Kleiner Fuchs Großer Himmel

  • Text von Brigitte Werner
  • Illustrationen von Claudia Burmeister
  • Verlag Freies Geistesleben, 2015  http://www.geistesleben.de
  • Format 27 x 21 cm
  • 48 Seiten
  • gebunden, Fadenheftung
  • 16,90 € (D)
  • ISBN 978-3-7725-2793-7
  • Bilderbuch ab 5 Jahren
    Kleiner Fuchs Großer Himmel Titelbild

DAS  GANZE  LEBEN

Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©

In diesem äußerst feinfühligen und großherzigen Bilderbuch führt die Erfahrung des Trauerns und Tröstens gleichsam ins allverbindende Herzklopfen des ganzen Lebens.

Der kleine Fuchs trauert um seinen verstorbenen Großvater. Fuchsmama und Fuchs- papa erklären ihrem Kind, daß der Großvater nun im Himmel beim GroßenLiebenFuchs sei, der alles wisse und sich bestimmt himmlisch um alle Bedürfnisse des Großvaters kümmere. Diese Vorstellung tröstet den kleinen Fuchs ein wenig, aber nicht ganz.

In der Nacht träumt das Fuchskind davon, wie gut es dem Großvater im Himmel geht, und der Großvater winkt seinem Enkel vertraulich zu.

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Illustration von Claudia Burmeister © Verlag Freies Geistesleben 2015

Wieder ein kleines Stückchen getröstet, sucht der kleine Fuchs am nächsten Tag ein sonniges Fleckchen im Wald auf, wo sein Großvater früher gern zum Sonnenbaden lag. Die Erinnerung weckt wieder Traurigkeit, und das Fuchskind spürt, wie Tränen in seine Augen steigen. Ein Eichhörnchen, das des Weges kommt, fragt den kleinen Fuchs nach dem Grund seiner Trauer und setzt sich in stiller Anteilnahme neben das Fuchskind. Schließlich sagt das Eichhörnchen, daß der Großvater nun beim GroßenLiebenEich- hörnchen weile und daß dieses ganz bestimmt gut für den Großvater sorge.

In der folgenden Nacht träumt der kleine Fuchs davon, wie das GroßeLiebeEichhörn- chen den Großvater mit leckeren, weichen Sachen füttert, und wieder winken sich Großvater und Enkel vertraulich zu.

Tag für Tag spaziert der kleine Fuchs zu verschiedenen großväterlichen Erinnerungs- plätzen und trifft dabei unterschiedliche Tiere, die ihr Mitgefühl zeigen und ihm ihre himmelsgöttliche Version zum Trost anbieten. Trotz seiner Verwirrung über die vielen unterschiedlichen Tiergötter träumt er Nacht für Nacht von seinem Großvater Fuchs in den verschiedenen und doch auch wieder ähnlichen Himmeln.

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Illustration von Claudia Burmeister © Verlag Freies Geistesleben 2015

So lernt der kleine Fuchs den Glauben an die GroßeLiebeSchnecke, an den Großen- LiebenBuntspecht und an den GroßenLiebenFrosch kennen. Dann trifft er eine weiße Eule und auch diese weiß von einem gütigen, allwissenden überirdischen Wesen zu berichten.

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Illustration von Claudia Burmeister © Verlag Freies Geistesleben 2015

Als der kleine Fuchs nachfragt, ob die GroßeLiebeWeißeEule so wäre wie der Große- LiebeFuchs, denkt die weise, weiße alte Eule lange, lange nach und verkündet dem kleinen Fuchs, daß sein Großvater ebenso weit oben im Himmel sei wie ganz nah im Herzen des kleinen Fuchses, weil er ihn lieb habe. Schließlich selbst angenehm über- rascht von ihrer neuen Erkenntnis, fügt sie hinzu, daß die GroßeLiebeWeißeEule einfach alles sei und sich in allen Erscheinungen der Natur zeige, sogar im Wald, im Wind im Regen sowie als GroßerLieberFuchs, GroßeLiebeAmeise und und und …

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Illustration von Claudia Burmeister © Verlag Freies Geistesleben 2015

 

Frohgemut läuft der kleine Fuchs daraufhin zu seinen Eltern und erzählt ihnen, was er über die Einheit in der großen Vielheit des Lebens und Glaubens gelernt hat.

