Mr Gum, Band 1 bis 3

  • von Andy Stanton
  • Aus dem Englischen von Harry Rowohlt
  • Mit Illustrationen von  David Tazzyman
  • dtv junior  2012 und 2013   http://www.dtv.de
  • Band 1: Sie sind ein schlechter Mensch, Mr Gum!
  • ISBN 978-3-423-71506-5
  • 196 Seiten, 6,95 €
  • Band 2: Mr Gum und der Mürbekeksmilliardär
  • ISBN 978-3-423-71522-5
  • 198 Seiten, 6,95 €
  • Band 3: Der entsetzliche Mr Gum und die Kobolde
  • ISBN 978-3-423-71550-8
  • 214 Seiten, 6,95 €
  • ab 8 Jahren

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BÖSE  BÖSEWICHTER  UND  HELDIGE  HELDEN  UND  HELDINNEN

Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©

Das Lesen dieser Buchbesprechung ist für Kinder verboten: Eltern haften für ihre Buchkaufentscheidung! Es handelt sich um eine ganz schrecklich-lustige Buchreihe mit übersichtlicher Textmenge und komischen, demonstrativ-undekorativen Zeichnungen, die ausgezeichnet zum Text passen.

Das Leben in der kleinen Stadt „Bad Lamonisch an der Bibber“ könnte so friedlich sein, gäbe es nicht den alten Kinderschreck Mr Gum. Mr Gum ist STINKfaul, und das ist nicht bloß metaphorisch gemeint. Er wohnt in einem total verkommenen Haus, macht nie sein Bett und putzt sich nie und nimmer die Zähne. Er guckt alles und jeden stets nur grimmig und knurrig an, und wenn er überhaupt mal etwas tut, so klaut er Kindern die Spielsachen und macht sie kaputt, denn das verschafft ihm einsame Genugtuung. So lernen wir im ersten Band „Sie sind ein schlechter Mensch, Mr Gum“ den schlechten Menschen Mr Gum kennen und fürchten.

Nur sein Garten ist der hübscheste, grünlichste, geblümteste, gartenartigste Garten von ganz Bad Lamonisch.  Was niemand außer uns Lesern erfährt, ist folgendes: Mr Gum steht unter der SCHLAGfertigen Fuchtel einer Fee, die ihn mit der Bratpfanne traktiert, wenn er den Garten nicht hübsch pflegt.

Ein häufiger und gern gesehener Gast in der ländlichen Kleinstadtidylle ist der Hund Jakob. Ein großer, pelziger, kinderfreundlicher und fröhlicher Hund, der zu niemand Bestimmtem gehört und bei Kindern und den meisten Erwachsenen sehr beliebt ist und der mit kleinen Leckereien durchgefüttert wird.

Eines schönen Tages (nicht, daß Mr Gum einen schönen Tag zu würdigen wüßte) entdeckt Jakob Mr Gums Garten und bringt dort alles durcheinander, und zwar drei Wochen lang täglich, mit Ausnahme von Mittwoch, denn „mittwochs haben Hunde bekanntlich frei“ . Mr Gum wird durch die „Streicheleinheiten“ mit Bratpfanne, die seine Gartenaufsichtsfee ihm gnadenlos verabreicht, aus seinem Faulenzerdasein gerissen und überlegt sich einen teuflischen Plan, um den Hund loszuwerden.

Er besucht Willi Wilhelm den Dritten, den örtlichen Metzger, der noch ekliger ist als Mr Gum und der mit seinen widerlichen Fleischwaren schon die halbe Bevölkerung Bad Lamonischs  zu unfreiwillig- freiwilligen Vegetariern gemacht hat. Dort kauft er gammelige Kuhherzen, die er zusätzlich noch in Rattengift mariniert, um sie am nächsten Tag dem „Köterhund“  zum Fraß vorzusetzen.

Böse Geschichte bis jetzt – nicht wahr?

