Ein Garten für den Wal

  • von Toon Tellegen
  • Illustrationen von Annemarie van Haeringen
  • Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann
  • Gerstenberg Verlag Januar 2016, http://www.gerstenberg-verlag.de
  • 64 Seiten
  • Format: 18,5 x 24 cm
  • gebunden, Fadenheftung
  • 12,95 € (D), 13,40 € (A), 16,90 sFr.
  • ISBN 978-3-8369-5901-8
  • ab 7 Jahren zum Selberlesen
  • ab 5 Jahren zum Vorlesen
    Ein Garten für den Wal Titelbild

W Ü N S C H E N S W E R T E

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Die Vorstellung eines erfüllten Wunsches kann manchmal schöner sein als seine tatsächliche Verwirklichung. Diese elementare Lebenslektion wird in „Ein Garten für den Wal“ in Wort und Bild anschaulich vorgeführt.

Eigentlich ist der Wal mitten im Ozean ganz und gar in seinem Element. Er hat endlos Platz, und das Wasser wiegt ihn wohlig in Schlaf, wo immer er sich gerade treiben läßt. Eigentlich fehlt ihm nichts, aber da ist doch noch sien Wunsch nach einem kleinen Garten. Immerhin hat er bereits einen Springbrunnen, der würde fein mit einer Holzbank und bunten Blumen harmonieren.

Wenn der Wal in schlaflosen Nächten hinauf in den Himmel schaut, stellt er  sich gerne vor, daß der Mond mit den Sternen ein Fest im Himmelsgarten feiert, und vielleicht – so träumt der Wal – würde er  auch einmal dorthin eingeladen.

Wal mit Mond

Illustration von Annemarie van Haeringen © Gerstenberg Verlag 2016

Der Wunsch nach einem Garten auf seinem eigenen Walrücken ist schließlich so groß, daß der Wal einen Brief an den Grashüpfer schreibt und alles gartenmögliche Zubehör bestellt. Der Grashüpfer nimmt diese Bestellung sehr ernst und macht sich mit seinem vollgeladenen Boot auf den Weg zum Wal.

Freudig wird er vom Wal begrüßt, und eifrig beginnt der Grashüpfer, den Garten anzulegen. Der Wal stellt derweil schon mal seinen Springbrunnen an und fragt den Grashüpfer, ob er auch Veilchen dabeihabe und einen Sonnenschirm, eine Schaukel, Flieder und Geißblatt undundund … doch der Grashüpfer hat wirklich an alles gedacht, was zu einem einladenden Garten gehört.

Als der Garten fertig gestaltet ist, hat der umsichtige Grashüpfer sogar einen Spiegel dabei, damit der Wal den Garten überhaupt besichtigen kann. Erschöpft ruht sich der Grashüpfer auf der Gartenbank gegenüber vom Walspringbrunnen aus, und der Wal malt sich vorfreudig aus, wer ihn bald alles besuchen käme und seinen Garten bewundere.

Ein Garten für den Wal: Wal im Wasser

Illustration von Annemarie van Haeringen © Gerstenberg Verlag 2016

Zunächst kommen viele Fische vorbeigeschwommen und bestaunen den Garten, und ein Albatros landet auf der Gartenbank und sagt, er habe noch nie einen so schönen Garten gesehen.

In der Nacht fällt dem Wal zwar auf, daß er sich nicht auf den Rücken drehen kann, um die Sterne zu betrachten, aber das nimmt er hin. Der Grashüpfer hatte ihn auch bereits ermahnt, nicht zu laut zu lachen, da sonst der ganze Garten wackle und bebe.

Am nächsten Morgen verabschiedet sich der Grashüpfer, und kurz darauf kommen zwei neue Besucher: Das Nilpferd und das Nashorn. Die beiden verhalten sich leider etwas trampelig, sind aber große Bewunderer der schönen Gartenaussicht. Der nächste Besucher ist das Walroß, welches es sogar schafft, sich im Garten zu verlaufen und dabei einige Blumen zu zertrampeln. Anschließend unterhalten sich der Wal und das Walroß angeregt über das Leben im Meer.

Nach einer Weile wird dem Wal bewußt, daß alle außer ihm seinen Garten genießen können, und kurzentschlossen macht er einen großen Sprung aus dem Wasser in die Luft und tief ins Meer zurück. Der ganze Garten wird von seinem Rücken weggespült, und die Garteneinzelteile treiben auf den Wellen davon. Der Wal schaut ihnen gelassen nach und merkt, daß er keinen Garten braucht. Er hat seinen Springbrunnen und das weite, weite Meer. Er ist glücklich mit all dem, was er schon immer hatte.

