeist erst einmal erklären müssen.

Text von Nina Blazon/Illustration von Karin Lindermann © Carlsen Verlag 2019

Maja und Finja versprechen Tomti, ihn bei der Suche nach dem richtigen Baum tat- kräftig zu unterstützen. Da sich Tomti unsichtbar machen kann und in Zukunft kein Chaos mehr in der Küche veranstalten wird, fällt den Erwachsenen der botanische Untermieter nicht weiter auf.

Gemeinsam mit Majas bestem Freund Konrad fangen sie gleich schon am nächsten Nachmittag an, die Stadt nach einem Baum für Tomti zu durchstreifen. Tomti ist ganz eingeschüchtert von den vielen kalten, grauen Flächen, den stinkenden Autos und dem Lärm der Stadt. Konrad peilt einen großen Baum – eine Platane – auf einer Verkehrsinsel an. Doch nach kurzer Inspektion befindet Tomti, daß diese Baumwohnung viel zu laut für ihn sei.

In den folgenden Monaten besuchen und kartographieren die Kinder nach und nach die Bäume in der Nachbarschaft. Tomti erklärt fachbaumgeistig, daß man erst mit Hilfe eines Borkenklopfers feststellen muß, ob ein Baum bereits bewohnt sei. Ist der Baum noch frei, dann schlüpft man als Baumgeist einfach in den Baum hinein und bewohnt ihn. Baumgeister können sich zwar frei im Raum bewegen, aber sie brauchen den Aufenthalt im Baum für ihr Wohlbefinden. Immer wenn Tomti zu lange draußen bleibt, bekommt er juckenden Grüntau-Ausschlag.

Durch die Suche nach dem passenden Baum und die Erklärungen Tomtis zu den Lebens-bedingungen von Bäumen lernen die Kinder viele Baumarten kennen, u.a. Birke, Gingko, Hasel, Holunder, Kastanie, Linde, Pappel, Tanne, Ulme und Zaubernuß.

Dank eines Schrumpfungs-Zauberspruchs kann Tomti seine Freunde mit ins Innere der Bäume nehmen, und sie machen auch Besuche bei bereits bewohnten Bäumen und lernen einige sehr eigenwillige Baumgeistpersönlichkeiten kennen.

Text von Nina Blazon/Illustration von Karin Lindermann © Carlsen Verlag 2019

Text von Nina Blazon/Illustration von Karin Lindermann © Carlsen Verlag 2019

Birgid Birkenblank, die strenge Hüterin einer kleinen Gruppe von Birken, nimmt es mit der Sauberkeit sehr ernst und bietet Tomti einen Platz in einer der kleineren Birken an, wenn er sich als Baumputzhilfe nützlich machen wolle. Das ist nicht nach Tomtis Geschmack und auch bestimmt nicht die richtige Baumart für ihn.

Nachdem die Suche bei den Stadtbäumen ergebnislos verlaufen ist, besuchen die Kinder übers Wochenende Konrads Tante und Onkel, die eine halbe Autostunde entfernt in einem Dorf auf dem Lande leben.

Dort lernen sie auf einer Streuobstwiese Mela Apfelrot kennen, die Tomti gerne als Apfelpolierer oder Wurmzähler in die Apfelbaumgemeinschaft aufnehmen würde. Dies ist dem kleinen Baumgeist jedoch entschieden zu durchorganisiert und frühaufsteherisch.

Holla Holundra, die heilsame Hüterin des Holunders, der hinter dem Wohnhaus von Konrads Verwandten wächst, erscheint um Mitternacht auf der Fensterbank von Majas Zimmer und lobt ihr fürsorgliches Verhalten gegenüber Tomti und ihrer kleinen Schwester. Per Eingebung sorgt Holla Holundra dafür, daß Konrads Tante am nächsten Morgen Holunderküchlein aus Holunderblütendolden zum Frühstück serviert. Diese Holunderküchlein schmecken lecker, und sie lindern Konrads Pollenallergie, Finjas Bren-nesselbeulen und Tomtis Grüntau-Juckreiz, was Maja zu einem wissenden Lächeln und einem leisen Dankeschön in Richtung Holunderstrauch veranlaßt.

