- von Mary Ann Shaffer
- und Annie Barrows
- Originaltitel: »The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society«
- Deutsch von Margarete Längsfeld und Martina Tichy
- Rowohlt Taschenbuch Verlag, Oktober 2009 http://www.rowohlt.de
- 978-3-499-24593-0
- 296 Seiten
- 8,95 €
- ISBN 978-3-499-24593-0
B R I E F E Ü B E R B R I E F E
Buchbesprechung von Ulrike Sokul ©
Mary Ann Shaffers charmanter und kluger Briefroman „Deine Juliet“ hat mich begeistert und entzückt: Eine Geschichte für Büchermenschen, Lesewesen und Briefliebhaber.
Die eigenwillige Juliet Ashton lebt 1946 als Schriftstellerin in London und sucht Material für ein neues Buch. Eines Tages bekommt sie einen überraschenden Brief von Dawsey Adams, der vor einigen Jahren antiquarisch ein Buch aus Juliets Besitz erworben und diesem Buch ihre Anschrift entnommen hat. Er lebt auf der Kanalinsel Guernsey und bittet Juliet um die Vermittlung eines Buchhandelskontaktes, um weitere Bücher zu erwerben.
„Das ist es, was ich am Lesen so liebe; an einem Buch interessiert einen eine winzige Kleinigkeit, und diese Kleinigkeit führt zu einem anderen Buch, und etwas in diesem führt wiederum zu einem dritten Buch. Es ist geometrisch progressiv – es ist kein Ende in Sicht …“
Es entwickelt sich ein schönes und interessantes Briefgespräch zwischen den beiden. Juliet erfährt von den schwierigen Lebensbedingungen auf Guernsey, das zwischen 1940 und 1945 von den Deutschen besetzt war. Da Lebensmittel sehr knapp waren und die Besatzungsmacht äußerst buchhalterisch jedes Stück Vieh dokumentierte, erforderte es viel Raffinesse ein Tier zum eigenen Verzehr abzuzweigen.
Dawsey nahm mit einigen Freunden und Nachbarn an einem solchen heimlichen Fest- schmaus teil, und die angenehme Gesellschaft sowie die ungewohnte Sättigung ließen die Gäste die Sperrstunde vergessen. Prompt wurden sie auf dem Heimweg von deutschen Soldaten erwischt, und nur dank der Geistesgegenwart von Elisabeth McKenna kamen sie mit einer harmlosen Verwarnung davon.
Elisabeth behauptete einfach, sie hätten beim Literaturtreffen so begeistert über einen in Deutschland spielenden Roman gesprochen, daß sie die Zeit vergessen hätten. Der geschmeichelte Offizier drückte ein Auge zu, jedoch nicht ohne seine zukünftige Teil- nahme an weiteren Treffen anzudrohen.
Nun mußten alle „Mitesser“, ob sie wollten oder nicht, zu „Mitlesern“ werden.
Eilig kauften sie die letzten Bücher, die es in der Inselbuchhandlung noch gab, um eine glaubwürdige Bibliothek vorweisen zu können, und begannen in vierzehntägigem Rhythmus mit den Treffen der „Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalen- auflauf“.
Juliet möchte gerne ein Buch über den Guernsey Literaturclub schreiben, und Dawsey vermittelt ihr Briefkontakte zu mehreren Mitgliedern des Clubs, die ihre Buchentdeckungen und ihre Erfahrungen mit der Besatz- ungszeit schildern. Es folgt ein lebhafter und sehr vielstimmiger Brief- wechsel, der geschickt viele kleine Einzelschicksale und Charakterpers- pektiven zu einem Gesamtbild fügt, und schließlich reist Juliet nach Guernsey, um die Menschen und den Ort persönlich kennenzulernen.
Trotz der zum Teil tragischen Elemente ist die Grundstimmung des Romans zuversichtlich, humorvoll, warmherzig und von einer bezaubernden, luftigen Eleganz.
