Die Gorgel

  • von Jochem Myjer
  • Originaltitel: »De Gorgels«
  • Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf
  • mit farbigen Illustrationen von Rick de Haas
  • Verlag Freies Geistesleben  März 2017   http://www.geistesleben.com
  • gebunden
  • 175 Seiten
  • 17,90 € (D)
  • ISBN 978-3-7725-2789-0
  • zum Vorlesen ab 5 Jahren
  • zum Selberlesen ab 7 Jahren

J U B E L D I B A M B A M!

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

In Jochem Myjers Kinderbuch gibt es Gorgel, kleine spitzohrige Wesen, die mit einem Holzstock bewaffnet sind und schlafende Kinder vor den giftgrünen, schädlichen Scheußlingen beschützen. Die Scheußlinge, mit ihrer unverkennbaren Duftmarke fauliger Schweißsocken, brauchen Kinder nur anzuhauchen, und schon bekommen sie eine fiese Erkältung, Bauchweh, Kopfschmerzen oder auch schlimmere Krankheiten.

Die meisten Kinder können weder die Gorgel noch die Scheußlinge sehen, und sie ahnen nichts von den freundlichen Hütern ihres Schlafes und von den Kämpfen, die gelegentlich für ihr Wohlergehen ausgefochten werden.

Doch Melle ist ein Junge, der über eine sehr gute Beobachtungsgabe verfügt; er ist sehr naturkundig, kennt viele Vögel und betrachtet die Welt mit aufgeschlossenem Herzen. So sieht er eines Nachts ein kleines Wesen mit muskulösen Ärmchen und Beinchen auf seiner Bettkante sitzen. Als das Wesen begreift, daß Melle es sehen kann, versteckt es sich blitzschnell; aber so leicht läßt sich Melle nicht abwimmeln.

Es dauert zwar eine Weile, doch schließlich kommt Melle mit dem Gorgel, der Bobba heißt, ins Gespräch. Bobba spricht mit einem lustigen Akzent und führt stolz seine Stockfechtkünste vor, und er erklärt Melle, welche wichtigen Aufgaben Wachgorgel erfüllen. Sie sorgen dafür, daß Kinder gut schlafen, sie heilen Wunden, helfen Kindern bei der Genesung, und sie beschützen sie vor dem schädlichen Einfluß der Scheußlinge.

Alle Gorgel stammen von einer nahegelegenen Insel, auf der zufällig auch Melles Großeltern zu Hause sind. Melle erfährt, daß sein Großvater bei den Gorgeln bekannt und beliebt ist, weil er als Kind ebenfalls die Gorgel sehen konnte und die Freundschaft zu ihnen pflegte.

Als Melle seinem Vater von Bobba erzählt, ist er sehr besorgt, denn rege Wachgorgel-aktivität deutet auf nahende Scheußlingsbedrohung hin. Die Sorge ist berechtigt. Schon in der nächsten Nacht dringt ein Scheußling in Melles Zimmer ein. Bobba kämpft energisch und äußerst tapfer gegen ihn und katapultiert den Scheußling aus dem Fenster, aber der hat Bobba vorher noch ins Bein gebissen, und nun sorgt sich Melle um Bobbas Gesundheit.

Melle und sein Vater beschließen, mit dem verletzten Gorgel einen Besuch bei den Großeltern zu machen. Denn Melles Großvater weiß sehr viel über Gorgel, und auf der Insel leben Bobbas Artgenossen, die ihn hoffentlich heilen können. Der Großvater läßt Melle als Erste-Hilfe-Medizin sogleich Moosbeeren sammeln, mit denen er den fiebernden Bobba füttert.

Melle macht sich mit Bobbas geschwächter Hilfe auf die Suche nach den Inselgorgeln. Dies gelingt reibungslos, die Gorgel nehmen Bobba in ihre Obhut, und sie warnen vor einer Invasion von Scheußlingen, da sie mit ihren feinen Nasen schon die nahende, fiese Duftnote einer großen Gruppe „Grönländischer Scheußlinge“ wittern. Wenn es nicht gelänge, diese Scheußlinge aufzuhalten, dann würden viele Kinder krank werden.