Text von Nina Blazon/Illustration von Karin Lindermann © Carlsen Verlag 2019

Geradezu ritterlich geht es bei Knut von Kastanius zu, denn der Kastanienbaumgeist, dessen ehrwürdige Bekanntschaft sie während eines Familienpicknicks im Wald machen, trägt eine stachelige Kastanienschalenrüstung und begrüßt die Kinder mit folgenden Worten. „Und was suchen vier kleine Grünlinge wie ihr in meiner Festung?“ (Seite 110)

Text von Nina Blazon/Illustration von Karin Lindermann © Carlsen Verlag 2019

Schließlich finden sie im Wald eher zufällig als absichtlich den richtigen Baum für Tomti. Welcher das ist, wird hier natürlich nicht verraten, denn dies ist die Frage, die in der sich an die Buchbesprechung anschließenden Verlosung* beantwortet bzw. erraten werden kann.

Nina Blazon ist mit „Ein Baum für Tomti“ eine einfühlsame, phantasievolle, spannende und vergnügliche Verflechtung von Naturbegeisterung, Wissensvermittlung und kindlich-zwischenmenschlichen Wachstumsschritten gelungen. Die botanischen und zoologischen Informationen fließen beiläufig in die Handlung ein und greifen oft Details auf, die bestimmt das Interesse von Kindern wecken, z.B. das Gingko-Bäume schon den Dinosauriern Gesellschaft geleistet haben und daß sie, obwohl sie Blätter tragen, zu den Nadelbäumen zählen.

Die faszinierende Personifizierung der Natur durch den liebenswerten kleinen Baum- geist Tomti ist gut geeignet, kindliches Mitgefühl und Verständnis für Mitlebewesen und ihre natürlichen Bedürfnisse zu fördern und zu vertiefen.

Die schönen, ebenso naturgetreuen wie heiter-verspielten Illustrationen von Karin Lindermann (Nomen est omen!) begleiten die Geschichte harmonisch und bereichern sie um stimmungsvolle Szenenbilder.

Ergänzt wird die Geschichte zudem um einige allgemeine Sachinformationen zu Bäumen und Sträuchern, Borke und Rinde, Baumgeschlecht, Wurzeltelefon und Wasserbedarf sowie eine kleine Baumschule, die zweiundzwanzig Baumarten kurz und bündig botanisch beschreibt. Karin Lindermann hat dazu alle Bäume illustriert und zeigt sie in ihrer arttypischen Baumgestalt und mit der dazugehörigen Blattform und Baumfrucht.

 

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.carlsen.de/hardcover/ein-baum-fuer-tomti/109258

 

Als hörenswertes Hörbuch gibt es „Ein Baum für Tomti“ ebenfalls – in einer von herb bis zart und laut bis leise erstaunlich wandelbaren rindenrauhen Stimmklaviatur lebhaft und warmherzig gelesen von Katharina Thalbach.

  • Nina Blazon                                                                                                      
  • Ein Baum für Tomti
  • ungekürzte Lesung
  • von Katharina Thalbach
  • Laufzeit ca. 152 Min.
  • 2 DCs in Pappklappe
  • Silberfisch Hörbuch Hamburg
  • August 2019 www.silberfisch-hoerbuch.de
  • 13,00 € (D), 14,60 € (A)
  • ISBN 978-3-7456-0102-2
  • Hörbuch ab 6 Jahren

Hier entlang zum Hörbuch und zur HÖRPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.hoerbuch-hamburg.de/hoerbuecher/blazon-ein-baum-fuer-tomti-4878/

 

ACHTUNG: HIER GIBT ES EINE VERLOSUNG!*

Wer mag, kann gerne auf der Kommentarebene raten, welcher Baum denn Tomtis Herkunftsbaum ist, und auch Ideen für einen passenden Nachnamen für Tomti kundtun. Als kleine Hilfestellung weise ich nur dezent darauf hin, daß Tomtis Stammbaum zu den nordischen Nadelgehölzen gehört.

