- Originaltitel: »La grande fabrique de mots«
- Text von Agnès de Lestrade
- Übersetzung aus dem Französischen von Anna Taube
- Illustrationen von Valeria Docampo
- mixtvision Verlag www.mixtvision-verlag.de
- 1. Auflage 2010 … 11. Auflage 2015
- 40 Seiten
- Fadenheftung
- 14,90 € (D), 24,90 sFr
- ISBN 978-3-939435-26-6
- Bilderbuch ab 3 Jahren
S P R A C H V E R M Ö G E N
Bilderbuchbesprechung von Ulrike Sokul ©
Spätestens nach dem Vorlesen und Betrachten dieses Bilderbuches werden Kinder die Kostbarkeit des Begriffes „WORTSCHATZ“ erfassen und erfühlen. Zugleich zeigt dieses Bilderbuch, daß aufrichtige Gefühle auch mit kleinen Gesten und wenigen Worten Resonanz erzeugen können.
Als Kind zu Wort zu kommen ist nicht immer einfach, und in der vorliegenden Geschichte ist es sogar fast unerschwinglich teuer. Denn der kleine Paul lebt in einem Land, in dem Sprechen nichts Selbstverständliches ist, da man jedes einzelne Wort kaufen und herunterschlucken muß, bevor man es aussprechen kann.
Es gibt eine große Wörterfabrik, die architektonisch an den Turm zu Babel erinnert und in der in allen möglichen Sprachen Wörter am Fließband produziert werden. In den Straßen der Stadt gibt es Geschäfte, die verschiedene einzelne Wörter, Grüße, Kose- worte, Gutenachtwünsche, aber auch Schimpfworte und ganze Reden zum Verkauf anbieten.
Es gibt wertvolle Wörter, die besonders teuer sind und die deshalb nur selten ausge- sprochen werden. Wer zu arm ist, um sich Wörter leisten zu können, bleibt darauf angewiesen, in den Mülleimern nach weggeworfenen Wörtern zu suchen, die häufig nicht besonders attraktiv sind. Auch die Wörter aus dem Sonderangebot sind meist unbrauchbar und wenig alltagstauglich.
Manchmal fliegen jedoch Wörter durch die Luft, und diese werden von den Kindern mit Schmetterlingsnetzen eingefangen und später stolz den Eltern aufgesagt.
Paul ist in das Nachbarmädchen Marie verliebt, und er würde ihr gerne sagen, daß er sie lieb hat. Eine ganze Liebeserklärung ist für Paul unerschwinglich, allerdings hat er drei Wörter mit seinem Schmetterlingsnetz gefangen, und diese drei Wörter möchte er ihr schenken.
Wenn sich die Kinder im Treppenhaus treffen, lächeln sie sich einfach nur an, und Paul ist von Vorfreude erfüllt, Marie seine drei Wörter zu sagen. Doch Paul hat einen Rivalen, Oskar, dessen Eltern sehr reich sind und der in ganzen Sätzen großspurig auf Marie einredet.
Verunsichert hockt Paul auf einer Treppenstufe und zweifelt am Wert seiner drei Wörter. Dennoch konzentriert er sich auf die Liebe in seinem Herzen und läßt seine drei Wörter zu Marie sprechen. Maries Antwort ist ein zarter Kuß auf Pauls Wange. Über- glücklich sagt Paul noch ein weiteres, schon lange sorgsam gehütetes Wort zu Marie, und man ahnt, daß dies der Beginn einer Liebesgeschichte ist, in der sich auch ohne große Worte ein harmonisches Einverständnis entwickeln wird.
Die Illustrationen von Valeria Docampo sind von ausdrucksvoller Nachdenklichkeit und großer Zärtlichkeit und übersetzen das Zwischen-den-Zeilen-Schwebende des Erzähltextes in einfühlsame Bilder. Die Farbgebung kontrastiert zwischen sepiabräunlichen Erdfarben und lebhaften Rottönen, wobei die Rottöne mit der wachsenden Liebes- annäherung deutlich zunehmen.
„Die große Wörterfabrik“ vermittelt Kindern (und Erwachsenen ebenso) anschaulich und poetisch die Bedeutsamkeit von Sprache als zwischen- menschliches Verbindungselement und Gefühlsbotschafter.
Der Verlag empfiehlt das Buch ab 3 Jahren. Ich halte die Altersstufe zwischen 5 und 7 Jahren für angemessener.
Hier entlang zum Buch auf der Verlagswebseite:
Hier entlang zum romantischen Buchtrailer:
https://www.youtube.com/watch?v=E4lbZpp6BYc
PS:
In unserer Welt kostet das Sprechen kein Geld (außer beim Therapeutenbesuch), sondern nur Zeit. Doch wer nach dem Motto „Zeit ist Geld“ lebt, wird möglicherweise auch mit der Zeit zum Sprechen geizen. Wohin das führt, illustriert das Bilderbuch „Die große Wörterfabrik“ ganz deutlich, nämlich dazu, daß Wörter zur Ware verkommen, statt dem Leben und Lieben Ausdruck zu verleihen.