Aber nun kommen die guten Teile der Geschichte ( „wir sind hier ja schließlich in einem Kinderbuch“ ) : Es ist nun Zeit für den Auftritt von Polly, einem neunjährigen Mädchen mit goldenem Herzen, tapferer Gesinnung und mit mehr als zwanzig weiteren Namen, die ich Ihnen der Einfachheit halber jetzt nicht aufliste. Diese Polly bekommt Wind von Mr Gums hundemörderischen Absichten und beschließt heldinnenhaft, den Hund zu retten. Denn sie war tapfer und ehrlich und treu, und wenn sie lachte, blitzte der Sonnenschein auf ihren hübschen Zähnen wie Diamanten auf der Suche nach Abenteuern.“

Unterstützung bekommt sie dabei von Freitag O‘Leary, einem geheimnisvollen alten Knaben, der am Stadtrand bzw. am Waldrand in einer Hütte wohnt. Er ist gutmütig, weise und etwas vergeßlich, verzwirbelt beim Nachdenken seinen imaginären Schnurrbart und ruft immer mal wieder:Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!“

Weitere Verbündete im Kampf gegen die Mächte des Bösen sind Frau Lieblich, die Inhaberin des örtlichen Süßwarenladens, und ein Junge, der sich „Geist des Regenbogens“ nennt und der immer dann auftaucht, wenn nur noch übernatürliches Eingreifen die Dinge zum Guten wenden kann.

Im weiteren Verlauf der Geschichte bekommen die Bösen ganz schön einen auf den Deckel, und der liebe Jakob wird durch den Einsatz von Zauberschokolade reanimiert.

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Kommen wir nun zum 2. Band: Mr Gum und der Mürbekeksmilliardär“. Nachdem die vereinigten Kräfte des Guten im vorherigen Band Jakobs Hundeleben gerettet haben und Freitag O’Leary Frau Lieblich geheiratet hat und sich alle – außer den beiden Fieslingen – in ihrem Sieg gesonnt haben, nähert sich der Sommer in Bad Lamonisch an der Bibber dem Herbst.

Polly fängt gerade an, sich ein wenig zu langweilen, da trifft sie auf Björn Schneyder, einen kleinen, knusprigen Lebkuchenmann mit elektrischen Muskeln und Rosinenaugen. Er ist ein neuer Einwohner der Stadt und hat ein Herrenhaus auf dem Angeberhügel gebaut, und er ist SEHR reich. Aus einer Keksdose, die er stets mit sich herumträgt, verteilt er großzügig Geld an jeden, den er trifft, und er lädt die ganze Stadt zu einem Begrüßungsfestrummel ein.

In seiner naiven Erwartung, von jedem gemocht zu werden, wenn er entsprechend mit Geld um sich wirft, lädt er leider sogar Mr Gum und Willi Wilhelm den Dritten ein. Diese beiden freuen sich schon DIEBISCH darauf, den Mürbekeksmilliardär um seine Keksdose zu erleichtern und dann nach Frankreich zu fliehen.

Freitag O’Leary und Polly besuchen den Mürbekeksmilliardär in seinem beeindruckenden Haus und nehmen anschließend begeistert am Festrummel teil. Vom Riesenrad aus beobachten sie, wie Mr Gum und Willi Wilhelm (verkleidet als Hot-Dog-Mann) den geplanten Raubüberfall in die grobschlächtige Tat umsetzten.

Als wahre Helden und Freunde machen sie sich an die Verfolgung der Übeltäter und müssen so manches unangenehme Hindernis überwinden, bis sie die gruselige Schmugglerbucht finden, von der aus die Diebe schon in See gestochen sind.

Doch in ihrer selbstgefälligen Stinkfauligkeit lassen sich die Keksdosendiebe nur von der Strömung in Richtung Frankreich treiben. Durch das unerklärliche, aber sehr nützlich-praktische und rettende Erscheinen von Jakob dem Hund schwimmschiffen Polly und der Mürbekeksmilliardär den Bösewichtern hinterher und verhindern deren endgültige Flucht.

