Die Unglückseligen

  • Roman von
  • Thea Dorn
  • Hörbuch, Vollständige Lesung
  • Produktion: der Hörverlag, erschienen Februar 2016   http://www.hoerverlag.de
  • Regie: Roman Neumann
  • Sprecherin: Bibiana Beglau
  • Buchvorlage Knaus
  • 2 mp3-CDs
  • Gesamtlaufzeit: 18 Stunden, 48 Minuten
  • 24,99 € (D), 28,10 € (A), 35,50 sFr.
  • ISBN 978-3-8445-2213-6
    Die Unglueckseligen von Thea Dorn

UNSTERBLICH  STERBLICH
oder: Von wannen kommt Euch jene Wissenschaft?

Hörbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Hier hören wir einen Leckerbissen für Sprachliebhaber! Jede der drei Hauptfiguren verfügt über eine ihr maßgeschneiderte Sprache. Mit diesem kunstvollen sprachkompositorischen Stilmittel illustriert Thea Dorn dem Leser/Hörer die unterschiedlichen Charaktere sowie die überaus reiche Ausdruckskraft der deutschen Sprache. Die weitverzweigte Handlung ist keine leichte Lesekost – gleichwohl ist sie nicht unverdaulich.

Am Anfang dieses Romans ergreift sogleich der Teufel das Wort; er spricht in rhythmischem Versmaße und schaut sich das irdische Treiben an. Er beschreibt, kommentiert, kritisiert, lamentiert, retrospektiert und spekuliert darüber, was die beiden menschlichen Hauptcharaktere erleben. Gerne spricht er auch den Hörer/Leser metafiktiv-zugeneigt direkt an und seufzt beispielsweise über die veränderten Lesegewohnheiten unserer Gegenwart, in der das Lesen von Frakturschrift schon nicht mehr zu den selbstverständlichen Kulturtechniken gehört. Eigenwilliger, unkonventioneller Exegesen zu Schöpfung, Paradies, Sündenfall und Gottessöhnen kann er sich ebenfalls nicht ganz enthalten.

Die weibliche Hauptfigur ist Johanna Mawet, eine Molekularbiologin, die ein gängiges Alltagsdeutsch spricht, durchsetzt mit naturwissenschaftlichem Fachvokabular und Anglizismen.

Die männliche Hauptfigur, Johann Wilhelm Ritter, spricht das kultivierte, poetisch-empfindsame, höfliche, ja, schwärmerische – satzbaulich manchmal etwas umständliche – Deutsch des 18. Jahrhunderts.

Das Problem, um das alle kreisen, ist die Unsterblichkeit. Der Wunsch nach Unsterblichkeit scheint eine unheilbare Krankheit zu sein. Und als Stoff für einen Roman ist es eine mehr als abendfüllende Beschäftigung. Die beiden menschlichen Hauptfiguren im vorliegenden Roman vertreten gegensätzliche Haltungen zur Möglichkeit oder Unmöglichkeit sowie zu Sinn und Unsinn der Unsterblichkeit, und die dritte Hauptfigur, der Teufel ganz persönlich, beobachtet und beschreibt – amüsiert bis konsterniert -, wie sich diese beiden Streithähne wissenschaftlich und zwischenmenschlich zusammenraufen.

Wie bereits gesagt: Der Wunsch nach Unsterblichkeit scheint eine unheilbare Krankheit zu sein. Seitdem der DNA-Code geknackt ist, arbeiten Genetiker, Mediziner, Molekularbiologen & Co an der Optimierung der Regenerationskraft von Zellen und der Verlängerung der Überlebenschancen des biologischen Körpers.

Es gibt einige Tierarten, die über eine außerordentliche Zellerneuerungsfähigkeit verfügen, z.B. Zebrafische. Diese können nicht nur verletzte Flossen wiederherstellen, sondern sogar Herzmuskelfasern vollständig erneuern. Zebrafische sind also ein beliebtes Forschungsobjekt, wenn es um – zumindest lebensverlängernde – Fortschritte geht.

Im vorliegenden Roman hat die Molekularbiologin Johanna Mawet bereits erfolgreich Zebrafisch-Gene in Mäuse-DNA eingefügt, und, es ist ihr damit gelungen, die Lebensdauer „ihrer“ Mäuse signifikant zu erhöhen.