Der findige Melle entwickelt aus den vorhandenen Mitteln des Meeres einen raffinierten Plan, um gemeinsam mit den Inselgorgeln die Scheußlinge zu verjagen. Es erweist sich als großer Glücksfall, daß er naturkundig ist und viel über Tiere und ihre Verhaltens-weisen weiß und trickreich die Hilfe von Taschenkrebsen, Löfflern, Möwen und Seehunden in Anspruch nehmen kann.

Jochen Myjer hat mit „Die Gorgel“ eine ebenso warmherzige wie spannende und naturverbundene Geschichte geschrieben, in der trotz einiger Gefahren und Bedrohungen ein wohltuender Grundton familiärer Geborgenheit, zuverlässiger Fürsorge und inniger Freundschaftsbindung vorherrscht.

Die Gorgel  wecken auf jeden Fall spielend die kindliche Sympathie und Neugier, und ihre zwar geheimnisvoll-märchenhafte, gleichwohl handfest-tatkräftige und zugewandt-lustige Wesensart ist eine Inspiration für große und kleine Menschen mit Beschützerinstinkten und Phantasie.

Dieses Kinderbuch gibt Anlaß zum Lesejubel oder – wie man auf Gorgelisch begeistert auszurufen pflegt – JUBELDIBAMBAM!

 

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.geistesleben.de/Buecher-die-mitwachsen/Kinderbuch/Die-Gorgel.html

 

Der Autor:

»Jochem Myjer, 1977 geboren, ist einer der bekanntesten und beliebtesten Kabarettisten und Comedians in den Niederlanden. Sein Biologiestudium gab er nach zwei Jahren auf, um sich ganz dem Kabarett zu widmen. Er war u.a. Moderator der Kindersendung «Kinderen voor Kinderen» und spricht auch im Radio. 2010 gewann er den Cabaret Award als bester Kabarettist. Er lebt mit der Sängerin Marloes Nova zusammen und hat mit ihr zwei Kinder. Sein Buch Die Gorgel wurde 2016 mit dem Prijs van den Nederlandse Kinderjury ausgezeichnet.«

Der Übersetzer:

»Rolf Erdorf, geboren 1956, studierte Romanistik, Germanistik und Niederländische Philologie und arbeitete im Anschluss einige Jahre als freier Journalist für den niederländischen Rundfunk. Seit 1989 ist er hauptberuflich niederländisch-deutscher Übersetzer mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur sowie Kunst- und Kulturgeschichte. Für seine Übersetzungen aus der niederländischen Kinder- und Jugendliteratur erhielt er mehrere Preise, darunter den renommierten niederländischen Martinus Nijhoff Prijs sowie den deutschen Jugendliteraturpreis und den Gustav-Heinemann-Friedenspreis.«

Der Illustrator:

»Rick de Haas, geboren 1960, besuchte die Kunstakademie in Den Bosch und ist heute ein sehr gefragter Illustrator für Bilder- und Kinderbücher.«

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

25 Kommentare zu “Die Gorgel

  1. JUBELDIBAMBAM! Jetzt weiß ich endlich, wer die grippigen Infekte abwehrt, liebe Ulrike.
    Ich hab es mich schon so lange gefragt , wie es sein kann, daß Viren und Bazillen lustig munter herumtanzen und urplötzlich sind sie wieder verschwunden, obwohl man sich doch schon leicht grippig fühlte … Die Gorgels sind es, die hier schützend und schlagkräftig eingreifen *schmunzel*

    Liebe Grüße von Bruni an Dich

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  2. Das ist ja wieder ein sehr bezauberndes Buch. Mich spricht insbesondere an, dass es hier „erlaubt“ ist, Dinge zu sehen, die andere nicht sehen – und es offensichtlich sogar Unterstützung von den Eltern gibt. Wie oft werden Kindern solche Gaben ausgetrieben.
    Lieben Dank und viele Grüße

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    • Es stimmt, liebe Belana Hermine, in diesem Kinderbuch werden Kinder in ihren Talenten gefördert – auch wenn sie außergewöhnlich sind.