Manche Wünsche fallen offensichtlich besser ins Wasser, aber der Wal muß dies über den Umweg der Wunscherfüllung ganz praktisch selbst erfahren, um eine angemessenere Perspektive auf die Lebensbedingungen zu belangenen, die bereits erfüllend sind.

Toon Tellegen erzählt diese Geschichte mit einfachen Worten auf herzliche Weise und mit leisetönender Heiterkeit. Die farbigen Illustrationen von Annemarie van Haeringen geben dem ebenso klugen wie verträumt-poetischen Text sehr stimmig spielerische Gestalt und lebhafte Dynamik.

Ein Garten für den Wal: Grashüpfer schaukelt

Illustration von Annemarie van Haeringen © Gerstenberg Verlag 2016

Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
https://www.gerstenberg-verlag.de/index.php?id=detailansicht&url_ISBN=9783836959018&highlight

Der Autor:

»Toon Tellegen, geboren 1941, arbeitete als Arzt in Kenia und Amsterdam, wo er noch immer lebt. Die Tiergeschichten erzählte er ursprünglich seiner Tochter. Tellegen erhielt alle großen niederländischen Preise: mehrere Goldene und Silberne Griffel, den Woutertje-Pieterse-Preis, die Goldene Eule und den Theo-Thijssen-Preis

Die Illustratorin:

»Annemarie van Haeringen, geboren 1959, wuchs zwischen Hunden, Katzen, Fröschen und Schildkröten auf. Sie studierte Kunst an der Rietveld-Akademie. Für ihre Werke wurde sie dreimal mit dem Goldenen Pinsel, dem wichtigsten niederländischen Preis für Illustration, ausgezeichnet. 2015 wurde sie für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.«

Die Übersetzerin:

»Andrea Kluitmann, geb. 1966, studierte Germanistik in Bochum und Amsterdam. Seit 1993 arbeitet sie als Literatur- und Fachübersetzerin aus dem Niederländischen. Sie lebt seit vielen Jahren sehr gerne in Amsterdam.«

 

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41 Kommentare zu “Ein Garten für den Wal

  1. Vielleicht sollte ich den Wal in meinen geheimen Garten einladen, er könnte sich Sonnen und ich hätte einen Springbrunnen *träum*… die fröhlichen Zeichnungen bringen die Fantasie so richtig in Fahrt!
    Herzliche Grüße vom Blumenmädchen an dich Ulrike 🤗

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  2. *Der nächste Besucher ist das Walroß, welches es sogar schafft, sich im Garten zu verlaufen und dabei einige Blumen zu zertrampeln.*

    🙂 so kanns gehen, ein Besucher, gut gelaunt und freudig gestimmt, macht unabsichlich kaputt, was er lieben möchte…

    Was für eine Vorstellung, ein Wal, der einen Garten möchte, einen Garten auf seinem eigenen Rücken, der zwar groß und geräumig, aber dafür ganz und gar nicht gedacht ist.
    So können Träume sich verabschieden, weil sie in der Realität keinen Platz haben und schlicht und ergreifend nur hinderlich sind *g*…

    Es gab schon so einige sehr bekannte Schriftsteller, die ihr erstes Buch für ihr eigenes Kind schrieben und dann kennt sie die halbe Welt. Ich erinnere nur an Herrn Tolkien oder einen sehr anderen, den Verfasser des Struwwelpeters 🙂

    Herzliche Abendgrüße von Bruni

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    • Ja, wie Du schon sagtest, liebe Bruni,
      so kanns gehen im Leben und im Bilderbuch.

      Eines meiner absoluten Lieblingskinderbücher „Hurz Burz und seine Freunde“ ( siehe meinen Nachruf auf dieses – leider, leider – vergriffene Meisterwerk: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2013/02/14/hurz-burz-und-seine-freunde/ ) wurde auch ursprünglich – in Briefform – für die kleine Tochter des Autors geschrieben, als er einmal einen längeren auswärtigen Aufenthalt zu absolvieren hatte.
      Das spielerisch-musisch Zugewandte ist oft das Inspirierteste!
      Manchmal zieht es dann auch größere LESEKREISE und ist auf dem Buchmarkt erfolgREICH.
      Lächelnde Abendgrüße von Ulrike