Für Johanna ist die Sterblichkeit des Menschen eine Zumutung, Krankheit und Alter eine persönliche Beleidigung. Sie forscht mit verbissenem Eifer an der Abschaffung der Zellalterung. Ein nennenswertes Privatleben hat sie nicht, sie ist nicht besonders sozialkompetent, und Empathie kann sie höchstens buchstabieren. Distanziert naturwissenschaftlich und sehr streng bewertet sie die Menschen und ihre unsterbliche Dummheit. Natürlich ernährt sie sich möglichst gesund sowie maßvoll und bezeichnet durchaus treffend viele industrielle Lebensmittel als „Lebensverkürzungsmittel“ und Supermärkte als „Umschlagplätze des Todes“.

Johann Wilhelm Ritter hingegen, die männliche Hauptfigur, scheint unsterblich zu sein. Er wurde im Jahre 1776 geboren und sieht immer noch aus wie ein knapp Vierzigjähriger. Gleichwohl ist er darüber nicht glücklich, denn er würde gerne sterben, zumal er sich in der modernen Welt nicht zu Hause fühlt und ihm die Geisteshaltungen, Umgangsformen und Sprachgewohnheiten unserer Gegenwart fremd, verwirrend und teils auch abstoßend erscheinen.

Er ist auch Naturwissenschaftler, Physiker gar, und er hat seinerzeit – also zur Zeit der Frühromantik – allerlei Experimente an seinem eigenen Leibe vorgenommen, die wohl seine körperliche Regenerationskraft übernatürlich verbessert haben. Nur weiß er nicht, welches Experiment tatsächlich ausschlaggebend für seine Unsterblichkeit gewesen ist, und er rätselt  verzweifelt herum, was diese – in seinen Augen verfluchte – Überlebenskraft ausgelöst hat. Sein wechselvolles Leben hat ihn nach Amerika verschlagen, wo er als Witwentröster ein zurückgezogenes Leben führt.

Zu Beginn der Geschichte hält sich Johanna wegen eines Forschungsauftrages in den USA auf und kauft im Supermarkt einige gesunde Vorräte ein. Ein dort angestellter Taschenpacker fällt ihr wegen seines ungewöhnlich alterslosen Aussehens und seines merkwürdig ausdrucksstarken Gesichts auf. Er hat ein Gesicht, wie man es eigentlich nur von alten Ölgemälden her kennt, aber „solche Gesichter wurden heutzutage nicht mehr gemacht“.

Nach turbulenten Mißgeschicken und Mißverständnissen lernt Johanna schließlich diesen seltsamen Mann näher kennen, der behauptet, Johann Wilhelm Ritter zu sein. Zunächst hält sie ihn für einen Spinner, zumal dieser Ritter laut Wikipedia-Eintrag 1810 an den Folgen seiner galvanischen Selbstversuche verstorben ist.

Seine altmodische Redeweise und seine Berichte vom einstigen regen Austausche mit Goethe, Alexander von Humboldt, Brentano und Novalis überzeugen sie nicht, indes weckt seine offensichtlich schnelle Wundheilungsfähigkeit ihre wissenschaftliche Neugier. Sie nimmt Ritter bei sich auf und gibt ihn als ihren Onkel aus. Sie läßt heimlich seine DNA sequenzieren, und als ihre Kollegen anfangen, unbequeme Fragen zu stellen, beschließt sie, mit Ritter nach Deutschland zurückzukehren und an ihrem heimatlichen Institut das Geheimnis von Ritters Unsterblichkeit zu entschlüsseln.

Außerdem nimmt sie mit Ritters Hilfe die gleichen galvanischen und ziemlich selbstquälerischen Experimente an sich vor, die Ritter einst an sich vollzog – alles in der irren Hoffnung, damit eine ebensolche Zellerneuerungsfähig zu gewinnen. Johannas wissenschaftlicher Eifer verwandelt sich in leidenschaftlichen Wahn …

Der Roman „Die Unglückseligen“ regt sehr dazu an, über den Unterschied zwischen dem Machbaren und dem Wünschenswerten nachzudenken.