Björn Schneyder, geläutert durch die Erfahrung  der echten und unbezahlbaren Freundschaftsbeweise von Polly und Freitag O’Leary, übergibt den Inhalt seiner Keksdose dem Wind. „ Alle sahen in ehrfürchtiger Scheu zu, wie das Geld herausflatterte und über den Ozean flog wie kostspielige Möwen.“

Unsere lieben Helden und Heldinnen kommen genau rechtzeitig zum Blätterfest nach Bad Lamonisch zurück, und nachdem Björn Schneyder öffentlich verkündet hat, daß er nun kein Geld mehr hat und in dem ihm verbliebenen Herrenhaus eine Armenschule einrichten will, wird er feierlich zum Herbstkönig gekrönt. Alle feiern bis zum Umfallen und träumen wahrscheinlich schon vom nächsten Abenteuer. Denn Mr Gum und Willi Wilhelm haben mit ihren fiesen scharfen Fingernägeln ihre Fesseln durchtrennt und sind stinkflinkfüßig mal wieder verduftet.

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Im dritten Band Der entsetzliche Mr Gum und die Kobolde, ist der Winter in Bad Lamonisch an der Bibber eingezogen. Polly, Freitag O’Leary und Björn Schneyder sitzen in der Taverne » Zum Teufel « und grübeln herum, wer zum Teufel Frau Lieblich beim Kräutersuchen auf dem Koboldberg wohl so übel verhauen und erschreckt hat.

Björn Schneyder vermutet zu Recht, daß Kobolde die Übeltäter waren. Freitag O’Leary und Polly beschließen, auf dem Koboldberg  diesbezüglich Nachforschungen anzustellen, und verabschieden sich feierlich von Björn Schneyder, der Frau Lieblich gesundpflegen und ihr Gesellschaft leisten will.

Auf dem Weg zum Koboldberg begegnen die beiden wieder dem Geist des Regenbogens. Dieser schenkt ihnen zwei magische Utensilien, die sie bei ihrer Mission unterstützen sollen. Solcherart ermutigt meistern Polly und Freitag  „drei unmögliche Herausforderungen“ und freunden sich mit einem netten wilden Kaninchen an. Doch als sie auf dem Koboldberg übernachten wollen, werden sie von einer Horde Kobolde überwältigt, in einen Sack gestopft und zum Koboldkönig geschleppt.

Dieser Koboldkönig ist ein alter, miesmuffiger Bekannter: Mr Gum höchstpersönlich! Mr Gum und sein Schurkenkumpel Willi Wilhelm haben sich nicht nur die Macht über die Kobolde unter den dreckigen Nagel gerissen, sondern auch einen Plan zur Eroberung von Bad Lamonisch ausgedreckt – äh – ausgeheckt. Durch einen unterirdischen Tunnel, den die Kobolde schon ganz eifrig bis an den Stadtrand gegraben haben, wollen sie sich heimlich anschleichen, die Stadt überfallen und sie in „Kobold City“ verschandeln.

Polly und Freitag landen als Gefangene in einem alten Brunnenschacht und würden dort wahrscheinlich vergammeln, wenn nicht ein liebes, kleines Kaninchen und ein lieber, großer Hund (Jakob natürlich) als Fluchthelfer schon bald zur Stelle wären.

Unglaublich abenteuerlich, dramatisch, tollkühn und wunderbar kann die Eroberung von Bad Lamonisch abgewendet werden. Mr Gum und Willi Wilhelm können zwar entkommen, aber die Kobolde verwandeln sich unter dem Einfluß des „Fruchtgummis von Babylon“   in herzlich harmlose Kinder, die es gar nicht abwarten können, Björn Schneyders Armenschule zu bereichern.

Die ganze Stadt feiert ein rauschendes Freudenfest.

ENDE

Was für ein Ende? Also in Anbetracht der flüchtigen Bösewichte, nur ein vorläufiges Ende.