„Und in der Nacht träumte das Fuchskind von dem Himmel.
Der war wirklich sehr GROOOOOSSS!!!
Er hatte Platz für alle.

Und DerDieDasGroßeLiebeWeiseAllesAllesAllesWasIst
hatte Großvater Fuchs in seinem
FlügelFlossenPfotenHerzUndAllesAndereAuchArm
und hatte ihn lieb.

So wie den kleinen Fuchs.“

Die Autorin findet für die unterschiedlichen Gottes-, Schöpfungs- und Jenseitsvor- stellungen Naturbilder, die ebenso anschaulich wie poetisch und lebensfarben sind. Schön ist zudem, wie sie diese Vorstellungen aus den existenziellen Lebensbedürfnissen der verschiedenen Tiere ableitet. So thront der Schneckengott auf einem riesigen Kopfsalat und das GroßeLiebeEichhörnchen auf einer Riesennuß.

Den Gefühlen des kleinen Fuchses wird in warmherzigen, kindgemäßen Maßeinheiten greifbare Gestalt gegeben: „Da war das Fuchskind ein bisschen froh. Aber immer noch ganz viel traurig.“, oder: „Da war das Füchslein ein kleinkleinkleinesbisschen weniger traurig.“ Die kapitelweise wiederkehrenden tröstlichen Schlüsselsätze geben der Geschichte einen verbindenden, zyklischen Rhythmus und unterstützen die Bilderbuch-Vorlesegeborgenheit.

Die phantasievollen Illustrationen sind in einer Malcollagen-Mischtechnik mit wandelbar-proportionierten Raumperspektiven gestaltet und offenbaren beim verweilenden Betrachten zahlreiche verspielte Details.

Das Bilderbuch „Kleiner Fuchs Großer Himmel“ ist erfüllt von einer tiefen, zärtlichen Lebenszugewandtheit und heiteren Demut. Mit dieser Flügel- spannweite gelingt hier das Kunststück, die kleine Endlichkeit tröstlich mit der großen Unendlichkeit zu verbinden. So gehören wir dem Leben, ohne es zu besitzen.

 

Hier entlang zum Buch und zur LESEPROBE auf der Verlagswebseite:
https://www.geistesleben.de/Buecher-die-mitwachsen/Bilderbuch/Kleiner-Fuchs-grosser-Himmel.html

 

Die Autorin:

»Brigitte Werner, geboren 1948, lebt und arbeitet im Ruhrgebiet und an der Schlei. Sie wollte immer Lehrerin werden, aber noch lieber wollte sie Geschichten erzählen. Nach zehn Jahren Schuldienst und einem Berg ungeschriebener Bücher ist sie umgestiegen in das Leben ohne festes Gehalt, ohne Chef und Vorschriften, aber mit einem Sack voller Lebensideen. Sie hat in ihrem Kindermitspieltheater gespielt, gewerkelt und die Stücke geschrieben, hat ein paar Preise bekommen und schreibt nun für Kinder und Erwachsene. Ihr bisher erfolgreichstes Buch ist Kotzmotz der Zauberer.«

Die Illustratorin:

»Claudia Burmeister, geboren 1976, studierte Grafik und Design in Anklam sowie Germanistik und Erziehungswissenschaften an der TU Berlin. Bis 2011 arbeitete sie als Angestellte in einer Wohnstätte für geistig behinderte Menschen in Berlin und nebenberuflich als Grafikerin und Künstlerin. Seit September 2011 wohnt sie mit ihrer Familie samt Uroma in der Mecklenburgischen Schweiz und arbeitet wieder hauptberuflich als Grafik-Designerin, Kunstschullehrerin und Illustratorin.«

Querverweise:

Hier folgen Links zu weiteren Kinderbüchern zu den Themen: Abschied, Tod und Trauer:

Ente, Tod und Tulpe
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2017/06/13/ente-tod-und-tulpe/
Erik und das Opa-Gespenst

https://leselebenszeichen.wordpress.com/2014/12/05/erik-und-das-opa-gespenst/
Nur ein Tag
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2016/10/13/nur-ein-tag
Oma trinkt im Himmel Tee

Oma trinkt im Himmel Tee


Opa Meume und ich 

Opa Meume und ich


Der Tod auf dem Apfelbaum

Der Tod auf dem Apfelbaum


Überall & Nirgends / Gedichte über Tod und Trauer

Überall & Nirgends


Wie lange dauert Traurigsein?
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2014/12/03/wie-lange-dauert-traurigsein/

 

Leselebenszeichen-Datenschutzerklärung: https://leselebenszeichen.wordpress.com/datenschutzerklaerung/

39 Kommentare zu “Kleiner Fuchs Großer Himmel

  1. Liebe Ulrike, das kommt mit ins Osterpäckchen für den Enkelfratz, aber vorher werde ich es genüsslich lesen. Warum liest uns Erwachsene eigentlich keiner mehr in den Schlaf?😔sei herzlich bedankt für die Vorstellung und lieb gegrüßt, Karin mit immerhin schnurrendem Capucchio neben sich, das ist auch einschläfernd🤗

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    • Liebe Karin,
      das höre ich gern, daß meine Bilderbuchempfehlung in ein Geschenk für Deinen Enkelfratz mündet.
      Gewiß wäre es auch für Erwachsene manchmal ganz schön, eine Gutenacht-Geschichte vorgelesen zu bekommen.
      Ich schlafe ja gelegentlich ein, wenn ich einem Hörbuch lausche und werde dann wach, wenn es plötzlich wieder still wird. 😉
      Ein schnurrender Kater ist indes eine kaum noch zu übertreffende Einschlafhilfe. :mrgreen:

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    • Lieber Lu,
      eine warmherzige Besprechung für ein warmherziges Buch.
      Und wie stets, kann man meiner Besprechung den Grad der Verzauberung und Begeisterung anlesen … 🙂
      Schneeflöckchengrüße von Ulrike

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      • Ja, das stimmt wirklich, liebe Schneeflöckchenschreibfee… 🙂

        Aber ich finde das sehr sympathisch und es passt prima zu deiner Site!

        Sonnengesänge mitten aus der quirligen Kesselstadt zu dir von mir

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  2. Für diesen Satz „So gehören wir dem Leben, ohne es zu besitzen“ möchte ich dich küssen. (das tun wir hier in Griechenland, wenn wir ihn lieb haben).

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      • Liebe Ulrike, es ist so wundervoll zu empfangen, es fließen zu lassen, zu schenken. Das Gefäß muss die Empfängnis willkommen heißen, sich öffnen, damit diese zauberhafte Berührung geschehen kann. Danke, dass Du dich berühren lässt und berührst. Freudig-strahlende Seelengrüße, Bettina

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  3. Wie geht der nichtreligiöse Mensch mit diesem Thema um? Es ist natürlich tröstlich, den Himmel anbieten zu können – wenn man daran glauben kann. Ich vermute, dass viele religionsferne Menschen bei dem Verlust eines lieben Menschen ihren Kindern diesen Trost auch bieten möchten. Die Idee, dass alles einfach vorbei ist, dürfte nicht gerade tröstlich sein.

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    • In meiner Sichtweise, die ich naturverbunden nennen würde, ist mein persönliches, irdisches Leben ein kleiner Teil eines größeren Kontinuums.
      Dieses Kontinuum wird von vielen Religionen als Himmel verortet.
      Vielleicht, weil von der Erde aus betrachtet, der Himmel so unendlich weit und blau ausschaut – auch wenn das Universum dahinter noch ein paar Nummern größer ist 😉
      Es steht uns selbstverständlich frei, ob wir uns Ideen aussuchen, die trostlos sind oder trostvoll.
      In vorliegendem Bilderbuch geht es aber auch darum, religiöse Varianten und unterschiedliche Gottesvorstellungen miteinander zu verbinden.