Besonders entlarvend ist das Kapitel, in dem Johanna an einem „Weltkongress der Immortalisten“ teilnimmt, um dort einen Vortrag über ihre Forschung zur Überwindung der Zellalterung zu halten. Die dort versammelten teils wissenschaftlichen, teils kommerziellen und teils spirituellen Heilslehren, nebst fanatischen Christen als Gegendemonstranten, illustrieren ebenso erschreckend wie unterhaltsam, die seltsamen Hybrisblüten unserer Zeit.

Eine vorzügliche kulturkritische und zugleich amüsante Szene ergibt sich, als Ritter bei der Ankunft auf dem Münchner Flughafen angesichts der zahllosen englischsprachigen Hinweisschilder und Werbetafeln, die er konsterniert vorliest, „nimmer nicht“ glauben mag, tatsächlich in Deutschland gelandet zu sein.

Johanna als Vertreterin eines neuzeitlich-wissenschaftlichen Strebens nach berechenbarer Kontrolle über Alter und Krankheit sowie Leben und Tod steht in eklatantem Gegensatz zu Ritter, der eine demütigere und ganzheitlichere Weltsicht hat und Johanna vorwirft, mit ihren kalten Zahlenspielen nur „Bruchteilpfuscherei“ zu betreiben und des „Lebens heil’gen Sinn“ vollkommen zu  verpassen.

Johanna und Ritter streiten oft, ihre Weltanschauungen sind einfach nicht vereinbar. Wo Johanna willkommene Berechenbarkeit, Meßbarkeit  und Funktionalität sieht und sich an Fortschritt und Erkenntnisgewinn berauscht, sieht Ritter unheilsame Detailkrämerei, die das Ganze – den „Weltenatem“ – vergißt. Während Ritter eine genießerische und sinnliche Naturverbundenheit spürt und durch ausgiebige Spaziergänge pflegt, schaut Johanna tagelang auf den Bildschirm ihres „Apfelkastens“ und analysiert Ritters Gene, um jene Mutationen zu finden, die seine unglaubliche Zellregenerationskraft bedingen.

Oft ergeht sich Ritter in wehmütigen Retrospektiven, die uns einen interessanten Einblick in die naturwissenschaftlichen Gepflogenheiten und die Lebenswelt der Romantik gewähren, und wir werden Zeugen seiner Schuldgefühle gegenüber all den Lieben, die längst vor ihm den Weg alles Irdischen gegangen sind.

Ritter ist empfänglich für den Zauber verborgener Harmonien und das zyklische Wesen der Natur. Johanna hingegen sieht in der Natur einen tödlichen Feind, den es zu überlisten gilt. Johanna schimpft Ritter einen Schwärmer und Träumer, und Ritter bezeichnet sie wiederum als maschinengläubig, da sie sich in so vieler Hinsicht auf die Rechenkünste des Computers verläßt.

„Dass die Gegenwart auf Schritt und Tritt sich mit Artefakten umgab, deren Innenleben sie nicht im Ansatz begriff, damit hatte er sich längst abgefunden. Aber zu erfahren, dass unterdessen auch die Wissenschaft sich, gleich einer Küchenmagd, genügte, Maschinen zu bedienen, anstatt sie zu begreifen, dies erschütterte ihn bis ins Mark.“

Die Vorleserin dieses komplexen Werkes ist die Schauspielerin Bibiana Beglau. Mit ihrer angerauhten Stimme belebt sie Charakter- und Gefühlsnuancen von zartester Empfindsamkeit bis zu eiskalter Wut. Ihre stimmliche Klaviatur umfaßt das nonchalante und manchmal auch exaltierte Versmaßräsonieren des Teufels, die kühle Herablassung und wissenschaftliche Nüchternheit Johannas, die zärtliche Wehmut und liebevolle Hingabe Ritters oder gar das piepsige Plappern einer Fledermaus, die eine kurze Beobachter-Nebenrolle spielt, als Johanna sich vergeblich bemüht, den Teufel zu beschwören.