Der nächste Mr Gum-Einfall deutet sich schon an und heißt „Mr Gum und die Kristalle des Unheils“. Das Buch erscheint aber erst im Dezember 2013, Sie können sich also vorläufig entspannt zurücklehnen und etwas anderes lesen, z.B. meine unübertrefflichen Buchbesprechungen…

Das außergewöhnlich KAUZIGE und SCHRÄGE dieser Mr Gum-Buchreihe wird in mehrfacher Hinsicht durch den Schreibstil inszeniert:
Der Autor kombiniert den Handlungsverlauf der Geschichten mit typographischen Spezialeffekten, z.B. liebliche Schnörkelbuchstaben für die Beschreibung schöner Elemente, gaaanz kleine Buchstaben, wenn es was zu flüstern gibt, comicartige Lautmalereien bei dramatischen Szenen und Frakturschrift bei altertümlichen Formulierungen. Das unterstreicht auf abwechslungsreiche Weise die Ausdruckskraft des Textes.

Wortspielereien finden sich in den Mr Gum-Büchern wie das sprichwörtliche Heu im Heuhaufen, und dieser ganze improvisatorisch-spontan wirkende, flapsige Erzählstil und die irrwitzigen Wendungen und „lakomischen“ Randbemerkungen erinnern mich ein bißchen an die Werke von Helge Schneider.

Darüber hinaus spielt der Autor mit metafiktiven Text-Unterbrechungen und spricht die kindlichen Leser direkt an. Er behauptet z.B., es gäbe keine Bonusgeschichte zum Abschluß, und demonstriert das mit fast leeren Seiten, auf denen solch ermutigende Sätze stehen wie: „Siehst du? Leere, unbedruckte Seiten.“  Das macht natürlich erst recht weiterleseneugierig…

Andy Stantons Geschichten bekommen mit den eigenwilligen und charakterstarken Zeichnungen von David Tazzyman haargenau die richtige Zugabe.

Apropos Zugabe  –  Wie bitte?  Was höre ich da? Diese Bücherbesprechung ist aber l a a a a a ng. Na, wenn Sie wüßten, was ich Ihnen alles verschwiegen habe, würden Sie sich nicht trauen, das auch nur zu denken.

Jede Menge skurriler Nebenfiguren mit ihren kleinen Nebenhandlungstätigkeiten habe ich hier vollkommen unerwähnt gelassen. Außerdem habe ich die vielen Lieder- und Gesangseinlagen verheimlicht, ganz zu schweigen von meinem absoluten Lieblingsabsatz:

„Die Hexe bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von etwa einem Zentimeter pro Minute vorwärts. Während die Reisenden sie beobachteten, wurde sie von einer toten Schnecke überholt.“

 

Hier entlang zum1. Band auf der Verlagswebseite:
https://www.dtv.de/buch/andy-stanton-sie-sind-ein-schlechter-mensch-mr-gum-71506/
Hier entlang zum 2. Band auf der Verlagswebseite:
https://www.dtv.de/buch/andy-stanton-mr-gum-und-der-muerbekeksmilliardaer-71522/
und hier entlang zum 3. Band:
https://www.dtv.de/buch/andy-stanton-der-entsetzliche-mr-gum-und-die-kobolde-71550/

Der Autor:

»Andy Stanton lebt in London. Nach einem abgebrochenen Englischstudium in Oxford arbeitete er unter anderem als Stand-up-Comedian, Drehbuchautor und Cartoonzeichner. ›Sie sind ein schlechter Mensch, Mr Gum‹ ist sein erstes Buch.«

Der Illustrator:

»David Tazzyman lebt in Süd-London mit seiner Freundin Melanie und seinem (und ihrem) Sohn Stanley. Er wuchs in Leicester auf, studierte Illustration an der Manchester Metropolitan University und bereiste dann Asien, bevor er 1997 nach London zog. «

 

Leselebenszeichen-Datenschutzerklärung: https://leselebenszeichen.wordpress.com/datenschutzerklaerung/

 

PS:
Und hier geht es weiter zu Band Nr. 4
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2013/12/11/mr-gum-und-die-kristalle-des-unheils/

Ein Kommentar zu “Mr Gum, Band 1 bis 3

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