      Ganz zu Beginn der Geschichte will der Vater von Melle nicht wahrhaben, daß sein Sohn etwas sieht, das er als Erwachsener nicht sehen kann. Weil der Großvater ebenfalls solche „Superaugen“ hatte, sieht der Vater jedoch schnell ein, daß die Wirklichkeit vielseitiger und „unwissenschaftlicher“ ist als die Konvention.
      So bekommt Melle für seine Gabe schließlich Unterstützung und sogar Bewunderung von der elterlichen Seite, und als seine kleine Schwester ebenfalls anfängt Gorgel zu sehen, wird sie von Melle kundig aufgeklärt.

      Ja, es macht die Welt reicher für alle, wenn Kinder solche Gaben leben können, und ärmer, wenn man sie ihnen ausredet oder sogar verbietet.

      Zauberhafte Grüße von mir zu Dir
      von der Bücherfee, die als Kind so märchenhaft sehen durfte, wie sie wollte 🙂

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    • Liebe Priska,
      wie schön, daß Dich „Die Gorgel“ begeistern. Selbstverständlich ist dieses Kinderbuch ebenso zum gemeinsamen Lesen/Vorlesen wie zum selber Lesen geeignet.
      Herzlichen Dank für Deine Rückmeldung. 🙂

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  3. Fühlt sich gut an das Buch, erinnert mich ein bisserl an das „Traumfresserchen“ welches ich diversen meiner Nichten und Neffen hab zukommen lassen…..

    Ich hab mal ein Buch in Irland bei meiner Schwester in der örtlichen Buchhandlung gefunden, das war auch wunderschön, handelte auch von einem Kind welches eine dicke Grippe bekommen hat und im Fiebertraum in einer Eislandschaft war, immer wenn sie Wadenwickel bekam. Der Vater war ein Angestellter auf einem grossen Landgut und machte sich grosse Sorgen um sein Kind, brachte immer aus dem Eiskeller im Berg das Eis zum Kühlen mit.

    Phantastische innere Welten offenbarten sich ihr, sie glitt wie mit Schlittschuhen über das Eis und erfreute sich an der glitzernden Eislandschaft und begegnete wundersamen Wesen. Und eines Tages sah sie vor sich ein wunderschönes Eiskristallschiff mit drei Masten und Segeln daran……dann war das Fieber vorbei.

    Es ging ihr dann tagtäglich besser und eines Tages erzählte ihr der Vater von einer Überraschung, packte sie auf seinen Rücken und trug sie hin zum Eiskeller ( den gab es früher oft bei hochherrschaftlichen Gutshäusern )
    Sie gingen tief hinein in den Bergkeller bis hin zu einer grossen Schale mit gefrorenem Wasser.
    Auf dem Eis thronte ein grosses Schiff, kunstvoll aus einem Eisblock herausgeschnitzt….es war das Schiff aus ihrem Traum.

    Ich hab das Büchlein noch irgendwo vergraben, wenn ich es finde sag ich wie der Titel lautet.
    Ich war so berührt davon, dass es mich zu Tränen rührte, diese liebevolle Geste des Vaters.

    Und nun hoffe ich, dass keinerlei Scheusslinge uns belagern mögen, sondern wir die Sommersonne geniessen können, wo immer wir gerade uns aufhalten 🙂

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    • Lieben Dank für Deine Rückmeldung und den kühlenden Leseausflug in ein Kinderbuch, das mit den Gorgeln wohl harmonieren dürfte. Ich hoffe, Du findest das vergrabene Buch wohlbehalten wieder und Du kannst den Titel weitersagen.