„Die Unglückseligen“ ist ein in jeder Hinsicht und „Hörsicht“ außergewöhnlicher Roman. Mit seiner sprachlichen Spannbreite, seinen anschaulichen Figuren, seinen lebensweltlichen Retrospektiven, seinen historischen und zeitgenössischen naturwissenschaftlichen Darbietungen und seiner Liebe zum verspielten Detail entwickelt er eine eigenwillige Dynamik und faszinierende Komplexität.

Sprachkompositorisch und dramaturgisch ist er bewundernswert und trotz einiger etwas sperriger Passagen (z.B. einige langatmige Exkurse zu den teils grausamen, teils abstrusen psychiatrischen Behandlungsmethoden des 18. und 19. Jahrhunderts) bleibt die Handlung bis zum Ende spannend und überraschend.

Ob körperliche Unsterblichkeit ein erstrebenswertes Ziel ist, mag jeder für sich selbst entscheiden – die ethischen, wissenschaftlichen und zwischenmenschlichen Aspekte dieser unmöglichen Möglichkeit werden hier lebhaft diskutiert. Nachdenken, Nachspüren und eine eigene Haltung finden – das darf der Leser nach eigenem Gusto.

Die Schwermut dessen, der indes die Erfahrung von Unsterblichkeit längst gemacht und das „Alphabet des Kummers“ zur Genüge schon buchstabiert hat, kommt vielleicht in keinem Satze Ritters so deutlich zum Ausdruck wie im folgenden:

„Wie wollt ihr je lieben?“,  fragte er so leise, dass Johanna ihn kaum hören konnte. „Wie wollt ihr je lieben, wenn ihr ewiglich an euch selbst genug habt?“

 

Ein informatives Interview mit der Autorin findet sich hier:
http://www.randomhouse.de/Hoerbuch-MP3/Die-Unglueckseligen/Thea-Dorn/der-Hoerverlag/e502952.rhd#|trailer

Link zur Hörprobe auf der Verlagswebseite: http://www.randomhouse.de/Hoerbuch-MP3/Die-Unglueckseligen/Thea-Dorn/der-Hoerverlag/e502952.rhd

Buchvorlage:

Thea Dorn
Die Unglückseligen
Knaus Verlag Februar 2016
Gebunden mit Schutzumschlag
560 Seiten
Format: 13,5 x 21,5 cm
24,99 € (D), 25,70 € (A), 33,90 sFr.
ISBN: 978-3-8135-0598-6

Link zum Buch aus der Verlagswebseite:
http://www.randomhouse.de/Buch/Die-Unglueckseligen/Thea-Dorn/Knaus/e446553.rhd#\|biblios

Querverweise:

Eine weitere Rezension gibt es bei Mina: https://aigantaigh.wordpress.com/2016/04/12/rezension-thea-dorn-die-unglueckseligen/

Link zum Wikipediaeintrag über Johann Wilhelm Ritter: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Wilhelm_Ritter

Die Autorin:

»Thea Dorn, geboren 1970, studierte Philosophie und Theaterwissenschaften in Frankfurt, Wien und Berlin und arbeitete als Dozentin und Dramaturgin. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane und Bestseller (u.a. „Die Hirnkönigin“), Theaterstücke, Drehbücher und Essays (u.a. „Die neue F-Klasse – Wie die Zukunft von Frauen gemacht wird“) und zuletzt mit Richard Wagner den Sachbuch-Bestseller „Die deutsche Seele“. Sie moderierte die Sendung „Literatur im Foyer“ im SWR-Fernsehen und kuratierte unter dem Motto „Hinaus ins Ungewisse!“ das „forum:autoren“ beim Literaturfest München 2012. Der Film „Männertreu“, zu dem sie das Drehbuch geschrieben hat, wurde 2014 mit dem „Deutschen Fernsehpreis“ als bester Fernsehfilm des Jahres und 2015 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Thea Dorn lebt in Berlin.«

Die Sprecherin:

»Bibiana Beglau, 1971 geboren, erhielt ihre Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Seit 1995 arbeitet sie fürs Theater. Als Bibiana Beglau in Thomas Ostermeiers „Disco Pigs“ auf der Bühne stand, wurde sie von Volker Schlöndorff entdeckt und für die Hauptrolle im Kinofilm „Die Stille nach dem Schuss“ (2000) engagiert, für die sie u. a. mit dem Silbernen Bären als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde. 2007 erhielt sie mit dem TV-Film „Unter dem Eis“ den Grimme-Preis. Seit 2011 gehört sie zum Ensemble des Residenztheaters München. 2012 hat sie den Kurt-Meisel-Preis in Anerkennung ihrer großen Schauspielkunst am Residenztheater erhalten. 2014 wurde Bibiana Beglau von der renommierten Zeitschrift „theater heute“ zur Schauspielerin des Jahres gewählt. Beim Hörverlag ist sie u. a. in der hochgelobten Hörbuchinszenierung von „Sturmhöhe“ (2012) in der Rolle der Nelly Dean zu hören, sie spricht Paula Dalys „Die Schuld einer Mutter“ sowie Sue Monk Kidds „Die Erfindung der Flügel“.«

52 Kommentare zu “Die Unglückseligen

  1. Liebende Ulrike und lesender Mensch

    Das leicht aufzulösende Drama der Sehnsucht nach Unsterblichkeit
    Besteht in der Ausgrabung des Erinnern was ehedem auch im Urchristentum gewusst
    Bewusst er und gelebt wurde
    Erst seit dem Konzil von Nizäa wurde die Wiedergeburt abgeschfft und die Angst
    Erschaffen das Leben in seiner Fülle und Vielfalt einmalig nicht zu bewältigen
    Der Mensch hat einen Körper
    Ist er jedoch nicht
    Der Mensch ist beseelt wohnt in einer Seele Raum deren Sphäre Unendlichkeit ist
    Du und ich sind begeistert aus dem Geist gewordene mit dem Wunsche im Körper
    Eine Erfahrung als Mensch zu erleben
    Die Domäne des Geistigen ist Ewigkeit
    Holen wir uns das Weisheitswissen um die Wiedergeburt zurück
    Reinkarnation fremdwörtlich benannt
    Und alles fällt wieder an seinen Platz
    Jene Ordnung des Liebens
    Denn was wäre Göttlich so es uns nur das einmalig einzige Leben gewährte
    Geizig arm und unerbittlich gnadenlos streng
    Weil ES das nicht ist vielmehr sich verschenkend Fülle
    Schließen wir getrost die Augen
    Wenn Es soweit ist
    Um sie alsbald in einer neuen Wiege
    Lächelnd wieder zu öffnen

    Unendlichen Segen
    Danke Dir Joachim von Herzen

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    • Danke für Deine zustimmende Resonanz, liebe Barbara.
      Es war mir ein FEST, mich so ausführlich und vertiefend mit diesem originellen, sprachvirtuosen Roman zu beschäftigen.

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  2. Spannend. Spannend. 🙂
    Bei Thea Dorn fragt man sich ja, ob sie Nullachtfuffzehn nicht kann oder nicht will. Wahrscheinlich will sie nicht. Wobei ich glaube, dass sie auch nicht könnte, wenn sie wollte. 😉
    Auf Thea Dorn aufmerksam wurde ich (in einem früheren Leben) aufgrund ihres Künstlernamens. Ich habe sie als sprachlich und gedanklich originell in Erinnerung – nicht unbedingt leicht lesbar und schon gar nicht leicht verdaulich. Zwischenzeitlich habe ich Dorn aus den Augen verloren. Aber deiner Rezension entnehme ich, dass sie ihren alten Künsten treu geblieben ist und wahrscheinlich noch einige Zacken zugelegt hat. Als Hörbuch wird das bestimmt eine echte Herausforderung sein. Da muss man sicher höllisch aufpassen, um in diesem Gewebe nicht den einen oder anderen Faden zu verlieren. Anderseits kann ja genau das ein Grund für ein gelegentliches Wiederhören sein. Denn ein Hörbuch ist ja im Prinzip kein Einwegartikel. 🙂