Die Autorin:
»Wenn Agnès de Lestrade gerade nicht schreibt, liest, träumt oder eine Tasse Tee trinkt, erfindet sie Gesellschaftsspiele, Lieder und hat sogar die Zeit gefunden, selbst zwei hübsche Kinder zu fabrizieren, um all das an ihnen auszuprobieren. Seit ihrem Debüt 2003 erschienen von Agnès de Lestrade bereits über 20 Bücher in französischer Sprache.«
Die Illustratorin:
»Die Inspiration für ihre Illustrationen findet Valeria Docampo im Alltag: der Blick eines Hundes, das Rauschen des Regens im Herbst oder der Duft des Frühstücks. Geboren wurde sie in Buenos Aires, Argentinien, wo sie auch ihr Diplom in Grafikdesign und visueller Kommunikation machte. Seit 2003 widmet sie sich ganz der Illustration für Kinderbücher, immer auf der Suche nach neuen grafischen Techniken.«
Querverweis:
Hier entlang zu drei weiteren Bilderbuchwerken von Valeria Docampo:
Der Bär und das Wörterglitzern Der Bär und das Wörterglitzern
Der Nussknacker Der Nussknacker
Die Schneiderin des Nebels Die Schneiderin des Nebels
Oh ja, ich habe vor ein paar Jahren von einem lieben Menschen dieses Buch geschenkt bekommen und ich liebe es sehr. Ganz zauberhaft. Liebe Grüße Marie
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Herzlichen Dank, liebe Marie,
für Deine lebhafte Zustimmung.
Dieses feine Bilderbuch gehört ja seit JAHREN zu dem am meisten aufgerufenen Besprechungen meiner Leselebenszeichen.
Liebe Grüße auch von mir zu Dir 🙂
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Liebe Ulrike, wie schön! Weniger ist oft mehr, auch bei Worten, wenn es die richtigen sind 🙂 Viele Grüße, Annette
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Herzlichen Dank, liebe Annette,
für Deine richtigen Worte.
Frühlingsknospende Grüße von Ulrike
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😉 ;-*
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Liebe Ulrike,
Dieses Buch habe ich (leider erst) vor Kurzem entdeckt und wusste nicht so recht, ob es mir gefallen könnte. Dank deiner ausführlichen Buchvorstellung weiß ich nun, dass ich es unbedingt haben möchte. Danke für diese wundervolle Rezension!
Liebe Grüße,
Sabrina
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Verbindlichen Dank, liebe Sabrina,
für Dein begeistertes Echo auf meine Bilderbuchbesprechung.
„Die große Wörterfabrik“ gehört seit Jahren zu den am häufigsten lesebesuchten Beiträgen meiner Wortwebeseite.
Herzliche Grüße von
Ulrike
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Liebe Ulrike,
als Schreibtherapeutin arbeite ich nicht nur mit Menschen, die Krebs haben, sondern auch mit Auszubildenden mit schwierigem biographischen Hintergrund; ich suche quasi „bibliotherapeutische“ Bücher, die ihnen Wortschatz vermitteln, aber auch Tugenden wie Pünktlich- und Zuverlässigkeit; wie das hier so funktioniert in unserem Land; welche kreativen Wege man gehen kann oder warum es sich lohnt, eine Ausbildung abzuschließen. Natürlich nicht so platt pädagogisch, sondern eher literarisch mit Protagonisten, in die sich verlieben können und von denen sie etwas lernen… freue mich über Tipps in diese Richtung, vielleicht hast du ja schon Rezensionen geschrieben zu Büchern, in denen eine positive Haltung im Leben sich automatisch überträgt?
Denn wenn man sie schon mal zum Lesen bekommt, wäre es nützlich, darüber thematisch in den Kontakt zu kommen.
Liebe Grüße,
Susanne
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Liebe Susanne,
ich bitte um Nachsicht mit meiner verzögerten Antwort. Dein Kommentar war mir durchgerutscht.
Das einzige Buch, welches mir spontan zu Deiner Anfrage einfällt, ist „Lee Raven“ https://leselebenszeichen.wordpress.com/2013/02/25/lee-raven/ ,
darin geht es um den Wert von Wissensvermittlung in Kombination mit dem Medium Buch, die Charaktere sind sehr lebendig und interessant und die Handlung ist wirklich spannend.
Allerdings ist das Buch schon vergriffen, Du kannst es jedoch bestimmt noch preiswert antiquarisch bekommen.