      Hier bei mir besingen die Amseln den Sonnenuntergangshimmel und von Scheußlingen ist nichts zu riechen… 😉

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  4. Da stelle ich doch mit großer Freude fest, dass es nach wie vor Menschen gibt, die genau wissen, dass die Realität sich nicht nur durch Mikro- und Teleskope erschließt. Immer wieder gibt es welche, die mit dem Herzen sehen. Und so werden im weiten Feld der Kobold-Diversität fortwährend neue, zauberhafte Gestalten entdeckt. Und manche berichten sogar in Wort und Bild darüber [Das Mondnacht-Insel-Bild finde ich übrigens besonders stimmungsvoll]. Und dann gibt es noch jene, die dem bisher nicht aufmerksam gewordenen Lesepublikum Bücherfeenstaub unter die Schlafmützen pusten, um so die leselustige Aufmerksamkeit zu wecken. Was kann man dazu anderes sagen als JUBELDIBAMBAM!

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    • Hab‘ Dank für Dein herzensperspektivisches Jubelecho auf die Gogel.
      Ich bin auch stets herzerfreut, daß es nach wie vor viele Kinderbücher mit einer zauberhaft-lebhaften Kobold-Diversität gibt. Und es ist mir immer wieder ein Fest, mit meinem Bücherfeenstaub auf solche Bücher aufmerksam zu machen – zumal ich selbst als Kind oft einen Gutenachtwichtel in meinem Kinderzimmer gesehen und gesprochen habe. 🙂
      Abenddämmerige Grüße von mir an Dich

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      • Das ist ja eine feine Sache, wenn du bei der Kobold-Diversität mehr als „nur“ leselebendige Erfahrungen hast. Ein Herzensthema mit Heimvorteil, sozusagen. Da werden sich die entsprechenden Bücher besonders freudig in deine Rezensionswarteschlange einsortieren. 🙂
        Mit einem herzerfreuten Abendgruß. 🌺🌟🌺

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      • Das kann man wohl sagen – diese naturgeisterigen Bücher finden mich IMMER.

        Mein absolutes Lieblingskinderbuch in diesem Genre ist leider schon vergriffen; gleichwohl habe ich es als NACHRUF besprochen: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2013/02/14/hurz-burz-und-seine-freunde/
        Unerklärlicherweise ist dies eine der am häufigsten aufgerufenen Rezensionen meiner Webseite – da muß MAGIE im Spiel sein … 🙂
        Mit einem amselgesangsbeflügelten Abendgruß 🎶 🎶 🎶

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      • Das passt ja, wenn Finden und Gefundenwerdenwollen so harmonisch Hand in Hand gehen. 🙂
        Den Hurz Burz habe ich tatsächlich auch schon aufgerufen. 😀 Allerdings etwa zwei oder drei Mal. Es ist also nicht so, dass ich durch exzessives Anklicken die zahlreichen Aufrufe verursacht hätte 😉 – da ist schon echte Magie im Spiel. 🐲

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  5. Liebste Ulrike, durch dich lerne ich wieder ein ausgezeichnetes niederländisches Kinderbuch kennengelernt. Ich finde es übrigens für die Altersklasse recht lang. Was mir besonders gefällt, ist, dass es ohne Bevormundung, elterliches Besserwissen eine Reise durchs Leben ermöglicht. Scheusslinge haben mich letzte Woche angegriffen, wahrscheinlich wäre das dann auch ein Buch für mich, scheusslingfreier durch mein Leben zu segeln. Liebe Gruesse von mir zu dir.

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    • Liebstes Sternchen,
      es freut mich, daß Dir meine Kinderbuchauswahl so gut mundet.
      Der Text ist in einer großen Schrift gedruckt und mit zahlreichen Illustrationen aufgelockert, so daß sich die 175 Seiten lesezeitmäßig relativieren.
      Ja, die Erwachsenen in dieser Geschichte lassen dem Kind viel Freiraum und bieten gleichzeitig viel Geborgensheitsrückhalt – eine gelungene Mischung, um zu reifen.
      Gorgel sind außerdem sehr erwachsenenscheu und kümmern sich nur um Kinder. Deshalb konnten Dich die Scheußlinge leider angreifen. 😉
      Sonnige Grüße von mir zu Dir

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Sie dürfen gerne ein Wörtchen mitreden, wenn's konveniert!