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    • „Die Unglückseligen“ war meine erste musische Begegnung mit Thea Dorn.
      Mir gefällt es ausgesprochen gut, daß sie das Ausdrucksspektrum der Sprache so vielseitg, originell und gekonnt ausschöpft.
      Gewiß ist dies keine Nebenbeilektüre und auch keine Nebenbeiauditüre (obwohl ich gelegentlich beim Hinhören gebügelt habe 😉 ), sondern ein Werk , dessen Reiz und inhaltliche sowie stilistische Komplexität sich nur dem konZENtrierten Publikum erschließt.
      Es ist nichts für mal eben 20 Minuten zwischendurch, dann verlöre man den Faden bzw. die Fäden. Doch bleibt man in Portionen von zwei, drei oder vier Stunden am Buch, taucht man gut ein in Thea Dorns großartigen literarischen Mikrokosmos. 🙂

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      • Deiner Beschreibung nach zu urteilen ist das noch ein ganz anderes Kaliber als die ersten Romane von Thea Dorn (und das war ja auch nicht Kindergeburtstagslektüre, sozusagen). Wenn ich es recht bedenke, dürfte das eines jener Werke sein, die man mit großem Gewinn zunächst lesen und mit etwas zeitlichem Abstand hören kann. Und den Hörbuchgenuss plant man wohl mit Vorteil ähnlich wie einen Besuch in der Oper. 🙂

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      • Das mit dem Opernbesuch ist ein durchaus angemessener Vergleich.
        Ich habe zunächst das Hörbuch gehört, und dann – wegen meiner Faszination – auch noch das Buch gelesen.
        Bei der Lektüre kommt man zusätzlich auch noch in den Genuß der verspielt-untermalenden typographischen Gestaltung. 🙂

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  3. Eines der Bücher, die magisch anziehen und bei denen man sich oft genug fragen wird, wieso könnte die Auferstehung, das Weiterleben, das Alterslose bloß so erstrebenswert sein und doch liest man/frau weiter und weiter, bekommt hochrote Ohren, diskutiert im Geiste mit und ergibt sich der Faszination dieses Themas.

    Ich werde es mir gut merken, liebe Ulrike
    Mit lieben Grüßen Bruni am Morgen

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    • Liebe Bruni,
      das Thema ist faszinierend und wird in diesem Buche aus gegensätzlichen Perspektiven betrachet und diskutiert.

      Meine persönliche Haltung zur Unsterblichkeit kommt in einem meiner „uralten“ Poeme zum Ausdruck:

      VOLLMOND

      Tag und Nacht
      sterben
      Tag und Nacht
      und werden
      Tag und Nacht
      geboren

      Ulrike Sokul
      8/ 1983

      Herzensgruß von mir zu Dir 🙂

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  4. Grad vorgestern erinnerte ich mich an eine Episode, als ich neben meinem Schwager, der Biochemiker ist, hinter dem Sarg seiner steinalt gewordenen Großtante herschritt – und er mir vorschlug, ihm eins meiner Haare zu geben, zwecks Wiederherstellung des Leibes nach dem Abscheiden. Ich winkte ab und fragte ihn meinerseits, was er denn so attraktiv an seinem fett gewordenen Leib fände, dass er ihn sich ewig erhalten möchte.

    Und wie es manchmal so kommt, fiel mir Antonio Tabucchis „Erklärte Pereira“ in die Hand. Pereira quälte sich, wie du natürlich weißt, an einem gräßlich heißen Tag im Juli 1938, in Lissabon, mit der Frage der „Auferstehung des Fleisches“ herum. Er, ein nicht ungläubiger Katholik, mochte angesichts seines fett gewordenen herzklanken Leibes diese Auferstehungshoffnung durchaus nicht teilen. Auch fürchtete er, als Auferstandener in einem Raum des Himmels mit einigen idiotischen Amerikanern zusammenleben zu müssen, die grad den Stapellauf einer Luxusjacht begossen (wie er in seiner Zeitung las), während ein sozialistischer Fuhrmann von der Gendarmerie erschossen die Melonen auf dem Wagen mit seinem Blut tränkte …..

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    • Danke für Deinen geneigten Lesebesuch.
      Ich habe diesem Hörbuch mit Vergnügen zweimal gelauscht und werde es – besonders wegen der sprachlichen „Mehrdimensionalität“ – gewiß auch dann und wann wiederhören.