Liebe Grüße von
Ulrike
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Schön, dass Du uns durch Deinen Blog Bücher näherbringst, an denen man vielleicht! vorübergegangen wäre :-).
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Ich freue mich, daß meine Buchschatzfindungen so gut bei Dir ankommen :-).
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Eines der schönsten Bücher überhaupt! Ich liebe es einfach.
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Am liebsten wäre ich zusammen mit Marie und Paul direkt im Buch dabei gewesen während deiner Besprechung…
Ob du mich dann wohl übersehen hättest, liebe Ulrike?!
Liebe Sommersonnengrüße
zum Abend vom Lu
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Wie könnte ich Dich denn übersehen oder gar überlesen, werter Lu?
Allerdings soll es ja Blogger geben, die gerne ein bißchen Verstecken spielen 😉
Herzliche Sommerregengrüße
von Ulrike
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Hahaha, daaaa hast du was gesagt!!!
Im Verstecken spielen bin ich gaaaaaanz groß 🐻
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Ach, wie gut, daß niemand weiß, daß Du Rumpel-Finbar heißt … 😉
Wie hat Du denn dieses Tierbildchen ans Satzende gezaubert? Gibt es diesen Code auch für Eichhörnchen?
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Hm, das weiß ich nicht, vllt… ⭐
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Hochinteressant! Und, wie man Glühwürmchen, Schmetterling und
Schwalbe übersetzt, steht dann wohl in den STERNEN? Vielleicht so :moon:
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Du hast einen der wichtigsten Einträge des Fin von A bis Z gelesen…
Dafür möchte ich dir von Herzen danken, liebe Ulrike…
…und einen feinen Abend wünschen,
Liebe Sommersonnengrüße vom Finbar
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Ja … SEUFZ … ich bin noch ganz angerührt von Deiner märchenhaften Offenheit.
Liebe Sommerwolkenwindgrüße von
Ulrike
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Der fin gab mir (endlich) die Freiheit, so offen schriftlich mit der Vergangenheit umzugehen, ja, selbst (weiter) das Erlebnis „zu verarbeiten“…
Liebe Sommersonnengrüße vom Lu Finbar an dich 🙂
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Ich habe dieses Buch sehr gerne angeschaut und schon mehrmals „mit Erfolg verschenkt“ …
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Ich hab‘ all meine Ersparnisse zusammengekratzt, um folgende Wörter zum einmaligen Aussprechen herunterschlucken zu dürfen: „So feinsinnig bespricht nur U.S. ( sonst zu teuer!) Bücher! 🙂
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Vielen DANK für Deine Wertschätzung, lieber Michael.
Deine kreativen und achtsam-zugewandten Kommentare sind unbezahlbar 🙂
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Das klingt aber schööööööööön! 😀 Bestimmt mögen es auch zwillingsbetonte Kinder sehr 😀
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dieses buch steht schon auf meiner leseliste 😉
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Ich hoffe, Deine Leseliste hat Folio-Format, denn da kommt noch reichlich Lesestoff auf Dich zu 😉
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das wird schon gehen, ich hab ja genug papier hier 😉
(ich komm jetzt schon mit dem lesen nicht hinterher)
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Liebe Ulrike,
was für eine gruselige und zugleich schöne Idee, die Wörter wertvoll zu machen. An dieser Geschichte spiegelt sich anscheinend eine Menge dessen, was mit Sprache in der Welt passiert.
Danke für die Besprechung, ich glaube, das ist auch für Erwachsene ein toller Tipp.
Liebe Grüße
Kai
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Lieber Kai,
ich erfreue mich Deiner Zustimmung.
Es gibt zusätzlich eine kleinformatige Geschenkausgabe dieses Bilderbuches, die wohl als „erwachsene“ Ausgabe gedacht ist, als Mitbringsel für Verliebte oder als Hochzeitsgabe …
Ich kann allerdings nicht beurteilen, ob die mitteilsame Aussagekraft der Illustrationen bei der kleinen Buchausgabe vielleicht schwächer wird.
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Ich schreibe gerade einen Post über introvertierte Kinder, da würde das Buch sehr gut passen, ich versuche das einzubauen
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Meinen Segen hast Du 😉
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Wieder ein toller Tipp! Dankeschön! Und nebenbei finde ich auch die Beschreibung der Autorin sehr liebenswert, auch wenn sie nicht von dir ist. 🙂
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Gern geschehen, werte Christiane.
Die Autoren- und Illustratorenbeschreibungen übernehme ich stets
– unzensiert 😉 – von der Verlagswebseite, wie Du ja ganz präzise erkannt hast.
Herzlichen DANK für Deinen treuen Lesebesuch.
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*knicksmachundbreitgrins*
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Enchanté, Madame ❤
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Süß ihr zwei 🙂
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