Wer in den nächsten drei Tagen miträtselt, kommt in den Lostopf für die Verlosung eines Hörbuch-Exemplars von „Ein Baum für Tomti“. In 72 Stunden werde ich dann hier die Lösung verkünden und per E-Post oder Kommentar den Gewinner informieren.

Und hier folgt nun die Auflösung:

Tomtis vollständiger Name lautet Tomti Tannson, sein Stammbaum ist also eine Tanne.

 

Die Autorin:

»Nina Blazon studierte Germanistik und Slawistik und arbeitete als Journalistin und Texterin, bevor sie Schriftstellerin wurde. Heute schreibt sie Bücher für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und liebt es, in ihrer Freizeit lange Wanderungen im Wald zu machen. Wenn sie ein Baumgeist wäre, würde sie am liebsten in einem Walnußbaum leben, weil sie Eichhörnchen liebt und Walnußtorte liebt.«

Die Illustratorin:

»Karin Lindermann studierte Design mit Schwerpunkt Illustration in Münster. Sie arbeitet als Lehrerin und als freie Illustratorin – sie liebt jede Art von Grünzeug! Wenn sie ein Baumgeist wäre, würde sie am liebsten in einer alten Dorflinde leben, dann wäre um sie herum immer etwas los (und sie hätte von ganz oben eine tolle Aussicht).«

 

Leselebenszeichen-Datenschutzerklärung: https://leselebenszeichen.wordpress.com/datenschutzerklaerung/

25 Kommentare zu “Ein Baum für Tomti

  1. Das muß ein ganz zauberhaft bebildertes märchenhaftes Kinderbüchlein sein,
    liebe Ulrike.
    Die Stimme von Katharina Thalbach könnte mich doch glatt zu einem Hörbuch verführen. Ansonsten ziehe ich ja die gedruckten Seiten vor *schmunzel*

    Liebe Grüße in die Nacht von Bruni

    Gefällt 1 Person

    • Liebe Bruni,
      herzlichen Dank für Deine zauberhafte Zuneigung für „Ein Baum für Tomti“.
      Ich kann Dir bestätigen, daß es sich lohnt, Katharina Thalbachs vielsaitiger Stimmklaviatur zu lauschen. 🙂
      Gutenachtgruß von mir zu Dir!

      Like

  2. So fein gezeichnet, da werde ich zum kleinen Mädchen und möchte es haben… und als großes Mädchen möchte ich auch so zeichnen… und das Buch lesen auch.

    … grüßt Syntaxia

    Gefällt 1 Person

  3. Liebe Ulrike, ich als Koryphäe der Koniferen lasse den anderen gerne den Vortritt, wenn es um die Lösung des Rätsels geht.🤣
    Meiner Enkelin wird das Buch sicher gefallen, und falls ich mal notgedrungenermaßen mit in den Wald muss, wird sie mich fachfräulich herumführen.
    Vielen Dank, ich freue mich aber wie immer auf die nächsten Vorweihnachtswochen mit all Deinen Überraschungen. Herzliche Grüße, Barbara

    Gefällt 2 Personen

    • Liebe Barbara,
      Du magst vielleicht keine Koryphäe der Koniferen sein, aber ganz gewiß eine Koryphäe auf anderen Lebensgebieten. 🙂
      Schön, daß Tomti Deiner Enkelin zusagen könnte und daß sie Dich anschließend fachfräulich von Baumbestimmung zu Baumbestimmung durch den Wald führen kann.
      Herzensdank für Dein zugeneigtes Leseecho und Deine ausdrückliche Vorfreude auf die kommenden Bücherüberraschungen.
      Mit verbindlicher Empfehlung
      Ulrike von Bücherfee 😉

      Gefällt 1 Person

  4. Bezaubernd. In dieses Buch kann man sich doch nur verlieben.
    Immer vor Weihnachten beginnst Du, so schöne Kinderbücher vorzustellen. Gehört dieses schon in diese Reihe? Ich setze es auf jeden Fall auf die Liste der zum Schenken in Frage kommenden Bücher. Lieben Dank.