Die Geschichte erinnert etwas an Helene Hanffs Buch „84, Charing Cross Road“, jedoch mit viel mehr Handlung und vor allem mit viel mehr Liebesleben.
Ich verrate hier natürlich nicht, wer wen am glücklichen Ende heiratet, denn das würde der an Jane Austens Herzenseinfädelungen erinnernden Liebesverunsicherung die romantische Spannung nehmen.
„Bin ich zu anspruchsvoll? Ich will nicht heiraten, nur um verheiratet zu sein. Ich kann mir nichts Einsameres vorstellen, als den Rest meines Lebens mit jemandem zu teilen, mit dem ich nicht reden oder, schlimmer noch, mit dem ich nicht schweigen kann.“
PS:
Die obig vorgestellte und abgebildete Rowohlt-Ausgabe ist inzwischen vergriffen.
Im Juni 2016 ist das Buch bei btb (Verlagsgruppe Randomhouse) wieder aufgelegt worden und im November 2015 ist auch die Taschenbuchausgabe bei btb erschienen.
- Deine Juliet
- von Mary Ann Shaffer und Annie Barrows
- Originaltitel: »The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society«
- Aus dem Amerikanischen von Margarete Längsfeld und Martina Tichy
- Taschenbuch
- 304 Seiten
- Format: 11,8 x 18,7 cm
- 10,00 € (D), 10,30 € (A), 14,50 sFr.
- ISBN: 978-3-442-71384-4
Hier entlang zum Buch auf der btb-Verlagswebseite:
https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Deine-Juliet/Mary-Ann-Shaffer/btb-Taschenbuch/e491594.rhd
Die Autorinen:
»Mary Ann Shaffer wurde 1934 in Martinsburg, West Virginia geboren. Sie arbeitete als Buchhändlerin und Bibliothekarin. Leider erlebte sie den ungeheuren Erfolg ihres ersten Romans nicht mehr. Deine Juliet erschien wenige Monate nach ihrem Tod. Ihre Nichte Annie Barrows, die sich bereits als Kinderbuchautorin einen Namen gemacht hat, half ihr kurz vor ihrem Tod bei der Fertigstellung des Buches.«
»Annie Barrows, geboren 1962 in San Diego, Kalifornien, schrieb gemeinsam mit ihrer Tante den Überraschungserfolg »Deine Juliet«. Der charmante Roman über den Briefwechsel der temperamentvollen jungen Schriftstellerin Juliet und dem Club der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf entwickelte sich zum Longseller. Annie Barrows lebt in Berkeley, Kalifornien.«
Ich besitze die Hörbuchfassung und liebe sie. Leider ein Solitär aber deshalb umso kostbarer.
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Ja, eine echte Lektüreperle, das finde ich auch.
Lieben Dank für Deine harmonische Rückmeldung.
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ich habe diese Geschichte als Hörbuch geschenkt bekommen. Wirklich außergewöhnlich gut! Und, wie das Leben so spielt … das hat die Autorin meisterhaft komponiert und es gibt Anlass zur Hoffnung ;-), sollte sie mal abhanden gekommen sein! Ich freu mich, dass dir die Geschichte auch gefällt, liebe Ulrike!
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Liebe Susanne,
fein, daß wir beide mit „Deine Juliet“
sympathisieren.
Die Autorin ist bereits „abhanden gekommen“ bzw. sie hat den Wechsel der DASEINSFORM schon vor der Veröffentlichung ihres Romanes vollzogen. Auf Nachschub können wir also nur hoffen, wenn sie einen Ghostwriter findet 😉
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… wenigstens eines hat sie uns geschenkt, das ist doch schon viel …!
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Das sehe ich ebenso:
Lieber ein ECHT gelungenes Werk als zehn seichtsinnige Quantitäten. 🙂
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O ja, DAS muss ich gewiss lesen oder hören, oder beides. Scheint wie gemacht für mich. ❤
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