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  5. … kurz und knapper, unglaublich spannender Konflikt, der ganz oben auf meine Geburtstagsliste kommt und zwar in der Hörbuchversion… ich mag die mitschwingende Resignation in der Stimme der Sprecherin! Wie immer hast du „des Pudels Kern“ herauskristallisiert und zu einem Begehrensfeuerwerk gemacht…

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  6. Faszinierend, diese Buchbesprechung, liebe Buchfee 🙂

    Und…

    Das scheint wieder mal ein Buch für den Lu zu sein, IRRE INTERESSANT sind Inhalte und Form und Protagonisten!!

    Aber erst kommt das Buch von dem Graveyard Typen dran, verdammmichnochmal!! *gg*

    Herzliche Sommergrüße von mir zu dir, Lu

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    • Ich glaube auch, daß dies ein Lu-Buch ist, und „irre interessant“ wäre schon eine passende Telegrammstil-Buchbesprechung für die „Unglückseligen“.
      Aber immer schön der Reihe nach lesen … 😉
      Danke für Deine positive Resonanz auf meine Rezension!
      Sonnenherzige Grüße von mir zu Dir 🙂

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      • Dankeschön, liebe Grüße zur Nacht vom Lu…

        …warum die Menschen sich unendlich lang auf der Erde tummeln wollen, wird mir aber sicherlich auch nach dem Lesen dieses Buches weiterhin ein Rätsel bleiben…

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      • Guten Morgen, lieber Lu.
        Mir ist es auch ein Rätsel, warum die Menschen ihr kleines Egolein in die Unendlichkeit verlängern wollen, und dieses Rätsel wird auch nicht in diesem Buch gelöst.
        Du wirst – ebenso wie ich – wohl eher mit Ritters hingebungsvoller Lebenseinstellung harmonieren … 🙂

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      • Das wäre auch meine Vermutung, liebe Ulrike, aber mal sehen…

        Dieses Thema gibt’s ja schon seitdem es Menschen gibt, insbesondere den Homo sapiens, obwohl er mir immer weniger wissend und klug vorkommt, wenn ich mir so aktuelle, machtgierige Exemplare angucke, wie zum Beispiel Kim, Trump und Erdogan…

        Liebe Mittagsgrüßle vom Lu

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      • Der Wunsch nach körperlicher Unsterblichkeit scheint mir integraler Bestandteil des weitverbreiteten narzistsichen Größenwahns zu sein.

        Kennst Du das scharfsinnige Buch von Hans-Joachim Maaz: „Die narzistische Gesellschaft. Ein Psychogramm“?
        Wenn man dies liest, gehen einem die Augen sperrangelweit auf, besonders in Hinsicht auf die Menschentypen an den Schaltstellen der politischen und wirtschaftlichen Macht.
        Ich liebäugle immer mal wieder damit, dieses tolle Buch zu besprechen; aber ich müsste es seitenweise zitieren, weil es so VOLL mit relevanten Analysen und Erkenntnissen ist, daß eine komprimierte Darstellung einfach zu „klein“ wäre …
        Herzenssonnige Grüße von mir zu Dir

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      • Das dachte ich mir schon, Du Schelm!
        Aber dies überschritte eindeutig den urheberrechtlich üblichen Spielraum fürs Zitieren in Zusammenhang mit einer Buchbesprechung.

        Mal schaun, vielleicht wage ich mich doch noch an eine Destillation dieser wertvollen Buchessenz … 🙂

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      • Das Buch von Susan Neiman befindet sich noch ungelesen auf meiner Lesestoffvormerkliste, und ich erinnere mich noch gut an Dein langes Zitat daraus.
        Vermutlich würde es sich mit dem Buch von Herrn Maaz ergänzen.
        Vielleicht sollte ich sie hintereinander „bearbeiten“. 😉

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  7. Das klingt nach einem wirklich interessanten Buch, Ulrike. Ich mag Bücher, in denen wissenschaftliche Erkenntnisse mit verarbeitet werden. Zudem kommt hier noch eine philosophische Komponente dazu. Ich habe versucht, die Hörprobe zu finden, bin leider gescheitert und habe dann die anderen Rezensionen gelesen, weil ich dort aufgrund fehlendem Spürsinn gelandet bin.