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  4. In meiner Kindheit trauerten die Erwachsenen allein, wollten oder konnten die Gefühle nicht mit einem Kind teilen, meist saß ich irgendwo allein auf einer Treppe und versuchte zu verstehen warum ich traurig war oder warum nicht… hätte ich jemals auf meiner Treppe ein solches Buch gehabt… trostschöne Illustrationen zum Text sind das, wie schon so oft bei deinen vorgestellten Schätzen… 😀

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  5. Wieder ein wunderschönes Buch. Danke. Eine der ersten die dieses Thema in einem Kinderbuch verarbeitete war Astrid Lindgren mit „die Brüder Löwenherz“ und viele hielten es damals für ein zu schweres Thema für Kinder.

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    • Liebe Sylvia,
      Kinder sind den elementaren Bedingungen des Lebens durchaus neugierig-zugewandt und der Ernst des Lebens und Sterbens sollte thematisiert werden, aber nicht überbetont sein.
      „Die Brüder Löwenherz“ sind sehr tiefsinnig und vielschichtig – wahrscheinlich für manche Erwachsene schwerer zu ertragen als für Kinder.

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      • Da hast du recht. Meine Tochter hat als Vierjährige, nach dem Tod ihres Stiefopas gemeint: du musst aber, wenn du stirbst, einmal ein großes Grab nehmen, damit ich dir ganz viele Blumen pflanzen kann.

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  6. Ich habe den Fellträger gefragt, ob er an die GroßeLiebeTigerkatze glaubt. Er hat tief geschnurrt und gelächelt, wie er es immer tut, wenn er nichts sagen möchte 😉
    Wieder ein Buch, bei dem mir die Illustrationen fast so gut gefallen wie die Geschichte. Diese weiße kluge Eule hat es mir angetan … Und ja, es wird in unserer Gesellschaft zu wenig über Trauer gesprochen und zu wenig dafür getan. Danke für das Buch, mögen es spätere Generationen besser haben!
    Liebe Grüße
    Christiane

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    • Der Fellträger hat bei Dir, liebe Christiane,
      doch schon den Himme lauf Erden 😉
      Tod und Trauer sind verdrängte Themen, aber nicht auf meinem Blog.
      Ich habe noch zwei diesbezügliche Beiträge in meiner Publizierungswarteschleife …
      Herzensgruß von
      Ulrike

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      • Ich sage ihm das, liebe Ulrike, wenn seine Puscheligkeit sich mal wieder beschwert … 😉
        Ich nehme das Nicht-Verdrängen mit Freuden zur Kenntnis, und dass ich ebenso freudig deine Beiträge erwarte, muss ich ja nicht besonders hervorheben 😉
        Liebe Grüße
        Christiane

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  7. Liebe Ulrike,
    wie schön hast du das wieder in eine Zusammenfassung gekleidet!

    Zum Buch: Große Weisheiten für kleine Kinder in Szene gesetzt! Dazu gehört ganz viel Gespür und Tiefgang und ein großes Herz für Kinderseelen. Toll, dass dies so liebevoll gelingt und dadurch zur Trauerarbeit in den Kinderzimmern Trost gespendet wird und eine heilsame Perspektive.

    Herzliche Grüße
    Heidrun

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  8. Das Buch werde ich mir besorgen. Diese Situation steht hier im Raum und ich frage mich schon geraume Zeit, wie man damit am besten umgeht. Das Buch erscheint mir als eine sehr grosse Hilfe!
    Ich habe bis jetzt erzählt, dass auf jeder Wolke jemand sitzt und auf seine Familie herunterschaut und wenn sie dunkel sind, dann wird Staub gewischt! Und wenn keine Wolke da ist, sitzen sie zusammen und erzählen sich Geschichten……

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Sie dürfen gerne ein Wörtchen mitreden, wenn's konveniert!