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  3. Liebe Ulrike,
    was für ein tolles Buch, was für eine wunderbare Geschichte: ein Wal, der einen Garten wünscht, ein Grashüpfer, der ihn so umsichtig gestaltet – und gleich auch ermahnt, wie der Wal Sorge zu tragen habe, den Garten zu pflegen und zu erhalten. Da wäre ich doch gerne noch einmal Kind und würde mir so gerne solch eine Geschichte vorlesen lassen. – Nun habe ich sie mir zumindest von Dir vorstellen lassen 🙂
    Viele Grüße, Claudia

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  4. Zu jedem Walfisch gehört in der Standardversion ein Springbrunnen. Das war mir so noch überhaupt nicht bewusst . Walfische sind schon ganz schön luxuriös ausgestattet 🙂 .
    Wieder einmal meer erfreut mich deine Auswal, liebe Ulrike!

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    • *hihihi*
      Ich glaube, lieber Michael, der Briefkasten des gärtnerischen Grashüpfers ist etwas meeresnäher als mein Briefkasten. Ich kann ja mal versuchen, den Bestellwunsch zu teleportieren – das Ergebnis dürfte wohl ein wenig luftig ausfallen 😉 .

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  5. Diese Buchvorstellung scheint wieder eine gute Wa(h)l zu sein 😉
    Der Wal neben dem Mond ist zauberhaft. Und, dass jemand den Garten organisiert, der gerne durchs Gras hüpft, finde ich sehr schlüssig.

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    • Danke für Dein wa(h)lweises Wortspiel :-).
      Die Gartenorganisation ist wirklich sehr schlüssig, und das Postwesen in dieser Geschichte ist sogar sensationell: Man wirft einen Brief einfach in die Luft, und er fliegt zum Adressaten – also fast wie E-Post 😉 .

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      • Oh eine Wurfsendung! Das ist wirklich sensationell 🙂 Du hast dort weiter oben geschrieben, dass die Flügel der Phantasie dein bevorzugtes Transportmittel sind. Das ist ein grandioser Satz- da mag ich mich gerne anschließen. Dürfte ich mir den ausleihen, wenn ich dich zitiere?
        Liebe Grüße
        Pauline

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      • 😀 mal schauen, was Dagmar von tomorrow definitely zahlt…sie hat auf ihrem Blog nach einem schönsten Satz gefragt 😉

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      • jetzt muss sie den Kommentar nur noch freischalten… nachdem ich diesen schönen Satz in meiner kleinen Schubkarre zu ihr transportiert habe, werde ich jetzt eine Runde durchs Gras hüpfen. Hüh-hüpf. Wenn ich hoch genug hüpfe, erwische ich vielleicht einen Flügel der Phantasie, flieg ein Stück mit und freue mich an den ruhmreichen Grüßen.

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  6. Dieses Buch wirkt auf mich wie ein Bonbon. Honigzitronig mit etwas Ingwerschärfe. Auf jeden Fall eine ganz spezielle Mischung. Es wirkt total lustig, haarsträubend absurd und dann doch mit so viel realitätsnaher Lebensweisheit. Dieser Umweg über die Wunscherfüllung ist eine Erfahrung, die man ja in der Regel des Öfteren macht im Leben. Da ist es gut, wenn Kinder auf spielerisch-verrückte Weise an die Thematik herangeführt werden. [Ich bin übrigens heute recht gut befreundet mit Umwegen, während ich früher oft Abkürzungen gesucht habe.]

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  7. Liebste Ulrike, eine wunderschöne Ode ans Träumen ist dieses Buch…. mir gefällt der Tonfall, der Schreibstil….ich fühle mit dem Wal, manchmal geht es mir mit meinen Wünschen ähnlich…ich geniesse das Buch genauso wie ein Kind. Allerliebste Grüße und es könnte durchaus sein, dass ich bald von einem wunderbaren Wal träume 😉

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    • Liebste Ann,
      dieses Bilderbuch illustriert in Wort und Bild eine so selbstverständlich-phantasievolle Wunschpraktizierung und liebevoll-heitere Lebensweisheit, daß man gerne mit dem Wal „mitschwimmt“ …
      Auch ich betrachte und befühle Kinder- und Bilderbücher stets aus der Perspektive meines Kinderherzens.
      Gute Nacht und traumhafte Träume wünsche ich Dir 🙂

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      • Ich finde es wunderbar, wenn man sich einen Platz für Kinder in seinem Herzen bewahren kann und solche Bücher erinnern einen daran. Danke für die lieben Wünsche und auch Dir die allerschönsten Träume, liebe Grüße, Ann

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Sie dürfen gerne ein Wörtchen mitreden, wenn's konveniert!