    Gefällt 1 Person

    • Hab‘ Dank für Dein baumbuchiges Wohlgefallen und die Aufnahme von Tomti in Deine Geschenkeliste.
      Da ich das ganze Jahr über Kinderbücher rezensiere, hatte ich bei „Ein Baum für Tomti“ keine weihnachtlichen Hintergedanken, die habe ich nur, wenn ich ausdrücklich-weihnachtsthematische Kinder- oder Bilderbücher vorstelle.

      Gefällt 1 Person

  5. Ohne deinen Tipp von einem Nadelbaum hätte ich, wie schon Random, Eiche gesagt, nun aber sage ich „Nordtanne“.
    Danke für deine wunderbare Buchbeschreibung, nun gibt es wieder ein neues Buch auf der Liste für die Enkelkinder, die sich schon gewundert haben, wie ich denn immer auf sooo schöne Bücher komme, sei es Petronella Apfelmus oder auch Giesbert aus der Regentonne!
    Herzliche Grüsse
    Ulli

    Gefällt 2 Personen

    • Liebe Ulli,
      verbindlichen Dank für Dein miträtseln und Deine zugeneigte Resonanz auf „Ein Baum für Tomti“ im besonderen und auf meine naturmagischen Kinderbuchempfehlungen im allgemeinen.
      Ebenso herzliche Grüße von mir zu Dir

      Gefällt 1 Person

    • Herzlichen Glückwünsch, liebe Ulli,
      das LOS hat entschieden: Du bekommst das HÖRBUCH „Ein Baum für Tomti“.
      Tomti heißt mit korrektem Nachnamen Tomti Tannson, sein Stammbaum ist eine Tanne.
      Ich melde mich später per E-Post bei Dir …

      Gefällt 2 Personen

  6. Ach ist das herzig ❤
    Solch Kinderbücher mag ich sehr.
    Zu schade daß die Kinder meiner Geschwister noch keine eigenen Kinder haben,
    so daß man solch ein hübsches Buch verschenken kann…..aber….vielleicht schenke ich es meinem inneren Kind 🙂

    Gefällt 1 Person

  7. Das ist ganz zauberhaft. 🙂 Als alter Freund der Baumwesen lasse ich mich gerne von so einer hübschen Geschichte verzaubern. Und es freut mich ganz besonders, dass hier der Charakter der Bäume und auch ihre physischen Eigenschaften zu ihrem Recht kommen. Denn will man Bäume wirklich wahrnehmen kommt man ja mit Einseitigkeit nicht weit. 😉

    Tja, die Sache mit dem Rätsel. Nun sieht man ja auf dem Titelbild, dass Tomti auf einer Eiche sitzt. Und da ja, wie jedes Kind weiß, die Eiche DER nordische Nadelbaum schlechthin ist… 😀
    Eines macht mich allerdings stutzig. Dem Strickmuster der Geschichte folgend müsste Tomtis Baum einen Namen mit dem Anfangsbuchstaben „T“ tragen. Tswetschkenbaum, vielleicht? Hm. Schwierig. Ich habe da wirklich grad ein Brett vor dem Kopf. Eins aus Tannenholz, nehme ich mal an… 😉

    Gefällt 4 Personen

    • Herzlichen Dank für Deinen ausführlichen und zugeneigt-baumbewanderten Kommentar. 🙂
      Diesem zauberhaften Kinderbuch gelingt eine feine Kombination aus märchenhafter Erzählung und beiläufger Vermittlung von innerem und äußerem Baumwesenwissen.
      Deine schelmischen, wortverspielten Rätselratungen sind sehr amüsant und bringen – so oder so – auch Deinen Namen in das Lostöpfchen. 😉

      Gefällt 2 Personen

Sie dürfen gerne ein Wörtchen mitreden, wenn's konveniert!