    Es zeigt sich wieder, wie grandios Deine Rezensionen sind. Sie sind präzise, informativ und einschätzend, ohne eine Meinung aufzudrängen. Sie zeigen eher eine Richtung auf. So sind sie allein schon ein Leseerlebnis. Liebsten Dank, Ann

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    • Ja, es ist ein sehr interessantes Buch, und ich fand mich naturwissenschaftlich geradezu erschreckend informationsbereichert.

      Die Hörprobe findest Du, wenn Du bei der Abbildung des Titelbildes auf der verlinkten Verlagsseite auf die kleine aufgefaltete ECKE unten rechts, da wo REINHÖREN steht, klickst.

      Ich freue mich sehr, daß Du meinem Rezensionsstil eine solch große Wertschätzung entgegenbringst. Das beflügelt mich ganz vorzüglich, liebstes Sternchen.
      Sommersonnige Grüße 🙂

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      • Ich habe es mir nun angehört…..ich werde wohl in diesem Leben doch beim Lesen bleiben, obwohl sie eine bemerkenswerte Stimme hat. Sommersonnengrüße zurück, liebste Ulrike

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      • Das Buch wartet mit schönen typographischen Finessen auf, so beginnt jedes Kapitel mit einer schnörkeligen Initiale und ein längeres Zitat aus einem alten Buch zur Militärchirugie wird in Frakturschrift wiedergeben; bis der Teufel sich besinnt, daß der moderne Leser sich damit vielleicht schwertue und den Setzer auffordert, doch bitte eine andere Schriftart zu wählen, was dann auch prompt erfolgt.
        Auch stilistische Freiheiten werden geboten, so erscheint die Passage über den „Siebten Weltkongress der Immortalisten“ komplett als einaktiges Drama usw.
        Es kommen mindesten fünf verschiedene Schriftarten vor und diese illustrieren und bereichern den jeweiligen Text ganz vortrefflich.
        Also, greife gut und gerne zur Buchausgabe, meine Liebe 🙂

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  8. Tolle Rezi liebe Ulrike, der Plott hat natürlich eine ganz große Schwäche, aber abgesehen davon, dass sich Ritter nie aklimatisiert zu haben scheint, klingt das Buch sehr interessant und beschäftigt sich zudem mit dem alten Menschheitstraum die eigene Zeit auszudehnen. Klingt nach Filmstoff 🙂

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    • Herzlichen Dank für Dein Lob und Dein reges Leseinteresse, lieber Arno.
      Darf ich wissen, was genau Du am Handlungsablauf als Schwäche wahrnimmst? Meinst Du die Weigerung Ritters, sich freiwillig mit der modernen Zeit und ihren Wissenschaftsmethoden zu befassen?
      Sollte dieser Roman verfilmt werden, wäre ich einem Kinobesuch neugierig zugeneigt … 😉

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      • Ritter ist ja ein neugieriger Mensch und seiner Zeit weit voraus, auch wenn es solche Experimente tatsächlich immer gegeben hat. Es ist also unwahrscheinlich, dass sich ein solcher Charakter nicht an jede Gesellschaftsform anpassen kann, um deren neue Möglichkeiten zu nutzen, aber damit würde auch ein Stück der erzeugten Beziehung zwischen den Protagonisten verschwinden, also ist die kleine Konstruktion dem Wohl des Lesers geschuldet 😉

        Gefällt 4 Personen

      • Ritter wäre – mit ein wenig Nachhilfeuntericht – intellektuell durchaus in der Lage, sich mit der modernen Wissenschaft auf Augenhöhe zu befinden. Doch er will, nach zahlreichen Mißerfolgen und enttäuschten Hoffnungen, nicht wirklich in der modernen Gegenwart sein. Und er geht grundsätzlich SINNLICHER an die Naturwissenschaft heran und kann sich für die technischen Abstraktionen und DNA-Datenanalysen nicht begeistern.

        Wie Du auch selbst schon angemerkt hast, ist Ritters „altmodische“ Geisteshaltung und Herzensbildung ein dramaturgisch tragendes Element, aus dem sich nicht nur die unterschiedlichen Positionen zur Unsterblichkeit ableiten, sondern auch einige amüsante Alltagskomplikationen und die explosive Beziehungsdynamik zwischen Johanna und Ritter.

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